Der Biss der Schlange (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
100 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-18396-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Biss der Schlange -  Carolyn J. Cherryh
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Zone Hydra: Unter Quarantäne
Die Region der Hydra ist ein absolut unzugänglicher Sektor der Galaxis in der Nähe der Erde. Er wird von den Majat, einer insektoiden Spezies, bewohnt, die unberechenbar und aggressiv ist. Deswegen wurde die Region der 'Wasserschlange' für menschliche Siedler gesperrt und die Grenze gut bewacht. Trotzdem hat es vor langer Zeit Menschen gegeben, die in das Gebiet vorgedrungen sind und es geschafft haben, mit den Majat zusammenzuleben. Das Vertrauen der Majat zu gewinnen war aber nur möglich, indem sie einen Teil des Menschseins aufgaben. Raen, eine letzte Überlebende der Sul-Familie, weiß, dass es diesseits wie jenseits der Grenze Kräfte gibt, denen das Tabu ein Dorn im Auge ist, weil sie sich an den Ressourcen der Region bereichern wollen. Aber sie weiß aus eigener Erfahrung, dass ein Biss der Schlange für die menschliche Zivilisation tödlich wäre ...

Caroline Janice Cherryh, geboren am 1. September 1942 in St. Louis, Missouri, wuchs in Oklahoma auf und begann im Alter von zehn Jahren mit dem Schreiben von Science-Fiction-Geschichten, als ihr die Handlung ihrer Lieblingsserie 'Flash Gordon' nicht mehr gefiel. Sie machte ihren Universitätsabschluss in Archäologie, Mythologie und Ingenieursgeschichte. Mitte der Sechzigerjahre unterrichtete sie Latein und Altgriechisch an der John Marshall High School in Oklahoma. In den Ferien schrieb sie Romane, die auf der antiken Mythologie und Geschichte beruhten. 1976 wurden ihre ersten beiden Romane veröffentlicht und legten den Grundstein für ihre erfolgreiche Karriere als Schriftstellerin, in der sie mehrfach mit dem Hugo-Award ausgezeichnet wurde. Sie lebt mit ihrer Frau im Bundesstaat Washington in den USA.

1

 

Wenn es irgendwo möglich war, in der Familie Kind zu sein, dann im Kethiuy auf Cerdin. Nur wenige Besucher kamen dorthin, und es bestanden keine unmittelbaren Gefahren. Die Siedlung lag nicht sehr weit von der Stadt und Alphas alter Halle entfernt, aber ihre Berge und die einzigartige Bewohnerschaft hielten sie vom größten Teil der Familienpolitik isoliert. Sie besaß ihren See und ihre Felder, ihren Garten aus Kerzenbäumen, die sich wie fedrige Spiralen zwischen den vierzehn Kuppeln erhoben; und ringsherum um das Tal lebten die Schwärme, die ihre Angehörigen nach Kethiuy sandten und von dort zurückerhielten. Alle Majat, die mit Menschen Umgang zu haben pflegten, taten das über Kethiuy, das einen Schwarm vom anderen trennte und den Frieden wahrte. Dies war das eigentümliche Talent der Meth-marens, jenes Geschlechts und Hauses der Familie, in dessen Besitz sich dieses Land befand. In der einen Richtung erstreckten sich Felder, sowohl solche im Besitz von Menschen als auch solche im Besitz von Majat, in einer anderen Labors, in einer dritten Warenhäuser, wo Azi, geklonte Menschen, den Wohlstand des Schwarmhandels sammelten und katalogisierten, ebenso die Labor- und Computerprodukte, die den größten Teil dieses Handels bildeten. Kethiuy war gleichermaßen Stadt wie Haus, isoliert und friedlich, in den Begriffen seiner Besitzer fast wandellos, denn die Kontrins maßen ihr Leben mehr in Jahrzehnten als in Jahren, und für die seltenen lizenzierten Kinder, die die Toten ersetzen sollten, gab es keinen Zweifel, was sie sein mussten und wie die Ordnung der Welt beschaffen war.

Raen vergnügte sich, indem sie die Blätter der Tagrebe mit kurzen, präzisen Schüssen abtrennte; der Wind blies und erhöhte dadurch den Schwierigkeitsgrad, und sie schätzte ihr Feuer aus Nadelstrahlen peinlich genau ab. Sie war fünfzehn; seitdem sie zwölf geworden war, hatte sie die kleine Pistole an den Gürtel geheftet bei sich getragen. Sie, die eine Kontrin war und potentiell unsterblich, war doch in diese Welt gekommen, weil ein bestimmter enger Verwandter aus Sorglosigkeit ums Leben gekommen war; sie hegte den Wunsch, dass ihr eigener Austausch in möglichst ferner Zukunft liegen möge. Sie war als Scharfschütze ausgebildet, und eine ihrer Vergnügungen bestand im Wetten; im Moment hatte sie gerade eine Wette mit einem Vetter dritten Grades laufen, bei der es um die Zielentfernung ging.

Treffsicherheit, Wetten, die Hecken entlang auf die Felder laufen, um den Azi bei der Arbeit zuzuschauen, oder wieder zurück nach Kethiuy, versunken im Vergessen des Tiefenlernens oder dem Studium der Labcomputer, bis sie die Geräte dazu bringen konnte, ihr eine Verbindung zu den fremdartigen Majat zu verschaffen … – solche Dinge erfüllten ihre Tage, von denen einer dem anderen weithin glich. Sie spielte nicht; dafür würden ihr noch in Zukunft Jahre zur Verfügung stehen, sobald die Aussicht auf die Unsterblichkeit an Reiz verlor und die Jahre Vergnügungen bieten mussten, damit sie schneller vorübergingen. Ihre gegenwärtige Aufgabe bestand darin, zu lernen und die Fähigkeiten zu entwickeln, die diesem langen Leben Schutz boten. Die ausgeklügelten Vergnügungen, mit denen sich ihre Älteren amüsierten, waren noch nichts für sie, obwohl die Aussicht darauf sie mit einer leisen Regung des Interesses erfüllte. Sie saß auf ihrer Bergflanke und entfernte eine herausragende Blätterfolge mit raschen, genauen Schüssen von der sich hin und her bewegenden Rebe, und überlegte dabei, dass sie sich zur vorgeschriebenen Zeit an das Computerpult setzen und rechtzeitig zum Essen fertig sein würde, womit dann der Abend für eine Bootsfahrt auf dem See von Kethiuy frei blieb … während des Tages war es dafür zu heiß, wenn das Wasser den weißglühenden Himmel mit solchem Glanz reflektierte, dass man nicht einmal ohne Visier daraufblicken konnte; aber bei Nacht stieg das, was darin lebte, vom Grund auf, und Boote glitten wie Feuerteufel über die schwarze Oberfläche und angelten nach den Fischen, die auf Kethiuys Tischen eine seltene Besonderheit waren. Andere Täler verfügten über Wild und sogar über domestizierte Herden, aber kein Geschöpf außer dem Menschen blieb in Kethiuy zwischen den Schwärmen. Niemand sonst vermochte es.

Raen a Sul hant Meth-maren. Sie war eine langgliedrige und mit langen Knochen ausgestattete Fünfzehnjährige, die wahrscheinlich schon ihre endgültige Körpergröße erreicht hatte. Das mit dem von Meth-maren vermischte Ilitblut hatte zu dieser Gliederlänge beigetragen, und das von Meth-maren war für ihre von einer Adlernase dominierten Gesichtszüge verantwortlich. Auf der rechten Hand trug sie ein glitzerndes Chitinmuster, das lebendig in ihrem Fleisch steckte: es kennzeichnete ihre Identität, ihre Verpflichtung gegenüber den Schwärmen. Alle Kontrins trugen ein solches. Dieses Zeichen vermochte ein Majat zu lesen, dessen Augen mit menschlichen Gesichtszügen nichts anzufangen wussten. Betas blieben unmarkiert, und Azi trugen eine winzige Tätowierung. Die Kontrinmarke bestand aus gewachsenen Juwelen, und Raen trug sie als die Auszeichnung, die sie darstellte.

Als letztes fiel die durchschossene Ranke. Raen heftete die Pistole an den Gürtel und erhob sich geschmeidig, zog die Maske ihres Sonnenanzuges hoch und richtete das Visier so ein, dass es ihre Augen schützte, bevor sie den Schatten verließ. Sie nahm den langen Weg entlang der Wälder, da sie es nicht besonders eilig hatte: er war kühler und weniger steil, und nichts wartete auf sie außer ihren Studien.

Ein Dröhnen zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie sah sich um, hob den Blick. Es war nicht ungewöhnlich, dass Flugzeuge vorbeikamen: Kethiuy war ein günstiges Markierungszeichen für jedermann, der unterwegs zu den Siedlungen weiter im Norden nach Sicht navigierte.

Aber diese beiden flogen tief herein.

Besucher. Raens Geister hoben sich schlagartig. Kein Computer heute Nachmittag. Sie wich vom Weg zum Labor ab und schritt den Abhang hinunter davon, trotz seiner Felsen und Fadensträucher, sprang mit leichtsinniger Selbstvergessenheit von einem Punkt der steilen Flanke zum nächsten, dachte dabei an Unterhaltung und eine allgemeine Absage der Unterrichtsstunden.

Etwas rutschte hinter ihr in der Hecke. Sie blieb augenblicklich stehen und legte die Hand auf die Pistole. Sie hatte keine Angst vor wilden Tieren, aber vor Menschen, vor allem, was sich herumdrückte und verbarg.

Majat.

Sie machte die beschattete Gestalt zwischen den stabartigen Blättern aus, war verdutzt, sie dort vorzufinden. Die Gestalt stand reglos in ihrer Wachhaltung, war anderthalbmal so groß wie Raen. Facettenaugen flackerten bei der leichtesten Drehung des Kopfes. Beinahe hätte Raen ihr etwas zugerufen, glaubte, es handele sich um einen der Arbeiter, der von den Labors weiter unten weggestreunt war: manchmal ließen ihre Augen sie im Stich, und, konfus durch die Einwirkung von Laborchemikalien, verloren sie dann die Orientierung. Aber eigentlich hätte er sich nicht so weit verlaufen sollen.

Der Kopf drehte sich weiter, wurde ihr ganz zugewandt: kein Arbeiter … das erkannte sie jetzt deutlich. Die Kiefer waren massiv, der Kopf gepanzert.

Sie konnte die Embleme nicht erkennen, die angaben, zu welchem Schwarm der Majat gehörte, und menschliche Augen konnten auch seine Farbe nicht sehen. Er beugte sich herab, eine Ansammlung hervorstehender Spitzen und ledriger Glieder im gitterartigen Spiel von Sonne und Schatten … – ein Krieger, ein Wesen, dem man sich auf keinen Fall nähern durfte. Manchmal kamen Krieger her, um auf Kethiuy zu schauen, wahrzunehmen, was ihre blinden Augen zu erkennen vermochten, und gingen dann wieder, wahrten ihre Geheimnisse. Raen wünschte sich, sie könnte die Abzeichen sehen: er konnte zu irgendeinem der vier Schwärme gehören, obwohl nur die freundlichen Blauen und Grünen mit Kethiuy Umgang pflegten – der Handel der Roten und Goldenen wurde über die Grünen abgewickelt. Ein Roter oder Goldener war enorm gefährlich.

Und er war auch nicht allein. Weitere erhoben sich ganz langsam; drei, vier. Angst verspannte Raens Bauch – was irrational war, redete sie sich beharrlich zu: in Kethiuys ganzer Geschichte hatte nie ein Majat irgendjemand im Tal etwas getan.

»Ihr seid auf Kethiuy-Land«, sagte sie, hob dabei die Hand, die sie für ihre Augen identifizierte. »Geht zurück! Geht zurück!«

Der Majat starrte sie für einen Moment an, wich dann zurück: er trug kein Abzeichen, erkannte sie erstaunt. Er neigte den Körper zum Zeichen der Zustimmung; sie hoffte, dass er das damit sagen wollte. Sie hielt stand, achtete scharf auf jede Veränderung, jede Ablenkung. Ihr Herz hämmerte. Noch nie war sie in den Labors mit ihnen allein gewesen, und der Anblick dieses gewaltigen Kriegers und seiner Gefährten, die sich ihrem Befehl fügten, wirkte unglaublich auf sie.

»Schwarmherrin«, zischte er und verdrückte sich plötzlich mit das Auge irritierender Schnelligkeit durch das Unterholz. Seine Gefährten schlossen sich ihm auf dem Rückzug an.

Schwarmherrin. Die Bitterkeit war sogar aus der Majatstimme herauszuhören. Schwarmfreunde, sagten die Majat in den Labors normalerweise, wenn sie einen mit Zartgefühl anfassten, sich mit scheinbarer Aufrichtigkeit verneigten.

Unten vor dem Berg kündete das Trommeln von Motoren eine Landung an. Raen wartete noch, ließ den Blick forschend über die Hecken in der Nähe schweifen, bevor sie ihren Weg fortsetzte. Wende niemals einem von ihnen den Rücken zu, hatte sie während ihres ganzen Lebens gehört, selbst von denen, die am engsten mit den Schwärmen zusammenarbeiteten: Majat bewegten sich zu schnell, und ein Kratzer schon von einem Arbeiter war...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2015
Übersetzer Thomas Schichtel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Serpent's Reach
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Aliens • Allianz-Union-Universum • C. J. Cherryh • diezukunft.de • eBooks • Ferne Zukunft • Galaktische Imperien
ISBN-10 3-641-18396-0 / 3641183960
ISBN-13 978-3-641-18396-7 / 9783641183967
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