Duell im Steigflug (eBook)

Ein Gänsekrimi
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
304 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403759-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Duell im Steigflug -  Karin Bergrath
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Nach 'Tod im Anflug' und 'Mord im Tiefflug' folgt hier ein weiteres amüsantes und spannendes Abenteuer mit den beiden gefiederten Ermittlern Tom und Princess. Ein toter Hahn auf der Weide, eine männliche Leiche am Leuchtturm - Rentner Ede und sein gefiedertes Ermittlerteam, die beiden Nilgänse Tom und Princess, machen sich sofort auf die Suche nach dem Mörder. Doch haben beide Fälle überhaupt etwas miteinander zu tun? Ede ist sich sicher, dass er in der Nacht keinen toten Hahn auf der Weide liegen sah, sondern einen toten Menschen. Nur: Wo ist die Leiche?

Karin Bergrath ist ausgebildete Werbeassistentin und arbeitete zunächst in einer Marketingagentur. Seit 1998 ist sie in einem Ingenieurbüro tätig. Die Autorin lebt in Köln.

Karin Bergrath ist ausgebildete Werbeassistentin und arbeitete zunächst in einer Marketingagentur. Seit 1998 ist sie in einem Ingenieurbüro tätig. Die Autorin lebt in Köln.

2


»Auf geht’s«, brummte Ede. Er klemmte den Klappspaten auf den Gepäckträger, ergriff den Lenker und stieß sich mit dem Fuß ab. Als er den Campingplatz auf seinem Drahtesel verließ, dämmerte es bereits. Bald würde es dunkel sein. Die Tage des Altweibersommers waren gezählt, und Ede fröstelte, obwohl er sich eine Jacke gegen die herbstliche Kühle übergezogen hatte. Die innere Kälte kam von der Aufregung, denn sein Ziel war der Lupinenhof.

Ede hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach an den von hohen Hecken umgebenen Hof angeschlichen. Er war zu unterschiedlichen Zeiten dort gewesen und hatte das Treiben auf und um den Hof herum beobachtet, von verschiedenen Stellen aus, stets gut verborgen im Dickicht. Im Zuge dieser Observierung war er auf dem Gelände des Bauernhofes nicht nur auf eine Pferdeklinik gestoßen, sondern tatsächlich auch auf eine Weide, die sämtliche Schatzkartenkriterien erfüllte. Ein paar alte Bäume, ein eingezäuntes Areal und sogar ein Bretterverschlag mit Dach waren da. Die letzte Bestätigung aber waren urtümlich anmutende Rinder, deren Hörner ausladend und geschwungen waren. Sie glichen nicht nur exakt Bernds Zinken, sondern auch in etwa den mächtigen Longhorns, die er im Fernsehen schon einmal am Kühlergrill von amerikanischen Schlitten gesehen hatte. Die zottigen Rinder machten einen friedlichen, aber aufmerksamen Eindruck. Ede wusste instinktiv, dass das Betreten der Weide und damit das Heben des Schatzes nicht einfach werden würde. Auch der Hinweis »Betreten verboten – Eltern haften für ihre Kinder« war nicht gerade einladend. Doch er ignorierte die Empfehlung. Ein Schild hielt ihn nicht ab – nicht von seinem Schatz.

Durch seine Beobachtungen fand Ede heraus, dass ein alleinstehender Bauer den Hof zusammen mit zwei Knechten bewirtschaftete. Vormittags, während der Bauer mit dem Traktor auf Rüben- und Maisfeldern unterwegs war und die Knechte sich um Vieh und Stallungen kümmerten, machte der Hof einen fast verlassenen Eindruck. Vereinzeltes Wiehern deutete aber auf weitere Bewohner hin. Mehrmals am Tag befuhren große und kleine Spezialtransporter den Schotterweg, bogen dann vor dem Hof links ab und folgten der Beschilderung zur Pferdeklinik. Sie brachten kranke Pferde oder holten gesundete wieder ab. Auch das hatte Ede gecheckt.

Der Lupinenhof selbst erwachte erst nachmittags zum Leben. Geländewagen mit Anhängern luden Pferde ein oder aus, schwatzende und kichernde Mädchen in Reitkleidung führten Haflinger oder Trakehner von den Stallungen in Reithalle oder Manege. Erst mit einsetzender Dämmerung wurde es auf dem Hof langsam wieder ruhiger.

Während ein paar Greifvögel die letzten Runden im Abendrot flogen und sich mit ihrem typischen Schrei vom Tag verabschiedeten, erloschen unten auf der Erde im Pferdestall allmählich die Lichter. Einige junge Amazonen verließen den Hof auf Fahrrädern, andere wurden von den Eltern mit dem Auto abgeholt. Nach einem Kontrollgang zog sich der Bauer ins Hauptgebäude zurück, die Knechte in ihr Gesindehaus. Danach lagen Lupinenhof und Tierklinik wie ausgestorben da.

Das war genau der Zeitpunkt, an dem Ede zuschlagen und sich seinen Schatz holen wollte.

Sein Schatz …

Ede konnte seit Tagen an nichts anderes mehr denken, und er geiferte bereits nach seinem Schatz wie Tolkiens Gollum nach seinem Ring. Edes Ziel war greifbar nahe. Endlich würde er seinen Beuteanteil bekommen. Endlich, nach so vielen Jahren. Er musste den Schatz finden und heben, damit er wieder ruhig schlafen konnte. Seit ihm die Schatzkarte in die Hände gefallen war, hatte er Albträume. Er träumte immer wieder von einer rasanten, aber doch vergeblichen Schatzsuche, die ihm langsam, aber sicher den Verstand raubte. Manchmal erkannte er aber auch kurz vor dem Ziel einen verrottenden Bernd, der auf seinem Schatz saß und mit einem vergammelnden Finger auf ihn deutete. Ich weiß genau, was du gemacht hast.

Meist wachte Ede dann schweißgebadet auf und wünschte sich – aber nur für einen kurzen Augenblick –, niemals in dem kleinen Kochbuch geblättert zu haben. Doch die Gier nach dem Schatz war groß. Ede erging es wie allen Schatzsuchern, ganz gleich, ob sie nach einer versunkenen spanischen Galeone, dem Schatz der Nibelungen oder dem Bernsteinzimmer suchten. Einmal geweckt, entwickelte sich der Wunsch nach dem Schatz zu einer Sucht. Einmal angesteckt, war kein Gegengift in Sicht – außer, der Schatz wurde gefunden.

Ede brachte die Strecke zum Bauernhof in Rekordzeit hinter sich und keuchte heftig, als er abstieg. Er kannte sich hier inzwischen auch im Dunkeln gut aus und drückte das Rad in ein zuvor ausgewähltes Gebüsch. Er nahm den Spaten vom Gepäckträger, huschte den Schotterweg entlang und pirschte sich dann rechts ab über den schmalen, teils zugewucherten Feldweg an sein Ziel heran. Laub raschelte bei jedem Schritt. Der einsam gelegene Bauernhof zu seiner Linken lag ruhig da. Nur ab und an, wenn der Wind auffrischte, blitzte Licht vom Dach der Reithalle durch die schütter werdende Hecke.

Licht? Das war so nicht geplant.

Das gleichmäßige Atmen der Rinder war deutlich zu hören. Ede konnte sie riechen, ihre Konturen in der Dämmerung jedoch nur schemenhaft erkennen. Langsam bewegte er sich auf sie zu. Ein mächtiger Bulle hob den Kopf in seine Richtung und schnaubte witternd.

Wenn der mich auf die Hörner nimmt, dann ist es vorbei mit mir und dem Schatz, dachte Ede. Ihm wurde mulmig zumute. In der Theorie hatte er sich alles viel einfacher vorgestellt. Rauf auf die Wiese, vorbei an den schlafenden Rindern, die Markierung gesucht, 50 Schritte nach Westen, weitere 10 nach Norden, ein bisschen buddeln, und schon war alles erledigt.

Denkste! Die Rindviecher schliefen nicht. Sie schnauften geräuschvoll und schienen sich brummend zu unterhalten. Eines nach dem anderen drehte den Kopf langsam auf ihn zu, einige Jungtiere blökten nervös. Ede fragte sich unvermittelt, ob sie ihn durch ihren dichten fransigen Pony überhaupt sehen konnten. Diese munteren Wiederkäuer hatten die Situation geändert. Eigentlich hätte ich es wissen können, schalt er sich. Bei seinem letzten nächtlichen Besuch waren sie ebenfalls wach gewesen, und auch da hatten sie ihn nicht aus den Augen gelassen. Er hatte das für eine Ausnahme gehalten. Wie naiv er doch gewesen war. Er hatte sich für wesentlich kaltblütiger gehalten. Die veränderte Situation zerrte an Edes Nerven. Bernds Zinken tanzten vor Edes Augen.

Gefährlicher Ort.

Hatte Bernd tatsächlich auf nachtaktive Rinder hingewiesen?

Ede griff die Schaufel noch fester und schlich am Zaun entlang weiter auf den primitiven Unterstand zu. Er beabsichtigte, den direkten Weg zum Punkt X zu nehmen. Je weniger Zeit er auf der Weide verbrachte, desto besser. Geduckt wie ein Indianer tastete er sich den Weg entlang. Motorendröhnen ließ ihn kurz innehalten. Es kam vom Bauernhof. Instinktiv zog er den Kopf noch mehr ein und wandte sich den Geräuschen zu. Scheinwerfer beleuchteten den Schotterweg, Autos verließen das Hofgelände.

Die Mädchen haben heute aber lange auf ihre Eltern warten müssen, überlegte Ede, die sind verdammt spät dran. Während er sich wieder seinem eigentlichen Ziel widmete, streifte sein Blick die Hecke. Durch sie hindurch schimmerten noch immer die erleuchteten Dachfenster der Reithalle. Obwohl die späten Hofaktivitäten ungewöhnlich waren, gab es kein Zurück mehr. Der Schatz wollte gehoben werden. Er bestimmte Edes Handeln. Langsam, Schritt für Schritt, bewegte er sich durch die Finsternis, als sein Schuh plötzlich gegen ein Hindernis stieß. Er strauchelte und verlor das Gleichgewicht. Der Spaten fiel ihm aus der Hand. Schmerzvolles Stöhnen ließ die Rinder aufhorchen.

Ede fluchte leise, rappelte sich wieder auf und wischte die feuchten Hände an den Hosenbeinen ab. Er hatte sich nicht verletzt. Glücklicherweise. Und er hatte auch nicht so gequält aufgestöhnt.

Ede kniff die Augen zusammen und suchte die Umgebung ab. Undefinierbares Gewimmer in der Dunkelheit, das war absolut nichts für ihn. Ich sollte nicht hier sein, dachte er.

Erneutes Winseln holte ihn wieder in die Realität zurück und zeigte ihm die Richtung an. Dann war es still. Nur ein paar Vögel piepsten nervös oder schimpften verärgert. Da vor ihm, da war doch was. Ede kniff die Augen noch etwas mehr zusammen. Und tatsächlich, vor ihm auf dem Weg lag ein Mensch. Ihm fuhr ein kalter Schauer über den Rücken, und er fröstelte noch ein wenig mehr.

»Hallo«, flüsterte Ede und beugte sich zu der Person hinunter. »Was ist passiert?« Als er keine Antwort erhielt, fischte er das Päckchen Streichhölzer aus der Hosentasche, das er wegen des Gasherdes im Wohnwagen immer mit sich führte, und entzündete ein Hölzchen. Das Licht flackerte auf und fiel auf einen am Boden liegenden Mann.

»Hallo, Sie. Was ist mit Ihnen?« Ede hockte sich hin und berührte ihn mit der Hand. Keine Reaktion. Er entzündete weitere Streichhölzer und beleuchtete den Körper. Der Mann, dessen verzerrtes Gesicht ihm irgendwie bekannt vorkam, war nur mit einem Freizeithemd, knielangen Hosen und Turnschuhen bekleidet. Für diese Tageszeit eindeutig zu wenig. Eine Wade glänzte schmierig, und das Gras um die Beine herum war dunkel verfärbt. Es roch metallisch. Es roch nach Blut.

Scheiße! Mit so etwas hatte Ede nicht gerechnet. Erst schliefen die verdammten Kühe nicht, und jetzt auch noch so etwas. »Sie brauchen Hilfe«, sagte Ede, dessen Vorrat an Schwefelhölzchen langsam, aber sicher schwand. »Sie müssen in ein...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2016
Reihe/Serie Nilganter Tom ermittelt
Nilganter Tom ermittelt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bullenweide • Campingplatz • Gänsekrimi • Hahnenkämpfe • Jülich • Krimi • Leuchtturm • Magnum • Nilgänse • Schatzsuche • Spannung • Tierkrimi
ISBN-10 3-10-403759-0 / 3104037590
ISBN-13 978-3-10-403759-2 / 9783104037592
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