Spießgesellen (eBook)

Ein Schwarzwald-Krimi
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
302 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10366-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spießgesellen -  Edelgard Spaude
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MORD IN POSTKARTEN-IDYLLE Wie jedes Jahr wird Anfang August in Ehrenstetten der Lorenzemärt gefeiert. Und wie immer herrscht an den Wein- und Würstchenbuden ausgelassene Stimmung. Auch Herbert Fehringer, genannt Würschtle-Herbert, ist mit seiner Frau gekommen. Als er über eine Leiche stolpert, verdirbt ihm das allerdings gründlich den Appetit: Dem Toten steckt noch ein Bratspieß im Rücken. Der herbeigerufene Freiburger Kommissar Lorenz und sein Assistent Thiele finden schnell heraus, dass es sich bei dem Mordopfer um einen Professor der Universität handelt, der offenbar nicht sonderlich viele Freunde hatte. Auch seine Witwe macht keinen besonders traurigen Eindruck. Mit der Polizei zusammenarbeiten möchte keiner. Nur gut, dass Würschtle-Herbert zur Stelle ist ...

Edelgard Spaude, geboren in Freiburg im Breisgau, war bis zu ihrem Tod im April 2011 Lektorin und Autorin. Die promovierte Soziologin hatte Lehraufträge an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen. Neben Kriminalromanen verfasste sie auch wissenschaftliche Werke und war Cheflektorin eines Wissenschaftsverlages. Zuletzt lebte und arbeitete sie in Perchtoldsdorf bei Wien. Neben «Mord im Kurpark» ist mit «Spießgesellen» auch der zweite Band ihrer Schwarzwald-Krimireihe im Rowohlt Verlag erschienen.

Edelgard Spaude, geboren in Freiburg im Breisgau, war bis zu ihrem Tod im April 2011 Lektorin und Autorin. Die promovierte Soziologin hatte Lehraufträge an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen. Neben Kriminalromanen verfasste sie auch wissenschaftliche Werke und war Cheflektorin eines Wissenschaftsverlages. Zuletzt lebte und arbeitete sie in Perchtoldsdorf bei Wien. Neben «Mord im Kurpark» ist mit «Spießgesellen» auch der zweite Band ihrer Schwarzwald-Krimireihe im Rowohlt Verlag erschienen.

1.


Lauter Trubel beherrscht heute das Dorf. Ganz Ehrenstetten mitsamt der Markgräfler Umgebung scheint auf den Beinen zu sein, um sich zu amüsieren, einzukaufen, sich zu unterhalten, zu essen und vor allem zu trinken. Wie jedes Jahr am 10. August findet der Lorenzemärt statt, auf den sich manche Dörfler 364 Tage im Jahr freuen und den einige Anwohner an genauso vielen Tagen fürchten, weil kein Durchkommen mehr möglich und vor drei Uhr nachts nicht an Schlaf zu denken ist. Die Hauptverkehrsstraße, die die Orte Kirchhofen und Ehrenstetten verbindet, wird bereits am Vorabend für den Durchgangsverkehr gesperrt. Wer nicht rechtzeitig daran gedacht hat, sein Auto für die Dauer des Festes außerhalb zu parken, hat keine Chance, es zu benutzen. Vor den breiten Hofeinfahrten bauen die vielen Händler, die wie immer auf gutes Wetter und entsprechend gute Einnahmen hoffen, ihre Stände eng aneinandergereiht auf.

Hier wird vieles angeboten, was man in Supermärkten oder Kaufhäusern längst vergeblich suchen würde: Mantelschürzen mit Blümchenmuster, die an jene Zeiten erinnern, als die Hausfrauen noch züchtig drinnen walteten; lange, zartrosa Flanellnachthemden, wahlweise hellblau oder grasgrün, mit neckischem Schleifchen am Halsausschnitt, bei denen sich kein anderer Gedanke als der an sofortigen Tiefschlaf einstellt; lange, feldgraue Herrenunterhosen, deren künftige Besitzer absolut sicher vor jeder Form erotischer Annäherung sein dürften. Dazwischen warten Würste verschiedenster Art, Käse, Staubtücher, Putzmittel und Holzkochlöffel, mehr oder weniger echter Schmuck oder selbstfabrizierte Häkeldeckchen, wahlweise auch gestrickte Klorollenschützer auf Käufer. Bereits am Vormittag gibt es ein dichtes Gedränge. Den Nummernschildern der vor dem Ortseingang abgestellten Autos nach zu schließen, haben sich Bewohner aus dem gesamten Umland auf den Weg gemacht, um sich mit Notwendigem und Überflüssigem einzudecken.

Damit keiner verhungern und verdursten muss, sind von den verschiedenen, im Dorf ansässigen Vereinen in den großen Höfen, die die Straße säumen, Tische und Bänke aufgestellt worden. Es riecht nach Bratwürsten und Steaks, nach Pommes und Schupfnudeln. Diese Mischung aus Sauerkraut und Teigwaren stellt eine der äußerst raren geschmacklichen Wesenseinheiten zwischen Badenern und Schwaben dar. Überall wird gebrutzelt und gekocht, werden Kisten mit Bier und Wein herangeschleppt. Schon Tage vorher muss alles fertig sein, müssen Wand- und Dachkonstruktionen aus Holz und Plastik aufgebaut werden, damit die Besucher sich auch von Regengüssen nicht vertreiben lassen. Und wie jedes Jahr kommt es nicht nur Tage, sondern Wochen und Monate vorher allenthalben zu Uneinigkeit und Streit darüber, wer in diesem Jahr welche Arbeiten zu verrichten hat.

Wenn dann nach Beendigung des Festes die Vereinskassen gut gefüllt sind, wenn das meiste so abgelaufen ist, wie erhofft, breitet sich wohliger Friede aus – bis es das nächste Mal ans Planen und Vorbereiten geht.

Ganz selten nur haben die Ehrenstetter Pech gehabt, weil ihnen der Wettergott einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, was an diesem 10. August nicht im mindesten zu befürchten ist. Es ist wunderbar warm, und der Himmel erstrahlt in makellosem Blau. Noch am frühen Abend – die ersten fliegenden Händler räumen schon wieder zusammen, um sich rechtzeitig auf den Weg zur nächsten Verkaufsgelegenheit machen zu können – drängen sich die Menschenmassen auf der Straße, und überall in den Höfen hat sich fröhliche Stimmung breitgemacht.

Am lustigsten geht es derzeit beim Angelsportverein zu. Dort sitzt Herbert Fehringer mit seiner Frau Gundi und unterhält mit seinen launigen Erzählungen gleich mehrere Tische. Zugegeben, er hat auch einiges zu berichten: nicht nur aus seiner vierzigjährigen, inzwischen beendeten Laufbahn als Bratwurstverkäufer auf dem Freiburger Münsterplatz, sondern vor allem von seiner Beteiligung an der Aufklärung des spektakulären Mordfalles in Badenweiler in diesem Frühjahr. Die Rolle, die Herbert Fehringer in dieser grausigen Angelegenheit gespielt hatte, ist in seinen Darstellungen seit April um zahlreiche Nuancen und Aspekte erweitert worden. Er war es gewesen, der den gewaltsam zu Tode gekommenen Fotografen im Kurpark gefunden hatte. Zwar gab es zwei Freiburger Kriminalbeamte, die letztlich die ordnungsgemäße Verhaftung der Täter ausführten, doch wenn er – Herbert Fehringer – sich nicht ununterbrochen und unermüdlich eingesetzt hätte, wie es seine Bürgerpflicht von ihm verlangte, so stünde die Aufklärung des Falles vermutlich noch heute aus.

«Ich kann euch sagen, das war vielleicht ein Schreck, als ich und der Förster den Toten im Kurpark entdeckt haben. Erst war der Mann kaum zu sehen, weil er im hohen Gras unter seinem Zelt gelegen hat. Aber dann, als wir ihn da rausgezogen haben – mir war sofort klar, dass er ermordet worden ist –, da hat es schon Mut gebraucht, an Ort und Stelle auszuhalten. Der Stammer ist vor Schreck fast ohnmächtig geworden. Ja, und dann ist es losgegangen mit den Ermittlungen. Dem Kommissar aus Freiburg und seinem Assistenten habe ich selbstverständlich geholfen, so gut ich konnte. Im Vertrauen, ohne mich – also ich will mich ja nicht selber loben –, aber ohne mich und meine Kontakte zu den Leuten in Badenweiler hätten die das nie geblickt.»

Gundi, die diese Ausführungen ihres Mannes bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten inzwischen so oft gehört hat, dass sie genau weiß, wann welches Detail ausgeweitet wird, langweilt sich zwar bisweilen, aber im Grunde ist sie auch ein wenig stolz auf ihren Herbert, weil er es immer wieder schafft, seine Zuhörer zu faszinieren. Auch heute gelingt es ihm in seiner lauten, fröhlichen Art auf Anhieb, zum Mittelpunkt zu werden.

Die Stimmung ist richtig gut, wofür nicht unwesentlich der rote St. Laurent sorgt, ein ganz besonders guter Tropfen, der traditionell nur an diesem Tag, eben dem des heiligen Laurentius, verkauft wird – zu einem recht stolzen Preis allerdings. Gundi genießt den Wein, Herbert bleibt lieber bei seinem Bier, auf das er stets nach dem dritten Glas zugunsten von Mineralwasser verzichtet. Beide Getränke haben jedoch die gleiche Wirkung, nämlich das sich rasch verstärkende Bedürfnis, schleunigst Ausschau nach einer Toilette zu halten. Mit seinen Blicken hat Herbert die Gegend schon eine ganze Weile sondiert und am Ende der Straße eine entsprechende Örtlichkeit ausgemacht. Dorthin streben aber so viele Menschen, die das Gleiche empfinden, dass sich eine lange Schlange gebildet hat. Die Hoffnung, dass sie sich auflöst oder wenigstens verkürzt, scheint vergeblich. Außerdem ist diese Hoffnung von Herbert ein wenig zu lang gehegt worden. Er wird sich wohl oder übel nach einer kurzfristigeren Möglichkeit umsehen müssen.

Mühsam bahnt er sich einen Weg zwischen den Bänken und verschwindet dann hinter der mit Plastik abgedeckten Holzkonstruktion, wo er hofft, unentdeckt zu bleiben. Dieser Ausweg ist ihm zwar sehr peinlich, und er weiß ganz genau, dass Gundi dafür überhaupt kein Verständnis hätte und stocksauer wäre, wenn er auf die für menschliche Bedürfnisse eigens eingerichtete Örtlichkeit verzichtete, aber augenblicklich geht es einfach nicht mehr anders. Der Zweck heiligt die Mittel.

Während Herberts Abwesenheit konzentriert sich die Aufmerksamkeit am Tisch zunächst auf Gundi.

«War Ihr Mann immer schon so mutig?»

«Haben Sie gar keine Angst gehabt, dass ihm etwas zustoßen könnte?»

«Wie fühlt man sich, wenn man solch einen aufmerksamen und tatkräftigen Mann hat?», will eine der Frauen am Tisch wissen. Man kann ihr förmlich ansehen, dass sie ihre gelinden Zweifel hegt, ob ihr Angetrauter ebenso beherzt gehandelt hätte.

Gundi schaut ein bisschen verwundert.

«Wieso Angst? Es hat nie auch nur eine annähernd gefährliche Situation gegeben. Nein, gefürchtet habe ich mich nicht, aber manchmal geärgert, weil ich dauernd allein rumgesessen bin und er unterwegs war.»

Das war die falsche Antwort, wie sie an der in Falten gelegten Stirn der Fragenden unschwer erkennen kann. Jetzt erlebt die schon mal was, und dann ist es ihr auch nicht recht, entnimmt sie dem Mienenspiel gegenüber.

Ziemlich schnell widmen sich die unmittelbar nebeneinander Sitzenden wieder ihren Privatgesprächen. Die Abwesenheit von Herbert drückt auf die allgemeine Stimmung. Der ist schon eine halbe Ewigkeit weg. Gundi wird allmählich unruhig. Wo bleibt er bloß so lange? Es wird ihm doch nichts passiert sein? Ob sie nachsehen soll? Aber wo? Sie hat nicht darauf geachtet, in welche Richtung ihr Mann verschwunden ist.

Als sie sich eben entschlossen hat, bis zum großen Holztor an der Straße zu gehen, um von dort Ausschau zu halten, biegt Herbert um die Ecke. Mit den Armen fuchtelt er wild in der Luft, sein Gesicht ist aschfahl.

«Gundi, schnell, jemand muss die Polizei rufen. Gundi, die Nummer vom Lorenz. Schnell», schreit er schon von weitem.

Aus diesen wirren Worten wird keiner an den Tischen klug, die Ersten fangen bereits wieder an zu lachen, weil sie sich von Herbert Fehringer einen neuen lustigen Auftritt versprechen. Nur Gundi wird nervös. Was soll das? Was hat er? So völlig außer sich kennt sie ihren Herbert überhaupt nicht. Rücksichtslos drängt er sich durch die Bankreihen und bekommt kaum mehr Luft vor lauter Aufregung.

«Was ist los, Herbert, hast du ein Gespenst gesehen? Oder gar wieder einen Ermordeten gefunden? Haha.» Der Witz, den sich einer aus der Runde erlaubt hat, findet allgemeinen Anklang.

«Ja», brüllt Herbert. «Dahinten liegt wirklich einer. Gundi, die...

Erscheint lt. Verlag 23.6.2017
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Mord • Regionalkrimi • Schwarzwald
ISBN-10 3-688-10366-1 / 3688103661
ISBN-13 978-3-688-10366-9 / 9783688103669
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