Das Blut der Akkadier -  Jordan Bay

Das Blut der Akkadier (eBook)

Novelle

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
75 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7392-0041-5 (ISBN)
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Ein Herz voller Sehnsucht. Eine Seele aus Schokolade. Und zwei Bestien, die nicht voneinander lassen können. In den Straßen der australischen Küstenstadt Perth tobt seit Jahrhunderten ein Krieg, von dem die Menschen nichts ahnen. Brix glaubt, er sei der einzige Akkadier, der den seelenfressenden Taryk in diesem Winkel der Erde Einhalt gebietet. Da begegnet er der amazonenhaften Akkadia Ella, die ihn auf betörende Art an jene Frau erinnert, der einst sein Herz gehörte und die vor 168 Jahren in den Fronten dieses Krieges zu Tode kam. Obwohl Brix noch immer unter dem Verlust leidet, schließt er sich mit Ella zusammen. Denn die Taryk sind längst nicht die größte Bedrohung für die Einwohner von Perth.

Jordan Bay, Jahrgang 1984, fühlte sich schon als Kind von fantastischen Welten angezogen und malte, ehe sie mit dem Schreiben begann. 2011 erschien ihr Debütroman SEELENGOLD im Rahmen der Romance Fantasy-Reihe "Die Chroniken der Akkadier", gefolgt vom zweiten Band LICHTPFADE im Jahr darauf und HÖLLENTRIEB in 2015. Mit Kurzgeschichten zum Horrorserial HL Weens Schockstarre entdeckte die Autorin eine Vorliebe für blutige Gemetzel. Heute lebt Jordan Bay zusammen mit ihrem Mann, dem 2012 zur Welt gekommenen Sohn und zwei Nacktkatzen im altmärkischen Stendal und widmet sich neben dem Schreiben gern der Fotografie. HOMEPAGE www.jordanbay.de

1


Australien gehörte zu den Kontinenten, auf denen sich das Leben als Akkadier schwer gestaltete. Nicht nur die ständige Hitze, sondern vor allem die langen Sonnenstunden machten Brix zu schaffen. Aber er lebte hier seit seiner Geburt vor zweihundertdreiundzwanzig Jahren und er würde hier sterben.

In der heutigen Nacht dieses schweißtreibenden Februars dachte er besonders intensiv über das Sterben nach. Wie jedes Jahr zu diesem Datum. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn das Leben aus dem eigenen Leib entwich, ohne dass man etwas dagegen ausrichten konnte. Und er wusste auch, was in seinem besonderen Fall danach geschehen sollte. Seine zwei miteinander verbundenen Seelen würden gen Enûma schweben und sich einen Platz am Sternenhimmel des Götterreiches suchen. Für alle Ewigkeit.

Der Akkadier verzog den Mund.

Zum Kotzen!

Was zum Teufel sollte er an einem verfluchten Sternenhimmel?!

Er schüttelte mürrisch den Kopf und fuhr sich mit der Hand über die Stoppeln an seinem Kinn. Müsste mich mal wieder rasieren, dachte er. Aber es gab niemanden, den der Bart stören konnte. Nicht mehr.

Der letzte blutige Rest Sonnenlicht verschwand am Horizont und gestattete der Nacht sich zu entfalten. Brix hockte im Schatten des Nachrichtenmastes auf dem ‚Central Park Tower‘ und hatte nur darauf gewartet. Endlich konnte ihm die Sonne nichts mehr anhaben. Die nächsten elf Stunden gehörten ihm.

Das Leder seines Mantels knarrte, als er schwerfällig hochkam, seine Beine lockerte und über die Stadt blickte. Perth im Westen Australiens zeigte sich bei Nacht als wahre Augenweide. Das Bankenviertel im Stadtteil ‚City of Perth‘ erstrahlte in den verschiedensten Farben und warf bunte Reflexionen auf den ‚Swan River‘. Rechts vom Tower, etwas abseits, lag der ‚Kings Park‘ mit seinen eigentümlich angestrahlten Bäumen. In Rot, Türkis und Knallgrün ließen sie den Park utopisch erscheinen. Das erinnerte Brix immer ein wenig an Enûma. Er hatte das Götterreich nur ein einziges Mal besucht. Aber solch farbenfrohe Landschaft konnte man nicht vergessen.

Geht’s heut noch mal irgendwann los?, maulte die Bestie in seinem Inneren. Der gehörnte Löwe streckte sich fühlbar in ihm aus, hatte den ganzen Tag auf die bevorstehende Jagd gewartet.

„Ruhig, mein Mädchen“, knurrte er zur Antwort, obwohl Bestien weder weiblich noch männlich waren, sondern geschlechtslos. Aber sie verhielt sich oft wie ein unerzogenes Mädchen, also nannte er sie so. „Du weißt, was heute ist.“

Naham, wie die akkadischen Bestien in der göttlichen Sprache genannt wurden, schüttelte ihre Mähne. Ist es schon wieder soweit? Die Angriffslust in ihrer Stimme war verschwunden. Brix rieb sich unweigerlich über die Brust. Plötzlich spannte sein Herz. Es war so viele Jahre her und er fürchtete dieses Datum noch genau wie damals. Verfluchter Mist. Wann würde das endlich leichter werden? Vermutlich nie.

„Dann mal los“, versuchte er sich selbst zu ermutigen.

Mit schweren Schritten ging er auf den Rand des Gebäudes zu und atmete die staubtrockene Nachtluft ein. Wie gerne er den Ledermantel zu Hause lassen würde. Aber dann hätte jeder Einblick auf seine Waffen. Und auch, wenn man als Akkadier nicht lange im Gedächtnis eines Menschen erhalten blieb, galt es, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erzeugen. Naham grunzte in seinem Inneren. „Was gibt’s da zu lachen?“

So wenig Aufmerksamkeit wie möglich? Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut?!

Brix musste grinsen und spürte, wie die alte Narbe auf seiner Oberlippe spannte. Er mochte sein Mädchen. Sie war noch jung im Vergleich zu den Bestien anderer Akkadier. Und vorlaut. Und unerfahren.

Ohne mich wärst du längst Würmerkacke. Also übertreib’s nicht.

„Nur so oft, ich kann!“, lachte er, sprang über den Abgrund und ließ sich zweihundert Meter in die Tiefe fallen. Ein Adrenalinstoß durchzuckte seinen Leib und vertrieb die Hitze aus seinem Schädel. Der Mantel flatterte aufgebracht im freien Fall. Und seine Bestie brüllte glückselig auf. Kurz bevor Brix auf dem Gehweg aufkam, löste er seinen menschlichen Körper in goldenen Nebel auf und nahm entspannt und aufrecht wieder Gestalt an. Die Teleportation gehörte zu den Fähigkeiten, die wohl jeder Akkadier früher oder später beherrschte. Er selbst hatte sie sehr schnell gelernt und übte sie spielerisch aus, konnte, nach Aussage seines Ahnen, sogar weiter reisen als viele andere.

Der Akkadier ging die ‚St. George Terrace‘ hinunter und steuerte auf den ersten Programmpunkt an diesem Abend zu. In seinem Magen bildete sich ein altbekannter Klumpen.

Obwohl es schon weit nach Feierabend war, kamen auch jetzt noch etliche Geschäftsleute aus den umliegenden Bürokomplexen gehetzt, sprangen in Taxis oder rannten kopflos über die Straße. Quietschende Reifen, Autohupen und menschliches Gebrabbel vermischten sich zum ganz alltäglichen Straßenlärm. Das Leben vibrierte um Brix herum, doch niemanden interessierte es, wohin er ging.

Auf dem Weg zur ‚Bronte Street‘ teleportierte er sich immer wieder ein paar Meter vorwärts, ohne dass es jemand bemerkte. Sie waren alle zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Eigentlich traurig. Da lebte er auf diesem Planeten als Beschützer der Menschheit und keiner der Sterblichen wusste davon. Niemand erinnerte sich an den komisch gekleideten Typen, der in dem Bankenviertel doch abstrakt wirken musste und dennoch wie ein Schatten durch die Massen glitt. Manchmal fragte er sich, wie es wäre, seine Bestie mitten in der Rush Hour freizulassen. Dann könnte ihn wohl niemand mehr übersehen. Doch ein solcher Kontrollverlust hätte schwerwiegende Folgen. Naham würde wüten und zerstören. Menschen töten, nur um ihr Blut sprudeln zu sehen, und sich daran laben. Chaos würde ausbrechen und diese Vorstellung erzeugte ein beängstigend warmes Kribbeln in Brix’ Bauch. Die einzige Möglichkeit, seine Aufgaben als Akkadier zu erfüllen, bestand darin, seine Bestie Tag und Nacht unter Kontrolle zu halten. Sich niemals in der Nähe von Sterblichen zu verwandeln und Nahams Kräfte nur soweit einzusetzen, dass er die Beherrschung über seinen Körper nicht verlor.

Brix verließ die ‚St. George Terrace‘, huschte durch einige Nebenstraßen und bog schließlich in die ‚Bronte Street‘ ein, die im krassen Gegensatz zum Bankenviertel vollkommen still und schlecht beleuchtet vor ihm lag. Wenige Meter weiter klapperte ein schweres Eisengitter, das so einladend wirkte wie das Tor zur Hölle. Der Akkadier passierte den Eingang und stapfte im Inneren des umzäunten Bereiches über trockene Sandwege und ausgedörrte Grasflächen. Die Grabsteine auf dem ‚East Perth Cemetery‘ waren spärlich gesetzt und ließen den Friedhof noch einsamer erscheinen. Als hätte man sie im Vorbeigehen verloren oder lieblos hingeworfen, ergaben die Kreuze und Steine weder ein einheitliches Bild, noch konnte man hier von wirklichen Denkmälern sprechen.

Brix überquerte das Areal bis ganz hinten, wo ein paar Bäume standen. Hier war es nicht ganz so trostlos. Seine Schritte verlangsamten sich, je näher er dem einen Grabstein kam. Er vergrub die Hände in den Manteltaschen, ignorierte den Schweiß, der sich bildete, und blieb schließlich stehen. Der Akkadier holte tief Luft und wendete sich dem kleinen, einst weißen Denkmal zu, das in den Jahren ergraut war und von nun Moos überzogen wurde. ‚Dorothy Simmons‘ stand in antiker Schnörkelschrift über den Jahreszahlen ‚1792 – 1844‘. Mehr nicht. War damals nicht üblich. Zumindest nicht auf diesem Friedhof.

Dotty. Nur an diesem einen Tag im Jahr erlaubte er sich, in Erinnerungen zu schwelgen.

Er sah ihren adretten Haarknoten, den sie sich jeden Morgen gebunden hatte, und die einzelne Strähne, die stets widerspenstig herausrutschte. Wenn sie vor dem großen ovalen Spiegel in ihrem Schlafzimmer stand, hatte sie ihre Gewänder immer mehrmals glatt gestrichen, bis alles perfekt saß. Dabei hätte absolut nichts ihre makellose Erscheinung beeinträchtigen können. Brix saß meistens auf ihrem Bett und sah ihr zu, bis sie sich lächelnd zu ihm umdrehte. Die dunklen Kleider ließen ihre helle Haut oftmals blass erscheinen. Doch sie passten zu ihrem braunen Haar und den schokoladenbraunen Augen. In Gedanken konnte er sie vor sich sehen. Dotty kam auf ihn zu, legte eine Hand an seine Wange und küsste seine Stirn.

„Bis heut Abend, mein Schatz.“

„Pass auf dich auf“, hatte er immer geantwortet.

„Und du auf dich, Albrix.“

Dotty verließ das Schlafzimmer und er hörte sie die Außentür der Wohnung schließen. Wie jeden Tag ging sie zu dem kleinen Schokoladengeschäft, in dem sie arbeitete und von dem sie ihm jeden Abend erzählte.

Brix holte hastig Luft, als er bemerkte, dass er den Atem angehalten hatte. Es gab unendlich viele Erinnerungen an sie, doch diese war ihm noch heute am lebendigsten. Vermutlich, weil sie jenes kleine Ritual tatsächlich jeden Morgen abgehalten hatten. Wenn sie abends nach Hause gekommen war, hatte sie ihm stets eine Praline mitgebracht und auch selbst immer so köstlich nach Schokolade gerochen.

Beinahe glaubte er, sogar den Geruch heute wahrnehmen zu können. Was natürlich absurd war. Er...

Erscheint lt. Verlag 14.12.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7392-0041-3 / 3739200413
ISBN-13 978-3-7392-0041-5 / 9783739200415
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