Tristan und Isolde (eBook)
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-69053-2 (ISBN)
Zum Buch
Gottfried von Straßburgs Geschichte von Tristan und Isolde ist eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Der mittelalterliche Kosmos wird hier in geradezu erschütternder Weise von innen heraus gesprengt. Denn die Liebe von Tristan und Isolde, die Verrat, Betrug und Lüge in Kauf nimmt, gehorcht keinem göttlichen Willen mehr, sondern allein sich selbst und ihren eigenen Gesetzen. Isolde ist Tristans Onkel, dem König von Cornwall und England, zugedacht, dem jedoch Tristan und Isolde beide die Treue brechen. Gottfrieds Epos erzählt von den Beglückungen ihrer Liebe, von Argwohn und Eifersucht des Königs, der Mißgunst der Höflinge, den zunehmenden Gefahren, denen sich die beiden Liebenden aussetzen, und ihrer endgültigen Trennung. Das Nachwort Peter Wapnewskis führt in Gottfrieds klassisches Werk ein und erklärt seine bis heute anhaltende Faszinationskraft.
<p><strong>Zum Autor</strong><br /> Gottfried von Straßburgs Geschichte von Tristan und Isolde ist eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur.</p>
lt;p>Zum Autor
Gottfried von Straßburgs Geschichte von Tristan und Isolde ist eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur.
Cover 1
Titel 2
Zum Buch 3
Impressum 4
Was Bisher Geschah 5
Der Minnetrank 7
Das Recht der Minne 21
Brangäne 37
Das Gottesurteil 46
Die Verbannung 66
Die Minnegrotte 74
Die Entdeckung 91
Rückkehr und Trennung 102
Peter Wapnewski: Der Tristan des Gottfried von Strassburg 131
DER MINNETRANK
Als dies war alles abgetan,
da sagte der König dem Hofe an,
des Landes Cumpanionen,
den Rittern und Baronen,
daß dies Tristan wäre,
und erzählte all die Märe,
wie er sie selber vernommen:
warum er nach Irland war gekommen,
und daß er ihm versprochen,
Frieden, ungebrochen,
mit Markes Hof zu machen
in allen den Sachen,
die jener ihm verkünde.
Von Irland das Gesinde
war über diese Nachricht froh.
Die Landesherren sprachen so:
die Sühne sei indessen
gerecht und angemessen,
denn lang gehegte Feindlichkeit
treibe mit Schaden hin die Zeit.
Der König begehrte und erbat,
daß Tristan dafür eintrat
noch hier an dieser Stätte,
wie ers versprochen hätte.
Und dies geschah auch; Tristan
und sein Gefolge Mann für Mann
beschworen vor den Zeugen
Cornwall das Land zu eigen
Isolds als Morgengabe,
und daß sie die Herrschaft habe
über England als Königin.
König Gurmun befahl daraufhin
Isot von Hand zu Hande
ihren Feind Tristande.
Ihrem Feind: ich wähle dieses Wort;
für sie bestand der Haß noch fort. –
Tristan nahm sie an seine Hand.
«König», sprach er, «Herr von Irland,
wir bitten euch, meine Herrin und ich,
daß ihr für sie und auch für mich –
es sei Ritter oder Ritters Kind,
die als Zins nach hier gegeben sind
von Cornwall und von England,
sie sollen in meiner Herrin Hand
mit Recht und Billigkeit nun sein:
sie zieht als Königin dort ein.
Darum also laßt sie frei.»
«Nun gern», sprach Gurmun; «es sei;
mit Frieden von meinen Seiten
sollen alle euch begleiten.»
Da waren viele von Herzen froh. –
Tristan ließ vorbereiten so
ein Schiff noch zu dem seinen;
es müsse würdig scheinen
für ihn und für Isolde
und wen er sonst noch wollte.
Und als auch dies bereit ward,
bereitete Tristan sich zur Fahrt.
Und wo sie auch waren,
die heimatlosen Scharen,
bei Hof und draußen in dem Land,
sie alle wurden herbesandt. –
Wie Tristan mit den Seinen dort
seine Fahrt aus Irland fort
bereitete und richtete,
da mischte und erdichtete
Isot die Königin indes
in einem kleinen Glasgefäß
einen Trank der Minne,
der mit so feinem Sinne
erfunden war und vorbedacht,
mit solcher Wunderkraft vollbracht,
daß, wer mit jemand ihn genoß,
den mußte er gedankenlos
vor allen minnen und meinen,
und jenes wieder ihn, den einen.
Ihnen war ein Tod und ein Leben,
ein Trauern, ein Glück mitsamt gegeben. –
Den Trank den nahm die Weise;
sie sprach zu Brangäne leise:
«Brangäne», sprach sie, «höre her!
Nimm meine Worte nicht zu schwer:
Du sollst bei meiner Tochter sein;
stell deinen Willen darauf ein.
Was ich dir sage, merke das:
Nimm diesen Trank in diesem Glas;
das habe du in guter Hut,
und hüte es über alles Gut;
sieh, daß es auf der Erde
niemand inne werde;
mit Fleiße es verdecke,
daß niemand davon schmecke;
befleiße dich nicht wenig:
wenn Isot und der König
mit Minne kommen überein,
dann schenke ihnen den Trank als Wein,
und laß sie ihn beide trinken aus.
Sorge, daß keiner sonst daraus
mit ihnen koste! Das hat Gewicht!
Du selbst auch trinke mit ihnen nicht!
Es ist ein Trank der Minne:
das behalte wohl im Sinne.
Isolde ich dir befehle
dringend auf deine Seele.
An ihr allein liegt all mein Leben;
ich und sie seien dir übergeben
bei deiner Seele Seligkeit! –
Hiermit genug für allezeit.»
Brangäne sprach: «Teure Königin,
liegt euer beider Wunsch darin,
so will ich gerne mit ihr fahren,
ihre Ehre und all ihr Ding bewahren,
wie ich es aufs beste kann.»
Abschied nahm nun Tristan
und all sein Volk hier und dort.
Sie schieden von Weisefort
mit reichlicher Fröhlichkeit.
Zum Hafen gaben das Geleit
Isolde zu Gefallen
ihre Eltern mit allen
Rittern der Massenïe. –
Seine unverwähnte Amïe,
seine unwendbare Herzensnot,
die lichte, wonnige Isot,
hielt sich in dem Geleite
weinend an seiner Seite.
Ihr Vater und Mutter beide
verbrachten mit manchem Leide
die Stunden, die noch blieben.
Da begann sich zu trüben
manch Auge und es wurde rot.
Isot war manches Herzens Not:
sie brachte so manchem Herzen
insgeheime Schmerzen.
Die weinten um die Holde,
ihrer Augen Licht, Isolde.
Da war vereint das Weinen:
im Weinen sich vereinen
viel Augen und viel Herzen
mit offnen und stillen Schmerzen.
Und hier Isot und dort Isot,
die Sonne und ihr Morgenrot,
auch die schöne Brangäne,
der Vollmond gegen jene,
wo sie sich mußten scheiden,
die eine von den beiden,
da sah man Jammer und Leid;
die getreue Gemeinsamkeit,
sie trennte sich mit Leide.
Isot küßte sie beide
und hielt sie lang umschlossen.
Als nun Tristans Genossen
und auch von irischer Seite
der jungen Frau Geleite
waren zu Schiff alle gekommen
und hatten Abschied genommen,
da schritt zuletzt auch Tristan hin;
die lichte junge Königin,
die Blume von Irland,
Isot, sie schritt an seiner Hand,
traurig und mit schwerem Sinn.
Sie neigten sich nach dem Lande hin,
und baten Gott, mit seinem Segen
der Leute des Lands zu pflegen.
Sie stießen ab, es ging von dann;
mit hoher Stimme hoben sie an,
einmal und wieder scholl es hier:
«In Gottes Namen fahren wir.»
So glitten sie übers Meer dahin.
Den Frauen war im Schiffe drin
nach Tristans eignem Rate
eine Schiffskemenate
zu ihrem Verfügen
gerichtet nach Genügen.
Es hielt sich die Königin
mit ihren Mädchen darin,
und kaum je sonst ein Mann,
als zuweilen Tristan.
Der ging dann und wann dahin
und tröstete die Königin,
wo sie unter Tränen saß.
Sie weinte und beklagte das,
daß sie so von ihrem Lande,
wo sie die Leute kannte,
und allen ihren Freunden fliehe,
mit fremdem Volk von dannen ziehe,
weiß nicht, wohin oder wie.
Dann tröstete Tristan sie
sanft aus Herzensgrunde;
zu jeder Zeit und Stunde,
wenn er zu ihrem Trauern kam,
zwischen die Arme er sie nahm
so sanft und so leise,
und doch nur in der Weise
wie ein Vasall die Herrin soll.
Der Getreue der erhoffte wohl,
daß er der Schönen wäre
Erleichterung ihrer Schwere.
Und so oft wie es erging,
daß er mit Armen sie umfing,
so gedachte die schöne Isot
an ihres Oheims Morold Tod,
und sprach alsdann wider ihn:
«Laßt gehn, Meister, hebt euch hin!
Tut eure Arme von mir!
Ihr seid mir sehr beschwerlich, ihr!
Warum denn rührt ihr mich an?»
«Ach, habe ich daran mißgetan?»
«Ja, weil die Feindschaft fortbesteht.»
«Beste, so sagt, worum es geht.»
«Ihr schluget meinen Oheim tot.»
«Das ist versühnt.» – «Doch ohne Not.
Ich will von euch nichts wissen.
Denn, hätt’ ich Sorge müssen
und Schweres tragen, wärt nicht ihr?
Ihr ganz alleine nur habt mir
all diesen Kummer angetan
mit Zauberei und falschem Wahn.
Was hat euch mir zum Schaden gesandt
von Cornwall nach Irland?
Die mich von Kind an haben erzogen,
denen habt ihr mich abbetrogen,
und führt mich, weiß doch nicht wohin.
Ich weiß nicht, wie verkauft ich bin,
noch weiß ich, was mir folgt darauf.»
«Nein, schöne Isot, richtet euch auf!
Ihr seid doch lieber im fremden Land
eine reiche Königin genannt,
als bei den Eignen arm und schwach.
Im Ausland Ehre und Wohlgemach
und Schande in eignen Reichen,
das läßt sich nicht vergleichen.»
«Nein, Meister», sprach die junge Magd,
«lieber nähm’ ich, was ihr auch sagt,
eine mäßige Sache
bei Liebe und bei Gemache,
als Ungemach und Mühsal
bei großem Reichtum zumal.»
«Ihr redet wahr», sprach Tristan;
«doch wenn man sich erhalten kann
Reichtum bei Wohlgemache,
diese und jene Sache
gehn lieber doch gemeinsam
als jede für sich und einsam.
Nun sagt, wär’ es dazu gekommen,
hättet ihr unter Zwang genommen
den Truchseß zum Gemahle,
wie stünd’ es in diesem Falle?
Ich weiß wohl, dann wärt ihr froh
und danktet mir die...
Erscheint lt. Verlag | 20.1.2016 |
---|---|
Reihe/Serie | Beck'sche Reihe | Beck'sche Reihe |
Mitarbeit |
Anpassung von: Hermann Kurtz, Wolfgang Mohr, Peter Wapnewski |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Argwohn • Betrug • Eifersucht • Geschichte • Liebe • Literatur • Lüge • Mittelalter • Mittelhochdeutsch • Romantik • Verrat |
ISBN-10 | 3-406-69053-X / 340669053X |
ISBN-13 | 978-3-406-69053-2 / 9783406690532 |
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