Grimms Morde (eBook)

Roman

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
480 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44468-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Grimms Morde -  Tanja Kinkel
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Der neue historische Roman der Spiegel-Bestsellerautorin Tanja Kinkel führt zurück in das neunzehnte Jahrhundert und verbindet märchenhaftes Setting und historische Spannung mit einer grausamen Mordserie. Rot wie Blut... Kassel, 1821: Die ehemalige Mätresse des Landesfürsten wird nach Märchenart bestialisch ermordet. Die einzigen Indizien weisen ausgerechnet auf die Gebrüder Grimm. Weil die Polizei nicht in Adelskreisen ermitteln kann, die sich lieber Bericht erstatten lassen, anstatt Fragen zu beantworten, kommen den Grimms Jenny und Annette von Droste-Hülshoff zur Hilfe. Ein Zitat aus einer der Geschichten, welche die Schwestern zur Märchensammlung der Grimms beigetragen hatten, war bei der Leiche gefunden worden. Bei ihrer Suche müssen sich die vier aber auch ihrer Vergangenheit stellen: Vorurteilen, Zuneigung, Liebe - und Hass, und diese Aufgabe ist nicht weniger schwierig. In einer Zeit, wo am Theater in Kassel ein Beifallsverbot erteilt wird, damit Stücke nicht politisch missbraucht werden können, Zensur und Überwachung in deutschen Fürstentümern wieder Einzug halten und von Frauen nur Unterordnung erwartet wird, sind Herz und Verstand gefragt. Geschickt verwebt Tanja Kinkel die privaten Verwicklungen von zwei der berühmtesten Geschwisterpaare der deutschen Literaturgeschichte in ein unglaubliches Verbrechen. Ein Mordsbuch.

Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, gewann bereits mit 18 Jahren ihre ersten Literaturpreise. Sie studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und promovierte über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. 1992 gründete sie die Kinderhilfsorganisation 'Brot und Bücher e.V', um sich so aktiv für eine humanere Welt einzusetzen (mehr Informationen: www.brotundbuecher.de). Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt; sie spannen den Bogen von der Gründung Roms bis zum Amerika des 21. Jahrhunderts. Zu ihren bekanntesten Werken gehören 'Die Löwin von Aquitanien' (1991), 'Die Puppenspieler' (1993), 'Mondlaub' (1995), 'Die Schatten von La Rochelle' (1996), 'Die Söhne der Wölfin' (2000), 'Götterdämmerung' (2003), 'Venuswurf' (2006), 'Säulen der Ewigkeit' (2008) und 'Im Schatten der Königin' (2010), 'Das Spiel der Nachtigall' (2011), 'Verführung' (2013) und 'Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin' (2014).

Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, gewann bereits mit 18 Jahren ihre ersten Literaturpreise. Sie studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und promovierte über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. 1992 gründete sie die Kinderhilfsorganisation "Brot und Bücher e.V", um sich so aktiv für eine humanere Welt einzusetzen (mehr Informationen: www.brotundbuecher.de). Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt; sie spannen den Bogen von der Gründung Roms bis zum Amerika des 21. Jahrhunderts. Zu ihren bekanntesten Werken gehören "Die Löwin von Aquitanien" (1991), "Die Puppenspieler" (1993), "Mondlaub" (1995), "Die Schatten von La Rochelle" (1996), "Die Söhne der Wölfin" (2000), "Götterdämmerung" (2003), "Venuswurf" (2006), "Säulen der Ewigkeit" (2008) und "Im Schatten der Königin" (2010), "Das Spiel der Nachtigall" (2011), "Verführung" (2013) und "Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin" (2014).

Prolog: Ende März 1821


Die Kleidung der Frau war teuer, das sah Oberwachtmeister Blauberg sofort, und er hielt sich keineswegs für einen Experten für weibliche Mode. All die Spitzen und Volants, die den Ausschnitt und die winzigen Ärmel zierten, hätte sich seine Gattin niemals leisten können, und er gehörte zu den bessergestellten Beamten Kassels. Der Turban, den die Tote um den Kopf trug, bestand sogar aus grüner Seide. Seit dem Abzug der Franzosen hatte Blauberg keine Damen mehr gesehen, die Turbane statt Hüte trugen. Für ihn unterstrich diese Kopfbedeckung das Groteske des Anblicks der Leiche, des Gesichtes der Toten oder was davon noch übrig war. Dafür musste eine dicke Wachsschicht erst entfernt werden, und dabei hatten sich Teile ihrer Gesichtshaut und sogar Fleisch aus den Wangen gelöst. Jemand hatte dieser Frau offensichtlich kochend heißes Wachs über das Gesicht gegossen, als sie noch lebte, denn der Mund erschien immer noch schmerzverzerrt. Ihre Hand- und Fußgelenke trugen Fesselspuren, aber was auch immer benutzt worden war, um sie während dieser Qual daran zu hindern, sich zu wehren, war später entfernt worden.

Ein Diener hatte sie sorgfältig aufgebahrt vorgefunden, unter der Überdachung der Brücke, die den Hauptteil des Schlosses Wilhelmshöhe mit dem Weißensteinflügel verband. Der alte Kurfürst war noch keinen Monat tot; der neue, sein Sohn, dem Vater entfremdet, war erst noch dabei, seinen Haushalt in die kurfürstlichen Residenzen zu verlegen, und an diesem Tag nicht in Kassel. Blauberg freute sich nicht darauf, dem neuen Herrscher zu diesem Vorfall Bericht erstatten zu müssen, machte es aber lieber später, wenn er mehr wusste. Um wen es sich auch immer bei der Toten handelte: Eine Leiche im Wohnbereich der kurfürstlichen Familie, das war eine unerhörte Brüskierung und schrie nach einer Verletzung der Sicherheit des Herrschers. Blauberg war todunglücklich, dass ausgerechnet ihn das Schicksal getroffen hatte, die Untersuchungen zu leiten.

Im Ausschnitt der Frau hatte sich ein Blatt Papier befunden, teures Papier, wie es für jemanden aus dem Volk viel zu kostspielig gewesen wäre, und die Schrift, mit der etwas darauf geschrieben stand, war regelmäßig und verriet Übung. Nur ein Umstand gab Blauberg Hoffnung, dass es sich bei dem Mörder vielleicht doch um einen Verbrecher niederen Ranges statt eines Mannes von Stand handelte. Der auf dem Papier geschriebene Satz war schauderhaft buchstabiert und klang überdies nach allem Möglichen, nur nicht nach Deutsch, wie es in Hessen gesprochen wurde: »Usse Bloet soll örfer die Rache schreien, nun is kin Mensk up de Welt geboren, un wird geboren, de uns erlösen kann.«

Seit im letzten Jahr der Burschenschaftler Sand hingerichtet worden war, weil er den Schriftsteller August von Kotzebue umgebracht hatte, seit die Polizei in Hessen, genau wie in allen anderen Ländern des Deutschen Bundes, die wegen dieses einen Mordes in aller Eile erlassenen Karlsbader Beschlüsse durchsetzte, welche es ermöglichten, die Presse, die Universitäten und die Vereine wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen, hatte Blauberg befürchtet, dass auch in Kassel die Seuche des politischen Mordes einziehen würde. Aber Sand hatte bei seiner Tat »Verräter des Vaterlands« gerufen, und ähnliche Parolen waren doch gewiss bei einer Nachahmungstat zu erwarten, nicht ein in irgendeinem Dialekt geschriebener Satz.

»Unser Blut soll über dich Rache schreien«, sagte Blauberg zögernd, um für sich den Satz durch eine laute Aussprache verständlich zu machen. »Nun ist kein Mensch auf der Welt geboren, und es wird auch keiner geboren, der uns erlösen kann!«

»Ein Gottesleugner vielleicht?«, mutmaßte einer seiner Polizeidiener. Der Hausmeier, dem ein Lakai die Leiche gemeldet hatte und der daraufhin Blauberg hatte benachrichtigen lassen, dessen Blicke nun ständig von der Toten zu Blauberg und zurück wanderten, zuckte zusammen und beeilte sich, zu versichern, dass es am kurfürstlichen Hof keine Gottesleugner gebe. Schließlich lebe man nicht mehr unter den Franzosen. Es war ein kühler Märzmorgen, aber der Mann schwitzte sichtlich unter seiner Perücke. Dafür zumindest hegte Blauberg eine gewisse Sympathie. Als hessischer Patriot hatte er die Rückkehr des alten Kurfürsten begrüßt, aber dass dieser umgehend darauf bestanden hatte, bei allen Staatsbeamten und bei seinem Hofstaat die Perücken der vorrevolutionären Zeit wieder einzuführen, sorgte selbst in den übrigen deutschen Fürstentümern für Spott. Wenigstens stand zu hoffen, dass sein Sohn, der neue Kurfürst, endlich das Perückengebot zurücknahm.

»Kann Er sich inzwischen darauf besinnen, um wen es sich bei der Dame handelt?«, fragte Blauberg, absichtlich die altmodische Anredeform wählend, um seinerseits seine Autorität wie seine treudeutsche Gesinnung und mangelnde Sympathie mit neuen, noch nicht vom Kurfürsten erlaubten Ideen zu demonstrieren. Dass es sich bei der Toten um eine Dame handelte, bezweifelte er nicht. Dienstmädchen trugen keine Turbane französischen Stils aus grüner Seide. Selbst Hofdamen taten das nicht, wenn sie wussten, was gut für sie war; sowohl der alte als auch der neue Kurfürst verabscheuten jede Erinnerung an die unrühmlichen Jahre, in denen die Wilhelmshöhe Napoleons Höhe geheißen und in Kassel Napoleons jüngster Bruder Jérôme regiert hatte. Eine Frau von Adel, die wollte, dass ihre Familie sich gut mit dem Herrscher stand, würde also nie einen solchen modischen Fauxpas begehen, es sei denn, sie hätte Grund zu wissen, dass der Herrscher ihr dergleichen verzeihen würde.

Blauberg fühlte sich ob seiner Aufgabe denkbar unwohl. Genau wie sein Vater hatte der neue Kurfürst eine Mätresse, die er gerade vom Bürgertum in den Adel erhoben hatte und für die er in Kassel das Palais Gohr umbauen ließ.

»Es kann doch wohl nicht die Gräfin Reichenbach …?«

Der Hausmeier schüttelte heftig den Kopf, noch ehe Blauberg seinen Satz beendet hatte. Wie er sich bei dem Zustand des Gesichtes so sicher sein wollte, wusste Blauberg allerdings nicht.

»Die Gräfin Reichenbach befindet sich noch auf Schloss Philippsruh in Hanau«, erläuterte sein Gegenüber. »Außerdem dürfte es da einen erheblichen Altersunterschied geben. Mit Verlaub.«

Er wies auf die Hände der Toten, die gepflegt waren, sichtlich nicht an Arbeit gewohnt, und großzügig beringt, was bewies, dass es dem Mörder nicht um den Diebstahl des Schmuckes gegangen war. Diese Hände waren bei aller Pflege nicht mehr die einer jungen Frau, doch Blauberg, dem Hände von dreißigjährigen Frauen vertraut waren, die rissig, voller Altersflecken und zerfurcht waren, hatte sie nicht gleich als einen Hinweis auf ein höheres Alter angesehen.

»Diese Dame war gewiss über fünfzig Jahre alt«, schloss der Hausmeier. »Wenn nicht sogar an die sechzig.« Mit einem Mal stockte er.

»Es wird doch nicht … nun, sie war wegen der Beerdigung seiner Hoheit wieder in Kassel, zum ersten Mal seit Jahren, und ich habe nicht gehört, dass sie abgereist wäre …«

»Ein Name wäre von Nutzen«, sagte Blauberg trocken.

»Die Freiin von Bachros,« entgegnete der Hausmeier unbehaglich, »die sich früher des … Wohlwollens seiner verstorbenen Hoheit erfreute. Sie hat den gleichen dunklen Teint wie diese Dame, wie so viele der Hugenottenfamilien, die aus dem Süden Frankreichs zu uns gekommen sind. «

Blauberg war durchaus bekannt, dass der alte Kurfürst mehrere Mätressen gehabt hatte, neben der berühmtesten, Karoline von Schlotheim, Gräfin Hessenstein, aber deren Namen waren ihm mit dem Ende ihres Einflusses auf den Fürsten entfallen. Gerade wollte er sich weitere Auskünfte erteilen lassen, als einer seiner Polizeidiener, der mit seinen Kameraden eigentlich die Aufgabe hatte, neugieriges Gesinde, aber auch Hofleute fernzuhalten, ihm meldete, der zweite Hofbibliothekar bestehe darauf, zur Bibliothek durchgelassen zu werden; er habe dort für seine Arbeit unentbehrliche Bücher zu konsultieren.

Blauberg konnte sich nicht vorstellen, was ein Hofbibliothekar je an Arbeit tun konnte, um die Worte »unentbehrlich« oder »dringend« zu rechtfertigen, und sagte das auch laut.

»Oh, Sie kennen Herrn Grimm nicht, Herr Oberwachtmeister«, kommentierte der Hausmeier.

»Damit kann ich leben. Sprech Er mir nun von der Freifrau.«

Der Hausmeier runzelte die Stirn. »Herr Grimm ist, ähem, wirklich immer sehr entschlossen. Sie sollten ihn einfach passieren lassen, Herr Oberwachtmeister. Vielleicht kann er sogar aushelfen, was jenes Schreiben am Körper der bedauernswerten Toten betrifft. Mit üblen Pamphleten aller Arten muss er sich auskennen. Er ist Mitglied der Zensurkommission.«

Die Zensurkommission war nach dem Abzug der Franzosen und der Rückkehr des alten Kurfürsten auf dessen Drängen umgehend wieder eingerichtet worden, um ein Aufkommen revolutionären Ungeistes in Hessen von Anfang an zu unterbinden. Sie bestand aus vier Männern. Inzwischen gab es sie fünf Jahre, aber Blauberg konnte sich nicht erinnern, von ihr jemals nützliche Hinweise erhalten zu haben, die Verhaftungen ermöglichten. Das bestätigte seine lebenslang gewachsene Meinung über Bücherwürmer. Andererseits fanden auch blinde Würmer gelegentlich Körner, und wenn er bereits einen Verdächtigen hatte, ehe er dem neuen Kurfürsten Bericht über diesen Mord erstatten musste, dann würde das sein Leben erheblich erleichtern. Also bedeutete er dem Polizeidiener, Herr Grimm möge durchgelassen und zu ihm gebracht werden.

Das Erste, was Blauberg an dem Bibliothekssekretär Grimm ins Auge fiel, war, dass der Mann offenbar sehr sicher über die Abschaffung der Perückenvorschrift für Staatsbeamte unter dem neuen Kurfürsten oder sehr...

Erscheint lt. Verlag 27.9.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 19. Jahrhundert • Annette von Droste-Hülshoff • Brüder Grimm • Deutschland • Gebrüder Grimm • Grimms Märchen • Historische Kriminalromane • Historische Krimis • Historische Romane • historische Romane 19. Jahrhundert • Historische Romane Deutschland • Jacob Grimm • Jenny von Droste-Hülshoff • Kassel • Kinder- und Hausmärchen • Krimi • Märchen • Märchenmorde • Märchen Morde • Mord • Morde nach Märchen • Mordverdacht • Volksmärchen • Wilhelm Grimm
ISBN-10 3-426-44468-2 / 3426444682
ISBN-13 978-3-426-44468-9 / 9783426444689
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