'Schatz, brennt da grad was an?' (eBook)

Mein Mann, seine Grillzange und ich

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
256 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-20795-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

'Schatz, brennt da grad was an?' -  Hanna Dietz
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Es ist doch immer wieder das Gleiche: Kaum ist der Winter vorbei, entwickelt der Mann unbändige Lust auf rauchgeschwängertes Fleisch. Doch während früher einfach ein paar Würstchen auf den Rost geschmissen wurden, ist Grillen heute Lifestyle und Selbstverwirklichung. Pech also, wenn der eigene Mann plötzlich zum King of Kotelett mutiert und die ganze Familie mit Diskussionen um exotische Marinaden, Grills zum Preis eines Kleinwagens und Kohle mit Whiskyaroma in den Wahnsinn treibt. Und was macht die Frau, während ihr Mann mit seinen Kumpels das teure Lendenfilet bewacht? Den ganzen schmutzigen Rest natürlich ...

Hanna Dietz, geboren 1969, arbeitet seit 1993 als freie Journalistin für Fernsehen, Hörfunk und verschiedene Zeitschriften und veröffentlichte mehrere erfolgreiche Romane. Sie lebt mit ihrer Familie in Bonn. 'Echte Songs und falsche Küsse' ist ihr erster Jugendroman.




ENTFLAMMTE FRÜHLINGSGEFÜHLE

Die Grillsaison geht los!

Der Frühling hält Einzug. Das kann ich nicht nur an den knospenden Forsythien erkennen, die ihre gelben Blüten langsam öffnen, sondern vor allem am Aktivitätsgrad meines Mannes. Er ist ein bisschen wie ein Braunbär – im Winter hält er sich am liebsten in seiner warmen Höhle auf und döst vor sich hin. Doch sobald die Temperaturen steigen und es wieder länger hell ist, wird er unruhig, und sein Interesse an der Außenwelt erwacht. Ich ertappe ihn dabei, wie er am Fenster steht und in den Himmel blickt. Oder auf die Terrasse geht und in den Garten starrt. Und ich weiß, es dauert nicht mehr lange. An einem Mittwoch im März ist es so weit.

»Am Wochenende wird die Grillsaison eröffnet«, verkündet mein Mann und reibt sich die Hände. »Ahhh. Das wird toll!«

Die Kinder sind natürlich sofort Feuer und Flamme und schreien: »Jaaa! Grillen!«

Und ich lächele und denke, na gut, dann geht das wieder los. Auf unsere Notiztafel in der Küche notiert mein Mann unter der Rubrik Einkaufen:

Ich schreibe noch dazu:

Salat.

Am Samstagmorgen ist mein Mann aufgeregt wie ein Junge vor seinem zehnten Geburtstag. Wir zerren den Grill aus der Garage. Die erste Ernüchterung folgt. Irgendwie ist nach dem letzten Barbecue im vergangenen Jahr keiner auf die Idee gekommen, ihn sauber zu machen. Mit »keiner« meine ich natürlich meinen Mann. Der wirft einen kurzen Blick auf das versiffte Gerät und gibt bekannt: »Wir kaufen einen neuen.«

»Was?«, rege ich mich auf. »Natürlich kaufen wir keinen neuen. Das ist doch reine Geldverschwendung! Der müsste nur mal poliert werden.«

»Ich fass das Ding nicht an«, stellt er fest.

Wir stehen einen Moment unschlüssig vor dem Grill. Der Boden ist ascheverkrustet, und an dem Rost kleben verkokelte Fetzen Tierreste. Gammeldörrfleisch.

»Hast du nicht immer gesagt, das Tolle am Grillen ist, dass sich der Rost von alleine durch Abbrennen reinigt?«, frage ich.

»Stimmt«, fällt es ihm wieder ein. »Wir müssen ihn nur heiß genug machen.« Schon zieht er den Grill ans Ende des Gartens und schüttet reichlich Grillkohle und noch reichlicher Grillanzünder drauf. Kurz darauf meint man, bei uns im Garten stünde der Vesuv unmittelbar vor dem Ausbruch.

»Was macht ihr denn da?« Unser Nachbar zur Rechten, Herr Lubitz, steckt missmutig den Kopf durch den Kirschlorbeer. »Sendet ihr Rauchzeichen nach Alaska?«

»Wir reinigen den Grill«, informiert mein Mann sachlich und stochert mit einem Stock in dem Schwelbrand, so dass die Funken fliegen.

»Und ich dachte schon, ihr wollt das Wohnviertel ausräuchern«, brummt der Nachbar.

»Das geht gleich vorbei, Herr Lubitz«, sage ich eifrig. »Und dann werden die ersten Würstchen des Jahres gegrillt.« Ich gebe mir einen Ruck und frage: »Vielleicht wollen Sie ja auch eines?«

Die typische Nachbarschaftsbeschwichtigungstaktik: Regt sich einer über Lärm oder Grillgestank auf, lädt man ihn ein, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, in der sicheren Annahme, dass niemand so dreist ist, in eine fremde Runde reinzuplatzen. Wo doch jedem sonnenklar ist, dass man ihn schon längst eingeladen hätte, wenn man ihn denn wirklich dabeihaben wollte.

Mein Mann wirft mir sogleich einen strafenden Blick zu. Er hat seine persönliche Meinung zu Herrn Lubitz, dem stolzen Besitzer eines Laubsaugers, eines Häckslers, eines infernalisch lauten benzinbetriebenen Rasenmähers und diverser Heckenscheren, die er alle bevorzugt am Samstagmorgen um acht Uhr in Betrieb nimmt. Mein Mann ist nämlich sehr sensibel. Zumindest, wenn es um das Ausschlafen am Wochenende geht.

Als Antwort auf meine halbherzige Einladung kneift Herr Lubitz die Augen zusammen und beäugt misstrauisch, wie mein Mann den Rost auflegt.

»Die Flammen brennen jetzt alles weg«, prophezeit der und wirft noch eine Handvoll Grillanzünderklumpen dazu. Durch den Qualm riecht es chemisch.

»Also, Leute«, sagt Herr Lubitz. »Ich will mich ja nicht einmischen …« – jetzt bin ich es, die die Augen verdreht. Heimlich, natürlich. Herr Lubitz will sich nämlich nie einmischen, wenn er einem ungefragt Ratschläge zum korrekten Platzieren der Mülltonnen und der gesetzeskonformen Beseitigung des Herbstlaubs vom Bürgersteig erteilt – »… aber das ist eine Zumutung.« Sein Kopf verschwindet hinter dem Kirschlorbeer.

»Was macht er denn jetzt?«, frage ich ängstlich. »Meinst du, er holt die Polizei?«

»Ach was«, sagt mein Mann. »Der holt jetzt seine Frau und seine Enkel, und dann kommen die rüber und fressen uns die Würstchen weg. Das macht er.« Mein Mann hat auch eine persönliche Meinung zu meinem Hang zu voreiligen Einladungen und übereifrigen Entschuldigungen.

»Blödsinn«, sage ich und versuche, es überzeugend klingen zu lassen. »Jeder weiß, dass so eine Einladung nur eine leere Geste ist.« Mein Mann fixiert den rauchenden Glutberg. »Oder?«, setze ich nach. »Das weiß doch wirklich jeder.«

»Kommt auf den Grad des Taktgefühls an«, antwortet mein Mann mysteriös. »Und das ist ja nun lange nicht bei jedem vorhanden.«

Mist. Ich sehe schon vor mir, wie der mürrische Herr Lubitz samt seiner Gattin, einer selbstherrlichen Rosenaufzuchtsmissionarin, unsere Bratwurstschnecken vertilgt und nebenbei einen Unkrautstatus unseres Gartens erstellt.

»Wann sind die Würstchen endlich fertig?«, fragt Sohnemann.

»Das dauert noch«, sage ich nervös.

»Darf ich auch mal?«, fragt Töchterchen, die sich schon mit einem Stock bewaffnet hat, um in der Schale rumzustochern.

Mein Mann lässt sie ran, und gemeinsam verwüsten sie das bisschen gleichmäßige Glut, das sich gerade gebildet hat. Eine weitere Qualmwolke steigt auf. Ich überlege fieberhaft, ob ich nicht aus Versehen einen Eimer Sand auf den Grill schütten soll, damit das Elend ein Ende hat. Da erschreckt mich die Stimme von Herrn Lubitz. Dankenswerterweise befindet er sich noch auf der richtigen Seite des Zauns – auf seiner.

»Hier«, sagt er und reicht eine Drahtbürste durch den Maschendraht. »Versuchen Sie es mal damit.« Ich nehme die Bürste und leite sie an meinen Mann weiter. »Damit können Sie den Rost schrubben«, empfiehlt Herr Lubitz. »Vielleicht geht es dann schneller vorbei.« Er deutet auf den stinkenden Qualm.

»Danke«, sage ich verblüfft. Er nickt und zieht sich in seinen Garten zurück. »Das war ja nett«, sage ich zu meinem Mann. »Oder, war das nicht nett?« Die Erleichterung darüber, dass Herr Lubitz nicht ausgehungert auf der Matte steht, lässt mich befreit auflachen. Mein Mann nickt knapp und fängt an, mit der Bürste über den Rost zu schrubben. Leider ist das verdammte Gammeldörrfleisch aber nicht nur extrem fest angebacken, sondern auch total schmierig. Die Drahtbürste, die eben noch silbern blitzte, ist schon nach wenigen Sekunden schwarz verklebt.

»Mist«, keucht mein Mann. »Ich glaube, der Grill ist noch nicht heiß genug.« Er will schon wieder nach der Kohle greifen, da stöhne ich resigniert: »Lass mal.« Mit unserer ollen Grillzange, an der noch diverse Spuren vergangener Grillfeste haften, klaube ich den Rost vom Grill und lasse ihn zum Abkühlen auf den Rasen fallen. Dann nehme ich meinem Mann die Bürste ab und gehe mit grimmiger Entschlossenheit samt dem ganzen besudelten Plunder in die Küche. Wenn alles nichts hilft, muss Stahlwolle ran.

Nachdem ich erst den Grillrost, dann die Drahtbürste und anschließend die Spüle sowie meine Hände von den pech- und schwefelartigen Barbecue-Überresten befreit und eine Ladung Handtücher und Wischlappen in die Waschmaschine gestopft habe, gehe ich mit dem einsatzbereiten Rost wieder in den Garten. »Tatatataaa«, mache ich verheißungsvoll. Und gerate für einen Moment ins Taumeln. Meine Familie sitzt friedlich vor dem leise rauchenden Grill. In der Hand halten sie Stöcke, auf die sie die Würstchen gesteckt haben.

»Guck mal, Mama«, kräht Töchterchen fröhlich. »Wir machen Würstchen am Spieß!«

»Das hat so lange gedauert mit dem Putzen«, sagt mein Mann. »Da sind wir auf die Idee mit den Stöcken gekommen. Genial, oder?«

Diesmal enthalte ich mich einer Antwort, weil mir auf die Schnelle so gar nichts Diplomatisches einfallen will, wie zum Beispiel: Warum um alles in der Welt seid ihr nicht FRÜHER darauf gekommen? Und warum zum Geier hat mir niemand Bescheid gesagt?

»Kannst du Teig für Stockbrot machen?«, fragt Sohnemann.

»Lass die Mama sich erst mal ausruhen«, sagt mein Mann generös. »Haben wir eigentlich noch Ketchup?«

»Natürlich haben wir noch Ketchup«, sage ich und widerstehe dem Impuls, in die Küche zu laufen und welches zu holen. Ist zum Glück auch nicht nötig, denn mein Mann verkündet: »Halt mal meinen Stock, ich mach das.«

»Kannst du auch meinen halten?«, fragt Töchterchen. »Ich will klettern.« Schwupps, habe ich zwei Stöcke in der Hand. Aus den Würstchen tropft Fett in die Glut. Flammen züngeln auf. Der Rauch weht genau zu mir. Natürlich weht er genau zu mir.

»Ich muss mal«, sagt Sohnemann und drückt mir Stock Nummer drei in die Hand. Ich fühle mich jetzt schon verkohlt.

Doch dann kommt mein Mann mit einem kühlen Bier und den vom Frühstück übrig gebliebenen Brötchen zurück, die die Kinder klaglos als Stockbrotersatz nehmen, Herr Lubitz lässt sich nicht mehr blicken, dafür scheint die Sonne richtig warm, die Vöglein zwitschern, und unser erster...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte eBooks • Frau • Grill • Grill-Bibel • Grillen • Griller • Grillparty • Grillsaison • Humor • Kleine Geschenke • Kochbuch • Kochbücher • Kochen • Kommunikation • lustig • lustige • Mann • Österreich • Schweiz
ISBN-10 3-641-20795-9 / 3641207959
ISBN-13 978-3-641-20795-3 / 9783641207953
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