Wiedersehen in Stormy Meadows (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
352 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98339-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wiedersehen in Stormy Meadows -  Sarah Harvey
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Nach nur sechs Monaten Ehe verliert Natalie Forrester die Liebe ihres Lebens bei einem Autounfall und ist am Boden zerstört.. Doch nicht nur in ihrem Leben ist eine nicht zu füllende Lücke entstanden - auch Cassie, die Tochter ihres verstorbenen Mannes, hat jede Orientierung verloren. Als sie eines Tages von der Schule fliegt, nimmt Natalie sie mit nach Cornwall auf die Farm ihrer Mutter Laura. Damit schließt sich der Kreis der generationenübergreifenden Konflikte, denn Natalie hat mit Laura noch ein paar alte Rechnungen offen ...

Sarah Harvey, geboren 1969, lebte viele Jahre in einem alten Herrensitz in Cornwall. Vor Kurzem ist sie wieder zurück in ihre Heimat Northhampton gezogen, wo sie heute gemeinsam mit ihren Hunden in einem Cottage wohnt. Mit ihren atmosphärischen Romanen, die häufig den Schauplatz Cornwall haben, feiert sie seit vielen Jahren große internationale Erfolge.

Sarah Harvey, geboren 1969, lebte viele Jahre in einem alten Herrensitz in Cornwall. Vor Kurzem ist sie wieder zurück in ihre Heimat Northhampton gezogen, wo sie heute gemeinsam mit ihren Hunden in einem Cottage wohnt. Mit ihren atmosphärischen Romanen, die häufig den Schauplatz Cornwall haben, feiert sie seit vielen Jahren große internationale Erfolge.

2


Am letzten Novembertag machen wir uns auf den Weg nach Stormy Meadows. Zu meiner Erleichterung verbringt Cassie den größten Teil der Fahrt schlafend. Sie wacht erst auf, als wir über das Bodmin Moor fahren, betrachtet mit sichtlichem Schaudern die eintönige, verregnete Landschaft und schließt die Augen wieder, aber nicht, um weiterzuschlafen, sondern um ein mögliches Gespräch zu vermeiden.

Es ist ermüdend, endlos durch graue Regenschauer zu fahren. Ich kann kaum etwas sehen. Nicht weil der Regen an sich so stark wäre, sondern weil die Autos vor mir ganze Wasserladungen auf die Windschutzscheibe schleudern. Die Scheibenwischer sind zwar hilfreich, aber ihr monotones Hin und Her wirkt einschläfernd.

Ich halte an einem Little Chef an der A30, weil ich unbedingt Koffein brauche. Drinnen lassen Cassie und ich uns auf roten Plastiksitzen nieder und schauen durch ein Fenster mit bonbonfarbenen Vorhängen auf das mit braunem Farn bewachsene Moor hinaus. Tapfer schlürfe ich drei Tassen Kaffee mit zu viel Milch, während Cas den Rand eines Burgers abknabbert. Dabei dreht sie ihn langsam mit beiden Händen vor dem Mund, als wäre er ein Zahnrad in einer komplizierten Maschine.

Ich weiß nicht, ob sie schlichtweg nicht hungrig ist oder ob sie das tut, um mich zu ärgern. Schließlich lasse ich sie an dem grauen Resopaltisch sitzen und reihe mich in die Schlange der nassen, müden Reisenden ein, die ihre Rechnung bezahlen wollen. Nachsichtig lächle ich über das alte Paar im Regenmantel-Partnerlook vor mir in der Schlange. Die beiden haben schon Händchen gehalten, als sie gemeinsam einen Kirschpfannkuchen verzehrten. Auch jetzt lässt der Mann, als er mit der freien Hand mühsam nach der Geldbörse in seiner Gesäßtasche greift, die dürren Finger seiner Frau nicht los.

Cassie lässt ihren angenagten Burger liegen und begibt sich zur Toilette, um sich frisch zu machen. Ihre Haare sind wieder ein wenig gewachsen und schmeicheln ihrem Gesicht. Für eigenhändig geschnittenes Haar steht ihr diese Frisur erstaunlich gut. Vielleicht bedauert sie ja selbst ein wenig, dass sie sich von ihren langen Haaren getrennt hat, auch wenn sie das mir gegenüber niemals zugeben würde.

Als wir uns Land’s End nähern, hört der Regen endlich auf. Die dunkle Wolkendecke über uns reißt auf, und ein schwacher Sonnenstrahl fällt wie ein langer goldener Pfad über das weite Land vor uns.

Stormy Meadows liegt zwischen Land’s End und Cape Cornwall. Eine etwa acht Hektar große Flickendecke aus Wiesen und Feldern gehört dazu, die im Nordwesten vom Atlantik begrenzt wird. Als wir die hohen weißen Windräder erreichen, die den Wind vom Atlantik zur Stromerzeugung nutzen, weiß ich, dass wir fast da sind. Schon allein ihr Anblick verstärkt die Beklommenheit, die sich in meinem Magen eingenistet hat.

Cassie schläft wieder, als ich schließlich von der schmalen Landstraße auf den holprigen Weg abbiege, der sich nach Stormy Meadows hinabschlängelt.

Plötzlich taucht ein Vorderrad tief in ein Schlagloch, und sie wird unsanft wachgerüttelt. Verärgert sieht sie sich um.

»Wo sind wir hier?«, krächzt sie.

»Wir sind da.«

»Wo da?«

»Am Ende der Welt«, antworte ich trocken.

Meine Mutter erwartet uns an dem Gattertor vor der Einfahrt zum Hof. Wieder einmal staune ich, denn ganz gleich, wie lange wir uns nicht gesehen haben, sie scheint sich nicht zu verändern. Früher war sie für mich die schönste Frau der Welt. In den 1970er-Jahren, als die Modewelt von hässlichen Schlaghosen und Kaftanen bestimmt war, ignorierte meine Mutter den letzten Schrei und kleidete sich, in meinen Kinderaugen jedenfalls, wie ein Filmstar. Wie Ava Gardner oder Katharine Hepburn trug sie frauliche Kleider mit betonter Taille und wehenden Röcken und dazu Schuhe, die in unser Leben in London gepasst hätten, nicht aber auf einen Bauernhof. Klassisch und elegant.

Inzwischen ist Laura etwas üppiger geworden, aber sie ist so schick wie eh und je. Ihre karamellblonden Haare fallen ihr in weichen Wellen bis fast auf die Schulter. Sie trägt eine graue Wollhose mit Gürtel, dazu Gummistiefel und einen purpurroten, eng anliegenden Rollkragenpulli. Ihre Hände stecken in ledernen Reithandschuhen, und ihre purpurroten Lippen sind perfekt geschminkt. Ein hübscher schwarz-weißer Border Collie klebt an ihrem linken Bein und folgt ihr still überallhin.

Als Laura den Wagen sieht, winkt sie aufgeregt. Sie lächelt, öffnet das Tor und schließt es dann hinter uns wieder. Ich halte vor dem Wohnhaus, das rechts an dem gepflasterten Hofplatz steht.

Bei dem Farmhaus handelt es sich um ein lang gestrecktes, schiefergraues Gebäude mit einer Haustür genau in der Mitte. Wie bei einem Haus auf einer Kinderzeichnung sitzen die Fenster im ersten Stock so dicht unter dem tief herabgezogenen Dach, dass sie wie viereckige Augen wirken, die unter langen Ponyfransen hervorblinzeln.

Trotz der Jahreszeit ist der Hof voller Blumen. Alles, was eine Vertiefung aufweist, wurde bepflanzt – von einem alten Spülstein, der auf Ziegelsteinen ruht, über große Holzwannen mit üppig blühendem gelben Winterjasmin bis hin zu normalen Blumenkästen und unkonventionellen Blumenampeln, die anscheinend aus alten Körben hergestellt wurden.

Neben der Haustür drängt sich rosa und weiß blühender Schneeball in einer alten Blechbadewanne. Um die Tür und das Küchenfenster herum rankt eine Winterklematis. Ihre gesprenkelten cremeweißen Blüten klopfen, von einer leichten Brise bewegt, sanft gegen die Scheiben. Nur der Wassertrog am Ende des Pferdestalls auf der anderen Seite des Hofplatzes wurde nicht bepflanzt. Im Moment schwimmt eine einsame Wildente darin, ein hübscher Erpel mit dunkelgrünem Halsband. Die Hühner leben in einem mit Maschendraht umzäunten Auslauf, gleich neben einem Gehege mit drei großen, fetten Gänsen.

»Hallo, da seid ihr ja!« Laura steht auf der Beifahrerseite und begrüßt uns freundlich. »Wie war die Fahrt? Hoffentlich war es auf der A30 nicht zu schlimm. Gestern hat es da einen bösen Unfall gegeben, und sie haben anscheinend ewig gebraucht, um die Straße wieder frei zu machen.«

Sie öffnet Cassie die Tür. »Hallo, Cassie. Willkommen auf Stormy Meadows.«

Cas steigt vorsichtig aus. Mit spöttischer Miene betrachtet sie das nasse Kopfsteinpflaster und das unterschiedliche Getier, ohne meine Mutter weiter zu beachten. Aber zum Glück ist Laura zu beschäftigt, um das zu bemerken. Sie kommt auf meine Seite herüber. »Willkommen zu Hause, Nattie«, sagt sie ein wenig zögernd, als ich in den leichten Nieselregen aussteige.

Ich reagiere darauf mit einem halbherzigen Lächeln, denn im Moment weiß ich nicht, wo mein Zuhause ist.

Laura nimmt mich in die Arme, hüllt mich in weiche Kaschmirwolle. Sie riecht nach Chanel. Als sie wieder zurücktritt, hängen feine purpurrote Härchen auf meinem schwarzen Pullover.

Ihr Lächeln ist jetzt ein wenig verrutscht. Sie ist erschrocken, wie sehr ich seit unserer letzten Begegnung abgenommen habe, das sehe ich an ihrem Blick. Meine dicke Kleidung hatte das vertuscht, aber bei unserer Umarmung konnte sie spüren, dass ich nur noch Haut und Knochen bin. Sie betrachtet eingehend mein Gesicht und bemerkt die stärker hervortretenden Wangenknochen und die neuen Höhlungen zwischen Schläfen und Augen.

»Bestimmt lechzt ihr beide nach einer Tasse Tee, und vielleicht möchtet ihr einen Happen essen«, sagt sie schließlich, als wolle sie sofort anfangen, uns zu mästen.

Ich schüttle den Kopf. »Wir haben unterwegs angehalten.«

»Dann bringen wir jetzt eure Sachen in die Küche und zeigen Cas den Hof, ja? Ich möchte euch die ganze Rasselbande vorstellen.« Wir holen unser Gepäck aus dem Kofferraum und folgen Laura schweigend ins Haus. Die Küche riecht nach heißem, süßem Tee, nach Zimt, Orangen und Wärme. Der Raum ist groß und niedrig. Beleuchtet und geheizt wird er von einem Feuer, das in dem riesigen Kamin vor sich hin lodert.

Ich tauche unter dem niedrigen Türsturz hindurch, obwohl ich weiß, dass ich auch aufrecht noch fast zehn Zentimeter Platz hätte. Vielleicht habe ich das Gefühl, ich wäre nicht nur erwachsen geworden, sondern auch noch gewachsen, seit ich hier gewohnt habe.

Es ist so eigenartig, wieder hier zu sein. Beinahe kommen mir die Tränen. Aber zurzeit habe ich ohnehin nah am Wasser gebaut und bin empfindlicher als je zuvor. Ich verachte mich für diese Schwäche. Also hole ich tief Luft und sehe mich um, bemühe mich, in der vertrauten Umgebung Beruhigung und nicht Ablehnung zu finden.

Die Küche wird beherrscht von dem ungeheuren Kamin, einem geschrubbten Holztisch, an dem zehn Personen Platz haben, und einem Ungetüm von Küchenschrank, der alles beherbergt, was man im Leben so braucht, von Sicherheitsnadeln über Pflaster, Tesafilm und Briefumschlägen bis hin zu Modezeitschriften und Früchtekuchen.

An den in einem dunklen Goldton gestrichenen Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotos. Viele. Ich kann mich nicht entsinnen, dass sie bei meinem letzten Besuch schon hier gehangen hätten, aber schließlich ist das auch schon fast drei Jahre her.

Meine Mutter bemerkt mein Staunen. »Ich habe oben auf dem Boden aufgeräumt. Die Fotos habe ich alle in einem Album ganz unten in einer Truhe gefunden, und da dachte ich, dass sie hier unten, wo ich sie sehen kann, besser aufgehoben sind.«

Cas betrachtet gerade einen Schnappschuss von einer Gruppe Menschen auf einer Theaterbühne. Sie haben sich untergehakt und strahlen, als würden sie etwas feiern.

Zum ersten Mal zeigt das...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2017
Übersetzer Marieke Heimburger, Sabine Schulte
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Familiengeschichte • Frauenunterhaltung • Große Liebe • Mutter und Tochter • Romantik • Rosamunde Pilcher • Weihnachten • Witwe
ISBN-10 3-492-98339-1 / 3492983391
ISBN-13 978-3-492-98339-6 / 9783492983396
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