Goldilocks Jaguar -  Justus Fischer-Zernin

Goldilocks Jaguar (eBook)

Die Geschichte von der feindlichen Übernahme der Wolfsauto AG
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
204 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7448-4261-7 (ISBN)
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Wirklich die alternativen Fakten zum VW-Skandal? Wollten Sie nicht immer schon wissen, wie 'feindliche Übernahmen' von Großunternehmen funktionieren und welche Drinks dazu serviert werden? Wie Anwälte, Banker, Politiker, Wirtschaftsprüfer und PR-Spezialisten bei den großen Deals die Strippen ziehen? Woran sie denken? Was sie frühstücken? Wen sie küssen? Was sie in Swimming-Pools werfen? Wann sie Angst vor dem langen Arm des Gesetzes kriegen? Wollten Sie nicht auch wissen, wie Bilanzen und Aktienoptionen ticken, und warum darum ein solches Gewese gemacht wird? Wie man in Italien Pasta Mista bestellt und welche wichtigen Funktionen ungarische Kellner in Paris erfüllen? Und arabische Investoren? Und Untersuchungsausschüsse des niedersächsischen Landtags? Sie sind sich nicht sicher, ob Sie das wirklich wissen wollen? Und wenn dabei noch über kleine Fiats und große Jaguar-Limousinen, Frühstücks-Buffets, Raucherentwöhnungswebsites und die EU-Kulturförderung informiert wird? Und mit 44.803 Worten ist das alles erschöpfend abgehandelt! Dann wollen Sie das doch wissen - oder? Na also. Dann lesen Sie dieses Buch über die vier Experten, die mit lukrativen Honorarvorschüssen in eine Villa am Gardasee gelockt werden, um dort für Schweizer Tarnfirmen binnen fünf Tagen eine 'möglichst geräuschlose' Übernahme der Aktienmehrheit der Wolfsauto AG zu organisieren. Ein frech-fröhlicher Wirtschaftsroman, laid-back, amüsiert, bisweilen chaotisch. Und keine Sorge, dass Sie mit Zeitgeistmoralin über böse Banken und böse Märkte gequält werden - no way, denn: 'Dieses Buch ist den Bankern gewidmet - und den Hedge-Fonds-Chefs, den Private-Equity-Managern, ihren Anwälten und Wirtschaftsprüfern, all den unbesungenen Helden, die bei der Jagd nach der schnellen Million Tag für Tag ihren Mann stehen (bzw. ihre Frau).' Ach ja - für alle die den Hamburg-Roman zur Elbphilharmonie 'ALLES IM FLUSS' kennen - 'GOLDILOCKS JAGUAR' ist DER ERSTE GEMEINSAME FALL VON AXEL STRAHLSON UND LUKAS TIMM.

Justus Fischer-Zernin, Jahrgang 1956, ist Rechtsanwalt in Hamburg. Nach diversen Fachpublikationen zum internationalen Steuerrecht veröffentlichte er ab Mitte der 90er regelmäßig Fachbeiträge zu Wirtschaft und Steuern in der 'Welt am Sonntag' und später satirische Kolumnen auf 'manager-magazin-online'. 2006 erschien von ihm 'Und wer zahlt? - eine Kreuzfahrt durch unser Steuersystem und die aktuelle Reformdebatte' (Murmann Verlag), 2016 sein erster Roman 'Alles im Fluss - Der Hamburg-Roman zur Elbphilharmonie' (BoD).

SONNTAG


Republica de Vorcassa


Plitsch-Platsch. Die kleine Stadt war voller Regenschirme, aber ich hatte es verpasst, mir einen zu besorgen. Beim Anstieg Richtung Villa wurde es immer tröpfeliger und ich vermisste eins von diesen kleinen Klapp-Schiebe-Stauch-Geräten mit präservativartigem Überzug. Ein großer schwarzer mit Holzgriff und Würde hätte es auch getan; doch vielleicht will der liebe Gott ja auch, dass wir nass werden, wenn er es regnen lässt.

Ich war in diesem Kaff an einem langen Elend von Bergsee gelandet, schnaufte bergauf zum vereinbarten Treffpunkt, eine Villa am Hang, gut einen Kilometer von der kleinen Altstadt entfernt. Es gab eine Adresse, aber das Anwesen hatte offenbar – anders als hier sonst üblich – keinen speziellen Namen. Sehr sympathisch. Dieses Hausbenenne hat was Aufdringliches, ›Villa Buona Vista‹, ›Villa Gerda e Susanne‹, ›Villa Carpe Diem‹, da wurde man ständig von Denkanstößen herumgeschubst und die Villenarchitektur der Gegend war ohnehin schon nicht knauserig mit Aufdringlichkeiten. Ich passierte eine dunkelrot gestrichene Merkwürdigkeit mit weiß abgesetzten Tür- und Fensternischen und einigen weißen Linien auf der Hausfront – Villa Prosciutto? Wenn ich eine Villa hätte und sie benennen müsste, würde ich sie »Villa Villa« nennen, schon um die anderen Villabenenner zu ärgern.

Meine liebe Lisa hatte nicht so begeistert geklungen bei der Nachricht, ich müsse schnell mal weg für eine Woche. Glücklicherweise hatte sie nicht gesagt, sie wolle mitkommen. Mein Anwaltskopf war so schon voll genug. Ein ›Lisa wartet im Hotel‹, Lisa wartet im Café, ›Lisa wartet am See‹ hätte die Sache noch schwieriger gemacht. Das Honorar kam vorab – 25.000 Euro für eine Woche mit Chance auf Nachschlag, so hatte es geheißen – und da waren Details dann nicht mehr so spannend.

Vor der Villa stand ein schwarzer XJ, 8 Zylinder mit Kompressor, nicht die neue Serie, sondern einer der letzten der ›Klassiker‹, Executive, Long Wheelbase, also der ganz lange, das volle Programm aus dem Hause Jaguar – mit der Lederausstattung, die ›Softporno‹ oder so ähnlich heißt, jedenfalls so gemeint war. Über den Auftrag des Platoons wusste ich nichts. Es war von »fünf Spezialisten« die Rede und offenbar schloss mich das mit ein, was ich natürlich super fand. Für Schmeicheleien und Lobhudeln bin ich immer zu haben. Als Familienvater und Boss höre ich solche Süßigkeiten meist, wenn eine Attacke gegen mein Portemonnaie geritten wird; diesmal nichts dergleichen, die Dame am Telefon fragte mich nach meinem Konto, um mir 25 Kilo EUROS zu überweisen. Es gab ein kurzes mail und diesen Anruf von der Schweizer Firma. Laut Internetrecherche ein Vermögensverwalter in Zürich, Bahnhofstraße – wo denn auch sonst? Ich hörte mich bei meinen Bankerfreunden um, die hörten sich bei ihren Bankerfreunden um; keiner wusste wirklich was Genaues, aber alle wirkten ehrfürchtig. Die Fauntleroy Treuhand & Cie. AG schien zumindest eine leidlich wuchtige Geldaura zu haben, in diesen Tagen bei Finanzfirmen nicht gerade selbstverständlich. Treuhand, Rückhand – was soll’s? Ich bekam einen Zweizeiler-Auftrag per e-mail, bestätigte, am nächsten Tag war der Vorschuss da und jetzt war ich hier, um mit irgendwas loszulegen. Unnötige Fragen zeichnen sich dadurch aus, dass sie unnötig sind. Der Marschbefehl ging dann zum Gardasee und nicht nach Zürich – von mir aus.

Aus Pfützchen wurden Pfützen. Weder bei der Einfahrt, noch an der Hauswand gab es ein Namensschild. »Und so taufe ich Dich auf den Namen ›Villa Villa‹« verkündete meine innere Stimme dem hellen, gepflegten Zweigeschosser toskanischer Machart mit Säulen und Brüstungen und allem Klimbim, was immer dieser Stil hier auch zu suchen haben mochte. Ich war nicht der einzige Spezialist der tropfend ankam. In dieser Welt gibt es offenbar ›die mit Regenschirm‹ und ›die anderen‹ – und wir zählten alle sichtbar zu den anderen – ein Umstand der mich schon mal für meine neuen Kollegen einnahm. Trocken war nur der große Blonde mit den Locken, anscheinend sowas wie der ›Chef vom Dienst‹. Er hatte uns an der Pforte mit kurzem Hallo und »ich werde gleich alle vorstellen« begrüßt und damit die Smalltalk-Plattform schon geschickt verkleinert, bevor wir unsere Konversationsprogramme hochgefahren hatten. Ein dienstbarer Geist – feminin, gestärkte weiße Schürze, zwischen 30 plus und 50 minus – empfing uns an der Tür, befreite uns nacheinander von nassen Jacken, sagte etwas Italienisches – klang jedenfalls so – und führte uns in die gute und vor allem große Stube. Ein schöner Raum, seewärts rechtschaffen verglast, ein paar Sessel, helle Wände, Marmorboden, zwei kleine Sofas, ein paar Bilder an den Wänden, so klein bis mittelgroß, ein bisschen Im- ein bisschen Ex-, ein bisschen Sonstwiepressionismus, keine Brüller und keine Huch!-Kunst.

Die letzten Tage im Büro waren ziemlich hektisch gewesen. Vor der Abreise drängte wieder alles zusammen und dann kamen auch noch die Spanier wegen der deutschen Steuererstattungen. Plötzlich wurden sie komisch, wollten im Vorwege ganz genau wissen, was es kosten soll. Entspannt schickte ich eine großzügige Honorarschätzung und war sicher, dass sie mich in Ruhe lassen würden. Doch sie waren wohl Schlimmeres gewohnt – der Auftrag wurde erweitert und natürlich alles mit viel «as soon as possible – asap« verziert. Dann musste es wohl so sein. Zur Not ist mein zweiter Name »Speedy Gonzalez«; am Ende den Job rechtzeitig erledigt, allerdings nur knapp und mit schrillen Pfiffen auf den letzten Löchern. Und ich hatte dafür auch den ganzen Samstag im Büro herumgewurstelt, etwas, was ich hasse. Carl, mein alter Mandant und Frontkamerad aus vielen heißen Geschäften wurde dafür einmal mehr vertröstet; sein Problem war eine komplizierte Kiste: Finanzämtern in Deutschland, der Schweiz und in Frankreich troff schon der Sabber vor Freude auf gesalzene Steuernachzahlungen. Carls Firma hatte vor einiger Zeit nach ein paar derben Verlustjahren einmal einen netten Gewinn gemacht, wobei nicht richtig klar war, in welchem Land sich das steuerlich abspielte. Von den Firmenverlusten wollte kein Finanzamt irgendwas wissen – Motto: Wir nicht! Den Gewinn wollten aber alle drei Länder besteuern – Motto: Hier! Hier! Wir! Wir! Aber Carl sah das überhaupt nicht ein. Von Haus aus Mathematiker versuchte er sich der Sache mit Logik zu nähern – bei Steuerproblemen ein eher absurder Ansatz. Wann wird er je verstehn? Statt langer Diskussionen mit Logikern schien es mir besser, auf meinem Schreibtisch ein kleines Wunder geschehen zu lassen. Was Carl jetzt brauchte, war ein Eintopf aus fünf Doppelbesteuerungsabkommen, abgeschmeckt mit ein paar aromatischen Durchführungsverordnungen, über dem nach zwölf sehr, sehr teuren Honorarstunden eine Marienerscheinung sichtbar wird, die sagt: »Siehe, ich verkünde Euch eine große Freude! Alles ist steuerfrei.«

So etwa war mein Plan gewesen, nur dann fehlten plötzlich die zwölf Stunden, denn die Spanier waren ja dazwischen gegrätscht und der Aufbruch in die ›Republica di Vorcassa‹ war unaufschiebbar. Charlieboy war Verzögerungen von mir schon gewohnt, meist sah er es leidlich sportlich und so rief ich ihn an.

Schonungslos offen, »Carl, ich hatte es versprochen, aber ich schaff es wieder nicht;« unter Einsatz von Notlügen, in der Hoffnung auf mildernde Umstände, »es ist fast fertig, aber da gibt es fangfrische, komplizierte Gerichtsurteile, die alles noch ändern könnten« und schließlich das vierte Terminversprechen mit kritischem Haltbarkeitsdatum:

»In 14 Tagen hast du das Gutachten, garantiert.«

Zu meiner Überraschung war er ganz froh. Die Aussicht auf eine Zeitreise zu den ungelösten Steuerproblemen seiner Ex-Firma in Paris hatte für ihn etwas Quälendes. Der Druck der Finanzämter war noch moderat, und so hatte die Ansage ›14 Tage später‹ genug Charme.

Im steten Kampf um Lebensleichtigkeit zählt jeder Meter Bodengewinn – und sei es nur für einen kurzen Moment.

Jetzt, sieben Monate später, schien dieser Kampf gründlich verloren.

»Das war alles zu Ihrer Beauftragung aus der Schweiz? Ein paar Telefonate, ein e-mail und der Vorschuss auf Ihr Konto?«

Frau Dr. Weber konnte so wundervoll Fragen stellen. So brünett. Meine Anwältin, die ich auf Lisas dringenden Rat engagiert hatte, eine alte Freundin meiner Frau. Agnes Weber war sehr gründlich, was richtig und wichtig war, aber meiner Stimmung nicht gut tat. Nächste Woche sollte meine Befragung vor dem Untersuchungsausschuss steigen und bis dahin war noch Einiges zu klären, damit mein Hals nicht unversehens in eine Schlinge rutschte.

›Ja, Euer Ehren‹ war ich versucht, zu sagen, aber...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7448-4261-4 / 3744842614
ISBN-13 978-3-7448-4261-7 / 9783744842617
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