Lance Armstrong (eBook)

Wie der erfolgreichste Radprofi aller Zeiten die Welt betrog

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
432 Seiten
Edel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-8419-0345-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lance Armstrong -  Juliet Macur
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Lance Armstrong und das Rad der Lügen: Juliet Macur, Sportreporterin bei der New York Times, liefert die erste umfassende Darstellung, wie das System Armstrong über Jahrzehnte funktionieren konnte. Kollegen, Kontrolleure, Sportorganisationen, Sponsoren, Medien und selbst die Familie - sie alle wurden von Lance und seinen Helfern belogen, betrogen und unter zum Teil massiven Druck gesetzt. Das Buch, das auf intensiven Gesprächen mit Lance Armstrong und zahlreichen Interviews mit alten Weggefährten basiert, enthüllt die Zusammenhänge des größten Dopingskandal der Geschichte und liefert das beeindruckende Psychogramm eines scheinbar vollkommen gefühlskalten Egomanen. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite - nicht nur für Radsport-Fans!

Juliet Macur, aufgewachsen in New Jersey, Studium an der Columbia Journalism School, ist Sportreporterin und Radsportexpertin bei der New York Times. Ihre Artikel und Beiträge sind in der Reihe 'Best American Sports Writing' veröffentlicht. Macur lebt mit ihrer Familie in Washington, DC.

Juliet Macur, aufgewachsen in New Jersey, Studium an der Columbia Journalism School, ist Sportreporterin und Radsportexpertin bei der New York Times. Ihre Artikel und Beiträge sind in der Reihe "Best American Sports Writing" veröffentlicht. Macur lebt mit ihrer Familie in Washington, DC.

Kapitel 1


Lance Armstrongs Mutter Linda ist in ihrer eigenen Geschichte immer die Heldin. Nach ihrer Version führten sie und Lance im Oak-Cliff-Viertel von Dallas in den Sozialwohnungen auf der falschen Seite des Trinity River einen Kampf ums Überleben.1 Sie hatten niemanden außer einander. Seinen Vater lernte der Junge nie kennen; sie zog ihn allein auf.2 Sie sagt, sie habe ihm das Fahrradfahren beigebracht, ihn zu sportlichen Aktivitäten ermutigt, seine Ausrüstung bezahlt, ihr Haus gekauft, ihn zu all seinen Rennen begleitet, Sponsoren beschafft und jeden Samstagmorgen um 7 Uhr mit ihm das Haus verlassen, damit er beispielsweise einem Feld von vorpubertären Mittelstreckenläufern die Grenzen aufzeigen konnte.3

In ihrer Autobiografie No Mountain High Enough: Raising Lance, Raising Me ergötzt sie sich immer wieder an der selbst gestellten Frage: »Wie schaffte es eine alleinerziehende Mutter, einen echten Superhelden großzuziehen?«4 Noch bevor die Geschichte beginnt, warnt sie in der Vorbemerkung ihre Leserschaft vor ihrer »vollkommen voreingenommenen, subjektiven, einseitigen, rationalisierten und geschönten« Darstellung.5 Sie räumt sogar ein: »Jemand anders könnte vielleicht eine ganz andere Perspektive anbieten«6 und fordert die infrage kommenden Personen auf, ihr eigenes Buch zu schreiben.

Für ihre drei Ex-Ehemänner Eddie Gunderson, Terry Armstrong und John Walling benutzt sie in diesem Buch Pseudonyme. Lance’ Vater nennt sie nach einer freundlichen, duldsamen Figur aus Leave It to Beaver, einer Fernsehshow aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, »Eddie Haskell«. Die Gundersons waren Lance Armstrongs erste Familie. Eddie Gunderson und Linda Mooneyham heirateten noch während ihrer Highschool-Zeit. Das Baby kam sieben Monate später. Die Mussheirat vereinigte zwei Problemfamilien. Beide Armstrong-Großväter waren massive Trinker gewesen, deren Frauen nach dem einen oder anderen alkoholbedingten Zwischenfall mit den Kindern das Weite gesucht hatten.7 Sein Großvater väterlicherseits war so bösartig, dass er Katzenbabys in Einmachgläser steckte, um sie zu ersticken.8 Armstrongs Vater war ein Alkoholiker, der in seinem Leben genauso viele Ehefrauen hatte wie die Mutter Ehemänner – vier.9 Als Armstrong 20 Jahre alt wurde, hatte er bereits drei verschiedene Väter gehabt: einen biologischen, einen Adoptiv- und einen Stiefvater.10 (In ihrem Buch bezeichnet Linda Armstrong das Misslingen ihrer Liebesbeziehungen als Ergebnis von »dummen, selbstschädigenden, der eigenen Intuition widersprechenden und völlig umnachteten« Entscheidungen.)11 Später wurde Lance dann im Durcheinander von einem Dutzend Ersatzvätern seiner eigenen Wahl herumgeschubst.

Als Vortragsrednerin in Sachen Motivation verdient Linda ihren Lebensunterhalt mit Binsenweisheiten über die Mühen, die mit der Erziehung des größten Radrennfahrers aller Zeiten verbunden waren. Sie erzählt ihrem Publikum: »Alle Umstände waren gegen uns«, und »es ging ums Überleben«. Sie berichtet, wie Lance einmal ohne ein langärmeliges Trikot zu einem Rennen in den Bergen von New Mexico anreiste. Die anderen Fahrer trugen modische Sportbekleidung, er musste sich ihre winzige pinkfarbene Windjacke ausleihen, um sich warm zu halten. Er brach den Streckenrekord. Sie spricht über den »Aufstieg aus der Armut ohne Geld zu persönlichem Erfolg«12 und betont, dass sie bei den Leistungen ihres Sohnes eine wesentliche Rolle gespielt habe: »Ich bin überzeugt, ein Kind ist das, was seine Eltern aus ihm machen.«

Nach ihrer Erzählung war sie die einzige ständig präsente Person im Leben ihres Sohnes. Schon früh machte sie deutlich, dass sie – und nur sie – ihren Sohn formen würde. Die erste Phase in diesem Prozess begann, als sie ihn aus der Gunderson-Familie herausnahm.13 Armstrongs Mutter hat ihre Version dieser Geschichte jahrelang verbreitet. Es ist eine Geschichte, die eine ganze Lebenszeit später Willine Gunderson Harroff, Eddies Mutter, und seiner Schwester Micki Rawlings die Tränen in die Augen treibt.

Linda Armstrong erzählte, sie habe Lance allein erzogen. Andere Menschen, ganz gleich, was sie beisteuerten oder wie lange sie daran teilnahmen, hätten in seinem Leben nur kleine Nebenrollen gespielt.14 Sie bezeichnete sich als alleinerziehende Mutter, obwohl sie bis Lance sechzehneinhalb Jahre alt war nur ein Jahr lang keinen Ehemann hatte15 – und in dieser Zeit, so berichtet die Familie ihres ersten Ehemannes, habe man ihr geholfen und auf den Jungen aufgepasst, während sie arbeiten ging.16 Die Medien bauschten die Tragödie und den Triumph, die in solchen Schilderungen lagen, immer weiter auf. Einer der größten Athleten der Sportgeschichte war nach dieser Darstellung von einer minderjährigen Mutter aufgezogen worden, die um ihre Existenz kämpfte und dabei niemanden an ihrer Seite hatte als ihren kleinen Sohn .

 

Nach Willine Gunderson waren die anderen Mitglieder aus Lance’ Familie mit Lindas Legendenbildung durchaus nicht einverstanden. Die Gundersons haben ihre eigene Version von Lance’ Kindheit.17 Zunächst einmal hieß Lance’ Vater bei ihnen Sonny. Er war ein gut aussehender, blauäugiger Rebell mit glänzendem braunem Haar und einem schelmischen Grinsen, und er war gern mit von der Partie, wenn seine Freunde Kassettendecks aus parkenden Autos stehlen wollten.18 Einmal fuhr er mit dem Motorrad zu einer Highschool-Freundin – und vor Ort durch die Hintertür direkt in die Küche des Hauses, was die Eltern des Mädchens veranlasste, die Polizei zu holen.

Die Gundersons lebten in Wynnewood, einem von der Mittelschicht geprägten Wohngebiet, das mit den »Sozialwohnungen von Dallas«, von denen in Lindas Werbevideos für ihre öffentlichen Vorträge die Rede ist, nichts zu tun hat. Unter ihren Nachbarn war auch – die Familie Mooneyham.19 Linda war eine Homecoming-Prinzessin an der Highschool und ein Star im Drillteam der Schule. Sonny lud sie ein, mit ihm auszugehen. Schon bald gingen sie fest miteinander und fuhren in seinem aufgemotzten Pontiac GTO in der Stadt herum. Sein Böser-Bube-Charme ließ ihn an einem Winterabend 1970 Linda zuflüstern: »Make love, not war.«20 Sie wurde schwanger. Als die 16-jährige Linda eine Abtreibung verweigerte, wies ihre Mutter sie aus dem Haus. Das junge Mädchen blieb allerdings keineswegs auf sich allein gestellt – Stichwort: »alle Umstände waren gegen uns« –, sie zog bei Sonny ein, dessen Familie sie gern aufnahm. In ihrem neuen Zuhause wurde sie zur De-facto-Adoptivtochter von Willine Gunderson, die von den anderen Familienmitgliedern »Mom-o« genannt wurde.

Willine war eine alleinerziehende Mutter, deren Ex-Ehemann den Unterhalt für die Kinder grundsätzlich verspätet zahlte, wenn überhaupt. Sie arbeitete 43 Jahre lang für die First National Bank in Dallas. Ihr Familiensinn war ausgeprägt, sagt sie. Sie bestand darauf, dass ihre beiden Töchter und Sonny dreimal pro Woche gemeinsam zum Gottesdienst gingen. Über ihren abwesenden Ex-Ehemann verlor sie nie ein böses Wort. Die Kinder sollten sich ihr eigenes Urteil über ihn bilden. Während Lindas Schwangerschaft wurden die beiden gute Freundinnen.

Linda und der 17 Jahre alte Sonny heirateten an ihrem 17. Geburtstag in einer Baptistenkirche, die voller Mitschüler war, und zweifellos entging einigen von ihnen der Babybauch unter dem fließenden weißen Plisseekleid der Braut nicht. Das war im Februar 1971. Der Junge kam im September. Er erhielt seinen Vornamen nach Lance Rentzel, dem Wide Receiver und Starspieler der Dallas Cowboys, der im Jahr zuvor verhaftet worden war, weil er sich vor einem zehnjährigen Mädchen entblößt hatte.21 Sein Vater sah am Fenster auf der Entbindungsstation, dass der Kopf des Neugeborenen missgestaltet war, er war zu lang und zu schmal. Lance war mit einem Geburtsgewicht von 4,3 kg zur Welt gekommen, und seine Mutter war eine zierliche Person.22 »Was ist mit seinem Kopf?«, fragte der Vater, dem Tränen die Wangen hinunterliefen.23 »Das gibt sich«, sagte eine der Schwestern. »Alles wird gut, das weiß ich.«

Linda fand eine Teilzeitstelle in einem Supermarkt. Sonny arbeitete in einer Bäckerei und trug Zeitungen aus, aber die Vaterschaft führte bei ihm nicht zu einem plötzlichen Reifeprozess. Schon als Minderjähriger brachte er es auf eine Reihe von Auftritten vor dem Jugendgericht.24 Seine erste Nacht im Gefängnis als Erwachsener verbrachte Sonny Gunderson 1974, als sein Sohn zweieinhalb Jahre alt war und er und Linda bereits in Scheidung lebten.25 Er war verhaftet worden, weil er ein Auto aufgebrochen hatte. Die Ehe hielt nur knapp über zwei Jahre. In ihrem Buch behauptete Linda später, Sonny sei so grob zu ihr gewesen, dass sie im Genick und an den Armen blaue Flecken davongetragen habe. Jahre später räumte ihr Ex-Ehemann ein, sie geschlagen zu haben, aber nur einmal.26 Nach der Scheidung verbrachte er mehrere Monate in einem zombieähnlichen Zustand, wie Gunderson seiner Familie erzählte. Er wollte das, was er kaputt gemacht hatte, wieder in Ordnung bringen, wusste aber nicht wie. Oft saß er auf der anderen Straßenseite, mit Blick auf die Kindertagesstätte, und sah seinem Sohn auf dem Spielplatz zu. Unterhalt konnte oder wollte er keinen zahlen, die Zahlungsaufforderungen, die regelmäßig in seinem Briefkasten landeten, ignorierte er.

Bei der Familie seines...

Erscheint lt. Verlag 6.10.2014
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Biografie • Biographie • Doping • Doping im Spitzensport • New York Times • Profisportler • Radsport • Skandal • Sport • Tour de France
ISBN-10 3-8419-0345-2 / 3841903452
ISBN-13 978-3-8419-0345-7 / 9783841903457
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