Venezianische Liebe (eBook)
320 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97833-0 (ISBN)
Gisa Pauly hängte nach zwanzig Jahren den Lehrerberuf an den Nagel und veröffentlichte 1994 das Buch »Mir langt's - eine Lehrerin steigt aus«. Seitdem lebt sie als freie Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuchautorin in Münster, ihre Ferien verbringt sie am liebsten auf Sylt oder in Italien. Ihre Sylt-Krimis um die resolute Mamma Carlotta erobern jedes Jahr aufs Neue die Bestsellerlisten. Gisa Pauly wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Satirepreis der Stadt Boppard und der Goldenen Kamera des SWR für das Drehbuch »Déjàvu«. Die Leser der Fernsehzeitschrift rtv wählten sie zur beliebtesten Autorin des Jahres 2018.
Gisa Pauly hängte nach zwanzig Jahren den Lehrerberuf an den Nagel und veröffentlichte 1994 das Buch "Mir langt's – eine Lehrerin steigt aus". Seitdem lebt sie als freie Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuchautorin in Münster, ihre Ferien verbringt sie am liebsten auf Sylt oder in Italien. Ihre turbulenten Sylt-Krimis um die temperamentvolle Mamma Carlotta erobern regelmäßig die SPIEGEL-Bestsellerliste, genauso wie ihre erfolgreichen Italien-Romane. Gisa Pauly wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Satirepreis der Stadt Boppard und der Goldenen Kamera des SWR für das Drehbuch "Déjàvu".
Polizeiprotokoll
Hamburg, den 10.12.2004
Frau Judith Emerick, Besitzerin der Künstleragentur Künstler-Fuchs in Hamburg, erscheint und gibt eine Vermisstenanzeige auf. Ihr Mann, der Musiker Leander Emerick, sei seit zwei Tagen verschwunden. Sie befürchtet, dass ihm etwas zugestoßen ist, hält es sogar für möglich, dass Leander Emerick einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Diese Vermutung erscheint dem anhörenden Beamten, Polizeiobermeister Markus Kramer, jedoch nicht plausibel. Frau Judith Emerick gibt nach intensiver Befragung zu, dass sämtliche Papiere ihres Mannes verschwunden sind, ebenso ein Koffer und ein Teil seiner Kleidung. Schließlich räumt sie ein, von ihrem Mann möglicherweise verlassen worden zu sein. Dennoch äußert sie die Vermutung, die Abreise ihres Mannes könne von einem Täter inszeniert worden sein, um eine Entführung zu verschleiern. Das erscheint jedoch keinem der anwesenden Beamten wahrscheinlich. Vielmehr erweckt Frau Emerick den Eindruck, unbedingt in Erfahrung bringen zu wollen, wo sich ihr Mann aufhält, und für diesen Zweck auf die Hilfe der Polizei drängt. Die anwesende Kommissarin Gesa Wenzlaff erinnert sich, dass zwei Tage zuvor ein Streifenwagen zum Haus des Modeschöpfers Cyrill Buller gerufen worden war, von einem Nachbarn alarmiert, der beobachtet hatte, wie zwei Personen im Garten des Anwesens von Herrn Buller vor scharfen Wachhunden zu fliehen versuchten. Bei diesen Personen handelte es sich um Frau Judith Emerick und ihren Ehemann. Frau Emerick streitet ab, dass das Verschwinden ihres Mannes mit diesem Ereignis in Zusammenhang stehen könnte. Ihrem Wunsch, die Polizei solle herausfinden, wohin ihr Mann geflohen sei, wurde nicht stattgegeben. Die Tatsache, dass Frau Emerick am Ende ihrer Aussage von Flucht spricht, während am Anfang von mysteriösem Verschwinden und Entführung die Rede war, erweckt bei dem diensthabenden Beamten den Eindruck, dass das Verschwinden des Ehemanns Folge eines Streits ist und sich Herr Leander Emerick diversen, womöglich vor allem finanziellen Verpflichtungen entziehen will.
Cyrill ließ sich auf den Stuhl fallen, auf dem kurz zuvor noch Leander gesessen hatte, griff in die Brusttasche seines Hemdes und holte seine Augencreme hervor. Während er sie vorsichtig einklopfte, fragte er: »Warst du schon in dem Hotel?« Er betrachtete Leanders Espressotasse, als fragte er sich, wer sie auf den Tisch gezaubert haben könnte. »Alle Gespräche zu deiner Zufriedenheit verlaufen?«
Maria starrte ihren Bruder noch immer an, als fiele ihr in diesem Augenblick zum ersten Mal auf, dass er eine Nase und zwei Augen besaß.
Aurora enthob sie einer Antwort. Sie nahm die Espressotasse vom Tisch und murmelte: »Scusi, ein Irrtum!«
Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich um und verschwand mitsamt der Tasse in der Trattoria.
»Ist die Tür zum Speisesaal breit genug für das Brautkleid?«, fragte Cyrill. »Du weißt ja, der Rock besteht aus sieben Lagen Tüll. Im Saum ein Fischbeinreif. Ganz traditionell! So was braucht Platz!«
Von der Brücke her kam ein Schrei, der von einer dröhnenden Stimme unterbrochen wurde. Darauf ein erneuter Schrei, lauter und länger, während die andere Stimme wütender und schriller klang und schließlich so, als trampelte ihr Besitzer auf einer Mütze herum, die er zornig zu Boden geworfen hatte.
»Du wolltest doch Mike vom Flughafen abholen«, sagte Maria, ohne den Blick von der Treppe zu nehmen, die am Ende der Gasse auf die Brücke führte. Darunter, auf dem schmalen Stück grauen Kanals, herrschte Unruhe, die mehr zu spüren als zu erkennen war. Mal war es die schwankende Spitze eines Bootes, die Maria sehen konnte, dann ein Fuß, ein Arm. Und schließlich erschien ein Mann auf der Treppe, der einem Boot hinterherschimpfte, das an ihm vorbeifuhr und im Nu verschwunden war. Sein Motor tuckerte aufgeregt.
»Der Flieger hat Verspätung«, gab Cyrill zurück, ohne zur Kenntnis zu nehmen, was hinter ihm geschah. »Ich hatte keine Lust, zwei, drei Stunden am Flughafen herumzusitzen.«
Der Mann, der gerade noch dem Boot hinterhergeschimpft hatte, kam nun laut fluchend auf die Tische der Trattoria zugelaufen, ein junger Kerl in Arbeitskleidung, mit ölverschmierten Händen und schmutzigen Gummistiefeln. Aufgebracht blieb er vor dem Tisch, an dem Maria und Cyrill saßen, stehen. »Hier hat der Dieb gesessen!«, schrie er auf Italienisch, was Maria, die Grundkenntnisse in dieser Sprache hatte, mühelos verstand, während Cyrill den Mann ansah, als fragte er sich, ob er seine Autogrammkarten hervorholen sollte.
Unsicher erkundigte er sich bei Maria: »Was will der von uns?«
»Hört sich an, als hätte er etwas verloren.« Etwas Besseres fiel Maria gerade nicht ein.
Cyrill stand auf und hob seinen Stuhl an, was den Mann keineswegs mit Dankbarkeit erfüllte. Vielmehr schien sein Zorn mit Cyrills Hilfsbereitschaft eine neue Siedestufe zu erreichen. Mit schriller Stimme forderte er von Maria den Namen des Diebes, der sein Boot gestohlen hatte. Während sie ihm auf Italienisch einzureden versuchte, dass der Mann, mit dem sie kurz zuvor hier gesessen hatte, ein Fremder gewesen war, fragte Cyrill erneut: »Was will er?«
Der Mann schlug mit der Faust auf den Tisch, sodass die Silberdose mit den Zuckerstückchen in die Höhe sprang und einen Teil ihres Inhalts auf dem Tisch verteilte. Das holte Aurora auf den Plan, die den Mann anscheinend kannte. »Finito, Davide!«
Doch Davide dachte nicht daran, auf sie zu hören, verlangte weiterhin, dass ihm der Name des dreisten Diebes genannt wurde, ärgerte sich darüber, dass Maria ihn nicht verstehen wollte, wischte aufgebracht Cyrills Zwischenfragen aus der Luft und schüttelte Aurora ab, die ihn beruhigen wollte. »Wer war der Mann?« Dass Maria mit einem Fremden am Tisch gesessen hatte, wollte er sich einfach nicht weismachen lassen.
Cyrill fiel mit einem Mal die Tasse ein, die an seinem Platz gestanden hatte. »War das sein Espresso? Hatte er ihn schon bezahlt, und die Kellnerin hat ihn in die Küche zurückgetragen?« Sein Gesicht leuchtete, als hätte er soeben mit der Macht seiner Kombinationsfähigkeit ein Verbrechen aufgeklärt. »Deswegen ist er so aufgebracht?«
Maria beglückwünschte ihren Bruder zu dieser Erleuchtung, verglich ihn mit Sherlock Holmes und tat so, als gäbe sie seine Idee an Aurora und Davide weiter. In Wirklichkeit versicherte sie Davide ein ums andere Mal, dass sie nicht wisse, von wem er redete, während Aurora in einem Tempo auf ihn einsprach, das es Maria unmöglich machte, etwas zu verstehen.
Cyrill holte einen Fünfeuroschein aus der Jackentasche und legte ihn auf den Tisch. »Sag ihm, ich bezahle den Espresso, wenn er abhaut und uns in Ruhe lässt.«
Davide schien den Eindruck zu haben, dass Cyrill ihn mit diesem Geldschein abfinden wollte, und geriet in Raserei. Dieser reiche Sack – Maria verstand eindeutig »sacco ricco« –, der aussah, als hätte er sich noch nie die Hände schmutzig gemacht, war der Meinung, sein Boot, mit dem er seine gesamte Familie ernährte, sei nicht mehr als fünf Euro wert? Davide machte Anstalten, die Decke vom Tisch zu ziehen, um Cyrill damit zu strangulieren, wurde aber von Aurora daran gehindert, und beließ es schließlich dabei, seine Fäuste vor Cyrills Augen zu schütteln, der erschrocken zurückwich und dabei beinahe vom Stuhl gefallen wäre.
Empört sah Cyrill seine Schwester an. »In dieser Trattoria kann der Espresso nicht mehr als fünf Euro kosten. Wir sind hier doch nicht auf dem Markusplatz!«
Maria pflichtete ihm bei und empfahl Davide, sein Boot am Ende der nächsten Gasse zu suchen. Sie sei sicher, dass der Dieb schon ein paar Meter weiter, in der Calle del Gambaro, angelegt und das Weite gesucht habe. Auf die Frage, warum der so dumm sein sollte, ein Boot zu stehlen, nur um es zehn Meter weiter wieder stehen zu lassen, gab sie ihm keine Antwort. Und auch auf die folgende Frage, ob sie sich vorstellen könne, wie wertvoll seine Ladung sei – »sette barili!« –, schwieg sie. Wie sollte sie auch wissen, was der Mann für die Lieferung von sieben Ölfässern bekommen würde? Und wie Davide erklären, dass es dem dreisten Dieb garantiert weder um das Boot noch um die Ladung gegangen sei? Im Dasein dieses jungen Mannes sahen die Komplikationen des Lebens ganz anders aus.
»Mehr kriegt er nicht«, beharrte Cyrill. »Für fünf Euro kann er zweimal Espresso trinken. Soll er doch in eine billigere Bar gehen!«
Auch hier bestärkte Maria ihren Bruder und war Aurora dankbar, als diese es übernahm, Davide eine Erklärung abzugeben, die er einerseits verstehen konnte, die andererseits nicht zu viel verriet. Und vor allem, von der Cyrill kein Wort mitbekam.
Aurora tat ihr Bestes und wäre vermutlich erfolgreich gewesen, wenn sich die beiden Engländerinnen, die am Nachbartisch saßen und ihren Bemühungen folgten, nicht eingemischt hätten. Sie waren gebildete junge Damen, die neben ihrer Muttersprache gut Italienisch und auch ein wenig Deutsch beherrschten, und begriffen nicht, dass sich Aurora in ihren Erklärungen absichtlich ungenau verhielt, dass die Übersetzungen, die Maria ihrem Bruder lieferte, vorsätzlich falsch waren, und weder Maria noch Aurora daran gelegen war, dass die Wahrheit auf den Tisch kam. Jedenfalls nicht, solange Cyrill daran saß.
Die beiden Engländerinnen mischten sich also ein, ohne zu bemerken, wie unerwünscht ihre Korrekturen waren. Denn leider sprach Cyrill als Geschäftsmann natürlich gut Englisch und erfuhr somit, dass die beiden beobachtet hatten, wie ein Mann, der kurz vorher auf...
Erscheint lt. Verlag | 3.7.2017 |
---|---|
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Bestsellerautorin • Buch • Bücher Romantik • Bücher Taschenbuch Bestseller • Bücher um Liebe und Erbschaft • ebook deutsch • Familie • Geschenk für Frauen • Hochzeit • Komödie • Mamma Carlotta • Roman Bestseller • Roman für Frauen • Roman Humor • Roman humorvoll • Roman Italien • Roman Liebesgeschichte • Roman romantisch • Roman Venedig • Urlaubsroman • Venedig • Verwechslung • Wohlfühllektüre |
ISBN-10 | 3-492-97833-9 / 3492978339 |
ISBN-13 | 978-3-492-97833-0 / 9783492978330 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 3,1 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich