Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt (eBook)
544 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44053-7 (ISBN)
Mhairi McFarlane wurde 1976 in Schottland geboren und muss, seit sie denken kann, die Aussprache ihres schottischen Vornamens erklären: 'Wahri'. Nach dem Studium der englischen Literatur an der Manchester University und der Arbeit als Journalistin bei der Nottingham Post beschloss sie, Autorin zu werden - gleich ihr erster Roman Wir in drei Worten war ein internationaler Erfolg. Und auch ihre folgenden Romane finden sich regelmäßig auf internationalen Bestsellerlisten wieder. Mhairi lebt mit Mann und Katze in Nottingham.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 22/2017) — Platz 20
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- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 15/2017) — Platz 7
Mhairi McFarlane wurde 1976 in Schottland geboren und muss, seit sie denken kann, die Aussprache ihres schottischen Vornamens erklären: "Wahri". Nach dem Studium der englischen Literatur an der Manchester University und der Arbeit als Journalistin bei der Nottingham Post beschloss sie, Autorin zu werden – gleich ihr erster Roman Wir in drei Worten war ein internationaler Erfolg. Und auch ihre folgenden Romane finden sich regelmäßig auf internationalen Bestsellerlisten wieder. Mhairi lebt mit Mann und Katze in Nottingham.
1
Durch das Display eines Smartphones betrachtet ist das Leben eine große Lüge. Edie stellte sich den Übertragungsprozess wie ein Schaubild im Physikunterricht vor, wie das LP-Cover von Pink Floyd – ein weißer Lichtstrahl, der in einem Prisma gebrochen wird, zersplittert und sich in einen Regenbogen auffächert.
Ich meine, wie viel Täuschung, fragte sie sich, steckt schon in diesem einen gefälligen Foto? Sie betrachtete das verführerische Trugbild auf dem etwas verschmierten Bildschirm in ihrer Handfläche, während sie sich an der Hotelbar anstellte.
Um sie herum war quirliges Leben, die chaotische, struppige verschwitzte Wirklichkeit, unterlegt mit dem Soundtrack der Supremes – Where Did Our Love Go? In diesem Stillleben hingegen war alles für immer bildbearbeitet und makellos.
Unwahrheit Nummer eins: Sie und Louis sahen aus, als seien sie total vernarrt ineinander. Um ins Bild zu passen, hatte Edie ihren Kopf auf seine Schulter gelegt. Sie wirkte kokett mit ihrem rätselhaften Lächeln. Er posierte mit einem selbstzufriedenen James-Bond-Grinsen, das sagen sollte: Hey, alles cool, nur keine Aufregung. Es war tatsächlich keine große Sache.
Sie hatten fünf Stunden in platonischer Zweisamkeit verbracht – die Hochzeitsplanerin hatte Paare angeordnet, wie auf der Arche Noah –, und jetzt gingen sie sich auf die Nerven in der Hitze und im Alkoholdunst und in Kleidern, deren Taillenbünde enger und enger wurden wie eine aufgeblasene Blutdruckmanschette.
Edies High Heels, jedenfalls hoch genug, um der besonderen Gelegenheit Rechnung zu tragen, die von Anfang an wacklig waren, aber gerade noch erträglich drückten, quälten sie mittlerweile auf bösartige, geradezu mythische Weise; sie hätte ihre Meerjungfrauenflosse hergegeben für ein Paar Aschenbrödelschuhe und die Liebe eines Prinzen.
Lüge Nummer zwei: das Arrangement. Das funkelnd-fröhliche Partygirl Edie, das durch straßenkehrerbesengroße falsche Wimpern nach oben schaut. Man konnte die obere Hälfte ihres roten Kleids erkennen, mit dem hübsch hinaufgestemmten blassen Busen und dem diszipliniert eingezogenen Bauch. Louis’ markante Wangenknochen und das gesenkte Kinn sahen noch mehr nach einem Killer mit Bret-Easton-Ellis-Methoden aus als sonst.
Das lag daran, dass sie die Kamera in Armeslänge über ihren Köpfen hielten und außerdem fünf weniger schmeichelhafte Bilder verworfen hatten, nachdem sie ausgehandelt hatten, welches das beste war. Edie hatte Tränensäcke, Louis klagte, dass er ausgemergelt wirkte, mal war ihr Blick zu aufgesetzt, mal legte sich ein Schatten unvorteilhaft über ihre Gesichter. Okay, noch eins, noch eins. Posieren, Klick, Blitz. Ein halbes Dutzend Versuche hatte schließlich den gewünschten Erfolg gebracht: Sie sahen beide gut aus, aber nicht allzu sehr so, als hätten sie sich darum bemüht, gut auszusehen.
(»Warum machen heutzutage alle immer ein Gesicht, als würden sie an einer sauren Zwetschge saugen?«, hatte sich Edies Vater gefragt, als sie das letzte Mal zu Hause gewesen war. »Wahrscheinlich, damit sie dünn aussehen und einen Schmollmund haben. Aber in Wirklichkeit sehen sie gar nicht so aus wie auf dem Bild. Schon seltsam.«)
Louis, Instagram-Profi und besonders saure Zwetschge, spielte mit dem Licht und den Kontrasten. »Jetzt retuschieren wir uns zu Tode.«
Er wählte den Filter Amaro und tauchte sie in einen märchenhaften Limonadennebel. Ihr Teint war vollkommen, die Stimmung auf Hollywood-Art verträumt. Man konnte glauben, es sei ein perfekter Moment. Du hättest (nicht) dabei sein sollen.
Und dann war da noch die Bildunterschrift, die größte Täuschung von allen. Louis tippte sie ein und ging auf Senden. »Glückwunsch Jack & Charlotte! Was für ein unglaublicher Tag! Wir freuen uns so für euch! <3 #dasperfektepaar führt sein #bestesleben.«
Das galt vor allem den übrigen Leuten bei der Agentur Ad Hoc, die sich elegant aus der Affäre gezogen hatten, weil sie den Weg von London nach Harrogate gescheut hatten. Nichts stellte Popularität derart auf den Prüfstand wie Hunderte von Meilen auf der Autobahn.
Ein Like nach dem anderen trudelte ein. »Seufz. Ihr zwei seid auch #dasperfektepaar!« Louis antwortete: »Bloß Pech, dass ich schwul bin!« Das wäre unser geringstes Problem, dachte Edie. Allen war klar, dass Louis, wenn er dir gegenüber alle anderen schlechtmachte, das Gleiche umgekehrt auch mit dir tat.
Im Übrigen hatte Louis pausenlos über die »unglaubliche« Hochzeit hergezogen. Edie fand, dass es ungefähr das Gleiche war, die Hochzeit anderer Leute zu kritisieren, wie sich über ihre Art zu essen oder ihre dicken Fußknöchel lustig zu machen. Ein guter Mensch spürte instinktiv, dass so etwas nicht anständig war.
Ich hätte erwartet, dass Charlotte sich für etwas Schlichteres entscheidet, wie Carolyn Bessette auf der Hochzeit mit JFK junior. Diese Glasperlen auf dem Kleid sind schon ein bisschen Pronuptia-mäßig. Selbst Frauen mit Geschmack scheinen durchzudrehen, wenn es ans Heiraten geht, und in Disney-Kitsch abzudriften. Ich kann diese Rosenbouquets mit dem Perlenschnickschnack und den weißen Bändern um die Stiele, die aussehen wie ein Beinstumpf mit Mullverband, nicht mehr sehen! Wenn es einmal die Frau von einem Promi gemacht hat, dann tun es alle. Und es tut mir leid, aber ich finde eine braungebrannte Braut vulgär. Argh, zwei Schlucke von diesem Gesöff, und ab damit in den Blumentopf. Ich kann es nicht ertragen, wenn Orangensaft den Billigsekt übertünchen soll. Schau dir mal den DJ an, der ist ungefähr fünfzig und trägt ein Lederblouson! Wo hat er das denn her? Ist das noch von 1983? Er sieht aus, als gehört er in eine Folge Top Gear. Wir dürfen wahrscheinlich zu Sex on Fire von den Kings of Leon abrocken, und für die Erektion sorgt Toni Braxton. Warum können Hochzeiten nie modern sein?
Das Old Swan in Harrogate war tatsächlich nicht modern, wie schon der Name nahelegte. Spannenderweise war es der Ort, an dem Agatha Christie abstieg, als sie in den zwanziger Jahren elf Tage lang verschwand, wobei vermutlich nichts Spannendes daran ist, unter geistiger Umnachtung zu leiden.
Edie liebte diesen Ort. Sie hätte nichts dagegen gehabt, sich aus ihrem Leben in eines der Zimmer mit Himmelbett zu stehlen. Jedes Detail des Old Swan war tröstlich. Die efeubewachsene Front, der robuste Eingang mit dem Säulenvorbau, die Art, wie es nach warmem Frühstück und plüschiger Geborgenheit roch.
Es war ein heißer, hochsommerlicher Tag gewesen – Haben sie nicht ein Glück mit dem Wetter, lautete die verlässliche, banale Eröffnung eines jeden Gesprächs –, und die Glastüren in der Bar öffneten sich zu dem in weiches Licht getauchten hügeligen Garten. Kinder in weiß blitzenden Westen sausten herum und spielten Flugzeug, aufgeputscht von zu viel Cola und dem Reiz, so lange aufzubleiben.
Nichtsdestoweniger war dies die schlimmste Hochzeit, auf der Edie jemals gewesen war – wenngleich aus keinem der Gründe, die Louis angeführt hatte.
Als sie an der Bar ihr Getränk orderte, stand neben ihr eine Gruppe siebzig- bis achtzigjähriger Frauen im Zwanziger-Jahre-Look. Edie vermutete, dass sie Teilnehmerinnen eines Krimiwochenendes waren – sie hatte einen Reisebus aus Scarborough gesehen.
Eine der »Verdächtigen« hatte keine Beine und saß im Rollstuhl. Sie trug Federschmuck im Haar, eine lange, geknüpfte Perlenkette und eine weiße Federboa um den Hals. Mit einem Strohhalm nuckelte sie an einem Pikkolofläschchen Prosecco. Edie hätte sie gern in den Arm genommen.
»Ach, Sie sehen aber hübsch aus«, sagte eine der Frauen zu Edie, und Edie lächelte und erwiderte: »Danke! Sie aber auch.«
»Sie erinnern mich an jemanden. Norma! Wem sieht diese wunderschöne junge Frau ähnlich?«
Edie setzte das peinlich berührte Lächeln auf, das unvermeidlich war, wenn einen eine Schar beschwipster älterer Senioren genauestens in Augenschein nahm.
»Clara Bow!«, rief eine.
»Genau!«, stimmten die anderen ein. »Ahh. Clara Bow.«
Es war nicht das erste Mal, dass Edie ein solches Kompliment erhielt. Ihr Vater sagte, sie habe ein altmodisches Gesicht. »Du siehst aus, als solltest du in einem Film in Glockenhut und Handschuhen an der Bahnstation stehen. In einem Tonfilm, versteht sich.«
(Edie fand nicht, dass sie so viel redete; ihr Vater und ihre Schwester waren einfach schweigsamer als sie.)
Sie hatte schulterlanges tiefschwarzes Haar und dicke dunkle Augenbrauen, die offensiv per Fadenzupfung in Form gebracht werden mussten, damit sie nicht allzu buschig ausfielen. Sie saßen über großen ausdrucksstarken Augen in einem herzförmigen Gesicht mit kleinem Mund.
Ein grausamer, wenn auch wortgewandter Kerl hatte ihr auf einer Party erklärt, dass sie aussah wie eine viktorianische Puppe, die von Anhängern der schwarzen Magie zum Leben erweckt worden war. Sie versuchte sich einzureden, dass es an ihrer damaligen Gruftiephase gelegen hatte, aber eigentlich war ihr bewusst, dass es immer noch zutraf, wenn sie nicht genug geschlafen hatte und einen finsteren Blick aufsetzte.
Louis hatte mal gesagt – und dabei so getan, als spreche er nicht über sie, auch wenn es beide besser wussten: »Babygesichter altern auf unvorteilhafte Weise. Deswegen ist es auch so eine Tragödie, dass Lennon anstelle von McCartney erschossen wurde.«
»Sind Sie mit Ihrem Mann hier?«, fragte eine der Frauen, als Edie den Weißwein und den Wodka Tonic entgegennahm.
»Nein, ich hab keinen Mann. Bin Single«, erwiderte Edie, und einmal mehr wurde sie...
Erscheint lt. Verlag | 31.3.2017 |
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Übersetzer | Maria Hochsieder-Belschner |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Anna Bell • Britischer Humor • buch für frauen • Dramatische Liebesgeschichte • England • Es muss wohl an dir liegen • Familie • Frauenliteratur • Freundschaft • Gabriella Engelmann • Hochzeit • Hochzeitsdrama Buch • Humor • Liebe • Liebes-Geschichte • Liebes-Roman • Liebe und Betrug • Mhairi McFarlane • Mhairi McFarlane Roman • Mobbing • Nottingham • Romane für Frauen • Roman Liebe • Roman mit Humor • romantische Literatur • Schauspieler • Selbstmord • Shitstorm • taschenbuch bestseller • Vielleicht mag ich dich morgen • Wir in 3 Worten • Wir in drei Worten • witzige liebesromane |
ISBN-10 | 3-426-44053-9 / 3426440539 |
ISBN-13 | 978-3-426-44053-7 / 9783426440537 |
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