Blutrote Provence (eBook)
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490208-1 (ISBN)
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Ein spannender Thriller!
[...] der Krimi entwickelt mit jeder Seite mehr Spannung bis zum so nicht erwarteten Ende.
3
Der Lac du Paty lag oberhalb von Caromb. Die Gemeinde hatte vor ein paar hundert Jahren beschlossen, den Fluss Brégoux aufzustauen, woraufhin ein Mathematikprofessor aus Avignon eine Mauer konstruiert hatte, die zwischen 1762 und 1764 erbaut wurde. Das Wasserreservoir sorgte dafür, dass unten im Ort Wein, Oliven, Obst und Feigen angebaut werden konnten. Insbesondere auf die Feigen bildete man sich etwas ein, vor allem auf die Sorte Noire de Caromb, um deren Produktion sich die der Bruderschaft Confrérie de la Figue Longue Noire de Caromb angeschlossenen Bauern kümmerten. Solche Bruderschaften gab es für alles Mögliche, auch für den Wein. Caromb lag im Anbaugebiet Ventoux.
Zum See gelangte man, wenn man von der Avenue Charles de Gaulle in den Chemin du Paty abbog, wo sich auch ein Hinweisschild auf den See befand. Die engen Serpentinen schlängelten sich zwischen dichtbewachsenen Felsen hinauf, bis man schließlich zu einem Parkplatz gelangte, wo es ein kleines Restaurant gab. Eher ein erweiterter Imbiss. An dem einen Ufer des Sees gab es einen aufgeschütteten Sandstrand. Auf der anderen Seite lagen die Leute auf den Felsen oder auf Kies unter Pinien. Früher, erinnerte sich Albin, hatte man auch auf der Staumauer in der Sonne gebrutzelt. Das war aber heute verboten. Vor allen an den Wochenenden kamen viele Familien her, um sich im türkisfarbenen Wasser eine Abkühlung zu verschaffen. Es wurde gepicknickt und vielleicht der eine oder andere Fisch auf den Grill gelegt, den man im See oder am Fluss geangelt hatte.
Außerdem sah man oft Touristen, denn der See hatte dafür gesorgt, dass Caromb sich nicht nur zu einem beliebten Naherholungsgebiet für die Einheimischen entwickelt hatte. Es urlaubten auch jede Menge Leute auf dem unten im Tal an der Hauptstraße Avenue Charles de Gaulle gelegenen Campingplatz Le Bouquier. Kurz vor der Einfahrt zum Campingplatz führte ein schmaler Schotterweg hinauf auf den Höhenzug, der den See einfasste. Wenn man sich nicht auskannte, würde man die Zufahrt ohne Zweifel verpassen. Lediglich ein kleines Kreuz an einer Ecke deutete darauf hin, dass es hier zur Kapelle ging.
Albin kannte sich aus und setzte den Blinker nach rechts. Sein Geländewagen rumpelte über den schmalen Schotterpfad, der zunächst an Oliven- und Feigenbaumplantagen entlangführte und schließlich durch dichten Pinienwald. Er schaltete in den zweiten Gang, als der Weg steiler wurde, und kurvte durch die Serpentinen. Nach dem zehnten Schlagloch warf er einen Blick in den Rückspiegel, um zu überprüfen, ob mit Tyson alles klar war, der es sich auf der Ladefläche auf seiner Decke bequem gemacht hatte. Die Rücklehnen der hinteren Sitze blockierten jedoch die Sicht. Andererseits beklagte Tyson sich nicht, warum sich also Sorgen machen? Außerdem hatte er reichlich Platz in dem SUV, den Albin kurz nach der Pension gekauft hatte, weil er nun Hundebesitzer war und Hundebesitzer größere Fahrzeuge benötigten. Sicher, manche fanden es übertrieben: ein SUV und ein Mops. Albin scherte sich nicht drum. Sollten die Leute doch denken, was sie wollten.
Zudem war der Wagen praktisch wegen der vielen Einkäufe. Seit er mit Veronique zusammen war, die im Ort gegenüber von Matteos Café einen Blumenladen führte, galt Albin als Stammkunde im Supermarkt und auf dem Wochenmarkt. Früher hatte er sich vor allem von Nahrung aus Dosen, der Tiefkühltruhe und von seinen heißgeliebten Fertiggerichten für die Mikrowelle ernährt. Was Veronique, die ein wenig jünger war als Albin und sich für Anfang sechzig spektakulär gehalten hatte, nicht länger tolerierte. Ihr Ziel war, Albin das Kochen beizubringen. Weswegen auf dem Beifahrersitz ein Korb mit einer Einkaufsliste lag: Heute Abend sollte es mit Spinat gefülltes Brathuhn geben, und Albin musste dazu Tomates à la Provencale beisteuern. Was ihn laut Veronique nicht überfordern würde: Man musste nur Tomaten halbieren, abtropfen lassen und an der Schnittfläche in Olivenöl anbraten. Dann gab man kleingehackte Petersilie und Knoblauch in die Pfanne sowie ein paar Löffel Semmelbrösel, füllte die Persillade zusammen mit den Tomaten in die Gratinform, und ab mit dem Ganzen in den Ofen. Na ja, Ravioli aus der Dose waren einfacher zuzubereiten, aber diese Zeiten schienen endgültig vorbei zu sein.
Nach einigen Minuten erreichte er die oberhalb des Stausees gelegene Chapelle du Paty, die ein häufiger Zielpunkt für Wanderer, Radler und Mountainbiker in der Gegend war. Heute schien sie jedoch vor allem ein Zielpunkt für Polizei- und Notarztfahrzeuge, diverse private Dienstwagen sowie einen Kombi des Rechtsmedizinischen Institutes zu sein. Sie belagerten die Kapelle geradewegs, vor deren Stirnseite pfeilgerade Zypressen in den Himmel wuchsen, um deren Stämme rotweißgestreiftes Polizeiabsperrband gezogen war. Im Schatten unter den Bäumen nahe der Kapelle sah Albin ein großes Wohnmobil und einige Kriminaltechniker in faserfreien Overalls, die damit beschäftigt waren, Koffer aus ihren Autos auszuladen.
Albin stoppte den SUV mit knirschenden Reifen und stellte den Motor aus. Er beobachtete, wie ein Mann auf den Wagen zukam und dabei eine hilflose Geste mit beiden Armen Richtung Himmel machte. Der Mann in heller Jeans, T-Shirt und Turnschuhen war ohne Zweifel Theroux, gut zu erkennen an seiner übergroßen Pilotensonnenbrille, mit der er stets wie ein Pornostar aus den Siebzigern wirkte. Seinen Dienstausweis hatte er wie eine Kette um den Hals gehängt. Zwei Streifenpolizisten kamen mit ihm, und als Albin ausstieg, hörte er Theroux sagen: »Nein, lasst mal, das ist nur Leclerc, ich kümmere mich schon darum.« Worauf die Uniformierten nickten und sich wieder entfernten.
Albin ging um den Wagen herum, öffnete die Heckklappe und hob Tyson heraus. Dann schloss er die Klappe wieder und drehte sich um.
Theroux stand direkt vor ihm und sagte: »Albin, das kann doch wohl nicht wahr sein. Kannst du nicht irgendetwas Sinnvolles tun, statt uns dauernd auf die Nerven zu gehen? Fahr mit Tyson ans Meer oder geh spazieren, oder …«
»Was ist passiert?« Albin sah zur Kapelle hin und erkannte drei auf dem Boden liegende Körper, über die Tücher gebreitet worden waren. Er sah ein Mountainbike und außerdem jede Menge getrocknetes Blut auf den hellen Steinen.
Theroux erwiderte: »Du weißt, dass du hier nichts zu suchen hast! Ich muss dich bitten …«
»Ausgerechnet am Lac du Paty! Wo du hier dauernd mit der Familie herkommst. Dann noch an der Kapelle. Den Leuten ist nichts mehr heilig.«
Theroux nickte.
»Also: Was ist passiert? Beziehungsdrama?«
Theroux trat von einem Bein aufs andere. Er blickte an Albin vorbei, seufzte schwer und starrte zu Boden. Dann sah er wieder auf und erklärte: »Drei Tote. Zwei Männer, eine Frau. Jeweils einen Schuss ins Herz und einen in den Kopf.«
»Scheiße«, sagte Albin.
Und Tyson sah aus, als nickte er.
»Wurde etwas gestohlen?«, fragte Albin.
»Scheint nicht so.«
Albin nickte verstehend. Die Frage hätte er sich sparen können. Denn das Problem war Folgendes – das wusste Theroux, das wusste Albin, und das wussten mit Sicherheit alle anderen ebenfalls: Ein Schuss ins Herz und einen in den Kopf, das wies auf eine professionelle Handschrift hin. Hier ging es um gezielte Tötungen. Bei einem stinknormalen Raubüberfall ballerte ein Täter für gewöhnlich deswegen drauflos, weil er sich den Weg freischießen musste, Widerstand brechen oder sich Respekt verschaffen. Den Kerlen ging es schließlich darum, Beute zu machen und damit abzuhauen. Von einem solchen Täter war nicht zu erwarten, dass er sich Zeit nahm, ordentlich zu zielen – wozu auch? Sein Motiv war die sogenannte Stoppwirkung, und es war ihm völlig gleichgültig, ob er jemanden tötete oder verletzte. Hauptsache, dieser Jemand blieb liegen, rief keinen an und stellte sich ihm nicht in den Weg. Schoss jedoch ein Mensch einem anderen Menschen genau ins Herz und außerdem noch in den Kopf, ging es um mehr. Dann wollte er seine Opfer hundertprozentig töten und sich außerdem doppelt absichern. Tat ein Schütze das in drei Fällen – nun, das konnte man nur als eiskalt und berechnend bezeichnen. Hier war ein Täter am Werk gewesen, der sich auskannte und mit Vorsatz gehandelt hatte. Keine Frage. Hier war es ums Töten gegangen.
»Identitäten bekannt?«, fragte Albin.
Theroux verneinte. Er zog aus der Gesäßtasche seiner Jeans eine Snack-Salami, öffnete die Verpackung und biss ein Stück ab. Tyson fing sofort an zu sabbern, bellte und starrte Theroux bettelnd an. Dieser jedoch ignorierte den Hund und erklärte: »Wir wissen noch nichts, Albin. Wir stehen ganz am Anfang. Bei den Opfern handelt es sich um zwei Männer und eine Frau. Der eine Mann ist offenbar ein Mountainbiker. Die anderen beiden waren mit dem Wohnmobil unterwegs.«
»Wer hat sie gefunden?«
Theroux seufzte und fuchtelte mit der Wurst herum. Tyson folgte jeder Bewegung mit dem Blick, zerrte an der Leine und winselte leise. »Ein anderer Mountainbiker«, erwiderte Theroux. »Jemand, der hier regelmäßig entlangfährt. Ihm fiel das Wohnmobil auf, dann die Leichen. Er hat uns verständigt.«
»Dann schauen wir uns das doch mal an«, sagte Albin.
Theroux sah Albin an, als habe er nicht mehr alle Tassen im Schrank. »Was?«
»Ich will mir das mal ansehen, rede ich Chinesisch? Hier, halt mal.« Albin streckte Theroux Tysons Leine hin. Tyson fiepte, immer noch fixiert auf die Salami.
Theroux machte ein genervtes Geräusch und ignorierte die Leine. »Hallo? Das ist ein Tatort, und du wirst ihn nicht betreten....
Erscheint lt. Verlag | 23.3.2017 |
---|---|
Reihe/Serie | Ein Fall für Commissaire Leclerc | Ein Fall für Commissaire Leclerc |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Albin Leclerc • Avignon • Bannalec • Caromb • Carpentras • Commissaire • Dupin • Ermittler • Frankreich • Frankreichkrimi • Hund • Hundekrimi • Krimi • Krimi Frankreich • Krimi-Serie • Mont Ventoux • Mops • Provence • Provencekrimi • Südfrankreich • Urlaub • Urlaubskrimi • Wein • Weinkrimi |
ISBN-10 | 3-10-490208-9 / 3104902089 |
ISBN-13 | 978-3-10-490208-1 / 9783104902081 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 4,9 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich