Raubtiere (eBook)
464 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42445-2 (ISBN)
Lisa Jackson ist eine Nr.1-New York Times- und eine Spiegel-Bestsellerautorin und hat bereits über 95 Romane geschrieben, unter anderem die Thriller-Reihen um Detectives Bentz & Montoya sowie Alvarez & Pescoli. Mit ihrer Schwester, New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin Nancy Bush, hat sie mehrere Bücher gemeinsam verfasst, darunter Last Girl Standing und (zusammen mit Rosalind Noonan) die Thriller Greed - Tödliche Gier und Diabolic - Fatales Vergehen. Ihre weltweite Gesamtauflage beträgt über 30 Millionen, und ihre Werke wurden in zwanzig Sprachen übersetzt. Mit ihrer Familie und ihren geliebten Hunden lebt Lisa Jackson im Pazifischen Nordwesten der USA. Mehr Infos finden Leser*innen online auf lisajackson.com und auf Facebook.
Lisa Jackson ist eine Nr.1-New York Times- und eine Spiegel-Bestsellerautorin und hat bereits über 95 Romane geschrieben, unter anderem die Thriller-Reihen um Detectives Bentz & Montoya sowie Alvarez & Pescoli. Mit ihrer Schwester, New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin Nancy Bush, hat sie mehrere Bücher gemeinsam verfasst, darunter Last Girl Standing und (zusammen mit Rosalind Noonan) die Thriller Greed – Tödliche Gier und Diabolic – Fatales Vergehen. Ihre weltweite Gesamtauflage beträgt über 30 Millionen, und ihre Werke wurden in zwanzig Sprachen übersetzt. Mit ihrer Familie und ihren geliebten Hunden lebt Lisa Jackson im Pazifischen Nordwesten der USA. Mehr Infos finden Leser*innen online auf lisajackson.com und auf Facebook.
Kapitel eins
Januar
Hier muss es sein.
Leicht fassungslos nahm Jessica Williams das heruntergekommene Cottage in Augenschein und spürte, wie ihr Mut sank. Rapide. Ja, sie hatte sich einen abgeschiedenen Ort gewünscht, an dem sie zurückgezogen leben konnte, ohne die störenden Blicke neugieriger Nachbarn, aber diese baufällige Hütte mit ihrem moosüberzogenen Dach, der durchhängenden Veranda und der verrosteten Dachrinne war mehr als rustikal. Wenigstens waren die Fenster nicht vernagelt, und es gab eine Art Garage, doch um dorthin zu gelangen, würde sie erst einmal tonnenweise Schnee schaufeln müssen. Sie bezweifelte, dass es im Cottage eine Zentralheizung gab. Wenn sie einen sicheren Hafen erwartet hatte, wurde sie nun schwer enttäuscht.
Pech.
Für die absehbare Zukunft würde dieses kleine, achtzig Jahre alte Holzhäuschen, eingebettet in die dicht bewaldeten Ausläufer der Bitterroot Mountains, eines schroffen Gebirgszugs im Bundesstaat Montana, ihr Zuhause sein – ob es ihr gefiel oder nicht.
»Nein, es gefällt mir ganz und gar nicht«, murmelte sie und sprang aus ihrem alten Geländewagen – ein Chevy, der schon über zweihunderttausend Meilen auf dem Tacho hatte. Ihre Füße trafen auf den unberührten Schnee. Die Luft war knackig kalt, der Schnee überfroren. Während der letzten fünfzig Meilen ihrer langen Reise hatte die Ölstands-Warnleuchte geblinkt, doch sie hatte nicht weiter darauf geachtet und einfach nur gebetet, dass sie es bis hierhin schaffen würde, bevor der Wagen seinen Geist aufgab. Nach über sechsunddreißig Stunden auf der Straße, in denen sie sich von Energie-Riegeln, tütenweise Doritos, Red Bull und mehreren Flaschen Wasser ernährt hatte, war sie endlich angekommen. Sie war todmüde, doch noch konnte sie sich nicht ausruhen.
Ein Blick über die Schulter auf die schmale Zufahrt, die durch die dichten Bäume auf die kleine Lichtung mit der Hütte führte, zeigte ihr, dass sie hier draußen wirklich mutterseelenallein war. Nur die Reifenspuren ihres Tahoe durchbrachen die geschlossene Schneedecke und zeugten davon, dass jemand in dem kleinen Cottage Quartier bezogen hatte.
Jessica Williams, rief sie sich in Erinnerung. Hier wohnt Jessica Williams. So heißt du jetzt. Jessica Williams. Der Name fühlte sich ungewohnt an, unangenehm wie ein kratziger Mantel auf nackter Haut, der erst eingetragen werden musste.
Bevor sie anfing auszuladen, stapfte sie einen Pfad zu der durchhängenden Veranda in den tiefen Schnee und stieg die beiden Stufen hinauf. Die Veranda war voller Schneeverwehungen, neben der Tür türmte sich ein großer Haufen der weißen Pracht, gespickt mit trockenen Blättern.
Sie steckte ihren Schlüssel ins Schloss. Sollte es verrostet sein, womit sie fast rechnete, hätte sie ein Problem. Eins von vielen, dachte sie und versuchte, den Schlüssel zu drehen. Er rührte sich nicht. Sie rüttelte daran. »Komm schon, geh auf«, murmelte sie angespannt. Ihr Atem bildete weiße Wölkchen in der kalten Luft.
Sie hatte das Cottage übers Internet gemietet. Der Vermieter wohnte in einem anderen Bundesstaat. Sie hatte ihn im Voraus bezahlt, in bar, und er hatte keine Fragen gestellt. Sie hoffte nur, dass das auch so blieb.
Nach einem kräftigen Ruck gab das Schloss nach. Jessica stieß die Tür auf.
»Uff«, schnaufte sie und warf einen vorsichtigen Blick ins Hütteninnere. Ihre Hand fand den Lichtschalter neben der Tür, doch als sie darauf drückte, tat sich nichts, also kehrte sie zu ihrem SUV zurück, um ihre Maglite und einen Rollkoffer zu holen, den sie hinter sich her durch den Schnee zerrte. Sie knipste ihre Taschenlampe an und ließ den grellen Strahl durchs Cottage gleiten. So wie es darin aussah, war seit über einem Jahrzehnt niemand mehr hier gewesen. Die Luft roch abgestanden, modrig, auf allem lag eine dicke Staubschicht. Ein alter Zweisitzer mit verschossenen Polstern und einem zerschrammten Holzrahmen tauchte im Lichtkegel auf, davor stand ein Couchtisch. Gleich neben dem Kamin aus Flusssteinen entdeckte sie einen Schaukelstuhl, aus dessen Kissen die halbe Füllung quoll. Vermutlich hatten die Vögel sie für die Nester gebraucht, die sie im Sommer zweifelsohne im Kamin bauten.
»Der Traum oder Alptraum eines jeden Heimwerkers«, sagte sie laut, »kommt drauf an.« Ein »Paradies für Jäger«, wie es das Inserat anpries, war die Gegend bestimmt, und sie war schroff und unwirtlich, genau wie die Hütte, die sie sich, wie sie nun bemerkte, mit Mäusen und anderen Nagetieren teilen würde. Hoffentlich tauchte kein Waschbär oder Schlimmeres in einem der Küchenschränke auf.
Vorsichtig tappte sie über den groben Holzfußboden in die kleine Küche. Wegen der Schränke musste sie sich keine Gedanken machen – es gab keine. Nur einen Tisch mit zwei Stühlen vor einem uralten Holzofen und eine leere Stelle an der Wand, wo einst ein Kühlschrank oder eine Gefriertruhe gestanden haben musste. Sämtliche in der Annonce versprochenen Haushaltsutensilien fehlten. Sie hatte nach einem Cottage mit Strom, fließendem Wasser und Handyempfang Ausschau gehalten, um Zugang zum Internet zu haben, doch nun sah es so aus, als böte die Hütte gar nichts davon.
»Na großartig«, murmelte sie, doch dann ermahnte sie sich, daran zu denken, dass ihr Hauptaugenmerk der Abgeschiedenheit galt, und die bot das Cottage zweifelsohne.
Sie ging ins Bad und drückte testhalber die Toilettenspülung, die natürlich nicht funktionierte. Doch nachdem sie die Ventile aufgedreht hatte, die den Zulauf zum Spülkasten regelten, begann Waser zu fließen. Ein gutes Zeichen. Sie hatte schon befürchtet, die Rohre wären verrostet oder aber zugefroren. »Es geschehen noch Wunder«, murmelte sie und drückte erneut auf die Spültaste. Wasser rauschte. Anschließend wandte sie sich dem schmutzigen Waschbecken zu. Eiskaltes Wasser floss aus dem Hahn.
Das genügt für heute Abend.
Mit ihrer Maglite bewaffnet, nahm sie den Rest der Hütte in Augenschein. Neben Wohnzimmer, Küche und Bad gab es noch ein kleines Schlafzimmer, in dem allerdings kein Bett stand, sowie einen niedrigen Speicher unter dem schräg abfallenden Dach. Hinten ging eine Veranda auf einen Bach hinaus, der sich durch die Hemlocktannen schlängelte. Im dämmrigen Abendlicht erkannte sie, dass er fast zugefroren war, nur in der Mitte floss ein schmales Rinnsal.
Einen Heizofen gab es nicht, auch kein Lüftungsrohr, das darauf hindeutete, dass hier jemals einer gestanden hatte. Sie öffnete eine Tür, hinter der sich eine kleine Kammer befand – vermutlich für Jagdausrüstung und Waffen. Jetzt war sie leer. Ohne Heizung würde es eisig kalt in der schlecht isolierten Holzhütte sein, aber sie hatte ja noch den aus Flusssteinen gemauerten offenen Kamin mit dem rußgeschwärzten Feuerraum im Wohnzimmer. »Trautes Heim, Glück allein«, knurrte sie, drehte sich um und marschierte zur Haustür hinaus zu ihrem Tahoe. Sie würde ausladen, solange sie noch etwas sehen konnte, dann würde sie Feuer machen und die Hütte säubern, so gut sie konnte, bevor sie sich ein Nachtlager bereitete.
Angestrengt schnaufend, schleppte Jessica ihren Schlafsack, ein Kissen, einen Rucksack, eine große Packung Kerzen nebst Streichhölzern, ihre leere Thermoskanne und eine Flasche Wasser ins Cottage, dazu eine Tüte mit Dörrfleisch und eine Banane, die bereits braun wurde. Ein bescheidenes Abendessen.
Die Dämmerung senkte sich immer tiefer über die kleine Lichtung, und es begann wieder zu schneien. Bald wären die Reifenspuren zugedeckt, die ihr Geländewagen in der unberührten weißen Decke hinterlassen hatte, als sie gut zwanzig Meilen zuvor von der Landstraße abgebogen war und sich auf den abenteuerlichen Weg durch die Hügel rund um Grizzly Falls gemacht hatte.
Hierher verirrt sich kein Mensch, dachte sie erleichtert. Hier wirst du in Sicherheit sein. Ihr Blick schweifte über die umliegenden Wälder. Hier würde er sie niemals finden. Oder doch? Sie hatte ihre Spuren komplett verwischt. Ihre Augen blieben an den Reifenabdrücken im Schnee hängen. Was, wenn ihr jemand gefolgt war? Unterwegs hatte sie immer wieder in den Rückspiegel geblickt, doch über endlos lange Strecken war außer ihr kein einziger Wagen unterwegs gewesen. Trotzdem konnte sie ihr mulmiges Gefühl nicht abschütteln. Solange sich die Schneedecke nicht wieder geschlossen hatte, wären die Reifenspuren mindestens so deutlich, als hätte sie knallrote Hinweisschilder aufgestellt.
Die Nacht legte sich über die verschneite Landschaft, und je finsterer es wurde, desto finsterer wurden auch ihre Gedanken. Paranoia stieg in ihr auf. Ständig hatte sie das Gefühl, jemand stünde nur einen Schritt hinter ihr, bereit, sich auf sie zu stürzen und ihr die Kehle aufzuschlitzen. Unweigerlich hob sie die Hand an ihren Hals und rief sich vor Augen, dass sie Freunde in Grizzly Falls hatte, Menschen, denen sie vertrauen konnte.
Was nützen dir deine Freunde, wenn er dich hier aufspürt? Sie können dich nicht schützen, Jessica, und das weißt du. Niemand kann dich schützen.
Verzweifelt drehte sie sich um, schloss den Tahoe ab und flüchtete vor einer kräftigen Böe, die den Schnee von den umstehenden Bäumen ins Cottage fegte.
Reiß dich zusammen. Anders als dort, wo sie herkam, herrschten in Grizzly Falls Recht und Ordnung, der Sheriff war ein vernünftiger Mann mit einer aufrechten Gesinnung und dem Vermögen, Tatsachen von Lügenmärchen zu unterscheiden.
Dan Grayson würde ihr helfen.
Musste ihr helfen. Unbedingt.
Jessica stellte ihre Taschenlampe auf den Wohnzimmertisch, verteilte mehrere Kerzen im Raum und sah sich nach einem Versteck um. Im flackernden Lichtschein...
Erscheint lt. Verlag | 6.1.2017 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Alvarez und Pescoli | Ein Fall für Alvarez und Pescoli |
Übersetzer | Kristina Lake-Zapp |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Alvarez • Alvarez und Pescoli • amerikanische thriller • Anne-Marie Calderone • Cade Grayson • Dan Grayson • Detectives • Ehefrau • ermordete Frauen • Flucht • Grizzly Falls • jessica williams • Lisa Jackson Alvarez und Pescoli Reihe • Lisa Jackson Montana Reihe • Lisa Jackson Reihenfolge • Montana • Nate Santana • Pescoli • Polizei Krimis/Thriller • Psychopath • Regan Pescoli • Reuben Montoya • Ringfinger • Romantic Thrill • Romantische Thriller • Selena Alvarez • Serienkiller • Serienmörder • Thriller Autorinnen • Thriller für Frauen • thriller reihe • Thriller Romantik • Thriller USA • Troy Ryder • untertauchen • USA • Verfolgung • Verstümmelung |
ISBN-10 | 3-426-42445-2 / 3426424452 |
ISBN-13 | 978-3-426-42445-2 / 9783426424452 |
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