Was aber bleibt (eBook)

Texte aus fünf Jahrzehnten
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2017 | 1. Auflage
544 Seiten
Blessing (Verlag)
978-3-641-21011-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Was aber bleibt -  Dieter Hildebrandt
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Sein Lebenswerk: Die Ausgabe zum 90. Geburtstag von Dieter Hildebrandt am 23. Mai 2017
Das Lebenswerk des großen Kabarettisten erstmalig als Buch. Wie kein Zweiter prägte und begleitete Dieter Hildebrandt die öffentliche Debatte in Deutschland seit den frühen 1950ern bis zu seinem Tod im Jahr 2013.

Was aber bleibt versammelt zum ersten Mal eine Auswahl seiner wichtigsten Texte aus den Anfängen als Student, der Münchner Lach- und Schießgesellschaft (1956-1972), den Notizen aus der Provinz (1973-1979), dem Scheibenwischer (1980-2003) und den letzten zwanzig Jahren seines Lebens.

Dieter Hildebrandts Einschätzungen zur Lage der Nation werden bleiben, und sie bleiben aktuell:

'Man kann nicht mit der Faust auf den Tisch hauen, wenn man die Finger überall drin hat.'

'Politiker haben in der Regel saubere Hände. Das ist auch klar, denn es heißt ja ausdrücklich: Eine Hand wäscht die andere.'

'Große Koalitionen sind nicht dazu da, um endlich die großen Probleme zu lösen, sondern vier Jahre um sie herumzukommen.'

Dieter Hildebrandt, geboren 1927 in Bunzlau, Niederschlesien, studierte in München Theaterwissenschaften. Zusammen mit Sammy Drechsel gründete er die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, deren Ensemble er bis 1972 angehörte. Von 1974 bis 1982 arbeitete er mit dem Kabarettisten Werner Schneyder zusammen. Seine TV-Serien Notizen aus der Provinz und Scheibenwischer wurden große Erfolge. Berühmtheit erlangte er auch durch seine Rollen in Kinoproduktionen wie Kir Royal und Kehraus. Hildebrandt erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Grimme-Preis in Gold, Silber und Bronze. Viele erfolgreiche Bücher bei Blessing, darunter Nie wieder achtzig! (2007) und Letzte Zugabe (2014). Bis zu seinem Tod im November 2013 lebte Dieter Hildebrandt mit seiner zweiten Frau, der Kabarettistin Renate Küster-Hildebrandt, in München.

Aus dem Programm
Bette sich, wer kann (1957)

Titel sucht

Alle: In deutschen Betten schläft sich’s gut,

in deutschen Betten ruht sich’s gut,

in deutschen Federn liegt man weich,

in deutschen Federn schläft man gleich.

Gute Nacht, gute Nacht, gute Nacht, gute Nacht.

Denn wie man sich bettet, so schallt es heraus.

Schnarch, schnarch, schnarch, schnarch.

Und Schlaftabletten, die brauchen wir nicht,

wir brauchen die Nacht nicht, wir schnarchen bei Licht.

Bett us go – Bett us go –

Bett vorm Kopp und Bett vorm Po,

Bettsucht ist hier comme il faut –

Es ist schon so, es ist schon so.

Herking: Kommen da noch mehr so kleine Wortspielchen? Ich bin es leid!

Dietsch: Es ist doch kein besserer Titel da. Ich verstehe nicht, was du willst? »Bette sich wer kann« geht doch, oder hast du einen besseren?

Dieter: Ich hätte noch einen anderen in betto.

Alle: Äääääh!

Klaus: Ich habe ja gesagt, es liegt am Titel, betten wir?

Herking: Ich bette nicht.

Dieter: Zu spät, du bettest den Freund nicht mehr.

Herking: Schluss damit!

Klaus: Das ist auch kein Titel, das wär was für ’ne Zeitung.

Dietsch: Hättet ihr meinen genommen: »Bledel sei der Mensch …«

Herking: Ich kenne das, gleich fängt das Gesellschaftsspiel an.

Dieter: Ich habe einen Titel.

Herking: Na bitte, ich habe es ja gleich gesagt.

Dieter: Zur Wahl in der DDR: »Euer Wort sei ja!«

Alle: Ja, ja, ja, ja …

Klaus: Wie wär’s mit dem: »Nun danket alle ab«.

Dietsch: Nein, mit so einem Titel haben wir uns schon einmal Feinde geschaffen, denk doch an den letzten.

Herking: »In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine«.

Dieter: Hab ich einen besseren. Über Kruschkopp: »Requiem für eine Tonne«. Oder was Originelleres: »Die Wildschweinplage in der Lüneburger Heide«.

Herking: Liegt ein bisschen weit weg.

Klaus: »Wiener Wut«.

Dietsch: »Drei Miezen im Brunnen«.

Herking: Wir brauchen doch etwas zur politischen Situation.

Dieter: »Unsere Ahnen tattern uns voran«.

Klaus: »Kleiner Mann ganz bloß«.

Dieter: Man sollte unserem Kanzler die Göttinger Atomgeschichte mit dem Hahn nicht dauernd übel nehmen. Er ist doch jetzt fünfmal nach Amerika geflogen – da wüsste ich einen schönen Titel: »Wer einmal fliegt, dem glaubt man nicht«.

Klaus: Hier: »Die Schwulen der Diktatoren«.

Dietsch: Wir sollten es uns nicht mit den Theaterintendanten verderben.

Herking: Wie wär’s, wenn wir was gegen den Rundfunk machen würden: »Grober Unfunk«.

Klaus: Wo ich mir dort meinen ganzen Lebenslauf verdiene. Lieber den: »Der Wolf und die lieben Greislein«.

Herking: Bitte, nichts gegen Bonn.

Dietsch: »Ein Schwein kommt selten allein«.

Klaus: Dann aber auch nichts gegen Pankow.

Dieter: Einen harmlosen: »Leih’sten Bruch, dann haste einen«.

Herking: Über den Münchner Verkehr: »Der Stachus quo«.

Dieter: Über unsere Volksvertreter: »In Homburg sind die Nächte lang«.

Dietsch: »Snobby, snobby Reiter«.

Herking: Geht nicht, geht doch gegen das Publikum.

Klaus: »Warten auf Niveau«.

Dieter: Geht gegen uns.

Dietsch: »Keiner kann, was nun?«

Herking: Geht erst nach der Wahl, wenn die SPD gesiegt hat.

Klaus: »So bange du da bist«.

Herking: Lasst endlich den alten Herrn in Ruhe. Ich mache euch einen Vorschlag: Wer von nun an etwas gegen unseren Kanzler oder gegen Bonn und die umliegenden Ortschaften sagt, muss eine Mark in unsere Kasse zahlen, hier in dieses Sparschwein. (Sie wirft einige Geldstücke in das Sparschwein.)

Klaus: Also, wenn es klappert – (Wirft auch ein Geldstück ein.) – dann war es eine Mark zur Strafe, weil irgendetwas gegen den Kanzler oder gegen Bonn gesagt wurde.

Dietsch: Dann darf ich nachträglich für vorhin rasch noch ein paar Märker – kollektiv sozusagen – einwerfen. (Wirft Geld ein.)

Herking: Bette!

Dieter: Ich habe einen Titel: »Bette sich wer kann«.

Klaus: Der geht, der sagt so gar nichts, da können wir nirgends mit anecken.

Herking: Und nun lasset uns diesen Titel erklären und auswalzen – in einer schönen langen Szene! (zu Dietsch) Du gehst raus, dein Stichwort kennst du ja!

(Dietsch ab)

Alle: Bett us go – Bett us go,

Bett vorm Kopp und Bett am Po.

Bettsucht ist hier comme il faut –

Es ist schon so, es ist schon so.

(Dietsch kommt wieder.)

Herking: Sie sind also der kleine Mann auf der Straße: Was haben Sie uns zu sagen?

Dietsch: Ich hab’ noch einen Titel!

Zehn Minuten zu spät

Herking: Es kann möglich sein, dass es jetzt ein bisschen sentimental wird – aber es ist nicht gesagt – vielleicht lässt sich noch was draus machen. Eigentlich fing das so an:

Wenn Frauen nachts in Kissen weinen,

von zehn bis zwölf, von zwölf bis zwo,

und ihre Männer in Vereinen

beim Bier sind oder irgendwo.

Wenn Frauen dann auf jene warten,

von zehn bis zwölf, von zwölf bis zwo,

und diese sind bei Politik und Karten,

dann warten sie von zehn bis zwölf, von zwölf bis zwo

meist auf Godot –

Nein, das Problem beschäftigt mich an sich sehr oft … von zehn bis zwölf, von zwölf bis zwo … aber ich möchte nicht ins Kissen weinen … wenn’s sein muss …

Wollen Sie sich vorstellen, dass wir uns jetzt auf einem Bahnhof befinden? Ja, dieses Mal ist es richtig, wenn Sie Bahnhof verstanden haben! Es ist 10.00 Uhr abends. Sehen Sie, das hab ich gewusst, dass Sie jetzt alle auf die Uhr schauen, aber nehmen wir an, es ist 10.00 Uhr. Um 10.05 Uhr – um 5 nach 10 soll er kommen – der Zug – und mit dem Zug – mein Mann.

Blumenverkäufer: Blumen gefällig? Blumen für liebe Erwartete?

Herking: Bitte drei davon. Wie viel?

Verkäufer: Drei Mark, bitte.

Herking: Das ist doch nicht Ihr Ernst? (zahlt)

Verkäufer: Der schon … aber nicht meine Blumen … ich bezieh sie vom Bahnhofsblumenladen – der von einem Laden in der Stadt – die vom Großhandel – die Großhandlung vom Gärtner aus Holland – – Wollen Sie Bananen? Nee? – –

Blumen für freundliche Menschen, Blumen – Blumen –

Lautsprecher: Herr Dr. Schneider wird gebeten, sich umgehend auf der Bahnhofswache zu melden!

Herking: Herr Dr. Schneider? Weilen Sie unter uns? Schnell – schnell – umgehend wurde befohlen!

Lautsprecher: Der Schnellzug aus Hamburg über Hannover – Göttingen – hat voraussichtlich fünf Minuten Verspätung!

Herking: Fünf Minuten. Da bleibt mir noch Zeit. Ihr Zug geht auch erst später? Habe ich wenigstens eine Ansprache. Also genau 10 nach 10 kommt er. Nun ist er wieder ziemlich lange weg … gewesen – mit seinen dauernden Geschäftsreisen. In Hamburg. Aber das wäre kein Grund zur Eifersucht – meint er. Vielleicht. Aber dann warte ich und warte ich – das geht nun schon Jahre so – diese blödsinnige Angewohnheit. Dabei ist er wirklich treu und charakterfest … Dabei freu ich mich, wenn er kommt, und stell mir immer vor, was ich ihm alles Nettes sagen möchte. Und dann kommt er – und schon ist er selber da, und es ist alles viel nüchterner, und dann krieg ich immer nur raus:

Da bist du ja,

da bist du ja,

da bist du also wieder da.

Du hast den schwarzen Anzug an?

Wo warst du denn und wie und wann?

Der Gasableser war heut da.

Der Martin Nüsslein wird Papa.

Uns gegenüber wird gebaut.

Du, magst du heute Sauerkraut?

Du wirst ja sicher hungrig sein –

Wir steigen gleich in’n Sechser ein.

Nun bleib doch nicht so lange stehn,

komm – lass uns gehen.

Zu albern – aber heute will ich mich, wenn er kommt, so verhalten, dass er gleich merkt, ich habe die dumme Eifersucht auf den Nagel oder auf den Bügel gehängt – und dann will ich ihm sagen, dass überhaupt alles anders werden soll …

Lautsprecher: Der Schnellzug aus Hamburg – Hannover – Göttingen hat voraussichtlich weitere fünf Minuten Verspätung!

Herking: (Sieht auf die Uhr, wird sauer.) Man muss eben immer auf ihn warten! Immer kommt er zu spät! (Zerpflügt die Blumen nervös.) Wer weiß, was wieder los war! Vielleicht hat er die Reeperbahn mit der Bundesbahn...

Erscheint lt. Verlag 10.4.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte eBooks • Kabarett • Münchner Lach- und Schießgesellschaft • Notizen aus der Provinz • Scheibenwischer
ISBN-10 3-641-21011-9 / 3641210119
ISBN-13 978-3-641-21011-3 / 9783641210113
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