Finale auf Dalos und andere Science Fiction/Fantasy-Erzählungen -  Alfred Bekker

Finale auf Dalos und andere Science Fiction/Fantasy-Erzählungen (eBook)

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2018 | 1. Auflage
100 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-1040-7 (ISBN)
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Alfred Bekker Finale auf Dalos SF-Stories Inhalt 1.Finale auf Dalos 2.Graue Stadt vor blutender Sonne 3.John LeNez auf der Suche nach Gott 4.Das Schattenwesen 5.Das Meer der Finsternis 6.Der Garten der weinenden Seelen 7.Die byzantinische Pest

Alfred Bekker


Graue Stadt vor blutender Sonne


————————————————————————————————————————

Kendred sah den Ratten beim Spielen zu. Sie huschten nervös, scheinbar ohne Ziel, hin und her und waren überhaupt nicht scheu.

Ihr Fell war dunkelgrau; grau, wie diese Stadt.

Die Ratten werden von Tag zu Tag mehr, dachte Kendred. Es scheint ihnen nichts auszumachen, daß alles auf dieser Erde stirbt, daß die Atmosphäre sich erhitzt und das Boden und Luft so vergiftet sind, daß nichts mehr wächst und gedeiht.

Er schaute die kleinen pelzigen Tiere an und beneidete sie in gewisser Hinsicht.

Was auch geschehen mochte, sie hatten genügend Nahrung. Ratten waren extrem umstellungsfähig, was ihre Eß- und Lebensgewohnheiten anging. Der Mensch hingegen nicht. Ratten waren die ersten Säugetiere gewesen und vermutlich würden sie auch die letzten sein.

Schon jetzt, obwohl die große, blutende Sonne gerade erst aufgegangen war, betrug die Temperatur im Schatten bereits 65 Grad Celsius. Im Laufe des Tages würde sie noch um einiges steigen.

Kendred löste sich nun vom Anblick der herumtollenden Ratten und zog weiter seines Weges. Er trug Shorts, ein verdrecktes weißes T-Shirt und abgetragene Turnschuhe. Nein, barfuß zu gehen konnte sich niemand erlauben. Bereits zu diesen frühen Stunden waren die Pflaster so heiß, daß... Sein Gesicht wurde von einer Atemmaske bedeckt, die ihn einigermaßen vor den in der Luft enthaltenden giftigen Partikeln schützte. Er hütete sie mehr als seinen Augapfel, putzte sie jeden Abend sorgfältig, doch zweifellos würde der Filter eines Tages verdreckt und verstopft sein. Kendred hoffte, daß dieser Zeitpunkt noch in weiter Ferne lag, denn es war schwierig, um nicht zu sagen: fast unmöglich, an eine neue Maske zu kommen.

Um ihn herum befanden sich trostlose Ruinen. Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit hatte den Verfall der Gebäude beschleunigt.

In den Mauern waren meterlange Risse. Dachziegel lagen auf der Straße und hin und wieder fand man auch ein verrottetes Möbelstück auf dem Pflaster. Über den Ruinen hingen dichte, heiße Nebelschwaden. Jemand hatte Kendred vor einiger Zeit erzählt, daß diese Stadt vor vielen Jahren einmal mehr als hunderttausend Einwohner gehabt hätte. Jetzt waren es nicht einmal mehr dreihundert, die hier in diesen Trümmern hausten.

"He! Bleib stehen!", rief eine weibliche Stimme hinter ihm. Er wandte sich um und sah Petra, seine Freundin. Obwohl sie beide Masken trugen, hatten sie sich ohne weiteres erkannt. Sie kam rasch näher.

"Hhhh! Hhhh!", keuchte sie, als sie ihn erreichte. Sie fragte: "Willst du zum Meer?"

"Ja", Kendred nickte.

"Dann komme ich mit."

"Von mir aus..", sie gingen weiter. Fast jeden Morgen ging Kendred zum Meer. So auch heute. Er hörte, wie Petra keuchte.

"Ist irgendwas?"

"Hhhh! Hä? Was soll'n sein?"

"Du keuchst so."

"Ist nichts Schlimmes, denk' ich. Du weißt doch, das habe ich öfter."

"Aber nicht so heftig."

Er sah sie ernst an, während sie stark hustete und etwas Schleim spuckte.

"Es ist nichts!"

"Aber..."

"Schon vorbei."

Kendred zuckte mit den Schultern.

Hoffentlich hat sie Recht, dachte er. Aber es sprach natürlich alles dagegen.

"Was glaubst du?", fragte sie. "Kommt heute das Schiff?"

Es schien ihr jetzt tatsächlich etwas besser zu gehen. Kendred dachte nach. Ja das Schiff...

Das Schiff aus Grönland, das Nahrungsmittel und andere lebensnotwendige Dinge brachte. In Grönland wuchsen noch genießbare Pflanzen und das Klima war halbwegs erträglich. Es war ein fruchtbares Land. Man hörte nicht viel von dort, denn die Schiffe kamen nur sehr selten. Und sie waren die einzige Verbindung.

"Ich hoffe das Beste für uns.", erklärte Kendred schließlich halbherzig. Die Wahrscheinlichkeit, daß das Schiff gerade heute anlegen würde, war denkbar gering.

Die Stelle, an der das Schiff stets angelegt hatte, war eine alte, halb vom Wasser überflutete Brücke. Ein Teil der Stadt stand unter Wasser, da durch das Erhitzen der Erdatmosphäre durch den Treibhauseffekt das Eis an den Polkappen geschmolzen war und den Meeresspiegel erhöht hatte. So hatte das Meer ungeheure Landmassen erobert. Diese Stadt hatte ursprünglich mehr als hundert Kilometer von der Küste entfernt gelegen, aber nun...

Als Kendred und Petra die Brücke erreichten, bemerkten sie einige Gestalten im Nebel. Sie waren nicht die einzigen, die auf das Schiff warteten. Leute redeten miteinander.

"Ist doch wirklich 'ne Sauerei! Die da in Grönland haben mehr als genug und lassen uns hier hängen."

"Tja, wir können da im Augenblick wohl nichts machen. So beschissen unsere Lage auch ist."

"Man müßte sich mal so'n Kahn von denen kapern und dann..."

"Das würden wir nicht schaffen. Glauben Sie mir, wir würden soetwas einfach nicht auf die Beine bringen. Schon allein deshalb nicht, weil wir keine Waffen haben."

"Klar können wir das! Wir brauchen nur..."

"Aber wahrscheinlich wäre es ein Fehlschlag und dann kämen die Grönländer nie wieder..."

In einiger Entfernung von den anderen, blieben Kendred und Petra stehen und starrten in den Nebel. Die Stimmen unterhielten sich weiter.

"Aber daß wir diesen Brüdern dauernd in den Arsch kriechen müssen, geht mir auf den Wecker! Wirklich!"

"Mir auch. Aber was können wir schon machen?"

"Wir sind von ihnen abhängig."

"Leider, verdammt!"

"Sie sollten nicht den Grönländern die Schuld an unserer schlechten Lage geben. Die ökologische Katastrophe ist Schuld. Und natürlich der Krieg."

"Hat mal jemand Feuer?"

"Nee!"

"Ich auch nicht."

Petra sah, wie eine dunkle, nur schemenhaft erkennbare Gestalt, fast wie ein Schatten, auf sie und Kendred zukam.

"Ich bins! Geers!"

Graue Haare und schmuddeliger Hut.

"Ehrlich, ich hätte Sie nicht erkannt!", gestand Kendred, als Geers sie erreicht hatte.

"Haben Sie beide Feuer?"

Kendred bemerkte die selbstgedrehte Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger von Gerrs rechter Hand.

"Hier...", Petra griff in ihre Hosentaschen und kramte eine Schachtel Streichhölzer hervor.

"Ah... danke.", sagte Geers, nachdem er die Schachtel in Empfang genommen hatte.

"Aber seien Sie sparsam, es sind meine letzten."

Geers nahm ein Hölzchen aus der Schachtel und versuchte, es anzuzünden, aber ehe er es an die wartende Zigarette in seinem Mund führen konnte, war die Flamme wieder verloschen.

"Mist!"

Er nahm noch eines, aber es wurde wieder nichts. Schließlich gab er die Packung wieder an Petra zurück. "Die Luft ist einfach zu feucht."

Mißmutig starrte Geers auf seine Zigarette und machte sich wieder davon.

"Vielleicht,", meinte Petra, "ist der Nebel einfach zu dicht, als daß die Grönländer uns finden könnten. Möglich, daß das der Grund ist, warum das Schiff noch immer nicht da ist."

Die Schiffe kamen in relativ regelmäßigen Abständen. Es kam schon mal vor, daß sich eines um drei oder vier Wochen verspätete, aber diesmal war es bereits gut zwei Monate überfällig.

"Wenn wenigstens noch Fische im Meer wären.", stöhnte Kendred. Er starrte in das dreckige Wasser unter ihm. Schon vor der Katastrophe hatte man hier nicht mehr angeln können.

Geers hatte in sein Tagebuch geschrieben:

Rauchen ist Scheiße. Aber ich komme nicht davon los. Meine Frau macht mir dauernd Vorhaltungen, erklärt mir, daß ich doch bereits genügend Gifte über die Luft in meinen Körper bekommen würde. Und verdammt nochmal, sie hat natürlich Recht! Aber was soll ich machen?

Nein, um's mir abzugewöhnen, bin ich zu alt. Entschieden zu alt. Ich werde ohnehin nicht mehr lange leben. Was macht es da schon, wenn meine Lebenserwartung um einige Minuten pro Zigarette verkürzt wird?

Alles scheint zu sterben auf dieser Erde. Das Wasser, das Land - alles scheint unfruchtbar geworden zu sein.

Aber in Wirklichkeit stirbt die Erde nicht, sie verändert sich lediglich. Es sind Veränderungen die der Mensch eingeleitet hat und die, wie er spätestens jetzt eingestehen muß, zu seinem Nachteil sind. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es keinen Menschen sehr geben wird.

Die Ratten werden uns überleben, denn sie sind in der Lage, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Jemand sagte: "Meine Frau meint, daß in Grönland inzwischen eine Hungersnot herrscht und deshalb keine Schiffe kommen."

"Oh", erwiederte Geers und starrte in den feuchten, dichten Nebel. Seine Zigarette hatte er inzwischen wieder weggesteckt. Es gab im Augenblick keine Möglichkeit, sie anzuzünden.

"Was meinen Sie, Geers. Kommt das Schiff noch?"

"Ich hoffe es."

"Scheiße!"

"Ein wahres Wort."

"Wenn das Schiff nicht kommt..."

"Wir können versuchen, uns von den Ratten zu ernähren. Davon gibt's ja genug.", Geers wurde von seinem Gegenüber ungläubig...

Erscheint lt. Verlag 27.1.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-1040-9 / 3738910409
ISBN-13 978-3-7389-1040-7 / 9783738910407
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