Die kleine Bäckerei am Strandweg (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
496 Seiten
Berlin Verlag
978-3-8270-7864-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die kleine Bäckerei am Strandweg -  Jenny Colgan
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Es klingt fast zu gut um wahr zu sein - Polly wird ihr Hobby zum Beruf machen, und das in Cornwall, auf einer romantischen Insel mit Männerüberschuss. Genau die richtige Kur für ein leeres Konto und ein gebrochenes Herz. Aber die alte Bäckerei ist eine windschiefe Bruchbude, am Meer kann es sehr kühl sein, und der Empfang, den manche Insulaner ihr bereiten, ist noch viel kälter. Gut, dass Polly Neil hat, einen kleinen Papageientaucher mit gebrochenem Flügel. Doch bald kauft der halbe Ort heimlich ihr wunderbares selbstgebackenes Brot, und als sie Neil fliegen lassen soll, ist sie schon fast heimisch geworden. Nur das mit der Liebe gestaltet sich komplizierter als gedacht ...

Jenny Colgan studierte an der Universität von Edinburgh und arbeitete sechs Jahre lang im Gesundheitswesen, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit dem Marineingenieur Andrew hat sie drei Kinder, und die Familie lebt nördlich von Edinburgh. Ihre Romane sind internationale Erfolge und stehen jeweils wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

Jenny Colgan studierte an der Universität von Edinburgh und arbeitete sechs Jahre lang im Gesundheitswesen, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit dem Marineingenieur Andrew hat sie drei Kinder, und die Familie lebt etwa die Hälfte des Jahres in Frankreich. Ihre Romane um "Die kleine Bäckerei am Strandweg" und "Die kleine Sommerküche am Meer" waren internationale Erfolge und standen wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

2015


Polly blätterte die Papiere im glänzenden Ordner mit dem Foto eines Leuchtturms durch, das doch wirklich hübsch war. Sie versuchte eben mit aller Kraft, das Positive zu sehen.

Und die beiden Männer im Raum waren sympathisch, viel freundlicher als eigentlich nötig. Ehrlich gesagt waren sie so nett, dass es Polly dadurch merkwürdigerweise nicht besser, sondern eher schlechter ging. Statt wütend werden zu können oder eine Abwehrhaltung einzunehmen, war sie einfach nur traurig.

Chris und sie waren damals so stolz auf ihr kleines Büro im ehemaligen Bahnhof gewesen, in dessen hinterem Zimmer sie jetzt saßen. Der frühere Warteraum mit seinem nicht funktionierenden Kamin war einfach zauberhaft und schnuckelig.

Aber inzwischen herrschte in beiden Räumen das totale Chaos: Überall lagen Papiere und Ordner herum, Computer wurden hin und her geschoben, und die beiden reizenden Herren von der Bank gingen alles durch. Chris saß da und schmollte, er sah aus wie ein kleiner Junge, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. Polly hingegen versuchte, sich nützlich zu machen, huschte hin und her, fing gelegentlich jedoch einen sarkastischen Blick von Chris auf, mit dem er zu sagen schien: »Warum bist du bloß so zuvorkommend zu diesen Typen, die uns doch fertigmachen wollen?« Und damit hatte er nicht ganz unrecht, aber sie konnte einfach nicht anders.

Später kam Polly dann in den Sinn, dass die Bank vermutlich aus gutem Grund so nette Angestellte schickte – um Konfrontationen und Streit zu vermeiden und damit die Leute kooperierten. Das machte sie traurig, ihretwegen und auch wegen Chris, aber genauso wegen dieser reizenden Männer, die von Berufs wegen den ganzen Tag mit dem Elend anderer Menschen zu tun hatten. Und das alles war doch wirklich nicht ihre Schuld, auch wenn Chris es natürlich so sah.

»Also«, erklärte nun der ältere der beiden Männer, ein Inder, der einen Turban trug und auf dessen Nasenspitze eine kleine Brille thronte. »Normalerweise werden Insolvenzverfahren vor dem Bezirksgericht verhandelt. Sie müssen dabei nicht beide anwesend sein, es reicht, wenn einer der Direktoren daran teilnimmt.«

Polly war beim Wort »Insolvenz« zusammengezuckt. Das hörte sich so ernst und endgültig an. Bankrott gingen doch normalerweise nur Promis und alberne Popstars, keine hart arbeitenden Menschen wie sie.

Chris schnaubte sarkastisch. »Das kannst ruhig du übernehmen«, sagte er zu Polly. »So was machst du doch gern.«

Mitfühlend sah der jüngere Mann Chris an. »Wir können uns natürlich gut vorstellen, wie schwierig das für Sie sein muss.«

»Wieso?«, fragte Chris. »Sind Sie etwa auch schon mal pleitegegangen?«

Polly starrte wieder den hübschen Leuchtturm an, aber das Bild hatte seine Wirkung leider verloren. Deshalb dachte sie lieber an etwas anderes und bewunderte jetzt Chris’ wunderbare Zeichnungen, die sie vor sieben Jahren bei ihrem Einzug hier aufgehängt hatten. Damals hatten sie beide sich als Mittzwanziger voller Enthusiasmus in das Abenteuer gestürzt, eine Firma für Grafikdesign zu gründen. Am Anfang war es gut gelaufen, Chris hatte aus seinem alten Job ein paar Kunden mitgebracht, und auf der kaufmännischen Seite hatte Polly unermüdlich geschuftet, Networking betrieben, neue Aufträge an Land gezogen und nicht nur Prospekte von Firmen an ihrem Wohnort Plymouth reingeholt, sondern ihren Wirkungskreis bis auf Exeter und Truro erweitert.

Sie investierten in Plymouth in eine Wohnung in einem neu erschlossenen Gebiet am Wasser, in ein minimalistisches und hochmodernes Apartment. Dann zeigten sie sich in all den Restaurants und Bars, in denen man gesehen werden musste. Und es lief gut – zumindest eine Zeit lang. Sie kamen sich wie echte Senkrechtstarter vor und erzählten den Leuten gerne von ihrer eigenen Firma. Aber dann kam 2008 nicht nur die Bankenkrise – neue Computertechnik machte es auch einfacher als je zuvor, Bilder zu bearbeiten und selbst grafisch zu arbeiten. Viele Unternehmen erteilten keine Aufträge mehr, weil sie Kosten senken wollten und Selbstständige einsparten. Chris zufolge ging damit die Qualität des Grafikdesigns den Bach runter, aber vieles wurde jetzt einfach von eigenem Personal erledigt. Es wurde gemacht, aber eben nicht mehr von ihnen.

Polly arbeitete sich die Finger wund. Ohne Unterlass pries sie die Arbeit ihrer talentierten besseren Hälfte an, lockte mit Rabatten und brachte Aufträge rein. Chris hingegen zog sich völlig in sein Schneckenhaus zurück und pflegte seinen Groll gegen eine Welt, die seine wunderbaren Zeichnungen und handgemalten Schriftzüge verschmähte. Während er bockig und schweigsam wurde, versuchte Polly, dem mit einer positiven Einstellung entgegenzuwirken. Es war jedoch gar nicht so einfach, das durchzuhalten.

Irgendwann hatte dann selbst sie ihn angefleht, die Firma aufzugeben und sich anderswo einen Job zu suchen. Damals hatte sie sich von ihm anhören müssen, dass sie nicht zu ihm hielt und gegen ihn intrigierte.

Das war schon ein Weilchen her, aber trotzdem wollte Polly nicht einmal sich selbst eingestehen, wie erleichtert sie war, dass nun endlich alles vorbei war. Natürlich war das Ganze nicht angenehm, vielmehr ganz furchtbar und peinlich. Dabei ging es schließlich vielen Leuten so, die mit ihnen früher durch die Bars in Plymouths trendigem Zentrum gezogen waren. Jeder kannte irgendwen, der dasselbe durchgemacht hatte.

Pollys Mutter hingegen konnte das alles gar nicht verstehen, für sie kam eine Insolvenz quasi einem Aufenthalt im Knast gleich.

Sie würden die Wohnung verkaufen und noch einmal ganz von vorn anfangen müssen. Aber dieser Besuch von Mr Gardner und Mr Bassi von der Bank bedeutete zumindest, dass endlich etwas passierte und jetzt alles geregelt wurde. Die letzten zwei Jahre waren sowohl in beruflicher als auch in persönlicher Hinsicht elend und entmutigend gewesen. Die ganze Sache hatte ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Eigentlich waren sie fast zwei Leute geworden, die sich eher unfreiwillig eine Wohnung teilten. Polly fühlte sich völlig ausgelaugt.

Als sie nun zu Chris rübersah, bemerkte sie in seinem Gesicht Falten, die ihr vorher noch nie aufgefallen waren. Andererseits musste sie sich auch eingestehen, dass sie ihn schon länger nicht mehr richtig angesehen hatte. Sie war immer als Erste nach Hause gegangen, während er noch im Büro geblieben war und stundenlang an den wenigen Aufträgen gefeilt hatte, als könnte er durch Perfektionismus das Unausweichliche abwenden. Wenn er dann heimgekommen war, war sie seinem Blick am Schluss lieber ausgewichen, weil er ihr jedes Mal wie eine Anklage, eine Schuldzuweisung vorgekommen war.

Eins war schon seltsam – wäre hier nur ihre Beziehung in die Brüche gegangen, dann wären alle mitfühlend gewesen, hätten ihnen zu helfen versucht, hätten ihnen mit Ratschlägen tröstend zur Seite gestanden. Aber die Unternehmenspleite schien die Leute zu verschrecken, man hatte zu viel Angst, dazu etwas zu sagen. Man blieb auf Distanz und stellte kaum Fragen, und das galt selbst für Pollys beherzte beste Freundin Kerensa.

Vielleicht lag es an der Furcht vor Armut – die Angst vor dem Verlust des hart erarbeiteten Lebensstandards schien in den Menschen tief zu gründen. Und daher hielten sie sich lieber fern, falls das irgendwie ansteckend sein sollte. Vielleicht war den Leuten ihr Verhalten auch gar nicht klar, oder sie und Chris hatten einfach zu lange die perfekte Fassade aufrechterhalten. Sie hatten gute Miene zum bösen Spiel gemacht, bei Verabredungen zum Essen mit Kreditkarte bezahlt und die Luft angehalten, wenn der Kellner die Karte durchzog. Zu Geburtstagen hatten sie selbst gemachte Geschenke mitgebracht – zum Glück konnte Polly backen, das hatte sich als extrem nützlich erwiesen. Den schicken schwarzen Mazda hatten sie noch, obwohl der jetzt natürlich auch verschwinden musste. Aber das Auto war Polly sowieso egal, wichtig war ihr Chris. Oder er war es zumindest gewesen, aber den alten Chris hatte sie eigentlich schon seit einem Jahr nicht mehr zu Gesicht bekommen. Den liebevollen, witzigen Mann, der am Anfang ihrer Beziehung so schüchtern gewesen und dann richtig aufgeblüht war, nachdem er sich als Grafikdesigner selbstständig gemacht hatte. Die beiden waren ein Team, und Polly unterstützte ihn bei allem. Wie sehr sie an ihn glaubte, bewies sie ihm dann auch, als sie bei der Firma einstieg. Sie investierte ihre gesamten Ersparnisse in das Unternehmen (von denen nach der Hypothek allerdings nicht mehr viel übrig geblieben war), bezirzte Kunden, blieb am Ball und kämpfte um jeden einzelnen Auftrag, wobei sie sich jedoch langsam, aber sicher an den Rand der Erschöpfung arbeitete.

Und damit machte sie es nur noch schlimmer. Der Frühling war eisig kalt, eigentlich fühlte er sich eher wie ein endloser Winter an. An jenem verhängnisvollen Abend kam Chris nach Hause, und sie sah ihm in die Augen, schaute ihn dieses eine Mal wirklich an. »Das war’s«, versetzte er grimmig.

Die Lokalzeitungen machten zu, also ging die Nachfrage nach Layout und Grafikdesign zurück … Und die meisten Firmen brauchten eigentlich auch keine Flyer mehr, oder falls doch, entwarf sie der Inhaber selbst und druckte die Dinger dann einfach aus. Inzwischen war eigentlich jeder sein eigener Fotograf und Designer und übernahm, was Chris einst mit so viel Sorgfalt und Liebe zum Detail erledigt hatte. Es lag nicht nur an der Krise, obwohl die natürlich nicht gerade geholfen hatte. Die Welt veränderte sich einfach. Chris hätte genauso gut versuchen können, Piepser oder Kassetten zu verkaufen.

Sie hatten schon seit Monaten keinen Sex mehr, und wenn...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2016
Reihe/Serie Die kleine Bäckerei am Strandweg
Die kleine Bäckerei am Strandweg
Übersetzer Sonja Hagemann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Backen • Bäckerei • baeckerei • Bestseller • Brot • bücher für frauen • Cornwall • Cottage • Damm • eBook • England • Erwachsenwerden • Fischer • Frauenroman • Geschenkidee • Haus am Meer • Humor • humorvoll • Imker • Insel • Kulinarisch • Küstenroman • Liebe • Liebesroman • Meer • Mount Polbearne • Neil • Neil, the Puffin • Neues Leben • Roman • romantisch • Romatik • Schiffbruch • Schiffsbruch • Strand • Strandbäckerei • Taschenbuch • Taschenbücher • the Puffin • Tiere • Urlaub • Zweite Chance
ISBN-10 3-8270-7864-4 / 3827078644
ISBN-13 978-3-8270-7864-3 / 9783827078643
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