Sonnengeschichten -  G. P. Franck

Sonnengeschichten (eBook)

vom Glauben und Denken

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
100 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7450-6813-9 (ISBN)
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Die Sonnengeschichten spielen im zehnten bis sechsten vorchristlichen Jahrtausend. Sie führen zurück in eine Zeit, die für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft vergleichbar atemberaubend war wie der Übergang eines Kindes vom Baby- ins Kleinkindalter. Die Sonnengeschichten definieren Gesellschaft als ein Wesen, das wie jedes Wesen einmal geboren wurde, wuchs und in seiner Kindheit Erfahrungen sammelte, ohne die es nicht hätte werden können, was unsere Gesellschaft heute ist. In der Kindheit unserer Gesellschaft besaß die Frau den Löwenanteil an der Gestaltung der Gesellschaft. Die Sonnengeschichten beschreiben eine matriarchalische Gesellschaftsform, in der es zauberhafte Aspekte, aber auch Gefahren gab, von denen die berühmtesten archäologischen Ausgrabungsorte wie Göbekli Tepe, Jericho, Çatal Hüyük, Lepenski Vir und andere zeugen. Die Sonnengeschichten wurden mit dem Anliegen eines Vaters geschrieben, seiner Tochter Informationen zu geben, die ihr heute mehr denn je dienen werden, mit der Gegenwart zurechtzukommen.

G. P. Franck, 1940 in Hamburg geboren, absolvierte ein Studium der Landwirtschaft mit anschließendem Projekt im International Rice Research Institut auf den Philippinen. 1968 bis 1981 war er in verschiedenen Staaten der USA tätig als Lehrer, Bildhauer, Kindergärtner, Mechaniker und Zimmermann. In dieser Zeit bereiste er Länder von Mittel- und Südamerika auf der Suche nach Antworten auf viele Lebensfragen. 1982 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete bis 1989 in Hamburg als Kirchendiener in der Evang. Luth. Kirche. Von 1989 bis 2006 war er tätig im Aufbau und der Durchführung verschiedener sozialer und christlicher Projekte in Rumänien. Dort heiratete er seine Frau Anna Franck, mit der er zwei Töchter hat. Seit 2006 lebt die Familie in der Nähe von Leipzig.

1. Zurück ins Abenteuer


 

 

Im Sommer 1977 flog ich zurück ins Abenteuer. Aber etwas Grundsätzliches hatte sich in the land of the free verändert. Ich war nun in meinem 37. Lebensjahr und wusste lange nicht, ob ich oder die USA es waren, die sich so sehr verändert hatten. Die USA nach Watergate und vor Watergate waren nicht die gleichen. Eine Schattenlinie war überquert worden, ein Wendepunkt geschehen. Während ich außer Landes gewesen war, hatten die Vereinigten Staaten ihren 200. Geburtstag gefeiert, und ich hatte auf Grund meiner zu langen Abwesenheit meinen Einwandererstatus verloren. Wie ich seine Gültigkeit zurückgewann, um zurück in das Land der gestern noch unbegrenzten Möglichkeiten zu gelangen, und wie der besagte Wendepunkt mir die Augen öffnen und mir in den folgenden Jahren den Kompass in die Hände geben sollte, um aus den Fesseln der (jüngsten deutschen) Vergangenheit in die Gegenwart zu finden (und damit meinem Schreiben Orientierung zu geben), braucht folgenden Vorspann.

 

Wie Du weißt, war ich in Amerika schon einmal verheiratet gewesen. Obwohl die Ehe mit Barbara nur drei Jahre gehalten hatte und wir uns schon vor meinen Jahren in Mendocino getrennt hatten, war ich auf dem Papier noch immer mit ihr verheiratet, und da sie Amerikanerin war und unsere Freundschaft nie gebrochen war, war meine Chance groß, dass sie mir helfen würde, meinen Einwandererstatus zurückzuerhalten. Das war meinerseits zwar nicht koscher, aber was macht man nicht alles, um seinen Willen zu haben. Barbara war nach Spanien gezogen, hatte einen spanischen Mann und ein Kind (Du hast Carmelinda in San Francisco kennengelernt). In den siebziger Jahren waren viele junge Amerikaner in Europa unterwegs, Woodstock war gerade erst gestern gewesen, und auch unter der Jugend Europas herrschte Aufbruchsstimmung.

 

Mein damals noch irisch-grüner, deutscher Pass, den ich vor Jahren in San Francisco hatte erneuern lassen, gab als meinen Wohnsitz Kalifornien an, was mich für den Eurail-Pass qualifizierte. Der Eurail-Pass war eine Fahrkarte erster Klasse, die europaweit und für drei Monate galt, sehr günstig war und mir obendrein noch von meiner Mutter zu meinem 36. Geburtstag geschenkt worden war. Ich fuhr nach Spanien. Mit den notwendigen Formularen und Barbaras Unterschrift reichte ich noch vor Jahresende 1976 in der US-Botschaft in Madrid meinen Antrag auf Erneuerung meiner Blue-Card ein, die ich in der Botschaft abgab. Im neuen Jahr sollte ich wiederkommen. Dann reiste ich noch eine Weile in Europa herum.

 

Werde ich Dir beschreiben können, wie es war, eine europaweit gültige Fahrkarte erster Klasse in der Tasche zu haben? Du stehst in Paris, hast kein Hotel und besteigst einen Zug, um schlafen zu gehen, denn in fast jedem D-Zug ließ sich ein leeres Abteil erster Klasse finden. Ich fuhr nach Sizilien. In Syrakus machte ich die Freundschaft mit einem Straßenkind am Hafen aus griechischen Zeiten. Von ihm und von den Gedanken, die er in mir auslöste, möchte ich Dir erzählen. Ich möchte erzählen von einem tieferen Europa, das ich, gerade als ich Europa endgültig zu verlassen gedachte, wiederentdeckte. Der Junge war zehn oder elf Jahre alt und kannte die Stadt, wie nur ein Straßenkind sie kennen kann. Er hatte einen warmen Mantel an und trug gute, feste Schuhe. Der Mantel war ihm zwar etwas zu groß, und keine Mutter hätte ihn angezogen, wie er angezogen war, aber er machte dennoch einen behüteten Eindruck. In seinem etwas zu großen Mantel verborgen und geborgen war alles an ihm Licht und Wärme und ein Strahlen von innen. Wie seine Augen müssen die Augen von Franz von Assisi gewesen sein. Und wie Franz von Assisi liebte er Maria, die Mutter Jesu. Maria war ihm die Mutter geworden, die ihm fehlte. Mein bisschen Spanisch genügte gerade, um mich mit dem jungen Sizilianer unterhalten zu können. Er erzählte mir fast nur von Maria. Er zeige mehrmals auf das Meer, denn dort, über dem Meer, war sie ihm dreimal erschienen. Er sprach schüchtern und gleichzeitig von inniger Freude, und wenn ich in seine Augen schaute, wusste ich, dass er die Wahrheit sprach. Er hatte sie gesehen. Sie hatte mit ihm geredet. Er lehrte mich, mir die Stirn mit dem Weihwasser am Eingang der Kathedrale von Syrakus zu benetzen. Ich tue es heute noch, wenn ich eine katholische Kirche betrete. Eine kühle Stirn in einer Kathedrale ist jedes Mal ein neues Erlebnis.

 

Er gewann mich sofort und total. Ähnlich wie ich von ihm, müssen 800 Jahre zuvor die Menschen von Franz von Assisi eingenommen worden sein. Aus seinen Augen schaute eine wunderschöne Seele, und seine Worte waren wie Perlen, die die schönste aller Frauen schmückten. Es sprudelte wie Quellwasser aus ihm heraus. Hätte ich 800 Jahre früher gelebt, ich wäre katholisch oder vielleicht sogar ein Franziskanermönch geworden. Mit ein paar Gedanken über Franz von Assisi und seiner Zeit will ich die Sonnengeschichten einleiten, und lass Dich nicht verwirren, wenn ich vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen scheine, denn die vielen einzelnen Fäden werden gemeinsam den roten Faden der Sonnengeschichten flechten. Die Zeit, in der Franz lebte, die Zeit der Gotik, enthielt ein letztes Echo des alten, vorgeschichtlichen Europas.

 

Franz von Assisi (1182 bis 1226 A.D.) lebte in der Epoche der Frühgotik und war par excellence ein Mann der Gotik. Die Gotik war ein Wegabschnitt auf dem Weg der abendländischen Zivilisation. Quelle und Zentrum der Gotik lagen in Frankreich (sie hatte um 1150 in Burgund begonnen), aber sie verbreitete sich sehr schnell in all die Regionen Europas, in denen sich im Zuge der Völkerwanderung germanische Völker niedergelassen hatten. Die Gotik war eine Geisteshaltung, ein geistlicher Raum, der wie das Kirchenschiff von Notre Dame in Paris den Blick nach oben zog, ja sog, als würde das Kirchenschiff von oben getragen und von Licht und Raum allein gehalten. Eine meisterhaft erzielte Illusion. Aber wer im Kirchenschiff einer gotischen Kathedrale steht, sieht die Streben/Krücken nicht, die das Schiff von außen halten. Menschenwerk. Menschenwerk im Dienst eines Zweiges des Christentums, der die Mutter Jesu in die Mitte rückte.

 

Zur Gotik gehörte eine gehörige Portion an make-believe: eine scheinbar heile Welt, wie eine verspätete Kindheit. Der Gotik wohnte ein letzter Rest des Kindheitszaubers der Vorgeschichte inne, selbst wenn hinter den Kulissen der Gotik die Eltern (die Mächtigen der Welt) gewaltig stritten, und das schon eine ganze Weile, nämlich seit das Staatswesen ein paar hundert Jahre zuvor auch zu uns in das germanische/keltische Europa gekommen war und eine uralte gesellschaftliche Ordnung umgestoßen hatte.

 

Bei Anbruch der Gotik war es gerade mal erst 400 Jahre her, dass Karl der Große den germanischen Stämmen zwischen der Nordsee und dem Po, zwischen den Pyrenäen und der Elbe das Staatswesen übergeworfen hatte, womit er den Schlussstrich unter die Völkerwanderung, also unter die Zeit des Aufbruchs der germanischen Völker aus ihrer Vorgeschichte in die Geschichte gezogen hatte. Das Staatswesen sollte sich als ein Schleppnetz entpuppen, das uns in eine Zukunft zog, und diese Zukunft sollte sehr anders als die Vergangenheit werden. Vor der Völkerwanderung hatte es ein ganz anderes Netz bei uns im Norden der Alpen gegeben, ein Netz in unserer Psychologie, ein Stellnetz sozusagen, das uns in der Vorgeschichte für viele Tausend Jahre festgehalten hatte. Wir können uns nicht mehr wirklich in die Zeit vor der Völkerwanderung zurückversetzen, weil wir uns nicht mehr wirklich vorstellen können, wie nicht der Staat, sondern die Großfamilie, der Klan, die Sippe und der Stamm alles geregelt hatten, was es gesellschaftlich zu regeln gab. Es waren nicht Worte, nicht die in Worte gefassten Gesetze, sondern es waren die Verhaltensmuster und der Verhaltensdruck des Kollektivs gewesen, die uns bei der Stange gehalten hatten. Die vorgeschichtliche Ordnung war eine psychologisch fundierte Ordnung gewesen, eine Ordnung im Reich der Psyche.

 

Der Staat mit den Gesetzen des Staates zerschnitt das alte Gewebe. Die Ankertaue der Psyche in Heimat und Scholle wurden gekappt (was übrigens nur sehr unvollkommen mit solchen germanischen Stämmen gelang, die nicht gewandert, sondern zu Hause geblieben waren). Nach Karl waren nun auch die Völker im Norden oder aus dem Norden der Alpen gefangen im staatlichen Netz. Und das Netz lag in den Händen von Fürsten, von denen wir bis heute nicht wirklich wissen, woher sie kamen und wieso sie das Know-how besaßen, das Staatsschiff auf Kiel zu legen, vom Stapel zu lassen und zu navigieren: ein Know-how, dessen Ursprünge zurückreichen bis zurück in die Stadt Ur, in der Abraham aufwuchs. Das Staatswesen als das Werkzeug par excellence der Zivilisation.

 

Mit dem Staatswesen wurden wir im gesellschaftlichen Sinne erwachsen. Die Zivilisation machte uns erwachsen. Prozesse begannen, für die wir heute eine perfekte Vokabel haben: die Prozesse der Individuation. Laut Duden sind dies die Prozesse, in dessen Verlauf sich unser Bewusstsein von der eigenen Individualität bzw. von dem Unterschied zu anderen zunehmend verfestigt. Im soziologischem Zusammenhang sind dies schlicht und einfach die Prozesse, in dem der einzelne Mensch zunehmend aus den kollektiven , von den Vorfahren herabgereichten Verhaltens- und Beziehungsmustern heraustritt und persönliche Formen entwickelt, wozu die soziologische Vorstufe bzw. Parallelerscheinung die Herausbildung von Nationen statt Völkern war (nationales statt völkisches Bewusstsein). Prozesse der Individuation sind das Markenzeichen schlechthin...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte American dream • Bund des Regenbogens • Çatal Hüyük • Druiden • Göbekli Tepe • Jungsteinzeit • Khirokitia • Schöpfung • tassili-n-ajjer • weiße magie
ISBN-10 3-7450-6813-0 / 3745068130
ISBN-13 978-3-7450-6813-9 / 9783745068139
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