Die fliegenden Städte (eBook)

Vier Romane in einem Band

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17544-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die fliegenden Städte -  James Blish
Systemvoraussetzungen
5,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Aufbruch in die Unendlichkeit
Die Welt im Jahr 2013: Nach wie vor tobt der Kalte Krieg. Er hat dafür gesorgt, dass auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs die Freiheiten der Bürger stark eingeschränkt wurden. Die Forschung liegt brach, weil viel zu viel Wissen der Geheimhaltung unterliegt. Senator Bliss Wagoner und Wissenschaftler Dr. Corsi sind fest entschlossen, dagegen etwas zu unternehmen. Ihre Experimente sind von Erfolg gekrönt: ein Überlichtantrieb und eine Droge gegen das Altern ermöglicht es den Menschen, ins All aufzubrechen. Ganze Städte verlassen die Erde, um in den Tiefen des Weltraums ihr Glück zu machen. Dies ist ihre Geschichte ...

James Blish (geboren 1921) studierte zunächst Mikrobiologie und arbeitete für ein Pharmaunternehmen, bevor er sich hauptberuflich dem Schreiben widmete. Er gehörte dem berühmten Club 'The Futurians' an, in dem unter anderem auch Isaac Asimov, Frederik Pohl, Damon Knight und Cyril M. Kornbluth Mitglieder waren. In den 1950ern feierte Blish herausragende Erfolge mit seinen Romanen um die 'Fliegenden Städte', die als Prototypen der Space Opera gelten. Für 'Der Gewissenfall' erhielt Blish 1959 den Hugo Gernsback Award. Blish starb im Juli 1975.

Buch Eins


 

Vorspiel: Washington


 

Wir halten keine Gruppe von Menschen für vertrauenswürdig oder weise genug, ohne Überprüfung oder Kritik zu arbeiten. Wir wissen, dass die einzige Methode, Fehler zu vermeiden, darin besteht, sie zu suchen; dass weiterhin die einzige Methode des Suchens in der Freiheit der Untersuchung besteht. Wir wissen, dass im verborgenen unentdeckte Fehler blühen und zerstörerisch wirken.

- J. ROBERT OPPENHEIMER

 

Die Schatten tanzten auf den Wänden zu seiner Linken und Rechten, gerade innerhalb seines Gesichtsfeldes, wie Gestalten, die rasch in unsichtbare Türen zurücktraten. Trotz seiner bleiernen Müdigkeit machten sie ihn nervös, ließen ihn fast wünschen, dass Dr. Corsi das Feuer löschen würde. Nichtsdestotrotz starrte er weiter in das leckende orangefarbene Licht, fühlte, wie die Hitze seine Wangen straffte, die Haut um seine Augen spannte und tief in seine Brust eindrang.

Neben ihm regte sich Corsi ein wenig; Senator Wagoners Gewicht aber schien beständig zugenommen zu haben, seit er auf dem Sofa Platz genommen hatte.

Er fühlte sich ausgezehrt, lethargisch, alt und schwer wie ein Stein trotz seiner achtundvierzig Jahre – es war ein schlechter Tag in einer langen Reihe schlechter Tage gewesen. Gute Tage in Washington waren jene, die man durchschlief.

Corsi neben ihm fühlte sich dafür, dass er zwanzig Jahre älter war, ehemaliger Direktor des Normenausschusses, ehemaliger Direktor der Weltgesundheitsorganisation und gegenwärtiger Vorsitzender der Amerikanischen Assoziation zum Ausbau der Wissenschaften (in Washington »die linke Drei-A-W« genannt), leicht, ruhelos und flink wie ein Wiesel.

»Ich nehme an, Sie wissen, welches Risiko Sie damit eingingen, mich zu besuchen«, sagte Corsi mit seiner trocken flüsternden Stimme. »Ich wäre gar nicht in Washington, wenn ich nicht glauben würde, dass die Interessen der AAAW es erfordern. Selbst außerhalb der Regierungsmannschaft fühle ich mich wie in einem Aquarium – in einem Tank mit dem Etikett ›Piranha‹. Aber das wissen Sie ja alles.«

»Ich weiß«, stimmte der Senator zu. Die Schatten sprangen vor und zogen sich zurück. »Ich wurde auf dem Weg hierher beschattet. MacHinerys Schnüffler haben lange versucht, mir etwas anzuhängen. Aber ich musste Sie sprechen, Seppi. Ich habe mein Bestes getan, alles zu begreifen, was ich in den Akten des Ausschusses gefunden habe, seit ich dessen Vorsitz habe – aber ein Laie hat seine Grenzen. Und ich wollte mir durch Fragen an die Leute meines Stabes keine Blöße geben. Das würde eine undichte Stelle geradezu provozieren – wahrscheinlich direkt zu MacHinery.«

»Das ist die Definition eines Regierungsexperten von heute«, sagte Corsi noch eine Spur trockener. »Ein Mann, dem man keine wichtige Frage zu stellen wagt.«

»Oder der Ihnen nur die Antwort gibt, die Sie seiner Meinung nach erwarten«, meinte Wagoner bedrückt. »Das ist mir auch begegnet. Für die Regierung zu arbeiten, ist auch für einen Senator kein Honigschlecken. Glauben Sie nur nicht, ich hätte mich nicht schon mehr als einmal nach Alaska zurückgesehnt; ich habe auf Kodiak eine Hütte, in der ich mich an einem Kaminfeuer erfreuen kann, ohne mich zu fragen, ob die Schatten, die es wirft, mit Notizbüchern bewaffnet sind. Doch genug des Selbstmitleids. Ich habe mich um ein Amt beworben, und ich habe vor, meine Sache so gut wie möglich zu machen.«

»Was mehr als genug ist«, sagte Corsi unvermittelt. Er nahm Wagoners Glas aus dessen Hand und füllte den kleinen bernsteinfarbenen See darin auf. Das Aroma stieg durch die Wärme seiner Hand auf, schwer und kräftig. »Bliss, als ich zum ersten Mal hörte, dass der Kongressausschuss für Raumflug einem frischgebackenen Senator in die Hände fallen sollte, einem, der vor seiner Wahl simpler Pressesprecher war …«

»Bitte«, wand sich Wagoner in gespielter Empfindlichkeit. »Ein Public-Relations-Berater!«

»Wie Sie wollen. Auf jeden Fall: ich sah rot. Ich wusste, das wäre nicht passiert, wenn irgendein ernstzunehmender Senator sich um den Ausschussvorsitz beworben hätte, und die Tatsache, dass sich keiner fand, schien mir das schlimmste Indiz für den gegenwärtigen Zustand des Kongresses zu sein, das man sich vorstellen kann. Natürlich wurde jedes meiner Worte festgehalten und wird früher oder später gegen Sie verwendet werden. Man hat es bereits gegen mich verwendet, und Gott sei Dank ist das vorbei. Aber ich habe mich in Ihnen getäuscht. Sie haben einen Riesenberg hervorragender Arbeit geleistet. Sie haben gelernt wie durch Zauberei. Wenn Sie also Ihren politischen Ruf ruinieren wollen, indem Sie mich um Rat fragen, dann bei Gott, werde ich ihn Ihnen geben.«

Corsi drückte Wagoner den Kognakschwenker mit mehr als nur gespielter Heftigkeit wieder in die Hand. »Das gilt für Sie, und zwar nur für Sie«, fügte er hinzu. »Einem Regierungsmann würde ich sonst nicht mal die Uhrzeit sagen, solange die AAAW mich nicht dazu auffordert.«

»Ich weiß das, Seppi. Das ist ein Teil unserer Sorgen. Trotzdem, danke.« Nachdenklich ließ er den Brandy kreisen. »Nun gut, also sagen Sie mir: Was stimmt nicht bei der Raumfahrt?«

»Die Armee«, erklärte Corsi prompt.

»Ja, aber das ist nicht alles. Längst nicht alles. Sicher, der Raumdienst der Armee ist korrupt, durch und durch misstrauisch und stur und unbeweglich. Aber als noch ein halbes Dutzend Regierungsbehörden zugleich an der Raumfahrt arbeitete, war es doch viel schlimmer – das Wetteramt, die Marine, Ihr Ausschuss, die Luftwaffe und so weiter! Ich habe einige Dokumente aus der Zeit gesehen. Das Satellitenprogramm wurde 1944 von Stuart Symington angekündigt; tatsächlich haben wir, nachdem die Armee die alleinige Kontrolle erhalten hatte, bis 1962 kein bemanntes Fahrzeug gestartet. Die konnten das verdammte Ding nicht mal vom Reißbrett bewegen, weil jeder Etappenadmiral auf einen Parkplatz für seine Lieblingsbarkasse bestand. Immerhin haben wir heute Raumflug.

Aber heute läuft irgendetwas weit Grundsätzlicheres falsch. Wenn die Raumfahrt heute immer noch ernsthaft betrieben würde, wäre der Armee inzwischen wieder einiges aus den Händen genommen. Es gäbe ein wenig Handelsverkehr vielleicht, oder sogar kleinere Passagierlinien als Luxusgeschäft, für die Leute, die auf unbequeme Art zu unmöglichen Orten reisen, nur weil es schrecklich teuer ist.«

Er lachte trocken. »Wie vor hundert Jahren die Fuchsjagd in England. War es nicht Oscar Wilde, der sie ›die Verfolgung der Ungehörten durch die Unaussprechlichen‹ nannte?«

»Ist es nicht etwas zu früh dafür?«, fragte Corsi.

»2013? Ich denke nicht. Aber falls ich auf diesem Punkt zu sehr herumreite – ich kann andere nennen. Warum gibt es seit fünfzehn Jahren keine größeren Forschungsexpeditionen? Ich hätte gedacht, sobald der zehnte Planet, Proserpina, entdeckt war, würde es auch irgendeine Universität oder Stiftung geben, die ihn besuchen will. Er hat einen großen fetten Mond, ideal für eine Basis – kein Wetter bei diesen Temperaturen, keine Sonne, die die Photoplatten versaut, nur ein kleiner Stern unter vielen – und so weiter. Nach solchen Bedingungen haben sich private Forscher früher die Finger geleckt. Ein Millionär mit einem Hang zur Wissenschaft, wie der alte Hale, ein entschlossener Organisator mit einem Gespür für Effekte – ein Typ wie Byrd –, und wir hätten längst eine Station Proserpina Zwei. Stattdessen ist der Weltraum seit dem Bau der Titan-Station tot. Warum?«

Er sah einen Moment in die Flammen.

»Dann die Frage der Innovationen auf diesem Gebiet«, fuhr er fort. »Es hat aufgehört, Seppi. Völlig aufgehört.«

Corsi erwiderte: »Ich glaube, ich kann mich an ein Papier der Boys von Titan erinnern, das vor nicht allzulanger Zeit …«

»Über Xenobakteriologie. Klar. Das ist nicht Raumflug, Seppi; Raumflug ist nur die Voraussetzung dafür. Ihre Ergebnisse bringen die Raumfahrt selber nicht weiter, verbessern sie nicht, machen sie nicht attraktiver. Diese Burschen interessieren sich nicht einmal dafür. Niemand tut das noch.

Deswegen verändert sich auch nichts mehr.

Ein Beispiel: Wir benutzen noch immer von Atomreaktoren gespeiste Ionenraketen. Es funktioniert, und es gab tausend kleine Variationen des Prinzips, aber das Prinzip wurde bereits 1954 von Coupling beschrieben! Denken Sie nur, Seppi – kein einziger grundsätzlich neuer Antrieb seit fünfzig Jahren! Und wie sieht es mit den Rumpfkonstruktionen aus? Die basieren immer noch auf von Brauns Arbeiten – älter als die Couplings. Sollte es wirklich so sein, dass es nichts Besseres gibt als diese Gerüste aus zusammengeschweißten Zwiebeln? Oder diese motorisierten Gleiter, die als Raumfähren dienen? Und doch kann ich in den Akten des Ausschusses nichts Besseres finden.«

»Sind Sie sicher, eine grundsätzliche von einer kleinen Veränderung unterscheiden zu können?«

»Urteilen Sie selbst«, entgegnete Wagoner grimmig. »Das heißeste Ding im heutigen Raumschiffbau ist eine neue elliptisch gewundene Sprungfeder für Beschleunigungsliegen. Mit der Schwerkraft verhält sie sich wie eine Blattfeder, gegen sie wie eine Sprungfeder. Laut Entwurf verzehrt sie Energie in einer Richtung und speichert sie in der anderen. Nach den neuesten Berichten fühlen sich die damit ausgerüsteten Liegen wie Tomatensäcke an, aber den Wurm kriegen wir auch noch raus. Wahrscheinlich ein Tomatenwurm. Alles ›Streng Geheim‹.«

»Wieder ein Staatsgeheimnis, von dem ich nichts wissen soll«, meinte Corsi. »Zum Glück werde ich es leicht...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2015
Übersetzer Ralph Tegtmeier
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Cities In Flight
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Aufbruch ins All • Die fliegenden Städte • eBooks • Future History • Geschichte der Zukunft • Stadt
ISBN-10 3-641-17544-5 / 3641175445
ISBN-13 978-3-641-17544-3 / 9783641175443
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Thriller

von Marc Elsberg

eBook Download (2023)
Blanvalet (Verlag)
19,99
Das Licht von Coelum

von Runa Rugis

eBook Download (2023)
epubli (Verlag)
6,99