Mein Spiel (eBook)

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44080-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Spiel -  Johan Cruyff
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»Ich stehe für eine Ära, in der bewiesen wurde, dass Fußball gleichzeitig attraktiv und erfolgreich sein kann«, sagt Johan Cruyff im Rückblick auf die 1970er Jahre. Wie kein anderer steht Cruyff für dynamischen, leidenschaftlichen Angriffsfußball. Als Kapitän der niederländischen Nationalmannschaft, bei Ajax Amsterdam und später beim FC Barcelona hatte er mit dieser Taktik legendäre Erfolge erzielt. Der magische Spieler mit der Rückennummer 14 ist der Begründer der Fußball-Philosophie, die in den letzten Jahren vor allem von seinem Schüler Pep Guardiola perfektioniert wurde. Nun erzählt Cruyff, der in einem Atemzug mit Superstars wie Pele, Beckenbauer, Maradona und Messi genannt wird, von den ruhmreichen Stationen seiner Karriere als Spieler und Trainer. Mein Spiel ist eines der erhellendsten und klügsten Bücher, das in den letzten Jahrzehnten über den Fußball geschrieben wurde.

Johan Cruyff (1947-2016) war in den 70er Jahren der herausragende Spielmacher der niederländischen Nationalmannschaft, der Chefdirigent des Voetbal Totaal. Ab 1964 spielte er bei Ajax Amsterdam und gewann mit dem Team dreimal den Europapokal der Landesmeister; mit der niederländischen Nationalmannschaft wurde er Vizeweltmeister; mit dem FC Barcelona wurde er spanischer Meister und Pokalsieger. Als Trainer knüpfte er an diese großen Erfolge nahtlos an und formte erst Ajax Amsterdam und dann den FC Barcelona zu europäischen Spitzenmannschaften. 1999 wurde er zu Europas Fußballer des Jahrhunderts ernannt.

Johan Cruyff (1947-2016) war in den 70er Jahren der herausragende Spielmacher der niederländischen Nationalmannschaft, der Chefdirigent des Voetbal Totaal. Ab 1964 spielte er bei Ajax Amsterdam und gewann mit dem Team dreimal den Europapokal der Landesmeister; mit der niederländischen Nationalmannschaft wurde er Vizeweltmeister; mit dem FC Barcelona wurde er spanischer Meister und Pokalsieger. Als Trainer knüpfte er an diese großen Erfolge nahtlos an und formte erst Ajax Amsterdam und dann den FC Barcelona zu europäischen Spitzenmannschaften. 1999 wurde er zu Europas Fußballer des Jahrhunderts ernannt.

2


In unserer Familie herrschte immer eine herzliche Atmosphäre. Ich teilte mir ein Zimmer mit meinem Bruder Hennie, der zwölfeinhalb Jahre älter ist. In jungen Jahren ist das ein großer Unterschied. Er führte sein eigenes Leben und ich auch.

Mein Vater Manus war ein Zauberkünstler. Er hatte ein Glasauge und wettete mit den Leuten um einen Stuiver, wer am längsten in die Sonne gucken konnte. Dann legte er die Hand auf sein gesundes Auge, blickte eine Minute in die Sonne und schnappte sich die Geldstücke.

Meine Mutter Nel war sehr sozial eingestellt. Für sie drehte sich alles nur um die Familie. Sie hatte neun Brüder und Schwestern. Deshalb hatte ich nicht nur neun Onkel und Tanten, sondern auch Dutzende Cousins und Cousinen. Das hatte sein Gutes, denn der eine kannte sich mit Öfen aus, der andere konnte gut anstreichen, und so war immer jemand da, bei dem man anklopfen konnte, wenn es ein Problem gab.

Tatsächlich vereinigen sich in mir Eigenschaften meiner Eltern. Meine soziale Ader hab ich von meiner Mutter, die Gewitztheit von meinem Vater. Denn gewitzt bin ich ganz gewiss. Auch heute noch versuche ich die Grenzen auszuloten, um einen Vorteil herauszuschlagen.

Ich ging in Amsterdam-Oost auf die Groen van Prinstererschool, eine protestantisch-reformierte Schule, obwohl ich nicht religiös erzogen worden war und es in der Nähe auch katholische und städtische Schulen gab. In eine Kirche ging ich nur, um eine Bestellung auszuliefern. Als ich meinen Vater fragte, warum ich in diese streng protestantische Schule gehen musste, sagte er: »Johan, die erzählen da nette Geschichten. Auf diese Art versuche ich, dir so viel wie möglich mitzugeben, und später darfst du über deine Ausbildung selbst entscheiden.«

Schon bald war ich in der Schule bekannt als der Junge mit dem Ball. Den nahm ich auch in die Klasse mit; er lag immer unter dem Pult zwischen meinen Füßen. Manchmal, wenn ich zu viel Lärm machte, nahm der Lehrer ihn mir ab. Ohne es zu merken, war ich oft mit meinen Füßen beschäftigt, den Ball von links nach rechts zu kicken.

Während meiner gesamten Schulzeit habe ich nicht ein Mal den Unterricht geschwänzt. Scharf aufs Lernen war ich nie, aber ich hatte wohl begriffen, dass es für mich wichtig war. Obwohl ich eher ein mittelmäßiger Schüler war, hatte ich von klein auf einen besonderen Bezug zu Zahlen. Das war mein Steckenpferd. Zum Beispiel habe ich am 2. Dezember Danny geheiratet – also 2 plus 12 –, und schon entsteht eine Verbindung zu meiner Rückennummer 14. Völlig verblüffend ist, dass es mit der Jahreszahl eigentlich 2.12.68 heißen müsste, also 2 plus 12 und 6 plus 8. Das ist zweimal 14. Kein Wunder also, dass wir nach achtundvierzig Jahren immer noch zusammen sind. Unsere Ehe war doppelt gut.

Dasselbe betrifft meinen Sohn Jordi. Er ist 74 und ich bin 47 geboren – beides ergibt also in der Quersumme 11. Er hat am 9. Februar Geburtstag und ich am 25. April. Das ist dann 9 plus 2 und 2 plus 5 plus 4 – in beiden Fällen ergibt das wieder die Quersumme 11.

Zahlen faszinieren mich. Ich kann mir auch Telefonnummern sehr gut merken. Meine Freunde müssen mir sie nur ein einziges Mal nennen, und ich vergesse sie nie mehr. Vielleicht bin ich deshalb auch so gut im Kopfrechnen. Das hab ich nicht in der Schule gelernt, sondern im Gemüseladen meiner Eltern. Wenn mein Vater Bestellungen auslieferte und meine Mutter das Essen kochen musste, dann war es meine Aufgabe, mich in der Zwischenzeit um die Kunden zu kümmern. Da ich aber noch so klein war, kam ich nicht an die Kasse heran. So hab ich das Kopfrechnen gelernt, und weil ich das bereits in jungen Jahren sehr gut konnte, hat das wohl meine Faszination für Zahlen befördert.

Eigentlich hab ich das meiste auf der Straße gelernt: die Überlegung, wie ein Nachteil doch noch in einen Vorteil verwandelt werden kann. Die Erkenntnis, dass eine Bordsteinkante eigentlich kein Hindernis ist, sondern dass man so auch einen Doppelpass spielen kann. So hab ich mit Hilfe des Bordsteins an meiner Balltechnik arbeiten können.

Dasselbe gilt für das Gleichgewicht. Es gilt zu verhindern, dass man fällt. Wenn das auf der Straße passiert, verursacht das Schmerz – Schmerz, den man nicht spüren will. Also ist man beim Fußballspielen gleichzeitig bemüht, nicht zu fallen.

Daher trete ich auch dafür ein, die Jugend ohne Stollen spielen zu lassen. Ihnen fehlen die Stunden, die ich auf der Straße genossen habe – also auch die Stunden, in denen ich gelernt habe, nicht zu Fall zu kommen. Gebt ihnen deshalb vor allem während des Trainings glatte Sohlen und helft ihnen so, besser in Balance zu bleiben.

Als Fußballer hab ich vor allem das Lauftraining gehasst. Immer wenn wir in den Wald mussten, war ich hauptsächlich damit beschäftigt, zu verhindern, dass ich die volle Distanz zurücklegen musste. Ich versteckte mich dann hinter einem Baum und hoffte, dass niemand beim Durchlaufen der Runde die Köpfe zählte. Das ging eine ganze Zeitlang gut, bis mein damaliger Trainer Rinus Michels mich durchschaute.

Als Strafe musste ich an meinem freien Tag morgens um acht Uhr auf der Waldstrecke ein Training absolvieren. Michels kam pünktlich auf die Minute angefahren. Er saß im Schlafanzug am Steuer, kurbelte die Scheibe herunter und sagte: »Das ist mir zu kalt, ich geh wieder ins Bett.«

Und ich stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Doch das war mir immer wichtig: Fußball spielen, aber mit viel Spaß. Immer mal wieder einen Jux machen, darauf kam es mir an.

Später als Trainer erlebte ich das gleiche Verhalten bei Frank Rijkaard; während des Lauftrainings tat er immer so, als müsse er heftig husten. Er ließ dann die Gruppe vorauslaufen und schloss sich der nachfolgenden Gruppe an. So bekam er es in mehreren Phasen hin, dass er eine Runde weniger laufen musste als der Rest. Keiner seiner Trainer hat das durchschaut, wohl aber ich. Ich habe es mir angeschaut und still genossen. Natürlich hab ich ihn später darauf angesprochen, doch gleichzeitig musste ich fürchterlich darüber lachen. Diese Sorte Gewitztheit liebe ich sehr. Meinem Vater sei Dank.

Meine Mutter hatte auch diese Wesensart. Als ich später eine feste Beziehung mit Danny hatte, wollte ich manchmal länger ausgehen, als es Michels erlaubte. Abends fuhr er dann immer durch Amsterdam und kontrollierte, ob unsere Autos pünktlich zu Hause vor der Tür geparkt standen. Also lieh ich mir einmal den Wagen meines Schwiegervaters aus und ließ mein Auto zu Hause stehen. Michels roch den Braten und wollte mir am nächsten Tag trotz fehlender Beweise eine Strafe verpassen. Ich wohnte noch zu Hause und sagte: »Du kannst ruhig meine Mutter anrufen. Ich war zu Hause.«

Dann spielte meine Mutter das Spiel perfekt mit, Michels musste die Strafe zurücknehmen, und ich hatte später zusammen mit meiner Mutter den größten Spaß.

Ich denke daher mit einem guten Gefühl an meine Jugend zurück. Ich habe nur Liebe erfahren – zu Hause, aber auch bei Ajax. Dank meines zweiten Vaters Henk Angel, der mich, wenn die Plätze im Sommer eingesät oder im Winter nicht bespielbar waren, im Stadion allerlei Jobs machen ließ. Zur Belohnung durfte ich dann in der Halle unter der Haupttribüne Fußball spielen.

Die Sommerferien hatte ich bei Arend van der Wel verbracht, der von Ajax zum Sportclub Enschede gewechselt war und dort mitten in der Natur wohnte. Damals hatte ich auch meine ersten Fahrstunden bekommen, zwischen Arends Beinen durfte ich das Lenkrad steuern.

Beim Sportclub Enschede begegnete ich auch Abe Lenstra, zur damaligen Zeit eine wahre Ikone. Ich hatte sogar einmal beim Training mit ihm ein paar Bälle getreten. Von Abe ist mir vor allem in Erinnerung geblieben, dass er immer einen Ball bei sich hatte.

Mein Jugendtrainer Jany van der Veen brachte mir neben dem Fußball auch Normen und Werte bei. Er war der Erste bei Ajax, der mich lehrte, immer einer bestimmten Linie zu folgen.

Vic Buckingham, der mich in der ersten Mannschaft debütieren ließ, habe ich noch etwas anderes zu verdanken. Er hatte zwei Söhne in meinem Alter, die in Amsterdam ein wenig Anschluss suchten. Da meine Mutter bei Familie Buckingham als Putzfrau arbeitete, war ich häufig auch bei ihnen zu Hause. Dort habe ich dann Englisch gelernt – also nicht auf der Schule, sondern indem ich mich viel mit den Buckinghams unterhalten habe.

Unter den Fußballern hat mich besonders Piet Keizer unterstützt. Ich war neben Piet der zweite Vertragsspieler bei Ajax, und ich konnte spüren, dass er mich mochte. So sorgte er immer dafür, dass ich abends um halb zehn zu Hause war, sonst hätte ich von Michels eine Strafe bekommen.

Zu Rinus Michels hatte ich ein ganz besonderes Verhältnis. Er hat später bei uns zu Hause anlässlich einer Kinderfeier sogar den Nikolaus gespielt. Allerdings hat meine Tochter Chantal ihn erkannt. Ich höre sie noch sagen: »Hee, du bist ja gar nicht der Nikolaus! Du bist Onkel Rinus!«

Michels hat mich als junger Spieler immer beiseitegenommen. Obwohl ich erst achtzehn und der Jüngste im Kader war, tat er das mit niemand anderem. Dann erklärte er mir, wie er zu spielen gedachte und welche Taktik wir befolgen sollten, falls es nicht so lief wie geplant. Als wir nach dem Tod meines Vaters zu Hause kein Fahrzeug mehr hatten, war er es, der mich zum Arzt brachte. Später sind weniger schöne Sachen zwischen Michels und mir vorgefallen, doch die haben niemals das Bild des Mannes zerstören können, der für mich da war, als ich ihn als junger Kerl dringend gebraucht habe.

Henk Angel, Arend van der Wel, Jany van der Veen, Rinus Michels, Piet Keizer und noch viele andere hatten insofern großen Einfluss auf meine Entwicklung. In entscheidenden...

Erscheint lt. Verlag 6.10.2016
Übersetzer Heinrich Koop, Stefan Basso, Volker Ellerbeck
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Ajax Amsterdam • Angriffsfußball • Autobiografien berühmter Persönlichkeiten • autobiografie sport • Autobiographie Prominente • biografien berühmter persönlichkeiten • Biografie Sportler • Biographien berühmter Persönlichkeiten • Bücher von Promis • Erfahrungen und wahre Geschichten • Erinnerungen • FC Barcelona • Fußball • Fußball Autobiographie • Fußball Biografie • fußball biografien • Fußball Buch • Fußballbücher • fußball geschenk • Fußballspieler • Fußballtrainer • Holland • holländische Nationalmannschaft • Johan Cruyff • Lebensgeschichten • Nationalmannschaft Holland • Oranje Team • Pep Guardiola • Sachbuch Fußball • Spielmacher • Spielphilosophie • Trainer • voetbal totaal • wahre Begebenheit Buch • wahre geschichten bücher
ISBN-10 3-426-44080-6 / 3426440806
ISBN-13 978-3-426-44080-3 / 9783426440803
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