Urlaubstrauma Deutschland (eBook)

Wellen, Berge, Bauernhof - warum es zu Hause doch am schrägsten ist
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
288 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-118-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Urlaubstrauma Deutschland -  Heike Abidi,  Anja Koeseling
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Urlaub in Deutschland ist langweilig? Absolut nicht! Denn was gibt es Exotischeres als ein Monster im See, tierische Abenteuer im Todesstreifen, wildgewordene Jungrinder, einen Trip zum Oktoberfest oder einen Campingausflug, der zum Survival-Training mutiert? Und das ist nur die Spitze des Eisbergs ... Zwischen Ostsee und Südtirol, Sachsen und Pfalz, Donau und Saarschleife bietet Deutschland reizvolle Landschaften für Entspannung oder Abenteuer - und das Beste daran: Die Anreise ist schnell und günstig. Oft hat man das Ziel sogar schon erreicht, bevor der Magen knurrt oder die Blase drückt. 24 Autorinnen und Autoren erzählen von ihren skurrilsten und lustigsten Urlaubserlebnissen in der Heimat. Der Ferienwahnsinn liegt oft viel näher, als man denkt und sorgt auf Ihrer nächsten Reise garantiert für Unterhaltung!

Heike Abidi, ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern.

Heike Abidi, ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern. Anja Koeseling war als Journalistin und Publizistin tätig, bevor sie 2008 die Literaturagentur Scriptzz mit Sitz in Berlin gründete. Heute schreibt sie Sachbücher.

Haben Sie Hunde?


»Was denkst du?«

Meine Frau schaute mich zweifelnd an.

Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Auf den ersten Blick schien die Unterkunft okay. Solange man nicht genauer hinsah. Ein großer Raum mit dunkler Holzvertäfelung, ein wenig abgewetzt. Da, wo die Paneele ausgespart waren, etwa unter den Fenstern, lugte eine gewöhnungsbedürftige Samttapete hervor. Das Muster konnte man kaum noch erkennen, da die vielen Jahre, in denen sie schon da kleben musste, es ausgeblichen hatten. Und dann dieser dicke Teppich. Braungrüne Ornamente, Fransen an den Seiten, ein paar Wasserflecken. Ich hoffte, dass es Wasserflecken waren. Das Zimmer hätte auch ein Puff aus den Zwanzigerjahren sein können. Besonders wenn man das Gemälde über dem Sofa betrachtete, auf dem drei dicke Elfen nackt um einen Baum tanzten. Keine Ahnung, ob das die richtige Ferienunterkunft für uns war. Als solche war sie uns nämlich vermietet worden.

Die Kinder saßen auf dem breiten Doppelbett und freuten sich, endlich angekommen zu sein. Sie hatten Anlauf nehmen müssen, um dort hochzukommen, und waren nun so tief eingesunken, dass gerade noch ihre Oberkörper hervorschauten. Ich war gespannt, wie mein lädierter Rücken die erste Nacht überstehen würde.

»Ist okay«, murmelte ich, etwas unsicher. »Oder nicht?« Zögernd schielte ich zu meiner Frau.

»Ja, doch.« Sie nickte, etwas zu heftig. »Mal was anderes. Also bleiben wir?« Fragendes Grinsen.

Es war Mitte August. Ein Wunder, dass wir überhaupt noch eine Unterkunft in Ostseenähe gefunden hatten.

Was blieb uns sonst übrig? Es war Mitte August. Ein Wunder, dass wir überhaupt noch eine Unterkunft in Ostseenähe gefunden hatten. Wer hätte auch ahnen können, dass ich tatsächlich ein paar freie Tage zur Ferienzeit herausschinden konnte. Wo sonst in meiner Firma im Sommer absolute Urlaubssperre herrschte. Insofern war es noch ein kleiner Gewinn, den wir hier abgesahnt hatten. Gut, das Zimmer entsprach nicht unbedingt der klassischen Vorstellung eines Ferienappartements. Neben seiner zweifelhaften Einrichtung lag es an der Straße – Kopfsteinpflaster! – und die in der Anzeige behauptete Strandnähe war ein dehnbarer Begriff (eine halbe Stunde im Stechschritt).

Aber es war gemütlich, genauso wie die Wirtin, eine breitschultrige, pausbäckige Matrone, die uns eben den Schlüssel aushändigte.

»Fühlen Sie sich wie zu Hause«, forderte sie uns freundlich auf, was meine Frau und ich mit einem gequälten Lächeln erwiderten. Drei Hunde folgten ihr auf dem Fuß, zwei Pekinesen, die wie wandelnde Wischmopps aussahen, und irgendwas, was wohl auch ein Hund war, bei dem aber beim besten Willen nicht zu erkennen war, welche Rassen da mitgemischt hatten.

Die Kinder hatten angefangen, auf dem Bett Trampolin zu springen. Meine Frau wies sie an, das besser nicht zu tun. Sie fürchtete, das alte Gestell könnte unter ihnen zusammenbrechen. Ich hatte Angst, dass sie sich eine Gehirnerschütterung zuziehen würden, wenn sie runterfielen.

Ich verzog mich für ein paar Minuten ins Bad. Das Klo war ein Thron, einsam vor der nackten Wand stehend, von dem aus ich meine Beine baumeln lassen konnte. Während ich saß, schaute ich mich um. Es war ein (vor langer Zeit) gekalkter Raum mit einem angeplatzten Mini-Waschbecken in der einen und einer Duschecke mit einem gelben (ehemals weißen) Vorhang in der anderen Ecke. Die Nische war so schmal, dass ich mir Gedanken machte, wie ich meinen kompletten Körper unter die Dusche bekommen sollte. Übermäßig gelenkige Schlangenmenschen waren klar im Vorteil. Spinnenweben in den Ecken. Wenigstens keine Fliegen, sagte ich mir. Unter dem kleinen Fenster (eine Gefängniszelle hatte wahrscheinlich mehr Licht) führte eine beeindruckende Ameisenstraße vorbei und als ich spülen wollte, stellte ich fest, dass ich kurz zuvor mehr Druck auf der Blase gehabt hatte als diese Wasserspülung.

Was für eine Bruchbude!

Als ich meiner Frau von dem Bad erzählte, wurde sie ein wenig blass (»Und wo deponiere ich unsere Waschsachen?«), richtete sich dann aber tapfer auf und meinte: »Egal, wir haben gesagt, wir bleiben. Wenigstens macht das Wetter mit.«

Das Wetter machte tatsächlich mit, wohl aus Mitleid mit uns. Wir brauchten auch nur 25 Minuten zum Strand, dafür fast eine Stunde am Abend zurück, weil die Kinder keine Lust mehr zu laufen hatten und sich abwechselnd schieben und ziehen ließen. Um ehrlich zu sein, trieben meine Frau und ich sie auch nicht gerade zur Eile an. Keiner von uns verspürte einen brennenden Drang, zurück in unser Appartement zu kommen.

Als kleiner Trost erwies sich die Tatsache, dass wir gleich nebenan einen China-Imbiss entdeckten, in dem wir eine weitere Stunde totschlagen konnten.

Als wir uns später dem Unausweichlichen stellten und unser Quartier aufsuchten, bemerkten wir zwei Dinge, die uns bei der Ankunft nicht aufgefallen waren: Das Deckenlicht funktionierte nicht. Und der Geruch des Chinesen drang, offenbar über die mit dem Restaurant verbundene Decke, bis in unser Zimmer vor. Im Schein zweier Nachttischlampen öffneten wir für eine Weile eines der Fenster, was dazu führte, dass wir jedes Wort der Gäste im Imbiss – und der Fußgänger auf der Straße davor – mitbekamen.

Zum Glück sollten unsere Kinder in einer Extra-Kammer hinter dem Elternschlafzimmer nächtigen. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn die Wirtin ihr Putzzeug vorher noch weggeräumt hätte, da ich finde, ein Eimer und ein Schrubber müssen nicht zwangsläufig am Kopfende eines Kinderbettes stehen. Die Frage erübrigte sich aber nach kurzer Zeit sowieso, denn unsere Kinder weigerten sich stur, in diesem Zimmer zu schlafen. Der Grund: eine große Spinne, die beim Einschalten des Lichts hastig an der Decke entlanggeflitzt war.

Na ja, vielleicht vergraulten wir auf diese Weise wenigstens ein paar der penetranten China-Gäste.

Wir hofften, das Thema nach dem Duschen (schließlich waren wir noch voller Salzwasser) noch einmal ansprechen zu können. Aber da gab es schon das nächste Problem: Unser Großer schnitt sich den Fuß an einer scharfkantigen, abgebrochenen Fliese auf. Wenn wir ihn hätten ermorden wollen, hätte das Theater nicht größer sein können. Na ja, vielleicht vergraul­ten wir auf diese Weise wenigstens ein paar der penetranten China-Gäste. Meine Frau war hin- und hergerissen zwischen mütterlicher Routine (»So schlimm sieht es doch gar nicht aus.«), Fürsorge (»Was, wenn er sich eine Blutvergiftung holt?«) und Verärgerung (»Diese Mistbude!«). Als Vater war ich wie in solchen Momenten immer abgemeldet. Und so blieb es bis zum späten Abend. Genauer gesagt, bis in die Nacht. Denn natürlich nutzte unser Sohn seine Kriegsverletzung (genau genommen war es nicht mehr als ein Kratzer), um zu erklären, dass er nun unbedingt bei Mama übernachten musste. Was seine Schwester zur Schlussfolgerung veranlasste, dass sie ebenfalls mit ins Ehebett musste.

Wer blieb übrig?

Ich machte es mir auf einer der provisorischen Kinderliegen bequem, die so schmal waren, dass ich nachts nicht vergessen durfte, mich mit äußerster Vorsicht umzudrehen, wenn ich nicht rausfallen wollte. Das Bettzeug war offensichtlich ebenfalls für Kinder gedacht, das Kopfkissen nicht größer als ein Waschlappen.

Als gegen elf der Lärm aus dem Restaurant endlich abebbte, schaffte ich es, für ein paar Minuten zu schlafen. Dann begann einer der Hunde über uns zu winseln. Ich weiß nicht, ob es schlimmer gewesen wäre, wenn er richtig drauflosgebellt hätte. Aber dieses unterdrückte, hohe Fiepen, das sich wie eine glühende Nadel in die Gehörgänge piercte, erschien mir in diesem Moment als Gipfel der Pein. Und nicht nur mir: Nach einer Viertelstunde Folter zischte meine Frau aus dem Nebenzimmer, ob ich mal »was dagegen machen« könnte.

»Was denn?«, raunte ich genervt zurück.

»Keine Ahnung. Geh hoch und sag, dass wir nicht schlafen können.«

Genauer gesagt, konnten meine Frau und ich nicht schlafen. Die Kinder schnarchten selig.

»Und was soll sie dann machen? Den Hund aus dem Fenster schmeißen?«

»Keine Ahnung. Vielleicht kann sie ihn ja in ein anderes Zimmer bringen oder so was.«

Oder so was …

In Shorts und T-Shirt schlappte ich die alte, morsche Treppe, die wohl nicht nur die beiden Weltkriege, sondern wahrscheinlich schon die Französische Revolution miterlebt hatte, nach oben und klopfte zögerlich gegen die Tür. Das Winseln von drin verwandelte sich augenblicklich in ein heiseres Bellen, in das die anderen beiden Kläffer sofort einstimmten. Wenn die Kinder jetzt nicht wach wurden, waren sie tot.

Von innen fummelte jemand an der Türverriegelung und kurz darauf stand die Vermieterin vor mir. Sie trug Lockenwickler im Haar und hatte offenbar schon geschlafen. Schön für sie.

»Ja?«

Von Schuldbewusstsein keine Spur.

»Ihr Hund«, begann ich unschlüssig.

»Welcher? Lulu?«

Keine Ahnung, welcher. Lulu und Konsorten schnüffelten bereits geschäftig um meine Beine herum und ich musste dem Drang widerstehen, zuzutreten.

»Unsere Kinder haben ein wenig Angst, weil er so laut heult. Sie denken, er hat Schmerzen.«

Die Kinder ließen sich immer als Ausrede benutzen und für jede Art Entschuldigung prima vors Loch schieben.

Ein Leben als Vater war ein Leben voller Kompromisse. Es hatte jedoch einen klaren, stets einsatzbereiten, von mir gern genutzten Vorteil: Die Kinder ließen...

Erscheint lt. Verlag 5.5.2017
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Deutschland • Ferien • Heimat • Humor • Kai Twilfer • lustig • Meer • Reisen • Schlachtfeld Elternabend • Sommer • Unterhaltung • Urlaub • Urlaubslektüre • witzig
ISBN-10 3-95910-118-X / 395910118X
ISBN-13 978-3-95910-118-9 / 9783959101189
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