Kalter Schnitt (eBook)
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42678-4 (ISBN)
Andreas Franz' große Leidenschaft war von jeher das Schreiben. Bereits mit seinem ersten Erfolgsroman JUNG, BLOND, TOT gelang es ihm, unzählige Krimileser in seinen Bann zu ziehen. Seitdem folgte Bestseller auf Bestseller, die ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Krimiautor machten. Seinen ausgezeichneten Kontakten zu Polizei und anderen Dienststellen ist die große Authentizität seiner Kriminalromane zu verdanken. Andreas Franz starb im März 2011.
Andreas Franz' große Leidenschaft war von jeher das Schreiben. Bereits mit seinem ersten Erfolgsroman JUNG, BLOND, TOT gelang es ihm, unzählige Krimileser in seinen Bann zu ziehen. Seitdem folgte Bestseller auf Bestseller, die ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Krimiautor machten. Seinen ausgezeichneten Kontakten zu Polizei und anderen Dienststellen ist die große Authentizität seiner Kriminalromane zu verdanken. Andreas Franz starb im März 2011. Daniel Holbe, Jahrgang 1976, lebt mit seiner Familie im oberhessischen Vogelsbergkreis. Insbesondere Krimis rund um Frankfurt und Hessen faszinierten den lesebegeisterten Daniel Holbe schon seit geraumer Zeit. So wurde er Andreas-Franz-Fan – und schließlich selbst Autor. Als er einen Krimi bei Droemer-Knaur anbot, war Daniel Holbe überrascht von der Reaktion des Verlags: Ob er sich auch vorstellen könne, ein Projekt von Andreas Franz zu übernehmen? Daraus entstand die Todesmelodie, die zum Bestseller wurde.
2015
Freitag
Hatte sie sich beim Parken noch gefragt, ob es richtig war, was sie tat, waren sämtliche Zweifel nunmehr verflogen. Isabell Schmidt gab den Code ein, der die Tür freigab. Das Haus reihte sich ein in elegante Gebäude aus der Jahrhundertwende, die allesamt zwar protzig wirkten, aber nicht weiter auffielen, weil es in dem Viertel keine anderen Gebäude gab. Die Straßenlaternen standen hier enger, und die Hecken waren gepflegter, aber auch höher als anderswo. Wie von unsichtbarer Hand war einer der beiden Torflügel aufgeschwungen. In der Doppelgarage stand das Auto ihres Mannes, doch dieser befand sich in New York.
Ein anderer wartete im Haus auf sie. Er wartete, genau so, wie die beiden es verabredet hatten.
Sie hatte ihm die sechsstellige Kombination des Codeschlosses verraten. Das war ein akzeptables Risiko, denn ihr Mann oder sie selbst änderten die Zahlenfolge regelmäßig. Zuerst war es einer ihrer Jahrestage gewesen; der Kennenlerntag, der Verlobungstag, der Hochzeitstag. Später wich die Romantik der Einfachheit. Mathematische Zahlenreihen, Muster auf dem Bedienfeld. Aktuell war es 1-5-9-3-5-7, man zeichnete damit ein X.
Heute sollte es passieren. Isabell hatte ihn vor ein paar Wochen kennengelernt. Wie aus dem Nichts war er in ihr Leben getreten. Sie glaubte nicht an Schicksal, doch in ihrem Inneren spürte sie, dass ihre Begegnung eine tiefere Bedeutung haben musste. Scheu und ganz die biedere Ehefrau gebend, hatte sie sämtliche Komplimente hingenommen, aber nicht erwidert. Doch mit der Zeit konnte, nein, wollte sie sich nicht mehr verschließen. Leonhard Schmidt jagte von einer Konferenz zur nächsten. Rio, New York, Tokio. Früher hatte sie ihn begleitet. Doch ihre Leben besaßen längst keine Schnittmenge mehr. Die Villa war zum goldenen Käfig geworden.
Heute hatte sie ihm den Schlüssel zu diesem Käfig gegeben. Würde ausbrechen aus ihrem Gefängnis. Isabell spürte die Hitze, die sich in ihr ausbreitete, als sie den Weg entlangschritt, der zwischen mannshohen Fliedern zum Eingangsportal führte.
Er erwartete sie, als gehörte er schon immer hierher. Bis dato hatte es keinerlei körperlichen Kontakt zwischen ihnen gegeben, bis auf einen scheuen Kuss in einem Parkhaus, bei dem seine Zungenspitze die ihre berührt hatte. Isabell hatte stundenlang nicht schlafen können. Zuerst war es das Gewissen gewesen, dann aber etwas ganz anderes. Sie hatte den Vibrator aus der Schublade gezogen, der unter den Seidenslips ruhte, die niemand außer ihr mehr beachtete. Dreimal hatte sie sich befriedigt, leise jauchzend, als gäbe es jemanden, den sie wecken könnte. Dabei hatte sie sich vorgestellt, wie es wäre, wenn seine Zunge über ihre Brüste wanderte. In sie hinein. Wenn sie sich vereinigten.
Heute wollte sie es spüren.
Sie umarmten sich. Dann nahm er ihren Kopf zwischen die Hände. Ihre Blicke fingen einander.
»Du hast mir gefehlt«, hauchte Isabell. Sie spürte die warmen Lippen, die sie auf die Stirn küssten.
»Du mir auch. Ich habe mich den ganzen Tag auf diesen Moment gefreut.«
Sie versuchte, sich aus dem Mantel zu winden, ohne sich aus seiner Nähe zu befreien.
»Hattest du keine Angst, gesehen zu werden?«, fragte sie unsicher.
»Nein, du etwa? Hast du Angst, dass wir beide auffliegen?«
»So habe ich das nicht gemeint.« Sie versuchte, sich zu entspannen, doch es gelang ihr nicht. »Ich meine ja nur.«
»Setz dich. Wo ist dein Lieblingsplatz?«
Sie deutete auf die Ecke der Couch, von der man den Fernseher sehen und gleichzeitig die Beine hochlegen konnte.
»Setz dich«, kam es erneut. Die Stimme schnurrte fast, dazu spürte sie sanfte Berührungen, die Gefühle in ihr hervorbrachten, die sie längst verloren geglaubt hatte. Sie schloss die Augen, während sie die warmen Hände auf ihren Schultern spürte. Leicht massierend, dazu ein Summen. Ein Blinzeln ließ sie die Champagnerschalen auf dem Tisch entdecken.
»Dein Mann ist also in New York?«
Sie nickte.
»Wie viele Bonusmeilen ergibt das?«
Isabell musste lachen. »Was ist das denn für eine Frage?«
»Interessiert mich halt. Ich mag es außerdem, wenn du lachst. Also hat die Frage ihren Zweck erfüllt. Du bist besonders schön, wenn du lachst.«
»Danke«, gluckste sie, verlegen wie ein Schulmädchen, das vor ihrem ersten Date stand. Mit dem Alphamännchen des Jahrgangs. Ihr Mann machte ihr schon lange keine Komplimente mehr. Sie schliefen getrennt, ihr Lustgewinn beschränkte sich darauf, teure Kunstwerke zu kaufen, die anschließend in der großzügig bemessenen Villa verstaubten. Verstaubten wie ihre kinderlose Ehe, wie ihr ganzes Leben.
»Möchtest du ein Glas Champagner?«
Sie nickte. Sofort stand eines der Gläser vor ihr. Zwei Himbeeren plumpsten hinein. So heftig, dass es die Früchte drehte. Winzige Eiskristalle lösten sich auf. Neben dem Glas befand sich eine Kiste Zartbitterpralinen.
Isabell Schmidt war drauf und dran, ihren Mann zu betrügen. Doch es gab kein Zurück mehr, schon lange nicht. Sie hätte es schon vor Jahren getan, wenn sie den Mut dazu aufgebracht hätte. Doch heute würde es geschehen. Einfach so. Und das auch noch mit Stil.
Der Champagner trieb ihr das Blut in die Wangen, und schon beim zweiten Glas spürte sie, dass sich auch in ihrem Höschen etwas regte. Sie öffnete ihre Lippen und stöhnte auf, als sie sich die Haarnadel entfernte. Schüttelte den Kopf und ließ die sanft gelockte Pracht frei.
»Du bist wunderschön.«
Sie hob die Augenbrauen.
»Möchtest du nach oben gehen?«
»Ja.«
Sie griff nach einer Praline, während sie aufstand. Dachte an ihre Hüften und an die Oberschenkel, denn dorthin würde die Schokolade sofort wandern. Doch es war zu spät. Sie wollte sie. Fast schon trotzig schob sie sie in den Mund.
Isabell hatte den Gedanken zunächst kaum ertragen können, dass sie ihn in ihr Zuhause ließ und so die Kontrolle aus der Hand gab. Dass sie nicht wusste, was er dort für sie vorbereitete. Doch er hatte jeden Zweifel mit seiner charmanten Art überspielt, jedes Argument mit einem Lächeln in nichts aufgelöst.
»Ich werde dir einen perfekten Abend schenken.«
Damit hatte er sie überzeugen können, denn ihr ganzer Körper sehnte sich nach ihm, und sie hatte diese Nacht um nichts in der Welt gefährden wollen.
Im Schlafzimmer erwarteten sie Kerzen. Für eine Sekunde zögerte sie, bevor sie den Atem in ihrem Nacken spürte.
»Was ist? Willst du nicht mehr?«
»Doch, doch.« Um ein Haar wäre sie gestolpert. Sie ließ sich auf die Matratze sinken.
»Ich möchte dich anschauen, bevor ich dich spüre.«
»Ich möchte dich auch spüren.«
»Eins nach dem anderen. Wir haben alle Zeit der Welt. Möchtest du dich nicht ausziehen?«
»Doch … schon.«
»Stört dich das Licht? Ich kann es löschen.«
»Nein.« Mit einem Mal fühlte sie sich hilflos. Sie wollte es, sie sehnte sich so sehr nach Nähe. Doch sie fühlte sich irritiert. Champagner. Kerzen. Und nun die Bitte, sich auszuziehen.
»Wie oft hast du das schon gemacht?«
Man konnte das Plopp fast hören, mit dem die erregte Anspannung zwischen ihnen wie eine Seifenblase zerplatzte.
»Wie meinst du das?«
»Nun.« Sie deutete an sich herab, dann in den Raum. »Du erwartest mich, du richtest alles schön her, du gehst mit mir ins Schlafzimmer. Champagner, Schokolade, es wirkt alles irgendwie, hm, abgekartet.«
Fragend blickte er sie an. Auf eine Weise, die ihr Unbehagen bereitete. Mit einem Blick, dem sie sich ausgesetzt fühlte.
»Möchtest du nicht mehr?«
War es das, was er in ihr lesen konnte?
Isabell wollte, sie wollte es sogar sehr. Und sie verstand nicht, was genau in ihr dagegen aufbegehrte. Das Gewissen war es nicht. Sie wollte aufstehen, damit er nicht von oben auf sie herabsah. Doch ihre Beine waren wie Blei. Sie schüttelte den Kopf, um irgendetwas zu tun.
»Das war nicht meine Frage.« Plötzlich begann ihr Herz zu hämmern. Sie atmete schneller. »Mir ist schwindelig. Kannst du mir bitte hochhelfen?«
»Du willst wissen, wie oft ich schon Sex hatte?«
»Nein. Ich will wissen, wie viel von alldem hier ehrliche Romantik ist. Oder, wichtiger noch, was wird passieren, wenn wir miteinander geschlafen haben? Verschwindest du dann auf Nimmerwiedersehen? Denn das möchte ich nicht.«
Sie drückte ihre Arme in die Matratze, um sich nach oben zu stemmen. Diesmal gelang es ihr.
»Was ist bloß los mit dir?«, fragte er einfühlsam. Ein Blick in seine Augen ließ das Feuer wieder aufflammen. Das Wechselbad ihrer Gefühle war schwer zu ertragen. Isabell wollte sich ausziehen. Wollte sich hingeben. Doch sie war nicht so verzweifelt, dass sie sich wegwerfen würde. Außerdem verstand sie nicht, was mit ihrem Körper geschah. Sie wankte wie eine Boje im Sturm, zumindest kam es ihr so vor. Doch das mochte Einbildung sein. Seine Hände hielten ihre Unterarme. Die Bilder an den Wänden hoben und senkten sich. Waren es die Hormone, der Alkohol und die Schokolade? Verlangen, Rausch und Endorphine? Ihr kam eine Idee. »Was wäre, wenn ich noch mehr Champagner möchte? Noch mehr Pralinen? Und wenn ich wieder runtergehen will, um mich zu unterhalten? Ich liebe es, dir zuzuhören.«
»Wir werden uns unterhalten, glaub mir«, lächelte er und löste abrupt seine Finger. Isabell plumpste nach hinten. Ihr Rock rutschte nach oben und gab ihre Oberschenkel frei. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren trug sie Strumpfhosen mit Strapsen. Schwarz-rosa-farbene Dessous, die sie sich extra für heute in einer Boutique gekauft hatte. Sie spürte, wie ihre Knie...
Erscheint lt. Verlag | 18.8.2017 |
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Reihe/Serie | Julia Durant ermittelt | Julia Durant ermittelt |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Andreas Franz • Andreas Franz Julia Durant Reihenfolge • Andrea Sievers • Beschneidung • beste deutsche krimis bücher • Bestseller • Bestseller-Autor • Blutbad • Blutwette • Daniel Holbe • Daniel Holbe Julia Durant • Der Fänger • Deutsche Krimis • Deutscher Thriller • Ermittlerin • Ermittler-Krimi • Frankfurt • Frankfurt Krimi • Frankfurt-Krimi • Frauenmorde • Hessen Krimi • Julia Durant • Julia Durant 17 • Julia Durant ermittelt • Julia Durant Krimis • Julia Durant Reihenfolge • Kommissarin • Krimi-Bestseller • Krimi Bücher • Krimi deutsche Autoren • Krimi Deutschland • Krimi Frankfurt • krimi frankfurt buch • Krimi Kommissarin • Kriminalroman • Kriminalromane Serien • krimi neuerscheinungen 2017 • Krimi-Reihe • krimi reihen • Krimi-Serie • Krimi Serien • Krimi Serien Deutsch • Krimis für Männer • Krimis mit Kommissarin • krimis mit weiblichen ermittlern • Missbrauch • Polizei Krimis/Thriller • Psychopath • psychopatischer Killer • Regionalkrimi • Regionalkrimis Hessen • Ritualmord • Serienmörder • Spannender Krimi • Spannung • Spiegel Bestseller-Autor • Vergewaltigung |
ISBN-10 | 3-426-42678-1 / 3426426781 |
ISBN-13 | 978-3-426-42678-4 / 9783426426784 |
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