Federgrab (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
512 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-18247-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Federgrab -  Samuel Bjørk
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Aus einem Jugendheim bei Oslo verschwindet ein siebzehnjähriges Mädchen. Einige Zeit später wird sie tot im Wald gefunden - gebettet auf Federn, umkränzt von einem Pentagramm aus Lichtern und mit einer weißen Blume zwischen den Lippen. Die Ermittlungen des Teams um Kommissar Holger Munch und seine Kollegin Mia Krüger drehen sich im Kreis, bis sie von einem mysteriösen Hacker kontaktiert werden. Er zeigt ihnen ein verstörendes Video, das neue Details über das Schicksal des Mädchens enthüllt. Und am Rande der Aufnahmen ist der Mörder zu sehen, verkleidet als Eule - der Vogel des Todes ...

Hinter dem Pseudonym Samuel Bjørk steht der norwegische Autor, Dramatiker und Singer-Songwriter Frode Sander Øien. Er veröffentlichte zwei hochgelobte Romane sowie sechs Musikalben, bevor er seinen ersten Thriller »Engelskalt« schrieb, den Auftakt zu seiner international erfolgreichen Bestsellerreihe um den Kommissar Holger Munch und seine Kollegin Mia Krüger.

• 4 •

Holger Munch verspürte eine gewisse Verärgerung, aber auch eine Art Erleichterung, als er zum ersten Mal seit zehn Jahren sein altes Zuhause betrat. Verärgerung, weil er sich dazu bereit erklärt hatte, Marions Geburtstag hier oben zu feiern. Erleichterung, weil es ihm davor gegraust hatte, sich den alten Erinnerungen zu stellen, er hatte nicht so recht gewusst, wie er damit umgehen sollte, aber das Haus, in dem er jetzt stand, hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem alten. Sie hatten renoviert. Einige Wände herausgerissen. In anderen Farben gestrichen. Munch ertappte sich zu seiner Überraschung bei dem Gedanken, dass sein früheres Zuhause eigentlich recht gut aussah, und je mehr er sich umblickte, umso ruhiger wurde er. Er konnte auch keine Spur von Rolf entdecken, dem Lehrer aus Hurum. Vielleicht würde es doch kein so ganz furchtbarer Nachmittag werden?

Marianne hatte ihn in der Tür empfangen, mit derselben Miene wie immer, wenn sie sich treffen mussten, ob nun zu Konfirmationen, Geburtstagen oder Beerdigungen, immer mit einem höflichen und freundlichen »Hallo«. Keine Umarmung, keine Zuneigungsbeweise, aber ohne Bitterkeit, Enttäuschung oder Hass in den Augen wie die ersten Male nach der Scheidung. Nur ein knappes, aber dennoch freundliches Lächeln, willkommen, Holger, setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer, ich muss noch den Kuchen für Marion verzieren, sechs Kerzen. Stell dir das vor, dass sie schon so groß ist!

Munch hängte seinen Dufflecoat im Flur auf und wollte das Geschenk ins Wohnzimmer bringen, als er einen Freudenschrei hörte, gefolgt von eifrigen Schritten auf der Treppe aus dem ersten Stock.

»Opa!«

Marion kam auf ihn zugerannt und umarmte ihn fest.

»Ist das für mich?«, fragte die Kleine und starrte das rosa Geschenk aus großen Augen an.

»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte Munch lächelnd und streichelte die Haare seiner Enkelin. »Na, wie fühlt es sich an, sechs Jahre alt zu sein?«

»Nicht viel anders eigentlich, fast genau wie gestern mit fünf«, sagte Marion altklug und strahlte, ohne das Geschenk aus den Augen zu lassen. »Darf ich das jetzt aufmachen, Opa, sofort? Ach bitte, darf ich?«

»Wir müssen eigentlich erst noch das Geburtstagslied singen«, sagte Miriam, die jetzt auch aus dem ersten Stock heruntergekommen war.

Sie kam auf Munch zu und umarmte ihn.

»Wie schön, dass du kommen konntest, Papa. Geht es dir gut?«

»Mir geht’s gut«, sagte Munch und half ihr, das große Geschenk ins Wohnzimmer zu bringen, zu einem Tisch, auf dem schon mehrere Geschenke lagen.

»Ach, alles ist für mich, können wir nicht bald …«, bettelte die Kleine, es war deutlich, dass sie fand, sie warte schon viel zu lange.

Munch schaute zu seiner Tochter hinüber und erntete ein Lächeln. Es tat ihm gut, ihren Blick zu sehen. Ihr Verhältnis war nach der Scheidung gelinde gesagt alles andere als gut gewesen, aber seit einigen Monaten schien der Hass, den Miriam ihm in all den Jahren entgegengebracht hatte, langsam zu verschwinden.

Zehn Jahre. Ein kühles Verhältnis zwischen Vater und Tochter. Wegen der Scheidung. Weil er zu viel gearbeitet hatte. Und dann, seltsamerweise, hatte seine Arbeit sie wieder näher zusammengebracht, als ob es auf der Welt doch so etwas wie Gerechtigkeit gäbe. Keine sechs Monate zuvor, ein großer Fall, vielleicht einer der schwersten der Einheit, und Miriam und Marion waren sogar darin verwickelt gewesen. Die fünf Jahre alte Marion war von einem kranken Menschen entführt worden, und man hätte meinen können, das hätte zu einer noch größeren Distanz zwischen Munch und seiner Tochter geführt, aber das Gegenteil war der Fall gewesen. Miriam hatte ihn überhaupt nicht verantwortlich gemacht, sie war einfach nur überglücklich gewesen, weil die Einheit den Fall gelöst hatte. Eine Art neuer Respekt. Er glaubte, das in ihrem Blick zu bemerken, sie sah ihn jetzt anders, begriff, welch wichtige Aufgabe er hatte. Sie hatten beide eine Therapie gemacht, Miriam und Marion, bei einem hervorragenden Polizeipsychologen, um diese schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten, aber zum Glück schienen diese die Kleine nicht zu sehr zu belasten. Zu jung vielleicht, um zu verstehen, wie schlimm es wirklich hätte kommen können. Es hatte wohl einige Nächte gegeben, in denen Marion weinend aus bösen Träumen erwacht war, aber das hatte sich rasch gegeben. Für die Mutter war es natürlich schwerer. Miriam hatte die Therapie noch eine Weile ohne Marion fortgesetzt. Vielleicht ging sie noch immer hin, so eng war ihre Beziehung nicht, dass sie ihm alles gesagt hätte, aber sie waren auf dem richtigen Weg. Ein Schritt nach dem anderen.

»Wo ist Johannes?«, fragte Munch, als sie auf dem Sofa Platz genommen hatten.

»Ach, er hat Bereitschaftsdienst, und das Krankenhaus hat angerufen. Er musste los. Er kommt zurück, so schnell es geht. Die Arbeit, weißt du. Nicht so einfach, wenn man eine wichtige Persönlichkeit ist«, sagte seine Tochter und zwinkerte ihm zu.

Munch erwiderte ihr Lächeln.

»Dann wäre der Kuchen so weit«, sagte Marianne und kam ins Wohnzimmer.

Holger Munch musterte sie verstohlen. Er wollte nicht starren, aber er konnte sie doch nicht aus den Augen lassen. Sie erwiderte für einen Moment seinen Blick, und Munch hatte plötzlich Lust, sie zurück in die Küche zu locken und in den Arm zu nehmen, wie in alten Zeiten, aber er konnte sich zusammenreißen.

»Kann ich jetzt nicht aufmachen? Die Geschenke sind doch viiiiiel wichtiger als das blöde Lied.«

»Wir müssen aber singen und die Kerzen auspusten, weißt du«, sagte Marianne und fuhr ihrem Enkelkind über die Haare. »Und dann müssen wir warten, bis alle da sind, damit alle deine schönen Geschenke sehen.«

Marianne, Miriam, Marion und er. Holger Munch hätte sich eigentlich keinen besseren Rahmen für einen schönen Nachmittag wünschen können. Aber als wäre die Erklärung seiner Exfrau, dass sie noch warten müssten, ein Stichwort in einem Theaterstück gewesen, das ein Ereignis auslöste, ging die Haustür auf, und da stand Rolf, der Lehrer aus Hurum, mit einem Lächeln um den Mund und einem riesigen Blumenstrauß in der Hand.

»Hallo, Rolf«, sagte Marion, lief zur Tür und umarmte ihn.

Munch verspürte einen kleinen Stich, als er sah, wie sich die kleinen Arme um den Mann legten, den er nicht leiden konnte, aber das war schnell vorbei. Marion war ihm wichtiger als alles andere auf der Welt, und für sie war das Leben ja immer so gewesen. Opa, allein. Oma und Rolf, zusammen.

»Sieh mal, wie viele Geschenke ich kriege!«

Sie zog den Lehrer aus Hurum ins Wohnzimmer, damit er sich den Gabentisch ansehen konnte.

»Wie schön«, sagte Rolf und strich ihr übers Haar.

»Sind die auch für mich?«, fragte Marion und zeigte auf den großen Blumenstrauß.

»Nein, die sind für Oma«, sagte der Lehrer und warf Marianne einen Blick zu, die jetzt lächelnd in der Tür stand.

Munch sah den Blick, mit dem seine Exfrau Rolf bedachte. Und dann war es eigentlich vorbei. Das gute Gefühl, die Idylle. Die Pseudoidylle. Er stand auf, gab dem Lehrer die Hand und sah zu, wie der Mann, den er eigentlich hasste, der Exfrau den riesigen Blumenstrauß überreichte und sie auf die Wange küsste.

Zum Glück wurde er von Marion gerettet, deren Gesicht vor Spannung jetzt schon knallrot war und die einfach nicht mehr länger warten wollte.

»Jetzt muss aber endlich die Singerei kommen«, sagte die Kleine laut und erinnerte Munch unbewusst und freundlich daran, warum er überhaupt da war.

Sie sangen rasch, denn Marion hörte ja doch nicht zu. Sie blies die Kerzen auf dem Kuchen aus und machte sich über die Geschenke her.

Eine knappe halbe Stunde darauf war sie fertig und saß erschöpft vor den vielen Gaben. Die Barbie-Sachen hatten ihren Geschmack voll getroffen, sie war Munch um den Hals gefallen, und obwohl er einen missbilligenden Blick von Miriam erwartet hatte, weil er Marion schon wieder verwöhnte und nicht die richtigen Geschenke brachte, kam nichts. Seine Tochter lächelte nur, wie zum Dank, und gab ihm das Gefühl, dass alles in Ordnung war.

Dann ging schon wieder Munchs Telefon. Mikkelson, und jetzt kam er wie gerufen. Munch bat um Entschuldigung, ging nach draußen auf die Treppe, steckte sich die ersehnte Zigarette an und meldete sich.

»Ja?«

»Gehst du neuerdings überhaupt nicht mehr ans Telefon, oder was?«, grunzte eine gereizte Stimme am anderen Ende der Leitung.

»Familienkram«, antwortete Munch.

»Wie reizend«, sagte Mikkelson sarkastisch. »Es tut mir wirklich leid, in die Idylle zu platzen, aber ich brauche dich.«

»Was ist los?«, fragte Munch neugierig.

»Ein junges Mädchen«, sagte Mikkelson, jetzt ein wenig ruhiger.

»Wo?«, fragte Munch.

»Hurum. Ein Spaziergänger hat sie vor einigen Stunden gefunden.«

»Und wir sind sicher?«

»Womit denn?«

»Dass es ein 233 ist?«

Munch zog lange an der Zigarette. Er konnte die kleine Marion hinter der Tür lachen hören. Jemand jagte sie durch das Haus, sicher der Idiot, der seinen Platz eingenommen hatte. Munch schüttelte gereizt den Kopf. Geburtstagsfeier in dem alten Haus. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht?

»Leider ja«, antwortete Mikkelson. »Ich brauche...

Erscheint lt. Verlag 17.10.2016
Reihe/Serie Ein Fall für Kommissar Munch
Holger Munch und Mia Krüger
Übersetzer Gabriele Haefs
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Uglen
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte bjoerk • bjork • Björk • eBooks • Engelskalt • Eule • Holger Munch • Mia Krüger • Norwegen • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • Thriller
ISBN-10 3-641-18247-6 / 3641182476
ISBN-13 978-3-641-18247-2 / 9783641182472
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