Mord im Kurpark (eBook)

Ein Schwarzwald-Krimi
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
268 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10368-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord im Kurpark -  Edelgard Spaude
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
IM SCHWARZWALD IST DIE HÖLLE LOS. So hatte sich Herbert Fehringer, genannt Würschtle-Herbert, seine Kur im beschaulichen Badenweiler nicht vorgestellt. Vierzig Jahre lang hat er auf dem Münsterplatz die berühmte «Freiburger Rote» verkauft, und nun stolpert er mitten im Kurpark über eine Leiche. Der Tote war Fotograf und wohnte in derselben Pension wie die Fehringers. Dort war er als wahres Ekelpaket verschrien. Nun liegt er tot neben seiner wertvollen Fotoausrüstung. Der aus guten Gründen derzeit etwas mürrische Freiburger Kommissar Lorenz und sein junger Assistent Thiele übernehmen den Fall. Doch Würschtle-Herbert hat seine ganz eigenen Ermittlungsmethoden ...

Edelgard Spaude, geboren in Freiburg im Breisgau, war bis zu ihrem Tod im April 2011 Lektorin und Autorin. Die promovierte Soziologin hatte Lehraufträge an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen. Neben Kriminalromanen verfasste sie auch wissenschaftliche Werke und war Cheflektorin eines Wissenschaftsverlages. Zuletzt lebte und arbeitete sie in Perchtoldsdorf bei Wien. Neben «Mord im Kurpark» ist mit «Spießgesellen» auch der zweite Band ihrer Schwarzwald-Krimireihe im Rowohlt Verlag erschienen.

Edelgard Spaude, geboren in Freiburg im Breisgau, war bis zu ihrem Tod im April 2011 Lektorin und Autorin. Die promovierte Soziologin hatte Lehraufträge an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen. Neben Kriminalromanen verfasste sie auch wissenschaftliche Werke und war Cheflektorin eines Wissenschaftsverlages. Zuletzt lebte und arbeitete sie in Perchtoldsdorf bei Wien. Neben «Mord im Kurpark» ist mit «Spießgesellen» auch der zweite Band ihrer Schwarzwald-Krimireihe im Rowohlt Verlag erschienen.

1.


Über der mächtigen Schildmauer der Burgruine, die sich behäbig auf dem Badenweiler Schlossberg breitmacht, wabert zu dieser frühen Morgenstunde der Nebel. Von hier aus hat man eine herrliche Aussicht auf das Markgräflerland bis hinüber zum Rhein. Aber heute liegt über allem ein undurchdringlicher weißer Schleier. Man sieht kaum die Hand vor Augen.

Auf den Straßen des Kurortes bewegt sich noch nichts, es beginnt eben erst zu dämmern. Ganz anders geht es in den alten und neuen Pensionen im Ort zu, in den Gasthäusern und Hotels. Hier herrscht schon rege Betriebsamkeit, zumindest in jenen, die in der glücklichen Lage sind, bereits im April so viele Gäste beherbergen zu können, dass es sich lohnt, das Haus offen zu halten. Selbst im ‹Römerbad› stöhnt man – wenn auch hinter vorgehaltener Hand – über die ständig sinkende Zahl der Gäste. Dabei genießt das Traditionshotel seit mehr als einem Jahrhundert das Privileg, erstes Haus am Platz zu sein. Illustre Gäste haben seit jeher den Weg in den südbadischen Kurort am Rand des Schwarzwaldes gefunden, und wer es sich leisten konnte, hat für seinen Aufenthalt das exquisite Ambiente des ‹Römerbads› gewählt. Durch seine Lage direkt am Kurpark und im Gegensatz zu dem kühl-modernen Bau des Kurhauses ist es nach wie vor ein malerischer Blickfang, auch wenn es von außen inzwischen ein wenig antiquiert und angestaubt wirkt.

Die Pension Oberle kann sich damit freilich nicht messen. Dafür garantiert sie eine familiäre Betreuung der Gäste. Mutter, Vater und Tochter Oberle tun ihr Bestes, damit die Gäste sich wohl fühlen. Sie haben sich längst daran gewöhnt, dass ihnen das nicht immer leichtgemacht wird. Zurzeit aber erleben sie mit einem ihrer Hausgäste allerdings einen wirklichen Tiefpunkt. In Zimmer Nr. 7 wohnt Silvio Gerstenbach, seines Zeichens Fotograf, der allen auf die Nerven geht mit seiner barschen, überheblichen Art und seiner felsenfesten Überzeugung, ein unbestrittener Star unter seinen Berufskollegen zu sein. Er plant, eine aufregende Serie von Tier- und Pflanzenmotiven zusammenzustellen, die er dann umfassend vermarkten will: auf Postkarten, als Bildband, als Kalender, sogar eine Veröffentlichung bei einem weltweit bekannten Magazin wie Time Life ist vorgesehen. Selbstverständlich will er seinem übersteigerten Selbstbewusstsein gemäß auch entsprechend hofiert werden.

Gerstenbach hat in seinem Zimmer, das eines der größeren in der Pension ist, binnen kurzem ein fast unübersehbares Chaos angerichtet, das das Zimmermädchen jeden Tag aufs Neue zur Verzweiflung treibt. Überhaupt wünscht er in jeder Hinsicht devot und privilegiert behandelt zu werden. Das beginnt schon früh am Morgen. Weit vor der üblichen Zeit sitzt er im Frühstücksraum, weil er schon im Morgengrauen «in die Natur aufbrechen» will. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich ein üppiges Buffet, das all seinen kulinarischen Vorlieben gerecht wird.

Als Zuständige für das Frühstück ist Sonja Oberle, die Tochter des Hauses, immer die Erste, die mit Gerstenbachs Forderungen und Beschwerden konfrontiert wird. «Warum muss ich so lange warten, bis der Kaffee endlich kommt!» Dabei wird er ihm umgehend frisch kredenzt. «Der Kaffee ist nicht heiß genug.» Der Kaffee ist kochend heiß. Auch das Essensangebot erscheint ihm nicht ausreichend. «Weshalb gibt es nur zwei Sorten Schinken! Ich dachte, wir sind hier im Schwarzwald, wo es jede Menge davon gibt. Sind im Korb womöglich noch Brötchen von gestern?» Sie sind natürlich alle frisch. «Ich verlange, dass das Zimmer sauber gemacht wird, während ich hier frühstücke! Ich zahle schließlich genug!»

Längst betet Sonja im Geist all die Vorwürfe herunter, die gleich wieder auf sie niederprasseln werden. Währenddessen verteilt sie sorgfältig in der Küche Marmelade in die verschiedenen kunstvoll gearbeiteten Keramiktöpfchen, die alle aus einer Zeit stammen, als im einige Kilometer entfernten Kandern in vielen Familien noch das Töpferhandwerk ausgeübt wurde.

Sonja hatte schon öfter mit anspruchsvollen Gästen zu tun gehabt, aber mit solch einem Widerling noch nie. Da er sich für mehrere Wochen in der Pension eingemietet hat, kann man ihn auch nicht in die Schranken weisen, ganz davon zu schweigen, ihm einfach das Logis aufzukündigen. Die Familie kann die Einnahmen gut gebrauchen.

Sonja seufzt tief. Weshalb ist man nur auf solche Leute angewiesen! Seine riesige schwarze Tasche, die er immer zum Frühstück mitbringt, füllt er hemmungslos in – wie er meint – unbeobachteten Momenten mit Vorräten vom Buffet auf: Brötchen, Wurst, Käse, Obst, ein richtiges Sortiment. So ist er bis zum Abend versorgt und muss nichts mehr kaufen. Sogar der Behälter mit dem Duschgel in seinem Badezimmer ist jeden zweiten Tag komplett leer, wie Maria, das Zimmermädchen, immer wieder empört berichtet. Das scheint er abzufüllen, um sich einen Vorrat für zu Hause anzulegen.

Wie gern hätte Sonja diesem Silvio Gerstenbach, den sie richtiggehend schmierig findet, wozu auch sein leicht aufgedunsenes Gesicht beiträgt, wenigstens ein einziges Mal in aller Deutlichkeit die Meinung gesagt: dass sie hier nicht blöd sind, dass sie alle seine Frechheiten und Übergriffe sehr wohl registrieren. Doch der Vater hat strikte Anweisung gegeben, trotz allem höflich und freundlich zu bleiben, denn ein Fotograf komme schließlich viel herum, und da könnte es sein, dass er Schlechtes über die Pension verbreitet. Und das wiederum könnte sich negativ auf die Zimmerbuchungen auswirken. Sonja glaubt das zwar nicht, denn sie haben eine ganze Reihe treuer Stammgäste, aber sie traut sich nicht, schon wieder gegen die väterliche Autorität anzugehen.

Das Stillhalten fällt ihr jedoch schwer, sie würde überhaupt gern vieles ganz anders machen. Das beginnt bei der Speisekarte, die für ihren Geschmack zu provinziell ist, und reicht bis zur Einrichtung, die sie als schrecklich bieder empfindet. Die gepolsterten Stühle, die schweren Eichentische und die wallenden weißen Gardinen an den Fenstern entsprechen überhaupt nicht ihrem Geschmack. Sie hätte es gern etwas moderner und peppiger, findet das gesamte Ambiente spießig, eine oft geäußerte Kritik, der die Eltern jedoch mit völligem Unverständnis begegnen. Solche Veränderungen passen nicht in ihre festgefügten Vorstellungen von badischer Gemütlich- und Gastlichkeit. Mit ihren Einwänden und Neuerungsvorschlägen hat Sonja daher keinen Erfolg. Sie steht auf einsam-verlorenem Posten gegen die geschlossene Elternfront, die ihrerseits der Tochter ständige Nörgelei vorwirft.

Solche Gedanken gehen ihr auch heute Morgen durch den Kopf, während sie im Frühstücksraum sitzt und sich ärgert, dass sie so früh aufgestanden ist, während der Herr Fotograf offenbar verschlafen hat.

Allmählich wird es im Haus ein wenig lauter. Man hört leises Wasserrauschen von den Duschen und Toilettenspülungen, die erste Tür klackt. Herbert Fehringer ist vor allen anderen Gästen stets der Erste, der zum Frühstück erscheint und daher hautnah das Szenario mitbekommt, das Gerstenbach Tag für Tag aufführt.

Mit einem fröhlichen, ausgeschlafenen und lauten «Morgääään» hält er, heute sogar noch vor dem Fotografen, Einzug. Fehringer ist sein ganzes Leben lang früh aufgestanden. Er hat auf dem Freiburger Münstermarkt gemeinsam mit seiner Frau einen Bratwurststand geführt und die berühmte Freiburger «Rote» verkauft. Seine sind immer die Besten gewesen. Das war weit und breit bekannt, manchmal wurden sie sogar richtiggehend als touristischer Geheimtipp gehandelt. Ferien zu machen war dem Ehepaar Fehringer nicht oft vergönnt gewesen. So hatte sich Gundi, seine immer noch ausgesprochen hübsche Frau, riesig gefreut, als Herbert ihr vorgeschlagen hatte, nach seinem sechzigsten Geburtstag den Laden einfach dicht zu machen. Dank des jahrzehntelangen Fleißes konnten sie es sich schließlich leisten. Endlich ausschlafen, hatte Gundi frohlockt, nie mehr morgens um halb vier vom Wecker aus dem Schlaf gerissen werden, dafür abends ins Kino gehen können oder sonst etwas unternehmen. Und nie mehr am Nachmittag Unmengen von Zwiebeln schälen, nie mehr stundenlang den Fettgeruch einatmen müssen, nie mehr verzweifelt, aber erfolglos versuchen, den Bratgestank aus den Haaren zu waschen. Gundi war selig gewesen.

Einige ihrer Hoffnungen sind auch wirklich in Erfüllung gegangen, nicht aber der größte Wunsch, ungestört ausschlafen zu dürfen. Herbert ist nach wie vor in aller Herrgottsfrühe putzmunter. Von dem Moment an, in dem er die Augen aufschlägt, beginnt er ein fröhliches Gespräch mit seiner Gundi. Das heißt, er versucht es, denn Gundi ist meist nicht zu bewegen, ihren Teil zur Unterhaltung beizutragen. Also beschränkt sich Herbert auf ausgedehnte Monologe, was seine morgendliche gute Laune keineswegs beeinträchtigt.

In der Pension Oberle erscheint er stets in bester Stimmung zum Frühstück, ohne Gundi, die sich noch mindestens zweimal im Bett umdreht. Sie ist dankbar dafür, dass Herberts Hunger und sein Kommunikationsbedürfnis schon zu so früher Stunde gestillt werden und sie ihre Ruhe hat. Sonja mag Herbert Fehringer sehr, weil er gleichbleibend freundlich ist und ihre Arbeit zu schätzen weiß.

«Na, geht’s gut heute Morgen?», begrüßt er die Oberle-Tochter und fährt gleich selbst freudig fort: «Oh, schon alles wieder so schön hergerichtet. Da läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen. Vielen Dank.»

Sonja, die wie immer ein Dirndl trägt – auch dies nicht freiwillig, sondern auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern, die überzeugt sind, dass ihre auswärtigen Gäste eine solche Kleidung erwarten, wenn sie im Schwarzwald Urlaub machen –, seufzt...

Erscheint lt. Verlag 23.6.2017
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Mord • Regionalkrimi • Schwarzwald
ISBN-10 3-688-10368-8 / 3688103688
ISBN-13 978-3-688-10368-3 / 9783688103683
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 8,9 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99