Verstand und Gefühl. Roman (eBook)

Damals - heute - morgen: Reclams Klassikerinnen

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2016 | 1. Auflage
466 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960985-0 (ISBN)

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Verstand und Gefühl. Roman -  Jane Austen
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Ein Roman aus dem ländlichen England des 18. Jahrhunderts über die beiden Schwestern Elinor und Marianne, die bis zum Traualtar einen dornenreichen Weg zurücklegen müssen. Sie sind charakterisiert durch 'sense' und 'sensibility'? durch Verstand und Gefühl. Jane Austen verwickelt sie in eine turbulente Geschichte mit bittersüßem Ende.

Jane Austen (16. 12. 1775 Steventon - 18. 7. 1817 Winchester) gehört zu den bedeutendsten britischen Schriftstellerinnen aller Zeiten, die ihre Romane anonym unter dem Titel 'by a lady' veröffentlichte. Austens Hauptwerke wie 'Stolz und Vorurteil' und 'Emma' zählen zu den Klassikern der englischen Literatur. Im Mittelpunkt ihres literarischen Werks steht vielfach die Zerrissenheit junger Damen des gehobenen ländlichen Bürgertums, die zwischen den Erwartungen des Adels und ihrer eigenen Vorstellung von Glück stehen. Die Übersetzer: Christian Grawe, 1935 geboren, hat Germanistik, Philosophie und Geschichte studiert und war bis zu seiner Emeritierung Professor für deutsche Literatur an der University of Melbourne (Australien). Zusammen mit seiner Frau Ursula Grawe hat er die Romane, Romanfragmente und Briefe Jane Austens zum erstenmal vollständig ins Deutsche übersetzt. Bei Reclam hat er zudem zahlreiche Editionen und Interpretationen von Werken der deutschen und englischen Literatur herausgegeben.

Jane Austen (16. 12. 1775 Steventon – 18. 7. 1817 Winchester) gehört zu den bedeutendsten britischen Schriftstellerinnen aller Zeiten, die ihre Romane anonym unter dem Titel "by a lady" veröffentlichte. Austens Hauptwerke wie "Stolz und Vorurteil" und "Emma" zählen zu den Klassikern der englischen Literatur. Im Mittelpunkt ihres literarischen Werks steht vielfach die Zerrissenheit junger Damen des gehobenen ländlichen Bürgertums, die zwischen den Erwartungen des Adels und ihrer eigenen Vorstellung von Glück stehen. Die Übersetzer: Christian Grawe, 1935 geboren, hat Germanistik, Philosophie und Geschichte studiert und war bis zu seiner Emeritierung Professor für deutsche Literatur an der University of Melbourne (Australien). Zusammen mit seiner Frau Ursula Grawe hat er die Romane, Romanfragmente und Briefe Jane Austens zum erstenmal vollständig ins Deutsche übersetzt. Bei Reclam hat er zudem zahlreiche Editionen und Interpretationen von Werken der deutschen und englischen Literatur herausgegeben.

Kapitel 1


Die Familie Dashwood war seit langem in Sussex ansässig. Ihr Besitz war ausgedehnt, und ihr Herrenhaus lag in Norland Park, im Zentrum ihrer Ländereien, wo sie viele Generationen lang auf so achtbare Weise gelebt hatten, dass sie bei den Bekannten in der Umgebung allgemein in hohem Ansehen standen. Der vorherige Eigentümer des Besitzes war ein Junggeselle, der ein sehr hohes Alter erreicht und in seiner Schwester viele Jahre lang eine ständige Gefährtin und Haushälterin gehabt hatte. Aber ihr Tod, der zehn Jahre vor seinem eigenen eintrat, brachte große Veränderungen in seinem Haus mit sich, denn um ihren Verlust zu ersetzen, lud er die Familie seines Neffen Mr. Henry Dashwood ein, des gesetzlichen Erben von Norland, dem er den Besitz ohnehin vermachen wollte, in seinem Haus zu leben. In der Gesellschaft seines Neffen und seiner Nichte und ihrer Kinder verbrachte der alte Herr seine Tage in großer Behaglichkeit. Alle wuchsen sie ihm mehr und mehr ans Herz. Die ständige Sorge von Mr. und Mrs. Henry Dashwood um sein Wohlergehen, die nicht bloßem Eigennutz, sondern echter Herzensgüte entsprang, gewährte ihm all die Bequemlichkeit, die er in seinem Alter brauchte, und die Ausgelassenheit der Kinder gab seinem Leben einen zusätzlichen Reiz.

Aus einer früheren Ehe hatte Mr. Henry Dashwood einen Sohn, von seiner jetzigen Gemahlin drei Töchter. Der Sohn, ein zuverlässiger, angesehener junger Mann, war durch das beträchtliche Vermögen seiner Mutter, das bei seiner Volljährigkeit zur Hälfte in seinen Besitz gekommen war, großzügig versorgt. Durch seine eigene Heirat, die kurz darauf stattfand, vergrößerte er sein Vermögen noch weiter. Die Nachfolge auf Norland war also für ihn nicht so unbedingt wichtig wie für seine Schwestern, denn ihr Vermögen würde ohne das, was ihnen durch den Anspruch ihres Vaters auf den Besitz zufallen würde, nur gering sein. Ihre Mutter hatte nichts, und ihr Vater nur siebentausend Pfund zu seiner eigenen Verfügung, denn die restliche Hälfte des Vermögens seiner ersten Frau sollte ebenfalls an ihren Sohn übergehen, und er verfügte darüber nur zu seinen Lebzeiten.

Der alte Herr starb, sein Testament wurde eröffnet und gab wie fast alle Testamente ebenso Anlass zu Enttäuschung wie zu Freude. Er war weder so ungerecht noch so undankbar, seinem Neffen den Besitz vorzuenthalten, aber er vermachte ihn ihm unter Bedingungen, die das Erbe zur Hälfte wieder entwerteten. Mr. Dashwood war daran mehr um seiner Frau und seiner Töchter willen als seinet- und seines Sohnes wegen gelegen gewesen, aber eben an diesen Sohn und dessen Sohn, ein Kind von vier Jahren, ging der Besitz über, und zwar so, dass der Vater keine Möglichkeit hatte, durch eine finanzielle Belastung des Grundbesitzes oder durch den Verkauf seines wertvollen Holzbestandes für die zu sorgen, die ihm am nächsten standen und die seine Fürsorge am dringlichsten brauchten. Alles sollte eines Tages diesem Kind zugutekommen, das bei den gelegentlichen Besuchen mit seinem Vater und seiner Mutter durch Reize, die bei zwei- oder dreijährigen Kindern durchaus nicht ungewöhnlich sind, wie eine kindliche Aussprache, den unbeirrbaren Wunsch, seinen Willen durchzusetzen, viele ausgelassene Streiche und eine Menge Krach, die Zuneigung seines Großonkels so weit gewonnen hatte, dass all die Fürsorge, die dieser jahrelang von seiner Nichte und ihren Töchtern empfangen hatte, sie nicht aufwogen. Er hatte allerdings nicht die Absicht, lieblos zu sein, und als Beweis seiner Zuneigung zu den drei Mädchen hinterließ er jeder eintausend Pfund.

Mr. Dashwoods Enttäuschung war zuerst empfindlich. Aber er war von Natur heiter und optimistisch und hatte allen Grund zu der Hoffnung, noch viele Jahre zu leben und durch sparsames Wirtschaften eine erhebliche Summe aus dem Ertrag eines Besitzes beiseitezulegen, der ohnehin schon ergiebig war und fast von heute auf morgen noch ertragreicher gemacht werden konnte. Aber der Reichtum, der so lange auf sich hatte warten lassen, sollte ihm nur ein Jahr lang zugutekommen. Länger überlebte er seinen Onkel nicht, und zehntausend Pfund, einschließlich der Summe an die Mädchen, war alles, was für seine Witwe und seine Töchter übrig blieb.

Sobald sein Gesundheitszustand erkannt war, wurde sein Sohn gerufen, und mit all der Überzeugungskraft und Eindringlichkeit, die er bei seiner Krankheit aufbringen konnte, legte ihm Mr. Dashwood die Sorge um seine Stiefmutter und seine Schwestern ans Herz.

Mr. John Dashwood ließ sich nicht so von Gefühlen leiten wie der Rest der Familie. Aber ein solcher Wunsch zu einer solchen Zeit verfehlte seine Wirkung auf ihn nicht, und er versprach, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um ihnen das Leben zu erleichtern. Sein Vater fühlte sich durch diese Versicherung von einer Last befreit, und Mr. John Dashwood hatte nun Muße, darüber nachzudenken, wie weit er bei aller Vorsicht in seiner Hilfsbereitschaft gehen konnte.

Er hatte keinen schlechten Charakter, es sei denn, man hielte eine gewisse Gefühlskälte und einen gewissen Egoismus für einen Mangel an Charakter, aber er war im Allgemeinen recht angesehen, denn er ließ es bei der Erfüllung seiner alltäglichen Pflichten an Anstand nicht fehlen. Hätte er eine liebenswürdigere Frau geheiratet, hätte er sich vielleicht zu einem noch angeseheneren, hätte er sich vielleicht sogar zu einem liebenswürdigen Menschen entwickelt, denn er war noch sehr jung, als er heiratete, und hing sehr an seiner Frau. Aber Mrs. John Dashwood war eine ausgesprochene Karikatur seiner selbst: nur noch engstirniger und egoistischer.

Als er seinem Vater sein Versprechen gab, dachte er daran, das Vermögen seiner Schwestern durch ein Geschenk von je eintausend Pfund zu vergrößern. Er glaubte damals selbst, es über sich bringen zu können. Die Aussicht auf viertausend Pfund pro Jahr zusätzlich zu seinem gegenwärtigen Einkommen, dazu die restliche Hälfte aus dem Vermögen seiner Mutter, erwärmte ihm das Herz und gab ihm das Gefühl, er könne sich Großzügigkeit leisten. Ja, er würde ihnen dreitausend Pfund geben, das wäre generös und nobel! Es wäre genug, um sie aller Sorgen zu entheben. Dreitausend Pfund! Er könnte eine so erhebliche Summe ohne große Einschränkungen entbehren. Er dachte den ganzen Tag und noch viele weitere Tage darüber nach und bereute nichts.

Kaum war das Begräbnis seines Vaters vorüber, als Mrs. John Dashwood, ohne ihre Schwiegermutter vorher von ihrer Absicht in Kenntnis zu setzen, mit ihrem Kind und ihrem Personal eintraf. Niemand konnte ihr das Recht zu kommen streitig machen; das Haus gehörte unmittelbar mit dem Tod seines Vaters ihrem Mann. Die Ungehörigkeit ihres Benehmens wurde außerordentlich stark empfunden und wäre für jede Frau in Mrs. Dashwoods Lage, die auch nur ein Fünkchen Zartgefühl gehabt hätte, äußerst unangenehm gewesen. Aber sie selbst besaß ein so ausgeprägtes Ehrgefühl, eine so romantische Großzügigkeit, dass eine derartige Beleidigung, gleichgültig, wer sie verursachte oder wem sie zugefügt wurde, sie mit unüberwindlicher Abscheu erfüllte. Mrs. John Dashwood war bei der Familie ihres Mannes nie sehr beliebt gewesen. Aber sie hatte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gelegenheit gehabt, ihnen zu zeigen, mit wie wenig Rücksicht auf das Wohlergehen anderer sie handeln konnte, wenn die Umstände es erforderten.

So empfindlich traf Mrs. Dashwood dieses unfreundliche Verhalten und so gründlich verachtete sie ihre Schwiegertochter dafür, dass sie bei ihrer Ankunft auf der Stelle ausgezogen wäre, wenn das Zureden ihrer ältesten Tochter sie nicht veranlasst hätte, erst noch einmal über die Richtigkeit ihrer Abreise nachzudenken, und wenn ihre eigene zärtliche Liebe für alle drei Kinder sie anschließend nicht bewogen hätte, zu bleiben und um ihretwillen den Bruch mit ihrem Stiefsohn zu vermeiden.

Elinor, die älteste Tochter, deren Rat befolgt wurde, besaß einen so klaren Verstand und ein so nüchternes Urteilsvermögen, die sie trotz ihrer neunzehn Jahre zur Ratgeberin ihrer Mutter machten und es ihr häufig erlaubten, zum Vorteil aller, der Impulsivität von Mrs. Dashwood entgegenzuwirken, die sonst zu vorschnellem Handeln geführt hätte. Sie war ein hochherziger Mensch, liebevoll von Natur, mit starken Empfindungen, aber sie wusste sich zu beherrschen – eine Kunst, die ihre Mutter noch lernen musste und die eine ihrer Schwestern entschlossen war, sich niemals beibringen zu lassen.

Mariannes Fähigkeiten standen denen Elinors keineswegs nach. Sie war gefühlvoll und gescheit, aber in allem überspannt. Ihr Schmerz und ihre Freude kannten kein Maß. Sie war großzügig, liebenswürdig, interessant, sie war alles – außer besonnen. Die Ähnlichkeit zwischen ihr und ihrer Mutter war auffallend groß.

Elinor betrachtete das Übermaß von Empfindsamkeit bei ihrer Schwester mit Sorge. Aber von Mrs. Dashwood wurde es geschätzt und ermutigt. Die beiden bestärkten sich nun gegenseitig in ihrem heftigen Schmerz. Der...

Erscheint lt. Verlag 4.2.2016
Reihe/Serie Reclam Taschenbuch
Übersetzer Ursula Grawe, Christian Grawe
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 18. Jahrhundert • 19. Jahrhundert • England • Entspannung • Ferien • Jane Austen Neuübersetzung • Lektüre • Roman • Urlaub
ISBN-10 3-15-960985-5 / 3159609855
ISBN-13 978-3-15-960985-0 / 9783159609850
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