Die Gabe der Könige (eBook)

Roman

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2017 | 1. Auflage
608 Seiten
Penhaligon (Verlag)
978-3-641-17762-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Gabe der Könige -  Robin Hobb
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Er dient seinem König bis in den Tod - ein Meisterwerk voll Magie, Spannung und Emotionen.
Fitz ist ein Bastard, der Sohn eines Prinzen und eines Bauernmädchens. Doch schon in jungen Jahren nimmt ihn der König in seine Dienste. Noch ahnt Fitz nicht, was er für seine Treue aufgeben muss - seine Ehre, seine Liebe, sogar sein Leben! Denn die Intrigen bei Hofe sind mannigfaltig, und Fitz kann seine Augen nicht vor dem drohenden Unheil verschließen, das dem Reich droht. Doch da befiehlt ihm der König, genau das zu tun. Fitz muss sich entscheiden: Wird er gehorchen oder seinem eigenen Gewissen folgen?

Dieses Buch ist bereits unter dem Titel »Der Adept des Assassinen« im Bastei-Lübbe Verlag erschienen und unter dem Titel »Der Weitseher« im Heyne Verlag

Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit ließ sie sich mit ihrem Mann auf Kodiak nieder, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit »Die Gabe der Könige«, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft und sind Dauergäste auf der New-York-Times-Bestsellerliste. Im November 2021 wurde ihr der renommierte World Fantasy Award für ihr Lebenswerk verliehen. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.

Kapitel 1

DIE ANFÄNGE

Eine Chronik der Sechs Provinzen ist notwendigerweise auch eine Chronik ihres Herrschergeschlechts, der Weitseher. Eine vollständige Aufzeichnung würde bis in die Zeit vor der Gründung des ersten Herzogtums zurückreichen und von Fernholmern berichten, die als Piraten zu diesen Gestaden gelangten und sie einladender fanden als die eisigen Küsten der Fernen Inseln, woher sie kamen. Jedoch sind die Namen jener frühesten Vorfahren in Vergessenheit geraten.

Wie auch von dem ersten wirklichen König kaum mehr als sein Name und einige fantasievoll ausgeschmückte Sagen künden. Als Nehmer steht er in den Annalen verzeichnet, schlicht und einfach, und vielleicht begann damit die Tradition, dass den Töchtern und Söhnen seines Geschlechts Namen gegeben wurden, die ihr Leben und ihren Charakter prägen sollten. Der Volksglaube behauptet, bei der Namensgebung sei Magie im Spiel, und diese Sprösslinge königlichen Blutes könnten ein Leben lang nicht wider die Tugend handeln, nach der sie benannt waren. Durch Feuer getragen, in Salzwasser getaucht und dem freien Wind dargeboten – so wurden die Kinder mit ihrem Namen verbunden. Erzählt man. Ein hübscher Glaube, und es mag sein, dass es einst ein solches Ritual gab, aber die Geschichte zeigt, dass es nicht immer genügt hat, um ein Kind der Tugend zu verpflichten, auf die es getauft war …

Die Feder entgleitet meinen knorrigen Fingern und hinterlässt eine geschlängelte Linie auf Fedwrens Papier. Ein weiterer Bogen des kostbaren Materials einem, wie ich befürchte, sinnlosen Unterfangen geopfert. Ich frage mich, ob ich diese Chronik schreiben kann oder ob jede Seite insgeheim von einer Bitterkeit getränkt sein wird, die ich längst überwunden glaubte. Zwar halte ich mich für befreit von dem Groll, doch sobald ich die Feder ansetze, blutet mit der Meerestinte der Schmerz eines Knaben auf das Papier, bis mir jeder sorgfältig gemalte schwarze Buchstabe wie Schorf eine alte, purpurne Wunde zu verdecken scheint.

Sowohl Fedwren als auch Philia legten so große Begeisterung an den Tag, wann immer das Thema einer geschriebenen Geschichte der Sechs Provinzen zur Sprache kam, dass ich mir einredete, die Verfassung einer solchen wäre ein lohnendes Unterfangen. Ich sagte mir, die Arbeit würde mich von meinem Schmerz ablenken und dazu beitragen, dass die Zeit schneller verginge. Doch jedes historische Ereignis, mit dem ich mich befasse, erweckt unfehlbar meine dunklen Erinnerungen von Einsamkeit und Verlust. Ich fürchte, ich habe keine andere Wahl, als entweder diese Arbeit ganz aufzugeben oder mich den Erinnerungen an all das auszuliefern, was mich zu dem gemacht hat, der ich bin. Unschlüssig beginne ich wieder und wieder von neuem, nur um jedes Mal festzustellen, dass ich von meinen eigenen, statt den Anfängen dieses Landes berichte. Ich weiß nicht einmal, wem ich mich zu offenbaren versuche. Mein Leben ist ein Netz von Geheimnissen gewesen; Geheimnissen, die selbst jetzt noch besser im Dunkeln blieben. Soll ich sie alle dem geduldigen Papier anvertrauen, auf dass daraus Feuer und Asche entstehen? Vielleicht.

Mein Blick in die Vergangenheit reicht bis zu meinem sechsten Lebensjahr zurück. Davor ist nichts, eine absolute Leere, die keine Anstrengung meines Bewusstseins je zu füllen vermochte – als hätte ich erst an jenem Tag in Mondesauge zu existieren begonnen. Doch zu dem Zeitpunkt setzt die Erinnerung schlagartig ein, mit einer Schärfe und Deutlichkeit, die mich überwältigen, aber auch Zweifel wecken an ihrer Glaubwürdigkeit. Entstammen die Bilder meinem eigenen Gedächtnis oder den dutzendfachen Wiederholungen aus dem Mund von Mägden, Küchenjungen und Stallburschen, die sich gegenseitig meine Anwesenheit erklärten? Vielleicht habe ich die Geschichte so oft gehört und von so vielen Seiten, dass ich sie für meinen ureigenen Besitz halte. Lassen sich die vielen Einzelheiten dadurch erklären, dass ein Junge von sechs Jahren mit offenen Augen und Ohren alles ringsum in sich aufgenommen hat? Oder ist die Präzision der Erinnerungen eine Auswirkung der Gabe und der späteren Drogen, die ein Mann nimmt, um seine Sucht zu beherrschen, und die ihrerseits Schmerzen und Abhängigkeiten erzeugen? Letzteres ist durchaus möglich, sogar wahrscheinlich. Aber ich hoffe, es verhält sich nicht so.

Die Erinnerungen sind beinahe körperlich: das frostige Grau des zu Ende gehenden Tages, der schneidende Wind, der meine Kleidung durchdrang, das nassglänzende Kopfsteinpflaster der Straßen in der fremden Stadt, selbst die hornige Rauheit der großen Hand, die meine kleine umfasst hielt. Wenn ich über den Griff dieser Hand nachdenke, so war er nicht grob, nicht unduldsam. Nur fest. Er ließ mich nicht auf dem glatten Pflaster ausrutschen, ließ mich aber auch spüren, dass es kein Entkommen gab. Er war unerbittlich wie der kalte Regen, der den zertrampelten Schnee auf dem Kiesweg vor dem Portal des festungsähnlichen Gebäudes mitten in der Stadt mit einer glitzernden Eisschicht überzog.

Das Portal war hoch, nicht nur für einen Knirps von sechs Jahren, sondern wie für ein Geschlecht von Riesen gemacht, sodass selbst der hagere alte Mann, der mich weit überragte, davor klein wirkte. Und es kam mir fremd vor, obwohl ich keine Vorstellung davon habe, welche Art von Eingang oder Behausung mir damals vertraut gewesen wäre. Ich weiß nur, diese eisenbeschlagene Flügeltür, geschnitzt und verziert mit dem Kopf eines Hirschbocks und einem Klopfer aus Messing, gehörte zu Dingen außerhalb meines Erfahrungsbereichs. Graupel und Schneematsch hatten meine Kleidung durchnässt, auch die Schuhe. Dennoch kann ich mich an keinen weiten Fußmarsch durch diese letzten Unbilden des Winters entsinnen, oder dass mich jemand getragen hätte. Nein, hier fängt alles an, vor den Türen der Stadtfestung, meine Kinderhand gefangen in der des großen Mannes.

Fast mutet es an wie der Beginn zu einem Puppenspiel. Ja, so kann ich es sehen. Der Vorhang teilte sich, und da standen wir vor dem Portal. Der alte Mann hob den Messingklopfer und ließ ihn fallen, einmal, zweimal, dreimal. Wie zur Antwort ertönte eine Stimme, aber nicht aus dem Inneren des Hauses, sondern hinter uns, aus der Richtung, aus der wir gekommen waren. »Vater, bitte«, sagte die Frauenstimme flehend. Ich drehte mich nach ihr um, doch es schneite wieder, ein feines, pulvriges Geriesel, das an Wimpern und Mantelärmeln haften blieb. Gesehen habe ich niemanden, jedenfalls taucht in meiner Erinnerung kein Gesicht auf. Auch machte ich keinen Versuch, mich loszureißen, noch rief ich: »Mutter, Mutter!« Wie ein Zuschauer stand ich da, lauschte dem Klang schwerer Schritte im Haus und der Entriegelung der Tür.

Ein letztes Mal rief sie. Ich habe die Worte noch im Ohr, die Verzweiflung in einer Stimme, die sich für mich heute jung anhören würde. »Vater, bitte, habt Erbarmen!« Die Männerhand, welche die meine hielt, verkrampfte sich, ob vor Zorn oder aus einem anderen Gefühl heraus, vermag ich nicht zu sagen. Behände, wie eine Krähe ein zu Boden gefallenes Stück Brot aufpickt, bückte sich der alte Mann, schnappte sich einen gefrorenen Schneebrocken und warf ihn in Richtung der Stimme – ohne jede Warnung und mit solcher Kraft und Erbitterung, dass ich mich ängstlich duckte. Ich erinnere mich an keinen Schrei und an kein Geräusch eines getroffenen Körpers. Nur daran, wie die Türflügel nach außen schwangen, sodass der alte Mann gezwungen war, hastig einen Schritt zurückzutreten, während er mich hinter sich herzog.

Und da war noch etwas. Der Mann, der die Tür öffnete, war nicht etwa ein Dienstbote, wie er mir in meiner Vorstellung vorschwebte, als hätte ich die Geschichte nur erzählt bekommen. Nein, vor meinem inneren Auge sehe ich einen bewaffneten Wächter, einen Krieger, der in Ehren ergraut und etwas zu füllig um die Leibesmitte war, aber nichts mit einem wohlgesitteten Diener zu tun hatte. Er musterte uns beide, den alten Mann und mich, mit dem routinierten Argwohn des Veteranen und wartete dann schweigend ab, dass wir unser Anliegen vorbrachten.

Ich glaube, dieser Empfang verwirrte den alten Mann etwas und erregte seinen Unmut, denn plötzlich ließ er meine Hand los, packte mich stattdessen am Kragen und schwenkte mich nach vorn, als wäre ich ein Welpe, den er einem möglichen neuen Eigentümer zur Begutachtung präsentierte. »Ich bringe euch den Jungen«, sagte er mit rauer Stimme.

Und als der Türhüter ihn weiter nur anschaute, kommentarlos, ohne den geringsten Anflug von Interesse, holte er zu einer längeren Erklärung aus. »Ich habe ihn sechs Jahre lang unter meinem Dach beherbergt, und nie ein Wort von seinem Vater, kein roter Heller, kein Besuch, obwohl meine Tochter mir zu verstehen gegeben hat, er wüsste von dem kleinen Bastard. Ich werde ihn nicht länger durchfüttern und mir nicht am Pflug den Rücken krumm schuften, um ihn zu kleiden. Soll für ihn sorgen, wer ihn gezeugt hat. Es fehlt ohnehin an allen Ecken und Enden, wo mein Weib in die Jahre kommt, und dazu liegt mir die Mutter von diesem hier auf der Tasche. Kein Mann will sie mehr haben, keiner, erst recht nicht, solange der Bengel ihr an der Schürze hängt. Also nehmt ihn und bringt ihn seinem Vater.« Damit ließ er mich so unvermittelt los, dass ich dem Soldaten vor die Füße plumpste. Ich setzte mich auf – soweit ich mich erinnern kann, hatte ich mir nicht wehgetan – und wartete, wie es weitergehen mochte.

Der Wächter betrachtete mich mit vorgeschobener Unterlippe, nicht missbilligend, sondern noch im Zweifel, wie er mich einordnen sollte. »Wessen Spross?«, fragte er im Ton eines Mannes, der Informationen einholt, um einem Vorgesetzten möglichst genau Bericht erstatten zu...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2017
Reihe/Serie Die Chronik der Weitseher
Übersetzer Eva Bauche-Eppers
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Assassin's Apprentice (The Farseer Trilogy 1)
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Assassine • Bernhard Cornwall • eBooks • Epos • Fantasy • Für Leser von George R.R. Martin • George R.R. Martin • Heroische Fantasy • High Fantasy • Intrige • Mörder • New York Times Besteller • New York Times Bestseller • Patrick Rothfuss • World Fantasy Award
ISBN-10 3-641-17762-6 / 3641177626
ISBN-13 978-3-641-17762-1 / 9783641177621
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