Schwindelfrei ist nur der Tod (eBook)

Alpenkrimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403165-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwindelfrei ist nur der Tod -  Jörg Maurer
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Kult-Kommissar Jennerwein im Höhenflug: der achte Alpenkrimi von Bestseller-Autor Jörg Maurer steigt bis zum Gipfel. Hoch über dem idyllisch gelegenen Kurort schwebt ein wunderschöner Heißluftballon. Doch ganz plötzlich ist er verschwunden. Vom Winde verweht? Abgestürzt? Oder explodiert? Kommissar Jennerwein und sein Team ermitteln auf windigen Gipfeln und bei aufgeblasenen Lokalprominenten. Doch Jennerwein wirkt bei der Spurensuche merkwürdig unkonzentriert, geradezu abgelenkt. Seit langem besucht er heimlich einen mysteriösen Unbekannten im Gefängnis. Was mag der verbrochen haben? Und warum sucht Jennerwein den Rat des Bestatterehepaars a.D. Grasegger? Da taucht der Unbekannte auf einmal im Kurort auf, und Jennerweins gesamte Existenz droht wie ein Ballon zu zerplatzen...

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung. All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich. Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung. All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich. Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

Dass das Buch kein Erfolg wird, davor braucht er sicher keine Angst zu haben

ein irrwitziges Vergnügen, weil man schwindlig wird vor lauter Wahnsinn, den Maurer hier versprüht. Urkomisch, gnadenlos und auch mal fast poetisch.

es ist wirklich ein rundum unterhaltsam- intellektueller Genuss, den neuen Maurer-Krimi zu lesen.

Jörg Maurers neuer Fall für Kommissar Hubertus Jennerwein ist ein ausgefuchstes, lehrreiches und hochkomisches Stück Erzählprosa, das seinesgleichen sucht.

Eine Welt für sich, sprachlich tadellos sachlich, kein Wort zu viel. Ich finde ihn spitze.

›Schwindelfrei ist nur der Tod‹ zeigt eine ganz neue Seite des Kult-Kommissars […] Jennerwein – und Jörg Maurer [...] auf der Höhe seiner Kunst.

Autor Jörg Maurer spielt wunderbar ironisch mit der hübschen Alpenidylle.

wie immer mit einer gehörigen Portion Situationskomik gewürzt und daher ein großes Lesevergnügen.

1


Dieser Augusttag war der klebrigste und heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Eine der Prachtalleen der Landeshauptstadt, die sonst so geschäftige Prinzregentenstraße, lag da wie eine zertretene Spaghettinudel. Von der nahe gelegenen Bierbrauerei wehte fetter, süßlicher Hopfengeruch, und aus einem der offenen Fenster dudelte der Sommerhit Chirpy Chirpy Cheep Cheep. Eine junge Frau mit schwarzglänzenden langen Haaren stand an der Spüle und wusch Porzellanteller, im Hintergrund prangte das unvermeidliche Che-Guevara-Poster. Sie drehte das Küchenradio lauter, wippte mit den Hüften im Takt und biss in eine trockene Brezel vom Vortag. Irgendetwas lag in der Luft. Irgendetwas musste jetzt passieren.

 

Die Frau trat ans Fenster und blickte hinunter auf die Straße. Gegenüber der Deutschen Bank hatte sich eine Menschenansammlung in doppelter Schulklassengröße gebildet, und alle starrten gebannt und bewegungslos auf die Eingangstür. Dann ertönten Polizeisirenen, zunächst noch ganz fern und leise, doch als sie sich näherten, kam Unruhe in die gaffende Menge.

»Endlich!«, stieß ein Mann mit Trachtenjanker hervor. »Endlich kommens!«

»Ist ja auch Zeit geworden!«, entgegnete sein Nachbar. Er trug einen viel zu kleinen Hut. Das verlieh seinem ohnehin nicht pfiffigen Gesicht einen dümmlichen Zug. Trotzdem. In diesem Fall hatte er recht. Ein paar Umstehende nickten zustimmend. Väter schulterten ihre quengelnden Kinder zwecks besserer Sicht, einer schoss ein Polaroid-Foto. Doch niemand zückte sein Handy. Niemand zückte sein Handy? Natürlich nicht, es war der 4. August des Jahres 1971.

 

Das Polizeiauto bog schrill quäkend um die Ecke. Es war überraschend klein, viele stöhnten enttäuscht auf, sie hatten einen geräumigen Bus erwartet, eine imposante Grüne Minna, die die Verbrecher verschlucken und erst im Gefängnishof wieder ausspucken würde. Aber es war lediglich ein VW-Käfer, der hier eine Vollbremsung hinlegte. Ein VW-Käfer? Wie gesagt: 1971. Einige schlugen die Hände vor den Mund und schnappten nach Luft, weil sie befürchteten, dass er umkippte, zwei Reifen hingen bereits in der Luft. Doch dann kam der Wagen endlich zum Stehen. Viele der Zuschauer klatschten und johlten. Das leiernde Martinshorn verstummte, das Blaulicht erlosch flackernd. Einen bösen Gedanken lang geschah nichts. Schließlich sprangen die Türen auf, zwei Uniformierte mit Schirmmützen und in speckigen Lederjacken schossen rechts und links heraus und warfen sich bäuchlings auf den staubigen Asphaltboden. Dort blieben sie in unbequem gekrümmter Haltung liegen, mit einer Hand an der Dienstwaffe, und brüllten sich unverständliche Befehlslaute zu, zerhackte Fetzen polizeilicher Anweisungskürzel – Kauderwelsch, das nach Gefahr, Gewalt und Panik klang. Aber die Menge war zufrieden. Die Polizei war ja da. Das war die Hauptsache.

 

»Papa, was ist denn das?«

»Ein Bankraub, du Dummerl!«

Der kleine Kasimir starrte auf die Beamten in den speckigen Lederjacken, die ein paar Schritte vor ihm am Boden kauerten. Er war sich unsicher, ob nicht das die Bankräuber waren. Aber er wollte nicht nachfragen und dadurch blöd dastehen. Ein Bankraub, das war was für Erwachsene, da fragte man besser nicht weiter. Auf der anderen Seite der Straße, vor dem Feinkostgeschäft, bauten Pressefotografen ihre Klappstühle und Geräte auf. Kriminalberichterstatter ließen spitze Bleistifte über den Stenoblock rasen und notierten erste Eindrücke: trügerische Stille … lauernde Gefahr … Chirpy Chirpy Cheep Cheep. Doch dann stießen sich einige der Gaffer aufgeregt an und deuteten hinüber zur Bank. In einem der Erdgeschossfenster des Bankgebäudes Prinzregentenstraße 70 war ein Kopf aufgetaucht, der in eine rötliche, spitze Ku-Klux-Klan-Mütze gehüllt war. Langsam hob der dazugehörige Mensch den Arm. Er hielt einen Stock in der Hand, vielleicht auch ein Gewehr, er schüttelte das gefährlich aussehende Ding und drohte damit, dann war er auch schon wieder verschwunden. Die Menge stöhnte auf. Sie war enttäuscht.

»Papa, wann ist denn der Bankraub zu Ende?«

Einige lachten.

»Da musst du schon die Bankräuber fragen«, antwortete der Papa.

»Aber warum bleiben die so lang da drin?«

»Bis das ganze Geld eingepackt ist, das dauert wahrscheinlich seine Zeit.«

Der Bub war damit zufrieden. Die beiden Speckjacken, die aus dem VW-Käfer gesprungen waren, robbten einige Meter auf dem Boden dahin, die Menge wich vor ihnen zurück. Einer der beiden Beamten, der dickere, richtete seine Waffe aufs Fenster. Doch dann schüttelte er den Kopf und ließ sie wieder sinken. Ein paar der Zuschauer lachten hämisch.

»Schauts, dassts euch schleichts!«, rief der andere Polizist der Masse zu. Doch niemand schlich sich. Niemand fühlte sich angesprochen, niemand ging heim, ganz im Gegenteil. Den neu Hinzukommenden wurde berichtet, was inzwischen geschehen war.

»Ein Bankraub!«

»Was? Ein Bankraub?! Wie gibts denn so was?«

»Ja, die Deutsche Bank haben sie überfallen.«

»Wer denn?«

Ja, wer jetzt? Es wurde spekuliert. Bankräuber halt. Verzweifelte. Ausgestoßene. Oder Politische? Verwegene RAF’ler? Visionäre Anarchisten, die vielleicht sogar die Bayerische Räterepublik wieder einführen wollten? Jedenfalls keine kleinen Bazis und Striezis, sondern große Kaliber. Mit einem Bankraub spielte man, gleich hinter dem Mord, in der kriminellen Bundesliga. Komisch bloß, dass es so was mitten in München gab. In Chicago, ja, da hätte man sich das eingehen lassen. Oder in Frankfurt. Aber in der bocksgemütlichen Landeshauptstadt? Und dann auch noch in der altehrwürdigen Prinzregentenstraße?

»Wahrscheinlich drogensüchtige Ausländer aus dem Hasenbergl!«

»Oder arbeitsscheues, langhaariges Gesindel aus Ramersdorf!«

Die beiden übel beleumundeten Stadtviertel der Landeshauptstadt waren sicher gute Nährböden für bankräuberische Sumpfpflanzen.

 

Die Kirchturmuhr St. Gabriel schlug sechs, die Geschichte zog sich jetzt schon zwei Stunden hin. Der Mann mit der roten Ku-Klux-Klan-Mütze hatte sich erst ein einziges Mal gezeigt, die Polizei hatte nach Meinung der Zuschauer viel zu wenig unternommen. Trotzdem hatte sich die Straße in den zwei Stunden gut gefüllt, die Veranstaltung geriet langsam in die Nähe eines kleinen Volksfestes. Vorne braute sich ein Fetzenspektakel zusammen, was hinten noch fehlte, waren Würstelbuden und Losverkäufer. Schiffschaukeln, Ochsenbratereien, Karussells, Bierzelte, Blasmusik, Trachtenumzüge … Doch die richtige, kernige Gemütlichkeit kommt selbstverständlich auch ohne das alles aus. Weitere Polizeiautos fuhren vor, peinlich darauf bedacht, keinen der Schaulustigen über den Haufen zu fahren. Ein grüner BMW glitt langsam durch den Auflauf, einige der Zuschauer schlugen zur Gaudi mit der flachen Hand aufs Autodach. So wenig Respekt hatte man in den Siebzigern vor den Bullen. Erste Sympathiekundgebungen mit den Outlaws kamen auf. Die Bankräuber hatten offensichtlich telefonisch nach Verpflegung verlangt, denn jetzt sah man die beiden Polizisten, die als Erste gekommen waren, wie sie eilig aus dem Feinkostladen gegenüber traten, vollbepackt mit prallen, bunten Tüten, aus denen es köstlich dampfte. Sie liefen zur Bank, die beiden Speckigen – eben noch Diener der Staatsmacht, jetzt Laufkellner für Ramersdorfer Ganoven.

»Und was ist mit uns? Kriegen wir nichts?«, rief ein Witzbold mit Hund.

Gelächter. Zustimmender Applaus.

»So ein Bankraub macht hungrig«, rief ein anderer. »Drinnen wie draußen. Für mich zwei Kaviarbrötchen und ein Glas Champagner bitte!«

Erneutes Gelächter. Bravorufe. Man amüsierte sich großartig.

Die Speckjacken legten die Tüten vorsichtig vor der gläsernen Eingangstür der Bank ab und entfernten sich im Rückwärtsgang. Das hatte etwas Höfisches, wie wenn sie Mundschenke des Großherzogs gewesen wären. Eine behaarte Verbrecherhand schob sich tastend durch die Glastür und zog die Feinkostpackerln ins Innere des Gebäudes.

»Ich an seiner Stelle hätte die Tüte nicht mit der Hand, sondern mit der Waffe hineingezogen«, raunte der Mann mit dem zu kleinen Hut seinem Nachbarn zu. Der mit der Trachtenjoppe blinzelte ihn an, schätzte ihn ab. Rechnete sich aus, dass er in dem Alter –

»Minsk, 1941«, wisperte der mit dem zu kleinen Hut weiter. »Neunundzwanzigste motorisierte Infanterie-Division, Durchbruch bei Białystok –«

Bevor er jedoch seine Kriegsgeschichte erzählen konnte, fuhren zwei weitere Polizeiautos vor, wieder sprangen Speckige heraus und brüllten ihren Kollegen etwas zu. Langsam schien sich die Schlinge um die Banditen zuzuziehen.

 

Der kleine Kasimir gähnte. Kein Wunder, dass er langsam müde wurde, bei dem aufregenden Tag heute. Am Nachmittag im Englischen Garten hatte er das erste Mal in seinem Leben Radieserl gegessen. Sogar einen Schluck Bier hatte er trinken dürfen. Und dann beim Heimweg war er mit seinem Vater mitten in einen Banküberfall hineingerumpelt! Er wusste jetzt schon, dass es nach den Ferien viel zu erzählen gab in der Schule. Und dann der übliche Aufsatz über das schönste Ferienerlebnis. Die Überschrift hatte er sich schon überlegt: Wie ich einmal bei einem Bankraub mitgemacht habe.

 

Aber jetzt! Wie bei einem Tennisspiel drehten sich alle Köpfe und Fotoapparate synchron und wie von hundert Schnüren der Neugier gezogen auf die andere Seite....

Erscheint lt. Verlag 27.4.2016
Reihe/Serie Kommissar Jennerwein ermittelt
Kommissar Jennerwein ermittelt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Absturz • Bayern • Berge • Bestatterehepaar • Garmisch • Gefängnis • Grasegger • Heißluftballon • Hubertus Jennerwein • Kommissar Jennerwein • Kurort • Meisterdieb • Mord • Partenkirchen • Sohn • Trickdieb • Vater • Werdenfelser Land
ISBN-10 3-10-403165-7 / 3104031657
ISBN-13 978-3-10-403165-1 / 9783104031651
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