Mörderische Hingabe (eBook)
512 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-20007-7 (ISBN)
Eve Dallas ist gerade aus dem Urlaub zurück, als zwei grauenvolle Morde New York erschüttern: Der Chauffeur einer Luxuslimousine wurde mit dem Bolzen einer Armbrust durchbohrt, ein Edel-Callgirl mit einem Bajonett erstochen ... Die Fälle scheinen zunächst keine Verbindung miteinander zu haben - bis auf die Vorliebe des Killers für außergewöhnliche Waffen. Eve Dallas ahnt, dass er bald wieder zuschlagen wird, aber wann? Und wer wird sein nächstes Opfer sein? Eve taucht mit ihren Ermittlungen in einen auserlesenen Kreis ein, zu dem auch ihr Mann Roarke gehört - und damit in das Zentrum eines perversen, wahnsinnigen Spiels ...
J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts. Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren und veröffentlichte 1981 ihren ersten Roman. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von 500 Millionen Exemplaren überschritten. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.
1
Die Straße war mörderisch. Kaum breiter als ein ordentlicher Speichelfaden, schlängelte sie sich wie eine Kobra durch riesengroße Büsche voller fremdartiger Blüten, die aussahen wie leuchtend rote Blutstropfen.
Eve ermahnte sich, dass diese Reise ihre eigene Idee gewesen war – denn auch die Liebe war mörderisch. Woher hätte sie auch wissen sollen, dass jede Kurve, die man im Westen von Irland mit dem Auto nahm, eine Gefahr für Leib und Leben war?
Im ländlichen Irland, dachte sie und hielt den Atem an, als ihr Gefährt auf dieser Todesreise abermals um eine Kurve bog. Wo die Städte nur ein leiser Schluckauf in der Landschaft waren und es mehr Rindviecher als Menschen gab. Wo die Schafherden sogar noch größer als die Rinderherden waren.
Was allerdings nur sie zu stören schien. Hatten die Menschen hier etwa noch nie überlegt, was passieren könnte, wenn sich die Armeen der Nutztiere verbündeten?
Als die mörderische Straße endlich aus den blutstropfenbesetzten Büschen führte, dehnten sich vor ihren Augen endlos weite Felder und gespenstisch grüne Hügel unter einem trüben, grau verhangenen Himmel aus. Die Wolken machten den Anschein, als könnten sie sich nicht entscheiden, ob sie einfach nur bedrohlich dicht über der Erde hängen oder all die Schafe und die Rindviecher ersäufen sollten, die die ausgedehnten Grünflächen besetzt hielten und offenbar besprachen, welche Strategie im Krieg gegen die Menschen am verheißungsvollsten war.
Einige von den Biestern trieben sich sogar inmitten dieser seltsamen – und, ja okay, auch ziemlich interessanten – steinernen Ruinen, die man auf den Hügeln sah, herum. Halb verfallene, aber trotzdem imposante Bauten, die vielleicht einmal Burgen oder Festungen gewesen waren. Orte, wie geschaffen für die Planung eines Aufstands, dachte Eve.
Als Motiv für ein Gemälde, das man sich über das Sofa hängen könnte, wäre die Umgebung sicher hübsch, aber als natürlich konnte man sie nicht bezeichnen. Das hieß, sie war übertrieben natürlich. Ja, genau. Es gab hier viel zu viel Natur. Es war alles viel zu offen, dachte Eve. Selbst die in der unendlichen Landschaft willkürlich verstreuten Häuser waren mit Blumen getarnt. Überall sah man nur Grün und unzählige Blüten, deren Farb- und Formenvielfalt geradezu unglaublich war.
Sie hatte sogar Wäschestücke wie exekutierte Kriegsgefangene an irgendwelchen Leinen baumeln sehen. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass es im Jahr 2060 Häuser ohne Wäschetrockner gab?
Und wenn sie gerade dabei war, wo war eigentlich der ganze Luftverkehr? Bisher hatte sie nur eine Handvoll Flugzeuge gesehen, und nicht einen Werbeflieger, der die Sonderangebote in den Läden, die es schließlich sicher auch in Irland gab, anpries.
Keine U-Bahn, keine Schwebegrills, keine Touristen und auch keine Taschendiebe, die sie ausnehmen wollten, keine vor sich hin schimpfenden Taxifahrer und nicht einen laut furzenden Maxibus.
Himmel, sie vermisste ihre Heimatstadt New York.
Sie konnte nicht einmal riskieren, sich von ihrem Heimweh abzulenken, indem sie sich selbst hinter das Steuer setzte, weil man hier aus Gründen, die sie sicher nie verstehen würde, auf der falschen Straßenseite fuhr.
Warum zum Teufel taten diese Menschen das?
Sie war ein Cop und hatte einen Eid darauf geschworen, die Menschen zu beschützen, deshalb konnte sie sich kaum auf einer dieser todbringenden Straßen selbst hinter das Lenkrad eines Wagens schwingen, denn wahrscheinlich hätte sie dann spätestens nach drei Minuten irgendeinen unschuldigen Zivilisten umgemäht. Und nähme, wenn sie schon einmal dabei wäre, bestimmt noch eine Handvoll dieser Tiere mit.
Sie fragte sich, ob sie wohl je ihr Ziel erreichen würden, und wie groß die Chance war, in einem Stück dort anzukommen.
Vielleicht sollte sie ein paar Wahrscheinlichkeitsberechnungen anstellen. Denn dadurch würde sie vorübergehend von ihrem Elend abgelenkt.
Abermals verengte sich die Straße, und als ihre Seite des Gefährts die Hecke links der Straße küsste, unterdrückte Lieutenant Dallas, erfahrene Mordermittlerin, Verfolgerin von Psychopathen, Serienkillern und perversen Mördern, nur mit Mühe einen Schrei.
Der Mann, mit dem sie gerade ihren zweiten Hochzeitstag beging – weshalb sie überhaupt auf die Idee zu diesem Trip gekommen war –, nahm seine Hand vom Lenkrad und tätschelte aufmunternd ihr Bein. »Entspann dich, Lieutenant.«
»Guck nach vorne! Guck nicht mich, sondern die Straße an. Weil das im Grunde keine Straße, sondern eher ein Feldweg ist. Was sind das überhaupt für Büsche und warum zum Teufel stehen sie ausgerechnet hier?«
»Das sind Fuchsien. Wunderschön, nicht wahr?«
Für Eve sahen die Blüten aus wie Blutspritzer. Als hätte die Armee der Nutztiere ein grausiges Massaker an den wenigen Bewohnern dieses Landstriches verübt.
»Sie sollten sie ein Stück zurücksetzen, damit sie nicht mehr direkt an der blöden Straße stehen.«
»Ich nehme an, die Büsche waren als Erste hier.«
Anders als die feindseligen Büsche, die sich hinterlistig an die Straße angeschlichen hatten, liebte Eve den melodiösen, irischen Akzent, der sich selbst in New York gelegentlich in seine Sprache schlich.
Als sie einen kurzen Blick in seine Richtung wagte, sah sie, dass er glücklich wirkte. Glücklich und entspannt in seiner dünnen Lederjacke, einem T-Shirt, den aus dem unglaublichen Gesicht gestrichenen, rabenschwarzen Haaren und den Augen, deren Blau so leuchtete, dass sich ihr Herz zusammenzog.
Ein paar Wochen zuvor wären sie fast gestorben, und sie dachte voller Grauen an den atemlosen Augenblick zurück, in dem sie gedacht hatte, sie würde ihn verlieren. Weil er schwer verletzt gewesen war.
Doch jetzt saß er kerngesund und quicklebendig neben ihr. Vielleicht würde sie ihm noch einmal verzeihen, dass er sich auf ihre Kosten amüsierte.
Ja, vielleicht.
Außerdem war es ihre eigene Schuld, denn sie verbrachten auf ihren Vorschlag hin einen Teil des Urlaubs und die Feier ihres Hochzeitstages hier in Irland. Auch wenn sie nicht damit gerechnet hatte, dass er anders als beim ersten Mal, als sie mit ihm bei seiner neu entdeckten Sippschaft zu Besuch gewesen war, statt eines Jet-Copters ein Auto nehmen würde, weil er fand, dass man dann mehr von der Umgebung sah.
Sie näherten sich einer kleinen Ansammlung von Häusern, die mit etwas gutem Willen vielleicht als Ortschaft zu bezeichnen war, und sie atmete erleichtert auf.
»Jetzt haben wir es fast geschafft«, erklärte er. »Dies ist Tulla, und der Hof von meiner Tante liegt nur ein paar Kilometer von dem Dorf entfernt.«
Erleichtert fuhr sich Eve mit beiden Händen durch das kurze, braune Haar.
»Sieh nur. Jetzt kommt sogar die Sonne durch.«
Sie betrachtete den wässrig gelben Strahl, der sich durch eine winzig kleine Öffnung in der Wolkendecke zwängte, und kniff ihre Augen zu. »Wow, bei diesem grellen Licht kann ich kaum noch was sehen.«
Lachend strich er ihre zerzausten Haare wieder glatt. »Wir sind hier einfach nicht in unserem Element, Lieutenant. Aber vielleicht tut es uns ja gut, dem Alltag hin und wieder zu entfliehen.«
Einem Alltag, der für sie aus Mordfällen, Ermittlungen, dem Irrsinn einer Stadt, die immer rannte und nie ging, den Gerüchen des Reviers und der Hektik und Verantwortung bestand, die mit der Leitung eines Polizeidezernats verbunden waren.
Ein Teil von diesen Dingen machte seit zwei Jahren auch den Alltag ihres Mannes aus. Er jonglierte mit dem Leben, das sie führte, und mit seiner eigenen Welt, die aus dem Kauf und Verkauf, dem Besitz sowie der Herstellung fast aller Dinge, die es im bekannten Universum gab, bestand.
Genau wie ihre eigenen ersten Lebensjahre waren auch die von Roarke von schrecklichen Gefahren und Dunkelheit geprägt gewesen. Er hatte sich als Taschendieb und Trickbetrüger in den Gossen Dublins durchgeschlagen, doch im Gegensatz zu seiner armen Mutter hatte er seinen brutalen, mörderischen Vater überlebt.
Auf dieser Grundlage hatte er später ein Imperium errichtet – und sich dabei weiter häufig in den Grauzonen des Rechts bewegt.
Aber trotz oder vielleicht auch wegen dieser Schatten hatte sie, der Cop aus Überzeugung, sich in ihn verliebt. Später hatten sie herausgefunden, dass sein Leben auch noch eine völlig andere Seite hatte, die im County Clare unweit des Dörfchens Tulla auf einem erschreckend altmodischen Bauernhof zu finden war.
»Wir hätten auch mit einem Hubschrauber von unserem Hotel aus zu ihnen fliegen können«, sagte Eve.
»Mir hat die Autofahrt echt Spaß gemacht.«
»Ich frage mich, was für ein Mensch du bist. Denn das meinst du anscheinend wirklich ernst.«
»Aber nach Italien fliegen wir.«
»Das will ich doch wohl hoffen.«
»Wenn wir dort ankommen, dinieren wir bei Kerzenschein in unserer Suite.« Mit einem durch und durch entspannten, gut gelaunten Lächeln fügte er hinzu: »Und zwar mit der besten Pizza, die man in Florenz bekommt.«
»Au ja.«
»Es bedeutet ihnen viel, dass wir beide zusammen ein paar Tage hier verbringen.«
»Ich mag sie«, äußerte sich Eve über die Familie seiner Mutter. »Sinead und die anderen. Und auch Ferien sind gut. Ich muss nur noch etwas an mir arbeiten, damit ich in Urlaubsstimmung komme und mich nicht mehr ständig frage, was wohl gerade in New York passiert. Was machen die Leute hier in dieser Einöde den ganzen Tag?«
»Sie arbeiten, bestellen ihre Felder, führen ihren Haushalt, kümmern sich...
Erscheint lt. Verlag | 17.10.2016 |
---|---|
Reihe/Serie | Eve Dallas | Eve Dallas |
Übersetzer | Uta Hege |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Indulgence in Death (31 Death) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Schlagworte | Armbrust • eBooks • eve dallas • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Liebe • Liebesromane • New York • Peabody • roarke • sinnlich • Spannung • Thriller • Waffen |
ISBN-10 | 3-641-20007-5 / 3641200075 |
ISBN-13 | 978-3-641-20007-7 / 9783641200077 |
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