Kakerlaken / Rotkehlchen (eBook)

Zwei Kriminalromane in einem eBook - Band 2 und 3

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
896 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1347-4 (ISBN)

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Kakerlaken / Rotkehlchen -  Jo Nesbø
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Zwei Kriminalromane in einem Band! Harry Hole ermittelt im Bundle ... Kakerlaken: In Bangkok wurde der norwegische Botschafter ermordet. Kommissar Harry Hole soll die thailändische Polizei unterstützen und taucht tief ein in die Unterwelt einer Stadt, in der Moral und Gesetz keine Rolle spielen. Dabei findet er mehr über den Ermordeten heraus, als seinen Vorgesetzten lieb ist. Rotkehlchen: Als der norwegische Staatsschutz Hinweise auf ein geplantes Attentat auf den Thronfolger erhält, beginnt für Harry Hole ein Alptraum aus Lügen und Verrat. Die Spur der Verdächtigen führt in das dunkelste Kapitel norwegischer Vergangenheit: Eine Gruppe von Nazikollaborateuren hat im Untergrund ihr verhängnisvolles Netz gewoben, und Harry sieht sich mit einer mörderischen Intrigen und Verblendung konfrontiert. Entdecken Sie auch MESSER, den neuen großen Kriminalroman um Kommissar Harry Hole!

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Die Hollywood-Verfilmung seines Romans Schneemann wird von Martin Scorsese produziert. Jo Nesbø lebt in Oslo.

KAPITEL 2

»Nationaltheater«, verkündete eine nasale, schlaftrunkene Stimme durch die Lautsprecher, ehe sich die Straßenbahntüren klappernd öffneten und Dagfinn Torhus in den kalten, rauen und gerade erst angebrochenen Wintermorgen trat. Die Luft schmerzte auf seinen frisch rasierten Wangen und im Schein von Oslos sparsamer Neonbeleuchtung sah er seinen eigenen Atem.

Es war die erste Januarwoche, und er wusste, dass das Wetter im Laufe des Winters immer besser wurde, weil dann der Fjord vereist und die Luft trockener war. Er ging über den Drammensvei in Richtung Außenministerium. Ein paar einsame Taxis fuhren an ihm vorbei, doch ansonsten waren die Straßen leer. Die riesige Reklameuhr, die sich rot vom schwarzen Winterhimmel abhob, zeigte eben erst sechs Uhr.

Vor der Tür nahm er seine Zugangskarte heraus. »Position: Verwaltungschef« stand über dem Bild eines zehn Jahre jüngeren Dagfinn Torhus, der mit vorgerecktem Kinn und zielstrebigem Blick durch seine Stahlbrille in die Kamera starrte. Er zog die Karte durch das Lesegerät, tippte den Code ein und drückte die schwere Glastür der Victoria-Terrasse auf.

Nicht alle Türen hatten sich so leicht öffnen lassen, seit er vor bald dreißig Jahren als 25-Jähriger hierhergekommen war. Auf der »Diplomatenschule«, dem Anwärterkurs für das Auswärtige Amt, war er mit seinem breiten Østerdals-Dialekt und seiner ländlichen Art bei den Großstadtyuppies oft angeeckt. Die anderen Anwärter waren Politologen, Wirtschaftswissenschaftler und Juristen, deren Eltern Akademiker oder Politiker waren, wenn sie nicht selbst zum ministeriellen Adel des Auswärtigen Amtes gehörten, in den ihre Nachkömmlinge nun aufsteigen wollten. Er war ein Bauernsohn mit einem Examen der landwirtschaftlichen Hochschule in Ås. Nicht dass ihm das selbst so viel bedeutete, aber er wusste, dass die richtigen Freunde für die weitere Karriere von großer Bedeutung waren. Während sich Dagfinn Torhus die gesellschaftlichen Gepflogenheiten einhämmerte, versuchte er, seine Defizite durch umso härtere Arbeit zu kompensieren. Abgesehen von der ungleichen Ausgangsposition, war ihnen allen gemein, dass sie nur eine unklare Vorstellung davon hatten, was sie vom Leben wollten. Das Einzige, was sie wussten, war, in welche Richtung es gehen sollte: aufwärts.

Torhus seufzte und nickte dem Securitas-Wachmann zu, der ihm die Zeitung und einen Umschlag durch die Luke in seinem Glaskasten schob.

»Sonst schon jemand …?«

Der Wachmann schüttelte den Kopf.

»Wie immer der Erste, Torhus. Der Umschlag ist vom Nachrichtendienst, er wurde heute Nacht geliefert.«

Torhus sah die Ziffern der Etagen aufleuchten und wieder verlöschen, während ihn der Fahrstuhl nach oben beförderte. Irgendwie kam es ihm so vor, als spiegele jede Etage eine Periode seiner Karriere wider, die deshalb jeden Morgen aufs Neue Revue passierte.

Die erste Etage symbolisierte seine ersten beiden Jahre als Anwärter, die langen, unverbindlichen Diskussionen über Politik und Geschichte und die Französischstunden, durch die er sich gequält hatte.

In der zweiten Etage war das Planungs- und Beorderungsbüro. Er hatte zwei Jahre Canberra bekommen und dann drei Jahre Mexico City. So weit ganz anständige Städte, er durfte sich nicht beklagen. Obgleich er London und New York als erste Wahl angegeben hatte, doch das waren prestigeträchtige Zentren, in die alle wollten, so dass er sich entschlossen hatte, den abschlägigen Bescheid nicht als Niederlage zu werten.

In der dritten Etage war er zurück in Norwegen, ohne die luxuriösen Auslands- und Wohngeldzulagen, die ihm Raum gelassen hatten für ein Leben in nüchternem Überfluss. Er hatte Berit getroffen, sie war schwanger geworden, und als die Zeit für einen neuerlichen Auslandsaufenthalt gekommen war, war bereits Kind Nummer zwei unterwegs. Berit stammte aus der gleichen Gegend wie er selbst und telefonierte jeden Tag mit ihrer Mutter. Er hatte sich entschlossen, ein wenig zu warten, und hatte stattdessen wie ein Wahnsinniger gearbeitet, kilometerlange Abhandlungen über den bilateralen Handel mit Entwicklungsländern geschrieben, Reden für den Außenminister verfasst und von den oberen Etagen Anerkennung eingeheimst. An keinem anderen Ort des Staatsapparates ist die Konkurrenz so stark wie im Auswärtigen Amt mit seinen ausgeprägten Hierarchien. Dagfinn Torhus war jeden Tag zum Dienst erschienen wie ein Soldat an der Front, er hatte den Kopf eingezogen, sich den Rücken frei gehalten und losgefeuert, wenn er jemanden vor den Lauf bekam. Das trug ihm das eine oder andere Schulterklopfen ein, er wusste, dass er »bemerkt« worden war, und versuchte Berit zu erklären, dass er nun vermutlich Paris oder London bekommen konnte, doch da hatte sie sich zum ersten Mal in ihrer bisher recht undramatischen Ehe zur Wehr gesetzt. Er hatte nachgegeben.

So war er in die vierte Etage aufgestiegen und damit zu weiteren Untersuchungsberichten, einer Sekretärin und einem etwas höheren Gehalt, bis man ihn dann vor kurzem in die Personalabteilung in der zweiten Etage versetzt hatte.

Einen Job in der Personalabteilung zu bekommen war im Auswärtigen Amt etwas Besonderes, für gewöhnlich ein Zeichen, dass einem der Weg nach oben offenstand. Aber es war etwas geschehen. Gemeinsam mit dem Planungs- und Beorderungsbüro wählten sie die Bewerber für die jeweiligen Auslandsaufträge aus, eine Arbeit, die direkte Auswirkungen auf die Karriere anderer hatte. Vielleicht hatte er seinen Namen unter eine falsche Beorderung gesetzt oder eine Person abgelehnt, die es trotzdem geschafft hatte und jetzt irgendwie über ihm saß und an den unsichtbaren Fäden zog, die das Leben von Dagfinn Torhus und all den anderen im Auswärtigen Amt bestimmten.

Denn der Auftrieb war beinahe unmerklich ausgeblieben, und plötzlich, eines Tages, hatte er sich im Badezimmerspiegel betrachtet und einen Verwaltungschef auf dem Abstellgleis erkannt, einen nur bedingt einflussreichen Bürokraten, der den Sprung in die fünfte Etage in den letzten zehn Jahren bis zu seiner Pensionierung nie mehr schaffen würde. Außer es gelang ihm irgendeine unerwartete Heldentat. Aber diese Arten von Heldentaten hatten den Nachteil, dass sie entweder Beförderungen oder Kündigungen bewirkten.

Trotzdem versuchte er wie bisher, den anderen immer eine Nasenlänge voraus zu sein. War jeden Morgen der Erste im Büro, so dass er in aller Ruhe die Zeitungen und Faxe lesen konnte und seine Schlussfolgerungen bereits gemacht hatte, wenn sich die anderen bei den morgendlichen Besprechungen noch den Schlaf aus den Augen rieben. Die Strebsamkeit schien ihm in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.

Er schloss die Tür zu seinem Büro auf und zögerte einen Moment, ehe er das Licht einschaltete. Auch das hatte eine Vorgeschichte – die Stirnlampenepisode. Leider war die an die Öffentlichkeit geraten und zu einer – wie er wusste – beliebten Anekdote im Auswärtigen Amt geworden: Vor vielen Jahren hatte sich der damalige Leiter der norwegischen Botschaft in den USA einige Wochen in Oslo aufgehalten. Er rief Torhus eines Morgens in aller Frühe an und fragte, was er von den nächtlichen Äußerungen Präsident Carters hielt. Torhus war gerade erst ins Büro gekommen, hatte weder Zeitungen noch Faxe gelesen und war ihm eine Antwort schuldig geblieben. Was ihm natürlich den Tag verdorben hatte. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Am nächsten Morgen rief der Botschafter erneut an, als Torhus gerade erst die Zeitung aufgeschlagen hatte, und fragte ihn, wie sich die nächtlichen Geschehnisse auf die Situation im Nahen Osten auswirken würden. Und am darauffolgenden Morgen überraschte er ihn wieder mit einer anderen Frage. Torhus hatte seine nichtssagenden, von Vorbehalten und Informationsdefiziten geprägten Antworten gestammelt. Er fing an, noch früher zur Arbeit zu kommen, doch der Botschafter schien einen siebten Sinn zu haben, denn jeden Morgen klingelte das Telefon, wenn er gerade am Schreibtisch Platz genommen hatte. Den Zusammenhang erkannte er erst, als er per Zufall erfuhr, dass der Botschafter, ein bekennender Frühaufsteher, im Hotel Lille Aker wohnte, auf der anderen Straßenseite, unmittelbar vor dem Auswärtigen Amt. Natürlich musste er bemerkt haben, dass das Licht in Torhus’ Büro früher anging als in den anderen, und vermutlich wollte er ein Spielchen mit diesem übereifrigen Staatsdiener treiben. Torhus ging in einen Laden, kaufte sich eine Stirnlampe und am nächsten Morgen hatte er alle Zeitungen und Faxe gelesen, ehe er das Licht einschaltete. Das machte er drei Wochen lang, bis der Botschafter endlich aufgab.

In diesem Moment aber war Torhus der spaßige Botschafter mehr als egal. Er hatte das Kuvert des Nachrichtendienstes geöffnet, und auf der dechiffrierten Papierkopie des Kryptofax stand unter dem Stempel »Streng geheim« eine Nachricht, die ihn seinen Kaffee auf die verschiedenen Ländernotizen auf seinem Schreibtisch verschütten ließ. Der knappe Text überließ viel der Phantasie, aber die Essenz lautete in etwa, dass der norwegische Botschafter in Thailand, Atle Molnes, mit einem Messer im Rücken in einem Bordell in Bangkok aufgefunden worden war.

Torhus las die Nachricht noch einmal, ehe er sie beiseitelegte.

Atle Molnes, ehemaliger Politiker der Christlichen Volkspartei und ehemaliger Vorsitzender des Finanzkomitees, gehörte somit nun gänzlich zu den Ehemaligen. Das Ganze war derart unglaublich, dass er unweigerlich zum Aker-Hotel hinüberblickte, um sich zu vergewissern, dass sich dort nichts hinter einer Gardine regte. Der Absender war aber eindeutig die norwegische Botschaft in Bangkok. Torhus fluchte. Warum musste das ausgerechnet jetzt passieren, und dann auch noch in Bangkok? Sollte er...

Erscheint lt. Verlag 17.6.2016
Reihe/Serie Ein Harry-Hole-Krimi
Übersetzer Günther Frauenlob
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Altnazis • Bangkok • Blood on Snow • Botschaft • Botschafter • Buch 2016 • Bundle • Der Sohn • Durst • Erik Axl Sund • Gänsehaut • Harry Hole • Hjorth Rosenfeldt • Jussi Adler-Olsen • Koma • Kommissar • Krimi • Kriminalroman • Neonazis • Neu 2016 • Neuerscheinung 2016 • Neuerscheinungen 2016 • Norwegen • Oslo • Reihe • Schneemann • Serie • Thailand
ISBN-10 3-8437-1347-2 / 3843713472
ISBN-13 978-3-8437-1347-4 / 9783843713474
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