Eine Leiche in bester Gesellschaft: Ein Fall für Lady Rose Summer und Harry Cathcart. (eBook)

Kriminalroman
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2017 | 1. Auflage
270 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10554-0 (ISBN)

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Eine Leiche in bester Gesellschaft: Ein Fall für Lady Rose Summer und Harry Cathcart. -  Marion Chesney
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Ein Mord unter Ladys und Lords London 1904: Lady Rose Summer brennt darauf, die Welt der arbeitenden Bevölkerung kennen zu lernen. Gegen den Widerstand ihrer Eltern fängt sie in einer Bank als Schreibkraft an. Doch schon bald erkennt Rose, wie mühsam es ist, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Als ein bekannter Gentleman ermordet wird, beschließt sie, ihr Experiment abzubrechen und wieder in die Gesellschaft zurückzukehren. Denn natürlich kann sie ihren alten Freund Captain Harry Cathcart nicht alleine nach dem Mörder suchen lassen ...

Marion Chesney, 1936 in Glasgow geboren, hat zahlreiche historische Liebesromane und Krimis geschrieben.

Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Literatur, unter anderem von Zadie Smith, Bernardine Evaristo, Anna Quindlen und Charlotte McConaghy, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig.  2019 wurde sie mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet. Marion Chesney, 1936 in Glasgow geboren, hat zahlreiche historische Liebesromane und Krimis geschrieben.

Eins


Wird Ihnen bei Tisch im Haus eines Freundes ein Gericht serviert, sollten Sie es niemals misstrauisch beäugen und mit Gabel und Löffel darin herumstochern, um es dann schließlich zurückgehen zu lassen.

 

 – ETIKETTE FÜR DAMEN,

VERFASST VON EINER ADLIGEN

Der Winter ist ein großer Demokrat, und so hielt er in London die Armenviertel im East End und die eleganten Plätze in Belgravia gleichermaßen in seinem Würgegriff. Die allgegenwärtige Kälte ließ die Gemüter so brüchig werden wie Eis, selbst im Stadthaus des Earls und der Countess of Hadshire am Eaton Square. Dort waren Kohle und Holz ausgegangen, der Butler gab der Haushälterin die Schuld daran, die Haushälterin wiederum bezichtigte den Ersten Lakaien. Und während sich im Dienstbotengeschoss der Streit um die Verantwortlichkeiten in die Länge zog, tobte in den oberen Stockwerken eine wahrhaft königliche Schlacht um einen ganz anderen Gegenstand.

Lady Rose Summer, die Tochter des Earls und der Countess, hatte zum wiederholten Mal gefordert, sich Arbeit als Typistin suchen zu dürfen. Und nicht genug damit: Obendrein wollte sie auch noch zusammen mit ihrer Zofe Daisy nach Bloomsbury in eine Pension für berufstätige Damen übersiedeln.

Im Jahr zuvor hatte der Earl einen Besuch König Edwards VII. vereitelt, wobei er sich der Hilfe eines gewissen Harry Cathcart bedient hatte. Dieser hatte ein Bahngleis und eine kleine Brücke in die Luft gesprengt und dem König so den Eindruck vermittelt, er könnte einem Attentat der Bolschewiken zum Opfer fallen, wenn er den Landsitz der Hadshires aufsuchte. Rose drohte nun damit, den Vorfall an die Öffentlichkeit zu bringen, falls ihre Eltern sich ihren Wünschen nicht beugten.

Lady Polly, die Countess, umhüllt von zahllosen Stolen sowie einer Pelzpelerine, von deren Saum kleine, leblose Pelztiere Rose anklagend entgegenstarrten, versuchte noch einmal, ihre Tochter zur Vernunft zu bringen.

«Für unseresgleichen käme es einem gesellschaftlichen Selbstmord gleich, so tief zu sinken und einen Beruf zu ergreifen. Kein Herr, der etwas auf sich hält, wird dich noch heiraten wollen.»

«Ich will ja auch gar nicht heiraten», erwiderte Rose.

«Das hättest du uns vielleicht auch letztes Jahr mitteilen können, bevor wir ein Vermögen für deine erste Saison verschwendet haben», polterte der Earl, und seine Tochter besaß immerhin den Anstand zu erröten.

Lady Polly versuchte es auf gütigere Weise. «Aber wir wollten doch nach Nizza. Dort wird es dir gefallen. Sonne und Palmen, und die Stadt ist so romantisch.»

«Ich will aber arbeiten.»

«Daran ist nur dieses Revuemädchen schuld, das sich deine Zofe schimpft», brummte der Earl.

Roses Zofe, Daisy Levine, hatte sich früher tatsächlich als Revuemädchen verdingt. Sie war zu den Hadshires gekommen, um eine an Typhus erkrankte Dienstbotin zu spielen – Harry Cathcarts ursprünglicher Plan, um den königlichen Besuch abzuwenden. Rose hatte sie unter ihre Fittiche genommen, ihr Lesen und Schreiben und später auch den Umgang mit der Schreibmaschine beigebracht und sie schließlich zu ihrer Zofe gemacht.

«Es war allein meine Idee, Papa», erwiderte Rose. «Und wir haben schon lange genug darüber gestritten. Mein Entschluss steht fest.»

Damit ging sie aus dem Zimmer, wobei sie die Doppeltüren ganz leise hinter sich zuzog und damit eine sehr viel größere Wirkung erzielte, als wenn sie sie zugeschlagen hätte.

«Was sollen wir bloß tun?», jammerte der Earl und kauerte sich so tief in seinen Bärenfellmantel, dass er wie ein kleines rundes, waidwundes Tier aussah.

Sie saßen in düsteres Schweigen versunken. Da öffneten sich plötzlich die Türen des Salons, und zwei Lakaien kamen herein. Der eine trug einen Eimer mit Kohlen und Anzündhölzern, der andere schleppte einen Korb mit Holzscheiten.

«Na, endlich», rief der Earl. «Warum hat das denn so lange gedauert?»

«Hier in der Stadt ist das Brennmaterial knapp, Mylord», erklärte der Erste Lakai. «Deshalb mussten wir zwei Lastkarren hinaus nach Stacey Court schicken.» Stacey Court war der Landsitz der Familie.

«Nun zünden Sie schon das Feuer an», brummte der Earl.

Als sich kurz darauf die Wärme des prasselnden Feuers im Raum ausbreitete, schien es dem Earl, als beginne auch die Eisschicht um seine Gedanken zu schmelzen. «Ich hab’s», verkündete er. «Wir fragen einfach diesen Cathcart um Rat. Was treibt der Knabe denn inzwischen?»

«Lady Glensheil hat mir erzählt, er habe eine Privatdetektei gegründet, nach amerikanischem Vorbild, wie Pinkerton’s

«Mir soll alles recht sein», sagte der Earl. «Wenn Rose nicht wäre, hätten wir schon vor einer Woche nach Nizza aufbrechen können.» Er läutete und beauftragte Brum, den Butler, die Anschrift von Captain Harry Cathcarts Detektei ausfindig zu machen und ihn zu bitten, umgehend bei ihm vorzusprechen.

 

Harry Cathcarts Miene hellte sich auf, als ein Lakai ihm die Nachricht des Earls überbrachte. Die Zeit wurde ihm zwar keineswegs lang – im Gegenteil, er verbrachte seine Tage nach wie vor damit, gesellschaftliche Skandale zu vertuschen und entlaufene Hunde wieder einzufangen. Doch er hoffte stets auf spektakulärere Aufträge, und seine Tätigkeit für den Earl hatte immerhin bereits einmal zu Mord und Totschlag geführt.

Er griff nach Hut und Mantel und trat in sein Vorzimmer, wo Miss Jubbles, seine schafsäugige Sekretärin, eifrig mit der Buchhaltung beschäftigt war.

«Ich werde eine Weile fort sein, Miss Jubbles», sagte er zu ihr. «Kann ich Ihnen etwas mitbringen?»

«Aber nein, Captain.» Miss Jubbles bewunderte den stattlichen Captain mit seinem dichten, dunklen Haar, seiner hoch gewachsenen Gestalt und den kohlschwarzen Augen. Harry streifte seinen pelzgefütterten Mantel über und stülpte sich einen breitkrempigen Hut auf den Kopf. Hier draußen in der Buckingham Palace Road, wo sich sein Büro befand, war es empfindlich kalt. An einem benachbarten Gebäude war ein Abflussrohr geplatzt, und Eiszapfen glitzerten an der rußigen Backsteinmauer. Die Außenrohre an anderen Gebäuden hatte man zur Sicherheit mit alten Betttüchern umwickelt, und Harry glaubte, zwischen geisterhaften Wächtern hindurchzugehen, die ihre weißen Arme zu den raureifbedeckten Dächern emporstreckten. Er ging mit vorsichtigen Schritten, denn die Straßenkehrer hatten den steinhart gefrorenen Matsch nicht vollständig von den Bürgersteigen entfernen können, und es war sehr glatt.

Als er sich dem Eaton Square näherte, verspürte Harry eine gewisse Aufregung. Er würde die unausstehliche Lady Rose wieder sehen. So deutlich sah er sie noch vor sich, als hätte er sie erst gestern zum letzten Mal gesehen, mit ihren strahlend blauen Augen, dem dichten braunen Haar und der schlanken Figur, mit der sie so wenig der Mode dieser neuen edwardianischen Ära entsprach, in der man die Damen gern fülliger sah.

Im Stadthaus des Earls nahm ihm der Butler Hut, Mantel und Spazierstock ab und teilte ihm mit, er werde bereits von Lord und Lady Hadshire im Salon erwartet. Während Harry hinter dem Butler die Treppe hinaufstieg, dachte er bei sich, dass der Earl wohl ein schwerwiegendes Problem haben musste. Andernfalls hätte er ihn doch in seinem Schreibzimmer empfangen.

«Nur herein, nur herein», rief der Earl. «Setzen Sie sich hierher ans Feuer. Einen Sherry? Ja? Brum, holen Sie die Karaffe. Kommen Sie gerade vom Jagen, Cathcart?» Er ließ den Blick über Harrys Tweedjackett, Knickerbockers, die dicken Socken und festen Schuhe gleiten.

«Nein. Mir ist durchaus bewusst, dass dies ein etwas unpassender Aufzug ist. Aber meine Kleidung schützt mich immerhin vor der Kälte, und soweit ich informiert bin, wollten Sie mich in einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen.»

«Das ist richtig. Warten wir noch, bis wir unseren Sherry haben und ich die Dienstboten fortschicken kann.»

«Wo ist denn Lady Rose?»

«Auf ihrem Zimmer», erwiderte der Earl düster. «Und wir wollen hoffen, dass sie dort auch bleibt.»

 

Als Rose ihre privaten Räumlichkeiten betrat, wandte Daisy sich gerade vom Fenster ab. «Vor ein paar Minuten ist Captain Cathcart gekommen.»

«Was in aller Welt will der denn hier? O nein! Wahrscheinlich will Papa ihn um Hilfe bitten. Aber was soll Cathcart in der Sache ausrichten?»

«Vielleicht kennt er einen gefügigen Arzt, der Sie für verrückt erklärt», erwiderte Daisy. «Dann steckt man Sie ins Irrenhaus, und ich werde entlassen.»

«Das würden meine Eltern doch niemals tun.» Rose kicherte nervös.

«Es würde immerhin alle Probleme lösen. Dann wird Ihnen keiner mehr glauben, wenn Sie erzählen, wie der Besuch des Königs verhindert wurde.»

«Wenn sie das tun, laufe ich davon.»

«Und warum machen wir das nicht gleich, Mylady?»

«Das wäre sinnlos. Sie würden in sämtlichen Zeitungen annoncieren und mich sofort ausfindig machen. Wenn ich nur wüsste, worüber sie reden!»

 

«Das ist doch ganz einfach», sagte Harry, als der Earl geendet hatte.

«Was?» Der Earl riss verblüfft die Augen auf. «Ich stecke sie auf keinen Fall ins Irrenhaus. Ich weiß, das wäre der einfachste Weg, aber dann wird sie wirklich niemand mehr heiraten, und ich will schließlich Enkel haben. Einen Jungen. Wer soll mich denn sonst beerben?»

«Lady Rose wäre durchaus in der Lage, Ihren Besitz zu verwalten, davon bin ich überzeugt.»

«Eine Frau? Nie im Leben!»

«Wie auch immer. Ich würde Folgendes vorschlagen: Ein Freund von mir, Mr. Peter Drevey, ist Bankier, und ich kann ihn sicherlich dazu...

Erscheint lt. Verlag 20.10.2017
Reihe/Serie Ein Fall für Lady Rose Summer und Harry Cathcart
Übersetzer Tanja Handels
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Adel • Adelsfamilie • Krimi • London • Mord • Oberschicht
ISBN-10 3-688-10554-0 / 3688105540
ISBN-13 978-3-688-10554-0 / 9783688105540
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