Kriminalgeschichten (eBook)
154 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-035-1 (ISBN)
Matthias McDonnell Bodkin (1850 - 1933) war ein irischer Nationalist, Politiker, Journalist und Schriftsteller. Neben seiner politischen Tätigkeit widmete er sich in nicht unbedeutendem Maße auch dem Schreiben von Kriminalgeschichten, Romanen, Dramen und politischen Kampfschriften. Bodkin zählt zu den populärsten Kriminalautoren des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Seine bekanntesten Geschichten kreisen um den privaten Ermittler Paul Beck. Diese Detektivfigur wird vielfach als der 'irische Sherlock Holmes' bezeichnet. Bodkin ist es, der mit der hier vorgestellten Dora Myrl die erste weibliche Ermittlerin präsentierte.
Matthias McDonnell Bodkin (1850 - 1933) war ein irischer Nationalist, Politiker, Journalist und Schriftsteller. Neben seiner politischen Tätigkeit widmete er sich in nicht unbedeutendem Maße auch dem Schreiben von Kriminalgeschichten, Romanen, Dramen und politischen Kampfschriften. Bodkin zählt zu den populärsten Kriminalautoren des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Seine bekanntesten Geschichten kreisen um den privaten Ermittler Paul Beck. Diese Detektivfigur wird vielfach als der "irische Sherlock Holmes" bezeichnet. Bodkin ist es, der mit der hier vorgestellten Dora Myrl die erste weibliche Ermittlerin präsentierte.
Giftmischer.
Ein Wettlauf.
Verbrieft und versiegelt.
Gelöst und gebunden
Ein Münzverbrechen.
Staatsgeheimnisse.
Zwei Könige.
Giftmischer.
Das Urteil der Leichenschau lautete: »Lätitia Woodriff ist an Morphiumvergiftung gestorben. Es liegt uns kein genügender Beweis vor, wie sie das Gift genommen oder wer es ihr beigebracht hat. Wir können daher nur den durch den Verlust seiner Tochter so schwer betroffenen Vater, Herrn Woodriff, unsrer aufrichtigen Teilnahme versichern.«
Die Leichenschau war außerstande gewesen, das geheimnisvolle Rätsel zu ergründen. Nachdem die Leute ihren Wahrspruch abgegeben hatten, verließen sie mit geräuschlosem Tritt und ernster Miene das Trauerhaus. John Woodriff aber schlich leise, als fürchte er, sein totes Kind zu wecken, in das Zimmer zurück, wo die schöne Leiche lag. Mit ängstlicher Scheu berührte er das kalte, weiße Händchen auf dem Deckbett und sah in das ruhige Antlitz, dessen bleiche Lippen noch im Tode lächelten. Die holde Tochter, der Liebling und die Freude seines Herzens, schien ihm auf einmal in so unermessliche Ferne entrückt, dass selbst seine Gedanken ihr nicht folgen konnten. Es war nicht mehr sein Kind, mit dem ihn die innigste Liebe verbunden hatte, das kalt und leblos vor ihm lag. Ein reiner, heiliger Engel schwebte durchs Zimmer. Seine warmherzige, muntere und zärtliche Letty hatte er auf immer verloren.
Voll leidenschaftlichen Schmerzes beugte er sich über sie und drückte ihr einen Kuss auf die starren Lippen. Bei der eiskalten Berührung ging es ihm wie ein Stich durchs Herz und er fühlte die ganze Qual des Verlustes von neuem, obgleich seine Tochter schon vor zwei Tagen gestorben war. Sein Gesicht in den Kissen vergrabend, auf denen die Tote ruhte, brach er in ein erschütterndes Schluchzen aus.
Da ging leise die Tür auf und der Kopf eines jungen Mädchens mit abgehärmten, bleichen Zügen und roten Rändern um die Augen, zeigte sich in der Öffnung. »Vater,« rief eine sanfte Stimme voll Zärtlichkeit. Milly Woodriff trat an das Bett, neben dem ihr Vater von Gram überwältigt kniete, schlang ihre Arme um seinen Hals und versuchte ihm Trostworte ins Ohr zu flüstern, wiewohl ihr selbst das Herz fast vor Kummer brach.
»Vater, lieber Vater, weine doch nicht so,« sagte sie. »Letty könnte ja im Himmel nicht selig sein, sähe sie deinen Schmerz; sie war ja immer so fröhlich, so gut und liebevoll. Es ist hart und schwer zu ertragen, das weiß Gott. Aber wir beide sind uns doch noch geblieben; wir können füreinander leben und uns lieb haben, bis wir einst unser verlorenes Herzblatt wiedersehen.«
Der tief gebeugte Mann gab wie ein müdes Kind ihrem zärtlichen Drängen nach und ließ sich von ihr aus dem Zimmer führen. »Gott sei Dank, Milly, dass ich dich noch habe!« flüsterte er, während sie Hand in Hand nebeneinander in dem stillen Wohnzimmer saßen, wo selbst das Sonnenlicht jetzt nur Trauer zu verbreiten schien. Da krallte ihm eine plötzliche Furcht die Brust zusammen und er drückte ihre Hand so fest, dass es ihr weh tat. »Großer Gott,« rief er, wie wahnsinnig vor Angst, »muss ich sie auch noch hergeben?«
Lange saß er schweigend da, ohne einen Blick von ihr zu wenden, und streichelte ihr braunes, seidenweiches Haar, Endlich raffte er sich mit Anstrengung auf wie jemand, der einen besondern Zweck im Auge hat. »Ist niemand mit der Bahn angekommen, Milly?« fragte er.
»Der Zug kann kaum hier sein, Vater,« erwiderte sie, mit dem Blick die Standuhr auf dem Kaminsims streifend, »und von der Stadt ist’s noch eine gute halbe Stunde bis zu uns. Erwartest du einen Gast?«
»Ich habe vorgestern nach London telegrafiert an einen Geheimpolizisten namens Paul Beck. Wir waren zusammen auf der Schule und damals sehr befreundet; doch haben wir uns seitdem nicht wiedergesehen. Er gilt für den scharfsinnigsten Mann in seinem Beruf und ich hoffte, er werde noch rechtzeitig zur Leichenschau eintreffen. Wenn irgend jemand entdecken kann, wie unsre arme Letty ums Leben gekommen ist, so wird er es herausbringen.«
»Was kann es aber nützen, Vater, wenn wir uns jetzt noch damit ängstigen und quälen? Die Wunde wird nur immer von neuem bluten und unser Herzblatt bringt es uns doch nicht zurück.«
»Ich gäbe gleich meine rechte Hand darum, Milly,« erwiderte er mit einer Leidenschaft, die sie erschreckte, »wenn ich wüsste, wie die arme Letty den Tod gefunden hat.«
Es entstand eine Pause. Dann fragte Woodriff plötzlich: »Wo ist Anna?«
»Auf ihrem Zimmer, Vater; sie ist ganz fassungslos und hat seither weder gegessen, noch geschlafen. Anna ist in mancher Beziehung noch wie ein kleines Kind, und sie hat Letty so lieb gehabt.«
»Geh zu ihr, mein Herz, ihr könnt einander am besten trösten. Es lässt mir keine Ruhe, bis ich weiß, ob Beck angekommen ist; da will ich ihm lieber eine Strecke weit entgegengehen.«
Woodriffs Haus war ein hohes Backsteingebäude, das, an einem bewaldeten Abhang gelegen, nach dem Meere hinausschaute. Etwa drei Meilen landeinwärts lag die große, blühende Stadt Deringham, wo Woodriff sich als Maschinenbauer sein Vermögen erworben hatte, das ihn in den Stand setzte, sich Haus und Park zu kaufen und hier am Seegestade, für das er schon seit seiner Knabenzeit schwärmte, ein behagliches Leben zu führen. Auf der Landstraße einherschreitend, hatte er schon den halben Weg nach der Stadt zurückgelegt, als eine Droschke rasch an ihm vorüberfuhr. Ein schläfrig aussehender Mann, der Woodriff wie ein Handlungsreisender vorkam, saß darin bequem zurückgelehnt. Etwa zwanzig Schritt weiter hielt die Droschke plötzlich still; ihr träger Insasse sprang wie ein Schulknabe heraus und kam spornstreichs zurückgelaufen.
»Kennst du mich nicht mehr, John?« rief er, Woodriff herzlich die Hand entgegen streckend, »Ich habe dich auf den ersten Blick erkannt.«
Der Angeredete starrte ihn einen Augenblick ganz verwirrt an; bald ging ihm aber ein Licht auf. »Was, du bist doch nicht etwa der kleine Paul Beck?« rief er.
»Ich bin so gewiss Paul Beck, als du John Woodriff bist. Vor mancher Tracht Prügel hast du mich in der Schule bewahrt, wo ich unter den kleinen Buben war, während du zu den großen gehörtest. Es tut mir herzlich leid, John, dass wir uns aus so traurigem Anlass zum ersten Male wiedersehen.«
»Du hast also meine Depesche erhalten?«
»Und deinen Brief; beides zu gleicher Zeit. Ich war gerade verreist, als das Telegramm einlief, sonst würde ich zur Leichenschau gekommen sein. Was ist denn das Ergebnis?«
»Fahrlässige Morphiumvergiftung.«
Beck sah ihm forschend ins Gesicht. »Ist das auch deine Meinung?«
»Ich weiß wirklich nicht, was ich denken soll.«
»Du bist ja furchtbar angegriffen und schüttelst dich wie im Fieber. Nicht der Kummer allein beherrscht dich, sondern eine quälende Angst. Ich will die Droschke fortschicken;...
Erscheint lt. Verlag | 12.12.2024 |
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Reihe/Serie | Krimis bei Null Papier | Krimis bei Null Papier |
Übersetzer | Margarete Jacobi |
Verlagsort | Neuss |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Krimi • Mord • Mörder • Serienkiller • Sherlock Holmes • Spannung |
ISBN-10 | 3-96281-035-8 / 3962810358 |
ISBN-13 | 978-3-96281-035-1 / 9783962810351 |
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