Dragon Lords - Gefallene Götter (eBook)

Roman

(Autor)

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2018
Heyne Verlag
978-3-641-20488-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dragon Lords - Gefallene Götter - Jon Hollins
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Seit der ehemalige Bauer Will Fallows und seine Gefährten den Drachenkönig Mattrax getötet und Kondorra von der Herrschaft der geflügelten Ungeheuer befreit haben, werden sie im ganzen Land wie Helden gefeiert: Sie schwimmen im Gold, die Frauen reißen sich um die tapferen Recken, und sie können sich jeden Wunsch erfüllen. Und sie leben glücklich bis Ende ihrer Tage. So oder so ähnlich hätte die Geschichte zumindest ausgehen können. Wenn die Drachen Kondorras die einzigen gewesen wären. Wenn sich die Drachenkönige der Nachbarreiche von Kondorra ferngehalten hätten. Haben sie aber nicht. Und deshalb beginnt für Will und seine Freunde das gefährlichste Abenteuer ihres Lebens - wieder einmal ...

Jon Hollins wurde in England geboren, und die Begeisterung für Fantasy und Science-Fiction begleitet ihn schon sein ganzes Leben lang. Inzwischen lebt der Autor mit seiner Familie auf Long Island.

2

Zeit zur Häutung

Balur hatte das große Bedürfnis, jemandem das Gesicht abzubeißen.

Eigentlich war dies ja kein gänzlich unvertrauter Zustand für ihn. Zu Hause in der analesischen Wüste, wo er seine prägenden Jahre verbracht hatte, galten Gesichter als eine Delikatesse: vom Schädel gezogen und über dem offenen Feuer gebraten. Zugegeben, auf diese Art bereiteten die Analesier alles zu. Sie waren Wüstennomaden – es war nicht so, als hätten sie ein Übermaß an Koch-Varianten zur Verfügung.

Nun allerdings saß er im Herzen der grünen Täler Kondorras, den schuppigen Hintern auf einem Thron, der aus einem Drachenschädel geschnitzt war, im Zentrum eines großen Zeltes aus schwerem roten Stoff. Draußen trällerten und riefen die Vögel, stampften die Pferde. Und trotzdem malte er sich immer noch den Geschmack von Blut auf seiner Zunge aus.

Weiterhin musste zu seiner Verteidigung gesagt sein, dass der vinländische Botschafter, der da genau in diesem Augenblick vor ihm stand, besonders beleidigend war. Oder herablassend. Oder beides – Balur war sich bei all den Nuancen menschlichen Miteinanders immer noch unsicher.

Weiter erschwert wurde die Lage auch dadurch, dass Balur dem Botschafter gut einen Fuß und dreihundert Pfund überlegen war. Auch fehlte dem Botschafter komplett eine schützende Haut aus steinharten Schuppen. Oder ein Schwanz, um das Gleichgewicht zu halten. Eigentlich bat er doch regelrecht darum, dass man ihm das Gesicht abbiss. Er hätte genauso gut ein Silbertablett und eine Serviette mitbringen können, um den Ablauf etwas zivilisierter zu gestalten.

Leider hatte er das nicht. Stattdessen war er mit einer riesigen Armee im Rücken angereist. Und nuschelte weiter in einem Ton von … war es vielleicht Geringschätzung?

»Wir erkennen die großen … Dienste an, die du in den Augen der Menschen Kondorras als ihr sogenannter Prophet geleistet hast, als du das Drachenkonsortium erschlugst. Doch die Bedeutsamkeit deiner Taten endet an deinen Grenzen. Geltende Handelsabkommen hingegen nicht – ganz im Gegenteil. Kondorra hat Vinland einige Versprechen gegeben – unabhängig davon, wer das Land regiert –, und wir erwarten nun, dass sie auch eingehalten werden.« Der Botschafter rülpste.

Das, vermutete Balur, war ausgemachter Schwachsinn. Er hatte genug Jahre in Söldnerheeren zugebracht und für korrupte Barone, Herzöge und Grafen gearbeitet, um zu wissen, dass niemand ernsthaft von einem neuen Herrscher erwartete, die Zusagen des alten einzuhalten.

Er wusste ebenfalls, dass das dem Botschafter alles scheißegal war. Kondorra konnte vielleicht Streitkräfte von fünfzehntausend Kriegern aufstellen. Vinland konnte ihm mindestens die zehnfache Menge entgegenschleudern. Die Rechnung war einfach: Balur musste für Vinland die Beine breit machen.

Da half es auch nicht, dass der Botschafter restlos betrunken war. Der Geruch von Alkohol stieg in schweren, berauschenden Wellen von ihm auf. Balur schmeckte es beim Züngeln – der Geruch war gleichermaßen eine Beleidigung wie eine Einladung zum Kampf. Balurs Berater hatten ihn allerdings gewarnt, dass mit Trunkenheit zu rechnen wäre. Schließlich kam der Botschafter aus Vinland, einem Reich, das sich in seiner Gänze der Verehrung Otzes verschrieben hatte – des Gottes der Trunkenheit, des Übermaßes und des Gelages. Nüchternheit stellte in ihren Augen einen schweren Frevel dar.

Balur wünschte sich nichts sehnlicher, als betrunken zu sein. Es sei denn, betrunken und bis zum Arsch in Konkubinen stünde auch noch zur Debatte. Doch es war zu befürchten, dass er dann auch das bisschen Selbstbeherrschung verlieren würde, das ihn gerade noch daran hinderte, diesem Mann das Gesicht abzubeißen und zu verschlingen. Und damit wiederum würde er ganz Kondorra zu einem unrühmlichen Ende als Bodensatz in den Braugruben Vinlands verdammen.

Also brummte er stattdessen: »Nur dass sich zu diesen Handelsabkommen keine Verträge finden und sie nachteiligerweise schlecht für mein Land wären … und das Erste, was ich von ihnen hörte, kam …« Im Geiste ging er einige Beleidigungen durch. »… von dir.«

»Du stellst das göttliche Wort der Hohen Priesterschaft Vinlands in Frage, das von den schlaffen Lippen Otzes in die erwartungsvollen Ohren der Gläubigen getropft ist? Du zweifelst an seiner wässrigen Weisheit, die von seinen heiligen Wirten Krug für Krug in die Welt getragen wird?« Es lag richtig Feuer in seinen Worten. Der Botschafter, das musste Balur zugeben, war ein unglaublich effizienter Trunkenbold – hätte sich der Mann nicht auf halbem Weg in ihre Unterredung hinein eingenässt, Balur wäre regelrecht beeindruckt.

Als er die Herrschaft über Kondorra an sich gerissen hatte, war mit einer solchen Entwicklung nicht zu rechnen gewesen. Er hatte eine Armee von sechzigtausend befehligt, das Ergebnis eines allgemeinen Volksaufstands. Sie hatten seinen Namen gerufen, nach ihrem Propheten verlangt und ihr Leben seiner Herrschaft verschrieben. Er hatte sie zu einer Streitmacht rot an Zahn und Klaue machen wollen. Er hatte mit ihnen durch die Welt ziehen wollen, um zu plündern und zu brandschatzen, um ein neues Reich in seinem Namen zu errichten.

Stattdessen waren sie aus ihrem Blutrausch erwacht und zu ihren Höfen und Schmieden, ihren Läden und Schafen heimgekehrt, um nach dreißig Jahren gnadenloser Knechtschaft durch das Drachenkonsortium ihr Leben wieder aufzubauen. Und obwohl die Menschen Kondorras Balur nach wie vor mit fast religiösem Eifer verehrten, hatte das Pantheon Avarras kein allzu gutes Vorbild gesetzt, was religiösen Eifer anging. Ein Senken des Kopfes und ein Lüpfen des Hutes schien den meisten Göttern an Ehrerbietung durchaus zu genügen. Abgesehen natürlich von diesem verdammten Otze – wie es der Gott der Trunkenheit als Einziger verstand, seinen Anhängern eine schon sklavische Hingabe zu entlocken, war Balur zu hoch.

Allerdings galt das in diesen Tagen für eine Menge in Balurs Leben. Beispielsweise, was bei allen Geistern der Unterwelt er nun mit diesem nervtötenden Vinländer anstellen sollte.

Natürlich könnte er ihm den Krieg erklären. Ein Teil von ihm wünschte sich genau das. Es würde mit der Annexion Kondorras und zehntausend Toten enden, aber es wäre schon ein absurd beeindruckender Selbstmord. Gegen einen abscheulich überlegenen Gegner in die Schlacht zu ziehen, zu töten, bis die Leichen ihn wie Wände einschlossen, und dann ganz zum Schluss überwältigt zu werden, wenn diese Wände über ihm zusammenbrachen … Barden würden ein paar sehr epische Balladen darüber singen und mit ihrer Hilfe eine beträchtliche Zahl junger Leute mit geringem Selbstwertgefühl aufreißen. Das war alles, was Balur sich jemals von seinem Tod erträumt hatte.

Das Einzige, was ihn dann doch daran hinderte, war der Verdacht, dass die Vinländer genau das von ihm wollten. Sie mochten besoffen sein, aber doch keine Idioten. Also konnte er entweder ein Handelsabkommen schlucken, das ihn ruinieren würde, oder in einen Krieg ziehen, der sich unmöglich gewinnen ließ.

Das Handelsabkommen würde ihm wenigstens ein paar Monate Zeit geben, sich über all dies Gedanken zu machen.

Zu seiner Überraschung wünschte er, dass Will jetzt hier wäre. Will machte dieser ganze Denksportblödsinn nämlich Spaß. Er war derjenige, der ständig alles plante.

Und eigentlich – um bei der Wahrheit zu bleiben – war Will auch der Prophet, der Balur vorgab zu sein.

Oder vielmehr … war auch Will nicht der Prophet. Es gab gar keinen Propheten – das war alles bloß Scheiß. Sie hatten einen Vorwand gebraucht, um die Kondorrer zum Aufstand gegen ihre Drachenherren zu bewegen, und Balur hatte die Lüge am Leben erhalten, um an der Macht zu bleiben. Nicht, dass irgendwas davon ihm Sorgen bereitete. Er sah nicht, dass diese Lüge irgendwem wehtat. Davon abgesehen hatte er eigenhändig einen Drachen getötet und seinen Leichnam in einen explodierenden Vulkan geritten. Er hatte sich das alles redlich verdient.

Bloß – was hatte er denn noch, in diesem Augenblick? Ein mürrisches Volk und diesen betrunkenen Streithahn von Botschafter.

»Schön«, seufzte er. »Wir werden …«

»Scheiß auf euer Abkommen! Zur Hölle damit! Ihr mit euren Lügen! Du großmäuliger Fleck auf den Hosen der Menschheit! Der Prophet spuckt auf euch und deckt auch alle in der Nähe noch mit ein! Dieser feine Speichel dringt echt überallhin!«

Balur seufzte noch schwerer. Denn was ihm seine Rolle als Prophet außerdem eingebracht hatte, war sein persönlicher Hohepriester: Firkin, der alte Knecht, mit dem Will groß geworden war und der mit seinem Säufermaul so ziemlich alles vermasselt hatte, vom Anfang bis zum Ende.

Waren die Alkoholdämpfe um den Botschafter eine Fuge, so waren sie um Firkin eine voll orchestrierte Komposition. Balur schmeckte die wohlriechenden Dämpfe am Gaumen. Der Alte fiel taumelnd durch den Raum, schwang einen Weinschlauch und schrie den Botschafter unzusammenhängend an.

»… und … pisst … und … mitgefickt … zwölf schöne runde Schafe … paar Hühnerfedern … Eintopf alle … deine Mutter!«, war so ziemlich alles, was bei Balur ankam.

Der vinländische Botschafter fuhr herum, um dem verbalen Angriff zu begegnen. Er gab sich Mühe, hochnäsig auf Firkin herabzublicken, allerdings kam eher ein Schielen dabei heraus.

»Und wer soll dieses menschliche Arschgeschwür sein?«

Balur riss sich zusammen. »Mein Hohepriester und Berater thronweise, der alles übertrumpfende, allseits geschätzte Firkin.« Aus irgendeinem gottverfluchten Grund liebten die Leute...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2018
Reihe/Serie Dragon Lords-Reihe
Dragon Lords-Reihe
Übersetzer Oliver Plaschka
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel False Idols - The Dragon Lords Book 2
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Abenteuer • Drachen • Dragon Lords • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • Fantasy-Epos • High Fantasy • Jon Hollins
ISBN-10 3-641-20488-7 / 3641204887
ISBN-13 978-3-641-20488-4 / 9783641204884
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