Die Watsons / Lady Susan / Sanditon. Die unvollendeten Romane (eBook)

Damals - heute - morgen: Reclams Klassikerinnen
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
259 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961207-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Watsons / Lady Susan / Sanditon. Die unvollendeten Romane -  Jane Austen
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Bei ihrem Tod mit nur 41 Jahren hinterließ Jane Austen drei ganz unterschiedliche unvollendete Romane: 'The Watsons'? 'Lady Susan' und 'Sanditon'. Sie bieten einen einzigartigen Einblick in ihre literarische Werkstatt, sind aber auch unabhängig davon als literarische Werke sehr reizvoll zu lesen. Als Ergänzung zu den sechs abgeschlossenen Romanen liegen sie hier in neuer Übersetzung vor.

Jane Austen (16. 12. 1775 Steventon - 18. 7. 1817 Winchester) gehört zu den bedeutendsten britischen Schriftstellerinnen aller Zeiten, die ihre Romane anonym unter dem Titel 'by a lady' veröffentlichte. Austens Hauptwerke wie 'Stolz und Vorurteil' und 'Emma' zählen zu den Klassikern der englischen Literatur. Im Mittelpunkt ihres literarischen Werks steht vielfach die Zerrissenheit junger Damen des gehobenen ländlichen Bürgertums, die zwischen den Erwartungen des Adels und ihrer eigenen Vorstellung von Glück stehen.

Jane Austen (16. 12. 1775 Steventon – 18. 7. 1817 Winchester) gehört zu den bedeutendsten britischen Schriftstellerinnen aller Zeiten, die ihre Romane anonym unter dem Titel "by a lady" veröffentlichte. Austens Hauptwerke wie "Stolz und Vorurteil" und "Emma" zählen zu den Klassikern der englischen Literatur. Im Mittelpunkt ihres literarischen Werks steht vielfach die Zerrissenheit junger Damen des gehobenen ländlichen Bürgertums, die zwischen den Erwartungen des Adels und ihrer eigenen Vorstellung von Glück stehen.

Die Watsons
Lady Susan
Sanditon

Zu den Texten
Anmerkungen
Nachwort

Die Watsons


Kapitel 1

Das erste gesellschaftliche Ereignis in der Stadt D. in Surrey sollte am Dienstag, dem 13. Oktober, stattfinden, und man erwartete allgemein einen großen Erfolg. Zuversichtlich ging man eine lange Liste von Familien aus dem ländlichen Umkreis durch, die als sichere Kandidaten galten, und hegte große Hoffnungen, dass sogar die Osbornes anwesend sein würden. Eine Einladung der Edwards an die Watsons folgte umgehend. Die Edwards waren wohlhabende Leute, die in der Stadt lebten und eine Kutsche hielten; die Watsons wohnten in einem Dorf ungefähr drei Meilen entfernt, waren arm und hatten kein geschlossenes Gefährt; und seit der Zeit, wo es Bälle am Ort gab, versäumten die ersteren es nie, die letzteren den Winter hindurch allmonatlich einzuladen, in ihrem Haus sich umzukleiden, zu speisen und zu übernachten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt waren nur zwei von Mr. Watsons Töchtern zu Hause, und da eine ihm immer Gesellschaft leisten musste, weil er kränklich war und seine Frau verloren hatte, konnte nur eine die Großzügigkeit ihrer Freunde in Anspruch nehmen. Miss Emma Watson, die erst kürzlich aus der Obhut einer Tante, die sie aufgezogen hatte, zu ihrer Familie zurückgekehrt war, sollte zum erstenmal öffentlich in der Nachbarschaft in Erscheinung treten, und ihre älteste Schwester, deren Vergnügen an Bällen auch in zehn Jahren begeisterter Teilnahme nicht nachgelassen hatte, ließ es sich nicht nehmen, Emma und ihren Feststaat an dem wichtigen Vormittag bereitwillig in der alten Chaise nach D. zu fahren. Während der Wagen Schlamm aufspritzend die schmutzige Landstraße entlangfuhr, gab Miss Watson ihrer unerfahrenen Schwester Ratschläge und Warnungen.

»Ich glaube, es wird bestimmt ein sehr guter Ball, und bei so vielen Offizieren, wird es dir an Partnern nicht fehlen. Mrs. Edwards’ Zofe wird dir gerne zur Hand gehen, und ich würde dir raten, Mary Edwards um Rat zu bitten, wenn du nicht weiter weißt, denn sie hat einen sehr guten Geschmack. Wenn Mr. Edwards sein Geld nicht beim Kartenspiel verliert, könnt ihr so lange bleiben, wie ihr möchtet; verliert er aber, wird er euch wohl unverzüglich nach Hause fahren; aber wenigstens könnt ihr dann mit einer bekömmlichen Suppe rechnen. Ich hoffe, dass du Eindruck machst. Ich wäre nicht überrascht, wenn man dich für eins der hübschesten Mädchen im Saal hält, ein neues Gesicht verfehlt nie seine Wirkung. Vielleicht wirft Tom Musgrave ein Auge auf dich, aber ich möchte dir ernsthaft davon abraten, ihn im geringsten zu ermutigen. Er macht allen neuen Mädchen den Hof, aber er ist ein schrecklicher Herzensbrecher und meint es nie ernst.«

»Ich glaube, du hast ihn schon einmal erwähnt«, sagte Emma. »Wer ist er?«

»Ein junger Mann von großem Vermögen, völlig unabhängig und bemerkenswert umgänglich, der Liebling aller, wo immer er hinkommt. Die meisten Mädchen in der Gegend sind oder waren jedenfalls in ihn verliebt. Ich bin die einzige, die mit heilem Herzen davongekommen ist, und dabei war ich die erste, der er seine Aufmerksamkeit geschenkt hat, als er vor sechs Jahren in unsere Gegend kam. Und die Aufmerksamkeit, die er mir geschenkt hat, war wahrhaftig groß! Manche Leute behaupten, dass ihm seitdem kein Mädchen mehr so gut gefallen hat, obwohl er die eine oder andere immer besonders auszeichnet.«

»Und wie kommt es, dass dein Herz als einziges unberührt blieb?« sagte Emma lächelnd.

»Dafür gibt es einen Grund«, erwiderte Miss Watson und errötete. »Man hat mir übel mitgespielt, Emma. Ich hoffe, du hast mehr Glück als ich.«

»Liebe Schwester, verzeih mir bitte, wenn ich dich unabsichtlich gekränkt habe.«

»Als wir Tom Musgrave kennenlernten«, fuhr Miss Watson fort, ohne Emma anscheinend gehört zu haben, »war ich eng liiert mit einem jungen Mann namens Purvis, einem engen Freund von Robert, der viel bei uns verkehrte. Alle Welt glaubte, wir seien ein Paar.«

Ein Seufzer begleitete diese Worte, den Emma schweigend respektierte, doch ihre Schwester fuhr nach kurzer Pause fort, »du willst natürlich wissen, warum nichts daraus wurde und warum er eine andere Frau geheiratet hat, während ich noch ledig bin. Aber du musst ihn fragen – nicht mich – und du musst Penelope fragen. Ja, Emma, Penelope steckte dahinter. Um einen Mann zu ergattern, ist sie zu allem fähig. Ich habe ihr vertraut, sie hat ihn mit dem Ziel, ihn für sich selbst zu erobern, gegen mich aufgehetzt, und es endete damit, dass er seine Besuche einstellte und bald darauf eine andere heiratete. Penelope lacht über ihr Verhalten, aber ich finde solche Hinterlist gemein. Sie hat mein Glück zerstört. Ich werde nie wieder einen Mann lieben, wie ich Purvis geliebt habe. Ich glaube nicht, dass man Tom Musgrave in einem Atemzug mit ihm nennen sollte.«

»Ich bin ganz schockiert über das, was du von Penelope sagst«, sagte Emma. »Kann eine Schwester so etwas tun? Rivalität, Hinterlist zwischen Schwestern! Mir ist unbehaglich bei dem Gedanken, sie kennenzulernen. Aber vielleicht war es gar nicht so. Vielleicht trügt der Schein …«

»Du kennst Penelope nicht. Sie ist zu allem fähig, wenn es ums Heiraten geht. Sie würde nicht einmal ein Hehl daraus machen. Vertraue ihr nur ja keine Geheimnisse an, lass dich von mir warnen, vertraue ihr nicht. Sie hat ihre guten Seiten, aber sie ist treulos, ehrlos und skrupellos, wenn es um ihren eigenen Vorteil geht. Ich wünschte von ganzem Herzen, sie wäre gut verheiratet. Ja, ich kann behaupten, lieber sähe ich sie gut verheiratet als mich selbst.«

»Als dich selbst! Ja, vielleicht hast du Recht. Ein Herz, das so verletzt worden ist wie deins, sehnt sich wohl kaum nach der Ehe.«

»Eigentlich nicht, aber du weißt ja, wir müssen heiraten. Ich persönlich könnte gut ledig bleiben. Ein bisschen Gesellschaft und ein unterhaltsamer Ball von Zeit zu Zeit wäre genug für mich, wenn man für immer jung bleiben könnte, aber unser Vater kann nicht für uns sorgen, und nichts ist schlimmer, als alt zu werden, arm zu sein und ausgelacht zu werden. Ich habe Purvis zwar verloren, aber nur wenige heiraten ihre erste Liebe. Ich würde einen Mann nicht ablehnen, nur weil er nicht Purvis ist. Nicht dass ich Penelope je ganz verzeihen kann.« Emma schüttelte verständnisvoll den Kopf.

»Allerdings hat Penelope auch ihre Sorgen gehabt«, fuhr Miss Watson fort, »sie wurde von Tom Musgrave bitter enttäuscht, als er seine Aufmerksamkeit von mir auf sie übertrug; sie hing sehr an ihm, aber er meint es nie ernst, und als er lange genug sein Spiel mit ihr getrieben hatte, zog er Margret vor und ließ Penelope sitzen, und die Ärmste war sehr unglücklich. Seitdem versucht sie, eine gute Partie in Chichester zu machen; sie sagt uns zwar nicht, wer es ist, aber ich glaube, es ist ein reicher alter Dr. Harding, Onkel einer Freundin, die sie besucht. Sie hat sich enorm viel Mühe mit ihm gegeben und viel Zeit investiert, bisher allerdings ohne Erfolg. Als sie neulich hinfuhr, hat sie gesagt, es sei wohl das letzte Mal. Du wusstest vermutlich gar nicht, aus welchem Anlass sie nach Chichester fuhr, und warum sie ausgerechnet jetzt, wo du nach jahrelanger Abwesenheit nach Hause kommst, Stanton verlässt.«

»Nein, ich hatte nicht die geringste Ahnung. Ich habe ihre Verabredung mit Mrs. Shaw gerade jetzt sehr bedauert. Ich hatte gehofft, alle meine Schwestern zu Hause zu finden und mit jeder gleich Freundschaft zu schließen.«

»Ich habe den Verdacht, der Doktor hatte einen Asthmaanfall, und dass sie deshalb so überstürzt aufgebrochen ist. Die Shaws sind ganz auf ihrer Seite. Jedenfalls kommt es mir so vor, aber sie erzählt mir ja nichts. Sie behauptet, sie braucht keinen Rat. Sie sagt, und damit hat sie nicht Unrecht, viele Köche verderben den Brei.«

»Es tut mir leid, dass sie Sorgen hat«, sagte Emma, »aber ihre Pläne und ihre Ansichten gefallen mir nicht. Ich habe schon jetzt Angst vor ihr. Ich fürchte, sie hat ein zu männliches und eigenwilliges Temperament. So aufs Heiraten erpicht zu sein, einen Mann nur um der finanziellen Sicherheit zu verfolgen, ist etwas, was mich schockiert. Ich habe dafür kein Verständnis. Armut ist ein großes Übel, aber für eine gebildete, empfindsame Frau sollte es nicht, kann es nicht das größte sein. Ich wäre lieber Lehrerin an einer Schule (und ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen), als einen Mann zu heiraten, den ich nicht mag.«

»Ich täte alles lieber, als Lehrerin an einer Schule zu sein«, sagte ihre Schwester. »Ich war an einer Schule, Emma, und weiß, was für ein Leben das ist. Du nicht. Ich möchte ebenso wenig wie du einen unsympathischen Mann heiraten, aber ich glaube, es gibt nicht viele sehr unsympathische Männer. Ich glaube, ich könnte jeden verträglichen Mann mit hinlänglichem Auskommen gern haben. Wahrscheinlich hat die Erziehung unserer Tante dich ziemlich anspruchsvoll gemacht.«

»Dazu kann ich nichts sagen. Mein Benehmen wird dir sagen, wie ich erzogen worden bin. Ich kann mich selbst nicht beurteilen. Ich kann die Erziehungsmethode meiner Tante mit keiner anderen vergleichen, weil ich keine andere kenne«.

»Aber ich kann an vielen Dingen sehen, dass du sehr anspruchsvoll bist. Es ist mir nicht entgangen, seit du hier bist, und ich fürchte, es wird dich nicht sehr glücklich machen. Penelope wird viel über dich zu lachen haben.«

»Das wird sicher nicht zu meinem Glück beitragen. Wenn meine Ansichten falsch sind, muss ich sie ändern. Wenn meine gesellschaftliche Stellung ihnen nicht entspricht, muss ich mich um Diskretion bemühen. Aber ich zweifle, ob Spott … Ist Penelope geistreich?«

»Ja, sie ist sehr...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2016
Reihe/Serie Reclam Taschenbuch
Nachwort Christian Grawe
Übersetzer Christian Grawe, Ursula Grawe
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 18. Jahrhundert • Englische Literatur • Entspannung • Ferien • Jane Austen • Klassische Belletristik • klassische Literatur • Literatur • Prosa • Roman • Urlaub
ISBN-10 3-15-961207-4 / 3159612074
ISBN-13 978-3-15-961207-2 / 9783159612072
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