Rabensturm (eBook)

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2015 | 1. Auflage
910 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-17776-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rabensturm -  Bernhard Hennen
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Ein märchenhaftes und phantastisches Epos vom Großmeister der deutschen Fantasy
Dies ist die atemberaubende Geschichte des Sklaven Omar, der mit der Tochter seines Herrn in die Wüste flieht - verfolgt von einem finsteren Magier, der nicht eher ruhen wird, bis er Omar für diesen Frevel bestraft hat ...

Bernhard Hennen, 1966 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Mit seiner »Elfen«-Saga stürmte er alle Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Bernhard Hennen lebt mit seiner Familie in Krefeld.

»Ich bin eine Frau, die über Karawanen gebietet. Mein Vater ist ein reicher Handelsfürst!«

Der Reiter lachte verschmitzt. »Wo hast du denn deine Karawanen gelassen? Oder nennst du das eine Karawane, was dir da folgt? Ein Weib, ein unreifer Knabe und ein Ungläubiger. Welch eine erbärmliche Gesellschaft für die Tochter eines reichen Kaufmanns!«

Melikae reckte stolz das Kinn. »Zweifelst du an meinen Worten?«

»Könnte eine so schöne Frau wie du denn lügen?« Plötzlich wurde der Krieger wieder ernst. »Ihr befindet euch auf dem Gebiet der Beni Schebt, ohne dass wir euch zu kommen baten. Ihr werdet Wasser aus unseren Brunnen stehlen. Sag, was tätest du mit einem Dieb, den du auf deinem Land fändest?«

Melikae hielt dem stechenden Blick des Kriegers stand. »Ich brächte ihn zu meinem Herrn, auf dass er das Urteil fällte. Wen du einmal getötet hast, den wirst du nicht mehr aus Rastullahs Armen reißen. Also bedenke wohl, was du tust, denn ich kenne deinen Herren, Sultan Mahmud ben Dschelef. Töte mich, und deine Sippe wird auf immer in Ungnade fallen. Bring mich zu ihm, und er wird dich belohnen. Das ist natürlich kein Rat, denn auch wenn ich eine Sharisad bin, würde ich es mir niemals erlauben, einem stolzen Krieger einen Rat zu geben, denn ich weiß, dass die Söhne der Beni Schebt stets weise entscheiden und nicht auf das Wort einer Frau angewiesen sind.«

Das Pferd des Kriegers tänzelte unruhig. Er schien zu zögern. »Und was ist, wenn ich dich töte und deinen Schmuck und deine Pferde an mich nehme? Wer sollte dich hier jemals finden? Es hieße, die große Wüste hätte dich und die deinen verschlungen, Weib.«

»Tu es, und auch dein Leben wird verwirkt sein. Ich sage dir noch einmal, ich bin keine einfache Dirne, sondern die Tochter eines mächtigen Kaufmanns. Nimm meine Pferde, und du wirst niemals sicher sein, dass du nicht jemandem begegnest, der weiß, aus wessen Stall sie stammen. Versuche, meinen Schmuck zu verkaufen, und die Goldschmiede werden verraten, wer ihnen diese Stücke gebracht hat. Töte mich, und du wirst nicht reicher werden, denn du wirst es nicht wagen können, deine neuen Schätze irgendwo zu zeigen. Und was ist schon Reichtum, wenn man ihn nicht zeigen kann?«

Melikae machte eine kurze Pause. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln und hoffte, dass es auch jetzt noch so entwaffnend war wie auf den Festen ihres Vaters, wenn sie mit reichen Kaufmannssöhnen getändelt hatte.

»Sieh, du bist ein mächtiger Krieger, und ich beuge mein Haupt vor dir und deinen stolzen Reitern. Wo gibt es eine edlere Schar unter Rastullahs Sonne als an deiner Seite? Und doch weiß ich, dass dein wahrer Reichtum deine Weisheit ist. Du wirst nicht von uns lassen, weil du Angst hättest, sondern weil es dir so gefällt.«

Der Reiter zog die Augenbrauen zusammen. Melikae schluckte. Hatte sie etwas Falsches gesagt?

Plötzlich begann der Krieger laut zu lachen. »Es ist wirklich erstaunlich, wie gut du mich kennst, Weib, während du noch nicht einmal meinen Namen weißt. Ich bin Raschid ben Karim, der Neffe des Sultans. Und weil es mir so gefällt, werde ich euch nicht laufen lassen, sondern zu meinem Onkel, dem Sultan, bringen, der ganz in der Nähe im Winterlager meines Vaters zu Gast ist. Folgt mir!«

Erleichtert atmete Melikae aus. Auch wenn sie ihre Freiheit vorläufig verloren hatten, so waren sie wenigstens noch am Leben. Vielleicht war es sogar das Beste, in ein Lager der Beni Schebt zu gelangen. Dort würden die Häscher ihres Vaters es nicht wagen, sie anzugreifen.


Gemeinsam mit Fendal und Neraida kauerte Omar dicht bei den Pferden im Sand und beobachtete das Zelt des Sultans. Es musste mehr als zwanzig Schritt lang sein und war eines der größten Zelte, die er je gesehen hatte. Sein Stoff unterschied sich kaum von dem der anderen Zelte. Überall in der Khom verwendete man Stoffbahnen aus schwarz gefärbtem, fein gesponnenem Kamelhaar. Die Seitenwände des langen Sultanszeltes waren hochgeschlagen, sodass jeder Windhauch den Männern Kühlung brachte. Die Krieger saßen auf prächtigen Teppichen, zwischen denen man an einigen Stellen Platz für steingefasste Feuerstellen gelassen hatte. Auch wenn das Zelt sehr lang war, so war es nicht mehr als höchstens vier Schritt breit.

So kam es, dass Sultan Mahmud ben Dschelef, seine Berater und seine Verwandten in einer langen Reihe nebeneinander saßen. Einige lehnten sich auf Kissen, andere wiederum hatten die Beine untergeschlagen und saßen kerzengerade. Zwei Frauen machten sich an der einzigen Feuerstelle zu schaffen, die benutzt wurde. In kleinen Kupferkannen hielten sie den Tee warm, der zu den Verhandlungen gereicht wurde.

Melikae saß so, dass Omar nur ihren Rücken sah. Während sie sprach, gestikulierte sie mit den Armen, doch sie war zu weit entfernt, als dass er ihre Worte hören konnte.

Der Novadi ließ den Blick über das Lager der Beni Schebt schweifen. Fast dreißig Zelte waren aufgeschlagen, aber kaum ein Mensch war zu sehen. Die Männer und Frauen hatten sich vor der Mittagsglut zurückgezogen. Ab und an hörte man das Schreien eines unruhigen Kamels, doch sonst herrschte völlige Stille. Mit einem dürren Stöckchen zog Omar Linien in den Sand und verwischte sie sogleich wieder. Es machte ihn unruhig, wie gut Melikae es verstand, mit anderen Männern umzugehen. Immer wieder klang lautes Lachen vom Zelt des Sultans.

Rastlos drehte er das Holzstöckchen zwischen den Fingern. Wie lange würde es wohl dauern, bis Melikae einen Mann fand, der ihr besser gefiel? Was konnte er ihr außer seiner Liebe schon bieten? Sicher hatte sie ihm in der Felsoase ewige Treue geschworen, doch wie lange würde sie der Versuchung widerstehen, wenn er ihr nicht das Leben bieten konnte, das sie gewohnt war? Diese verfluchten Beni Schebt! Hätten sie nicht seine Sippe überfallen und seine Eltern gemordet, dann wäre er jetzt kein Habenichts. Aber er hätte auch Melikae niemals kennengelernt … Mit leisem Knacken zerbrach das Stöckchen zwischen seinen Fingern. Es war unnütz, mit dem Schicksal zu hadern. Sein Leben lag in Rastullahs Hand, und nur wenn er auf ihn vertraute, würde sich alles zum Besten wenden.

Melikae hatte sich jetzt erhoben und verbeugte sich kurz vor dem Sultan. Dann drehte sie sich um und verließ das Zelt. Sie strahlte. Hatte sie den anderen Männern auch dieses strahlende Lächeln geschenkt? Omar fand, dass sie allzu leichtfertig mit ihren Reizen umging. Vielleicht verstünde einer der Krieger des Sultans ihr Lächeln falsch. Aber sollten sie nur versuchen, seine Frau zu berühren, dachte Omar wütend. Er hatte ohnehin noch eine Rechnung mit den Beni Schebt offen.

»Sie haben die Pferde genommen!«, rief ihnen Melikae entgegen. »Wir bekommen vier Reitkamele und zwei Lastkamele dafür. Außerdem will der Sultan mir auch ein kleines Zelt schenken. Habe ich nicht gut verhandelt?«

Der Novadi nickte. Wie gut dieses Geschäft war, würde sich erst zeigen, wenn sie die Kamele zu Gesicht bekämen.

»Was ist mit dir, Omar? Du benimmst dich so seltsam.«

»Findest du?« Omar zwang sich zu einem Lächeln. »Es ist nur … Ich nehme nicht gern etwas von den Beni Schebt an. Vielleicht stammen die Kamele, die du gerade eingetauscht hast, von denen ab, die sie meinen Eltern gestohlen haben. Das heißt, sie würden mir ohnehin rechtmäßig gehören.«

»Sei still!« Melikae blickte sich ängstlich um, ob sie vielleicht jemand gehört haben konnte. »Vergiss die Blutrache! Was willst du ganz allein gegen all die Krieger im Lager ausrichten? Der Sultan hat uns freundlich aufgenommen. Du wirst jetzt doch nicht das Gastrecht brechen und ihn bestehlen?«

»Ein guter Krieger muss wissen, wann ein Kampf aussichtslos ist, Omar«, mischte sich Neraida ein, die bislang schweigend zugehört hatte. »Wenn du jetzt deinen Dolch gegen die Beni Schebt ziehst, so werden wir alle gemeinsam sterben müssen. Du siehst doch, wie groß das Lager ist. Glaubst du, wir könnten ihnen entkommen? Oder …«

Omar blickte Melikae fest in die Augen. Sie war so schön. Er hörte nicht mehr, was Neraida sagte. Es war, als gäbe es nur noch ihn und die Sharisad.

»Vertraust du mir nicht mehr?« Ihre Stimme klang unendlich traurig. Er schämte sich für seine Eifersucht und konnte ihr nicht länger in die Augen blicken.

»Bitte, verzeih mir. Es ist nur …« Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wie konnte er Melikae erklären, wie unerträglich es für ihn war, wenn sie nicht an seiner Seite war? Auch über seine Ängste mochte er nicht mit ihr reden. Wahrscheinlich würde sie ihn für so unmännliche Gefühle nur verachten.

»Entschuldigt, wenn ich mir einfach so erlaube, euch Verliebte zu stören, aber ich glaube, wir geraten jetzt in Schwierigkeiten.« Fendal war zwischen sie getreten. »Seht doch einmal nach hinten!«

Der Thorwaler wies mit ausgestrecktem Arm nach Norden. »Ich fürchte, wir bekommen Besuch von diesem verfluchten Echsenanbeter und seinen Spießgesellen.«

Auch im Lager war die Reitergruppe bemerkt worden. Eilig brachten junge Männer Pferde zum Zelt des Sultans, während sich vor dem Lager einige Krieger auf Kamelen sammelten.

Omar schluckte. Nach dem Kampf mit Fendal musste Abu Dschenna geahnt haben, dass auch Melikae nicht mehr weit sein konnte. Anders war nicht zu erklären, dass er selbst während der Mittagsstunden nicht rastete. Solche Strapazen brächten jedes Pferd innerhalb weniger Tage um. Doch offensichtlich war er fest entschlossen, der Jagd ein schnelles Ende zu bereiten und sie nicht noch einmal entkommen zu lassen.

Zwischen den Kamelreitern und den Kopfjägern kam es zu einem kurzen Wortwechsel. Dann ritt ihr Anführer eskortiert von einigen Beni Schebt ins Lager ein, wo ihn der Sultan und sein Gefolge...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2015
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuer • Aventurien • eBooks • Fantasy • Flucht • High Fantasy • Magier • Reihe • Roman • Sklave
ISBN-10 3-641-17776-6 / 3641177766
ISBN-13 978-3-641-17776-8 / 9783641177768
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