Vater!

Buch | Softcover
232 Seiten
2017
Edition Dreiklein (Verlag)
978-3-9817281-8-7 (ISBN)
14,00 inkl. MwSt
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"Früher dachte ich, dass Kinder aus Fleisch und Blut gemacht sind. Heute weiß ich sicher: Kinder bestehen aus unterschiedlichen Klebstoffen. Die meisten Kinder haben keine Finger, sondern kleine, aufgeschraubte Prittstifte. Doppelseitiges Klebeband statt Zungen. Leim statt Spucke. Und schnüffelt man an ihnen, dann kann es passieren, dass man betäubt zu Boden sinkt. Bei hohen Temperaturen verklumpen Kinder zu einer klebrigen Masse ohne echte Form. Sie sind dann wie eine Rolle Kreppband. Nach dem Streichen. Zusammengeknüllt. Feucht. Und klebrig."

In seinem Erstlingswerk „Vater!“ beschreibt der Kölner Autor Anselm Maria Sellen, selbst Vater von vier Kindern, in unterhaltsamen und kurzweiligen Episoden die Fallstricke und alltäglichen Herausforderungen familiären Zusammenlebens.

Ob Elternabend, die Bundesjugendspiele, warum ein Sousaphon vielleicht doch nicht das geeignete Musikinstrument ist und was geschieht, wenn man in einem unbedachten Moment „Ja“ sagt - Sellen bringt den alltäglichen häuslichen Wahnsinn in seinen bissigen Kurzgeschichten und Betrachtungen zielsicher und scharfzüngig auf den Punkt.

„Vater!“ ist nicht nur ein ironisches und pointiertes, mit schwarzem Humor gespicktes Buch – es verspricht auch einen hohen Wiedererkennungswert, ganz gleich, ob man selbst Kinder hat oder nicht…

Sein Vater wollte ihn „Che“ nennen. Am Ende wurde „Anselm“ daraus. Studiert hat er trotzdem (Amerikanische Literatur und Politikwissenschaften). Heute arbeitet der gebürtige Kölner in 4711 Projekten als Educational Innovator, Blogger, Podcaster, Studienleiter und Zombieforscher. Für verschiedenste Stiftungen und Institutionen denkt und gestaltet Anselm Maria Sellen Bildungs-Projekte an den Schnittstellen zwischen politischer, kultureller und digitaler Bildung.

Inhaltsverzeichnis

Kellerkind7
Spülmaschine11
Weichgekocht15
Essen20
Herrschaft24
Kindermusikantenstadl28
Elternabend I33
Elternabend II38
Evolution43
Karneval48
Tierwünsche52
Entzug56
Bethlehem60
Ungespräch64
Glückwunsch69
Elternsprechtag74
Geflüchtet78
Zwangsheirat84
mUNOpoly89
Wartezimmer93
Mauerbau98
Wiegenfest102
Ulf108
Gemeinsamstag114
Intelligenzbestien119
Medienveganismus124
Kreisheimattag129
Familienfoto134
Stallgeruch139
Klebstoffe145
Sex150
Bundesjugendspiele I154
Bundesjugendspiele II160
Sorgenkinder165
Endlosschleife169
Digga174
Wolfsmenschen179
Blinddarm184
Sprachlos188
Flatrate192
Verschenkt197
Vorgeführt201
Sankt Martin207
Kinderschmuggel212
Wahrsager216
Qualvoll221

Lesermeinungen:

„Man fühlt sich an die Kolumnen von Axel Hacke erinnert – nur eine Spur bissiger, flapsiger, moderner. Ein Lesevergnügen und das nicht nur für Eltern, weil „Vater!“ durchaus auch auf allgemeingültig Abwegiges unserer Lebensführung hinweist.“

„Sellen ist der Dunkle Ritter im häuslichen Gotham – stetig um Recht, Ordnung und Tischmanieren bemüht. Und gleichzeitig ist er Donald Duck und Don Quichote in Personalunion – öfter scheiternd als siegreich im Kampf mit den Windmühlen des väterlichen Erziehungsauftrages.“

„Er schafft dem Leser ein Kopfkino par excellence und sorgt nahezu durchgängig für ein Schmunzeln beim Lesen, wenn es nicht von unkontrollierten Lachsalven unterbrochen wird.“

„Anselm Maria Sellen schafft es in jeder einzelnen Story, ungeschnörkelt und ohne jemals albern zu wirken, auf den Punkt zu kommen.“

„Dieses Buch erheitert und berührt zugleich und ist ein Hochgenuss für alle, die Freude an Sprache haben! Sehr empfehlenswert.“

Kellerkind Es ist früh. Und ich stehe nackt im Keller. In der einen Hand eine Gitarre und in der anderen ein Glas Senf. Und ich weiß ganz genau: „Irgendwas wollte ich hier.” Oben rufen Helena und die Kinder wild durcheinander. Ich hatte einen Auftrag und wahrscheinlich hatte der irgendetwas mit dem Geschrei dort oben zu tun. Ich kämpfe die Panik nieder und setze mich auf eine Plastikkiste mit der Aufschrift „146/152”. Was hat das alles zu bedeuten? Ich stelle das Glas Senf neben mich und fange an, ein paar Töne auf der Gitarre zu zupfen. Irgendwer dort oben brüllt nach mir. Es hat etwas mit Schule und Broten zu tun. Es wird immer geheimnisvoller. Ich betrachte die Ordnung um mich herum. Ganz offensichtlich verstaut Helena unser Hab und Gut in Kisten, die sie dann beschriftet. Es sind unfassbar viele Kisten. Bis unter die Decke sind die sauber durchnummerierten Plastikcontainer gestapelt. Das beruhigt mich irgendwie. Mein Leben scheint in Ordnung. Wenn ich irgendwann sterbe, dann werde ich auch in so einer Kiste landen und Helena wird mich hier unten einsortieren. Vielleicht bekomme ich dann auch eine Nummer. Ich habe nie wirklich Zeit im Keller verbracht. Ich komme nur hierher, wenn ich auf der Suche nach Essen bin. Dabei gibt es hier noch viel mehr zu sehen. Hinten links in der Ecke, versteckt hinter einem Wäschegebirge, entdecke ich eine Waschmaschine. Hier steht die also. Über mir knallen Türen und ich höre, wie sich hübsche Töchter mit hässlichen Worten bewerfen. Wäre ich nun dort oben, müsste ich erzieherische Maßnahmen einleiten. Und nichts ist so ermüdend, wie sich selbst beim Erziehen der Kinder zuhören zu müssen. Also bleibe ich noch ein wenig sitzen. Ich habe eine Gitarre im Schritt, ein Glas Senf neben meiner rechten Pobacke und wenn ich wirk-lich etwas zum Anziehen bräuchte, dann würde ich einen kleinen Schacht in den Klamottenhügel graben und dort eine Jeans und ein T-Shirt abbauen. Hier kann mir niemand was. Aber ich weiß um meine Verantwortung als Vater. Außerdem weiß ich, dass dort oben wahrscheinlich die unangenehme Antwort auf all meine Fragen lauert. Also erhebe ich mich und beginne den langen Aufstieg zurück ins Leben. Oben angekommen laufe ich zuerst Lotte in die Arme. In einem Anflug von Scham halte ich das Glas Senf vor meine Körpermitte. Gleichzeitig geht mir auf, dass die Gitarre wahrscheinlich mehr verborgen hätte, aber da ist es schon zu spät. „Iiiiihhhh. Papa!! Kannst du dir bitte mal was anziehen?” Ich verzichte auf die Bemerkung, dass eine Hälfte von ihr vor 12 Jahren aus diesem ekelerregenden, nackten Körper herausgeschwommen ist. Als erfahrener Pädagoge weiß ich, dass pubertierende Kinder diese Art von Fun Facts noch nicht zu schätzen wissen. Als Lotte sich angewidert abgewendet hat, überholt mich Marie rechts, tätschelt mir den Hintern und nimmt mir das Glas Senf aus der Hand. „Das hat ja ewig gedauert. Die Schulbrote sind fertig. Jetzt brauch ich den auch nicht mehr.” Womit auch dieses Rätsel gelöst wäre. Bleibt die Gitarre. Da stürmt auch schon Ida auf mich zu, baut sich vor mir auf und fragt mit mahnendem Blick: „Hast du die gestimmt? Ich habe heute eine Aufführung in der Musikschule!” Ich überlege einen Moment und lüge ihr dann ein kurzes „Ja!” ins Gesicht. Ihre missgestimmte Gitarre wird in dem schiefen Flötenquartett gar nicht auffallen – ich habe die Proben gehört. Auf dem Weg zu meinem Kleiderschrank erhasche ich einen kurzen Blick ins Esszimmer. Da sitzt der unbeaufsichtigte Emil am Tisch. Mit dem Gesicht im Nutella-Glas. In seinen Händen hält er einen bunten Wurststrauß. Ich lächle ihm aufmunternd zu, drehe mich um und schleiche leise wieder in den Keller. Dieses Mal weiß ich genau, warum.

Essen Wir hatten uns damals geschworen, unsere Essgewohnheiten nicht dem einseitigen Geschmack der Kinder unterzuordnen. Wir waren jung und naiv. Mittlerweile besteht der Essensplan aus fünf Gerichten. Lotte nennt sie liebevoll ihre „Best Of“. Die Kinder mögen diese kulinarische Monokultur. Überraschungen sind am Mittagstisch unerwünscht. Und wenn es doch einmal eine freche Variation auf die Teller der Kinder schafft, dann werden diese von mimischen und verbalen Entgleisungen begleitet. Geschmackliche Vielfalt wird einstimmig niedergenörgelt. Wenn Marie dürfte, wie sie wollte, dann würde sie sich nur von Brot ernähren. Weißem Brot natürlich. Und Kuchen. Sie heißt Antoinette mit Nachnamen. Natürlich mögen alle Töchter Nudeln. Für einen kurzen Moment habe ich einmal gedacht, meine Kinder wären anders als alle anderen. Ha. Was für ein Irrtum. Da sitzen sie. Die lieben Kleinen. Wie Spürhunde finden sie selbst mikroskopisch kleine Zwiebelstückchen in der Tomatensoße. Sie schnüffeln an ihrem Essen, als würde ich sie mit dem Möhrengemüse vergiften wollen. Argwöhnisch pieksen und fischen sie mit ihren Gabeln und Löffeln in Aufläufen und Eintöpfen. Sie sezieren und sortieren. Sie popeln und stochern. Sie stöhnen und wimmern. Sie mäkeln und rügen. Wenn ich sie dabei beobachte, wie sie versuchen, die Paprika unter dem Pizzakäse zu orten, dann frage ich mich jedes Mal, wieso sie so verdammt schlechte Sucher sind. Mit traumwandlerischer Sicherheit finden sie die winzigen weißen Knoblauchstücke im weißen Kräuterquark, sind aber unfähig ihre Jacken, Brillen und Turnschuhe zu lokalisieren, selbst wenn ich ihnen diese direkt vors Gesicht halte und sie dazu anbrülle „Hier, Ida. Hier ist deine Jacke. Ich habe sie. Sie lag auf deinem Bett. Ganz obenauf.“ Ida schaut mich an und erwidert: „Oh, habe ich gar nicht gesehen. Ich habe ja meine Brille noch nicht gefunden.“ Eine Zeit lang habe ich mir einen Sport daraus gemacht, den Kindern kleine Überraschungen ins Essen zu mischen. Eine Erbse ins Kartoffelpüree. Spinat in die Buchstabensuppe. Oder einen Kümmelsamen in den Milchreis. Sardonisch lächelnd habe ich ihnen dann nach der Mahlzeit gesagt, was sie da gegessen haben. Welch fader Triumph. Welch schwacher Trost. Wahrscheinlich trauen sie meinen Kochkünsten deshalb so wenig. Mittlerweile haben die Kinder verstanden, dass mein unbändiger Zorn über sie kommt, wenn sie ihrem Unmut über mein Essen lautstark Ausdruck verleihen. Statt einem „Bäh, das mag ich nicht!“ dominiert jetzt das diplomatische „Danke, ich bin so satt!“ Dieser Lernprozess hat ja auch nur acht Jahre gedauert. Mal sehen, wann sie es das erste Mal schaffen, die Toilettenspülung zu betätigen, den Klodeckel herunterzuklappen, Türen hinter sich zu schließen oder das Licht in Räumen zu lö-schen, die sie nicht mehr zu betreten gedenken. Heute bin ich zu Mürbeteig in ihren ignoranten Händen geworden. Willenlos koche ich immer gleiche (jüngste) Gerichte, die von den Kindern mit ewig gleicher Begeisterung heruntergeschlungen werden. „Hmm, das war lecker. Was gibt's zum Nachtisch?“ Mit großer Regelmäßigkeit finden Pfannkuchen und Fischstäbchen den Weg auf die Teller. Für Erwachsene findet Essen erst statt, wenn Ernährung abgeschlossen ist. Wenn die Kinder den Tisch längst verlassen haben oder schon im Bett sind. Dann wird Gesottenes und Gebratenes aufgetragen. Geschmortes und Gegartes wird von kichernden Erbsen singend begleitet. Bald wird Lotte ein waschechter Teenie sein. Dann wird sie ein kulinarisches Modebewusstsein entwickeln und gar nicht mehr mit uns essen wollen, weil sie sich für ein veganes Leben entschieden hat. Ida isst ohnehin nur, weil sie leben will und nicht sterben möchte. Bis dahin werde ich an unserem Tisch sitzen und um der Sozialität Willen weiter Pfannkuchen erdulden. Von mir aus auch dreimal die Woche.

Erscheinungsdatum
Verlagsort Karlstr. 71
Sprache deutsch
Maße 190 x 120 mm
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Eltern • Erziehung • Familie • Humor • Ironie • Kinder • Satire • Unterhaltung
ISBN-10 3-9817281-8-1 / 3981728181
ISBN-13 978-3-9817281-8-7 / 9783981728187
Zustand Neuware
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