So groß wie deine Träume (eBook)

Roman
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2017 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490431-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

So groß wie deine Träume -  Viola Shipman
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Hoffnung ist das größte Geschenk. Der neue Roman der Erfolgsautorin Viola Shipman. ?So groß wie deine Träume? ist eine hochemotionale, tief berührende Geschichte über drei Menschen, die neuen Mut schöpfen und ihrem Leben Sinn geben, indem sie füreinander da sind. Im Alter von zehn Jahren bekommt Mattie eine Truhe geschenkt, um darin alles zu sammeln, was sie als Erwachsene an ihre Familie erinnern würde: ihre geliebte Stoffpuppe, glitzernder Christbaumschmuck, eine Vase ihrer Mutter, und vieles mehr. Jahrzehnte später: Mattie ist inzwischen schwer erkrankt, ihr Mann Don sorgt sich sehr um sie und stellt Rose, eine junge, alleinerziehende Mutter, als Pflegerin ein. Rose stößt auf die verstaubte, vergessene Truhe und bringt sie Mattie. Nach und nach erzählt Mattie ihr die Geschichten und Geheimnisse, die sich um die Familienerbstücke ranken. Rose erkennt, was sie tun kann, um Mattie und Don zu helfen, in ihrem letzten gemeinsamen Jahr füreinander da zu sein.

Viola Shipman arbeitet regelmäßig für People.com, Entertainment Weekly und öffentliche Rundfunkprogramme. Ihre Romane »Für immer in deinem Herzen«, »So groß wie deine Träume«, »Weil es dir Glück bringt« und »Ein Cottage für deinen Sommer« waren sofort Bestseller. Viola Shipman schreibt im Sommer in einem Ferienort, inspiriert von der grandiosen Kulisse des Michigansees.

Viola Shipman arbeitet regelmäßig für People.com, Entertainment Weekly und öffentliche Rundfunkprogramme. Ihre Romane »Für immer in deinem Herzen«, »So groß wie deine Träume«, »Weil es dir Glück bringt« und »Ein Cottage für deinen Sommer« waren sofort Bestseller. Viola Shipman schreibt im Sommer in einem Ferienort, inspiriert von der grandiosen Kulisse des Michigansees. Anita Nirschl studierte Englische, Amerikanische und Spanische Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit 2007 arbeitet sie als freie Übersetzerin und hat zahlreiche Romane ins Deutsche übertragen.

Nostalgisch, herzergreifend und perfekt für einen gemütlichen Nachmittag auf dem Balkon.

voller Wärme und Hoffnung

Der anrührende Roman spart nicht mit Gefühlen und lässt mitempfinden und mitleiden. Zum Weinen schön und gefühlig.

2


Februar 2011

Rose betrachtete ihre schlafende Tochter, die ihren pummeligen Babykörper an die geliebte Puppe schmiegte.

Im Schlaf nuckelte sie unbewusst an der Hand der Stoffpuppe, etwas, das Rose als kleines Kind mit genau dieser Puppe auch gemacht hatte, wie ihre Mutter ihr erzählt hatte.

Rose streckte die Hand aus, um die daunenweichen rötlichen Locken zu streicheln, die wie kleine Wellen über den Kopf ihrer Tochter fielen, hielt sich jedoch im letzten Moment zurück, ließ den Kopf sinken und weinte.

Ich habe alles. Und ich habe nichts.

Innerhalb von zwei kurzen Jahren hatte sich Rose’ Leben völlig auf den Kopf gestellt. Sie hatte die Schule verlassen, ihren Freund geheiratet, war schwanger geworden, hatte sich scheiden lassen, ein Baby bekommen und ihre Mutter verloren.

In der Ferne läuteten die Glocken der benachbarten Kirche, und Rose musste an den Tag denken, an dem sie Ray Rhodes geheiratet hatte.

»Ich höre heute keine fröhlichen Hochzeitsglocken läuten«, hatte ihre Mutter am Tag von Rose’ Hochzeit gesagt. »Ich höre nur Alarmglocken.«

Sie hat natürlich recht gehabt, dachte Rose. Mit allem. Die Kirchenglocken hallten durch ihr winziges Zuhause und ließen das alte, wellige Glas in den Fensterrahmen des Hauses, in dem sie aufgewachsen war, vibrieren. Sie sah sich im Kinderzimmer um, das einst ihr eigenes Kinderzimmer gewesen war, und betrachtete die winzigen gelben Entchen, die fröhlich in Gummistiefeln auf der Bordüre entlangmarschierten, die die Wände des Zimmers säumte.

Fröhlich, dachte Rose, während sie auf die lächelnden Schnäbel starrte. Was ist das?

Sie wippte mit ihrem Schaukelstuhl nach vorn und wand vorsichtig die Raggedy-Ann-Puppe unter dem Körper ihrer Tochter hervor.

Ich muss aussehen wie der Grinch, als er den Kindern von Whoville alle Weihnachtsgeschenke gestohlen hat. Sie stibitzte die Puppe aus der Wiege, ohne Jeri aufzuwecken.

Rose schlang die Arme um die winzige Puppe und drückte sie an sich. Raggedy Ann war durch Jahre des Spielens und Waschens verblasst, das Rot ihrer dreieckigen Nase, der Haare aus Wollfäden, des karierten Oberteils und der gestreiften Beine nun eher rosa.

»Das Leben dreht uns ganz schön durch die Mangel, was?«, flüsterte Rose der Puppe zu. Mit ein wenig Nachhilfe von Rose nickte Raggedy Ann zustimmend mit dem Kopf.

Rose sah der Puppe in die Augen. Ann hatte zwei unterschiedliche Knopfaugen, eins war der ursprüngliche schwarze Plastikkreis, das andere ein kleiner blauer Knopf von …

Ein Schluchzen stieg tief aus Rose’ Innern auf, und sie schlug sich die Hand vor den Mund, um Jeri nicht aufzuwecken.

O Mom. Du fehlst mir.

Ich hasse Krebs, sagte sie in Gedanken zu der Puppe, die ihr ursprüngliches Auge eingebüßt hatte, als Rose es – von Kummer überwältigt – während der Krankheit ihrer Mutter nervös abgedreht und verloren hatte. Sie hatte den neuen Knopf von der Rückseite des blauen Osterkleids ihrer Mutter abgetrennt, als sie es für die Beerdigung ausgesucht hatte, und ihn der Puppe angenäht, um einen Teil ihrer Mutter für immer bei sich zu behalten.

Krebs hat mir meine Eltern und Jeri ihre Großeltern genommen. Ich bin zu jung, um keine Familie mehr zu haben.

»Ich liebe Blau!«, hatte ihre Mutter jedes Ostern fröhlich erklärt, wenn sie zu der steinernen Kirche auf dem Hügel in Saugatuck gegangen waren, ob bei Regen, Schnee oder Sonnenschein. »Blauer Frühlingshimmel, Blaumeisen, blühende Glockenblumen und blaue Schlumpfeiscreme. Blauer Himmel voraus!«

Rose lachte stets über den Optimismus ihrer Mutter, denn das Osterwetter in Michigan war bestenfalls fragwürdig. Aber ganz egal, wie das Wetter war, ihre Mutter gab ihr das Gefühl, sicher, glücklich und voller Hoffnung zu sein.

»Ich habe keine Zukunft ohne dich, Mom«, sagte Rose zu Dora in deren letzten Tagen, als ihre Mutter nichts anderes mehr tun wollte, als ihre neugeborene Enkeltochter im Arm zu halten und zu schlafen.

»Nein«, antwortete Dora eines Morgens, bevor sie in ein Koma fiel, aus dem sie nicht wieder erwachen sollte. »Du hast einfach nur keinen Plan B mehr.«

An jenem Morgen klopfte Dora auf die Kante des Krankenhausbettes, damit ihre Tochter herkam und sich zu ihr setzte. »Du bist so eine wunderbare Mutter und Tochter. Und du kümmerst dich so großartig um mich. Du bist weder hilflos noch hoffnungslos. Du hast einfach nur Angst.«

Mit Eindringlichkeit fuhr sie fort: »Nimm etwas von meiner Kraft, um weiterzukommen, und etwas von der Kraft deiner Tochter. Du solltest Krankenschwester werden. Das ist deine Berufung. Geh wieder zur Schule.«

Dora hielt inne und küsste Jeri auf den Kopf. »Und vergiss nie«, sagte sie mit zitternder Stimme, »dass die Welt immer voller Hoffnung und Möglichkeiten ist, einfach nur, weil dieser kostbare Engel nun in ihr ist.«

Der Februarwind rüttelte an den Fensterrahmen und riss Rose aus ihren Gedanken. Sie schaute nach draußen. Es war zehn Uhr vormittags, aber es hätte genauso gut Mitternacht sein können: Der Himmel über Saugatuck war schwarz, und der für die Gegend um den Michigansee typische Lake-Effect-Schnee kam in heftigen Schüben jede halbe Stunde herunter. Im Moment konnte Rose nicht einmal die Silhouette eines Baumes im Garten der Nachbarn erkennen. Das kleine Häuschen ächzte im Sturm.

Rose erschauderte. Es war ein Tag genau wie dieser gewesen, als sie aus diesem Haus ausgezogen war.

»Du wirst dieses Ding doch nicht etwa mitnehmen, oder?«, hatte Ray Rhodes seine frisch angetraute Ehefrau gefragt, während diese die Puppe an ihren schwangeren Bauch gedrückt und zu ihrer Mutter hinübergesehen hatte. »Wir haben nur eine winzige Wohnung.«

»Und ob sie die Puppe mitnimmt«, hatte Dora erwidert. »Sie hat mir gehört, als ich ein kleines Mädchen war, dann Rose, als die ein kleines Mädchen war, und eines Tages wird sie eurem kleinen Mädchen gehören.«

»Puppen«, hatte Ray verächtlich geschnaubt. »Mädchen.«

»Mom«, sagte Rose beschwichtigend. »Bitte. Nicht.«

»Ich bezahle für diese Wohnung.« Doras Worte waren so eisig wie das Winterwetter, das draußen tobte. »Ich denke, darin wird Platz für die Puppe und drei Mädchen sein, du etwa nicht? Wenn man bedenkt, dass ich ständig dort sein werde.«

Wütend stürmte Ray aus dem Haus der Hoffs und hinein in den wirbelnden Schnee draußen.

Warum wollte ich nicht hören, dachte Rose. Warum habe ich geglaubt, er würde sich ändern? Ray und Rose Rhodes. Ich glaubte, wir würden perfekt zusammenpassen. Warum war ich so eine Idiotin?

Wieder erschauderte Rose und bemerkte, dass sie immer noch im Kinderzimmer ihrer Tochter saß. Sie stand auf und warf einen prüfenden Blick auf das Thermometer.

Sechzehn Grad. Und dabei lief die Heizung ununterbrochen.

Kurz überlegte Rose, sie eine Stufe hochzudrehen, tat es jedoch nicht, als sie an all die fälligen Rechnungen dachte.

Ray würde uns nicht helfen, dachte sie, selbst wenn ich wüsste, wo er steckt und er etwas Geld übrig hätte.

Rose war froh, das Haus ihrer Mutter zu haben – und dass sie nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen hatte. Doch jetzt brauchte sie einen Job, um die restliche Hypothek, die Nebenkosten und Steuern zu zahlen. Das kleine Erbe ihrer Eltern schmolz bereits dahin.

Ich habe ein Kind. Ich kann nicht einfach wieder zur Schule gehen. Ich brauche ein Einkommen.

Jeri begann sich zu regen, und Rose ging zurück ins Kinderzimmer, nahm eine Decke und warf sie sich über die Schultern, immer noch die Puppe im Arm.

Draußen vor dem Fenster erschien ein schmaler Streifen blauen Himmels – eine Eigenart der Lake-Effect-Schneemaschinerie. Es konnte ein regelrechter Schneesturm toben und trotzdem sonnig sein.

Mom? Versuchst du mir etwas zu sagen?

Rose ging hinüber zu einer alten Kommode mit vielen Schubladen. Die Farbe blätterte bereits ab, und die Oberfläche war vollgepackt mit einer Mischung aus Rose’ Vergangenheit und Gegenwart: Highschool-Trophäen und Schleifen verstreut zwischen Fläschchen und Saugern.

Rose’ Schleifen waren allesamt »lobende Erwähnungen« oder Ehrungen für den Team-Manager. Auf einer Trophäe vom Basketballteam stand »Bester sechster Spieler«, während eine andere vom Hauswirtschaftsclub lautete: »Sie gibt immer ihr Bestes.«

Rose öffnete eine quietschende Schublade der Kommode und wühlte durch einen Stapel Babykleidung, auf der Suche nach einem Buch. Als sie stattdessen das Jahrbuch ihres Abschlussjahres hervorzog, schnappte sie überrascht nach Luft. Sie öffnete es und begann zu lesen, was ihre Freunde hineingeschrieben hatten: »Für das netteste Mädchen aller Zeiten«, »Du warst immer für mich da«, »Für das liebste Mädchen der Schule«.

Rose blätterte durch das Jahrbuch und stoppte bei dem Abschnitt, in dem die Schüler der Abschlussklasse für bestimmte Kategorien vorgeschlagen wurden. Da war ein Farbfoto von Rose, auf dem sie lächelnd den Stamm einer Kiefer umarmte. Die Sonne schien durch ihr rotes Haar und ließ es aussehen, als stünde es in Flammen.

»Wer dich am wahrscheinlichsten umarmt, wenn du es nötig hast: Rose Hoffs«, lautete ihre Kategorie.

Rose zuckte mit den Schultern.

Was hat mir Nettsein schon je eingebracht?

Erneut wühlte sie in der Schublade und zog ein weiteres Buch heraus.

Ah, da ist es ja. Die Abenteuer von Raggedy Ann von Johnny Gruelle.

Lächelnd schlug Rose das Buch auf. Ihre Mutter hatte es ihr immer vorgelesen, als sie noch klein gewesen war. Rose blätterte zum Vorwort. Die...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2017
Übersetzer Anita Nirschl
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte ALS • Chicago • Gelber Steinweg • Hochzeitstruhe • Hoffnung • Hoffnungstruhe • Hope Chest • Judy Garland • Liebe • Michigan • Ostern • Träume • Viola Shipman • Zauberer von Oz
ISBN-10 3-10-490431-6 / 3104904316
ISBN-13 978-3-10-490431-3 / 9783104904313
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