Der Psi-Mann (eBook)

Roman

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17615-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Psi-Mann -  James Blish
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Der Mensch 2.0
Danny Caiden hat Mühe, sich mit seinen beängstigenden neuen Fähigkeiten anzufreunden: Er kann fremde Gedanken lesen, durch Wände gehen, tote Objekte mit der Kraft seiner Gedanken bewegen und zukünftige Ereignisse vorhersagen. Letzteres benutzt er in seinem Job als Reporter, doch seinem Chef ist das nicht geheuer, deswegen wird Danny gefeuert. Ehe er sich versieht, ist auch das FBI hinter ihm her - und die Bruderschaft, eine mysteriöse Organisation, die aus psychokinetisch begabten Menschen besteht. Und so findet sich Danny plötzlich in der Mitte eines gnadenlosen Kampfes wieder, in dem das Schicksal der Menschheit entschieden werden soll ...

James Blish (geboren 1921) studierte zunächst Mikrobiologie und arbeitete für ein Pharmaunternehmen, bevor er sich hauptberuflich dem Schreiben widmete. Er gehörte dem berühmten Club 'The Futurians' an, in dem unter anderem auch Isaac Asimov, Frederik Pohl, Damon Knight und Cyril M. Kornbluth Mitglieder waren. In den 1950ern feierte Blish herausragende Erfolge mit seinen Romanen um die 'Fliegenden Städte', die als Prototypen der Space Opera gelten. Für 'Der Gewissenfall' erhielt Blish 1959 den Hugo Gernsback Award. Blish starb im Juli 1975.

I
Ein Raunen in der Erde


 

Danny Caiden war sich einigermaßen sicher, dass mit ihm alles in Ordnung war.

Er verfügte über ein durchschnittliches Einkommen und genügend Bildung, um mit dem den Verpackungsmethoden gewidmeten Teil eines Fachblattes der Nahrungsmittelindustrie fertig zu werden; sogar genügend, um nebenbei ein, zwei Gedichte zu schreiben. Dannys Poesie war sicherlich noch nicht sehr gut, trotz des Interesses, das der Büroästhet an ihnen zeigte, aber sie war Ausdruck dessen, wie er sich an guten und an schlechten Tagen fühlte. Er war etwas kleiner als einsachtzig, grobknochig, hatte strohblondes Haar und ein freundliches Gesicht mit einer Nase, die eine Idee zu groß war; und er hatte keinerlei Verpflichtungen, es sei denn sich selbst gegenüber.

Er war wie viele Leute der Welt, in der er lebte, und er mochte sowohl die Leute als auch die Welt. An jenen seltenen Tagen, wenn er es leid war, begeistert über die neueste Methode zu schreiben, wie man etwas im Grunde nicht Essbares so verpackt, dass die Leute es essen, wurden seine Geschichten ein klein wenig ätzender, als Henry Mall, der dienstälteste Redakteur, es bei Geschichten außer seinen eigenen zuließ, und er trank ein Bier, bevor er sich in seine anderthalb Zimmer an der 13. Straße zurückzog. An den Abenden, an denen er alle gern hatte und sich auf den Samstag oder den Sonntag freuen konnte, trank er viele Biere und schlief bis zum Mittag des folgenden Tages.

Ein ganz normaler Typ, dachte Danny. Er lag auf seinem Bett und wackelte mit seinen bestrumpften Zehen im gelben Licht der Lampe. Er hatte keine Sorgen, keine Probleme mit Frauen, keine zwanghaften politischen Überzeugungen. Es war ihm egal, wer dieses Jahr oder in irgendeinem anderen Jahr gewählt wurde, und er hatte nicht einmal einen Schnupfen.

Und doch lag er um drei Uhr morgens an einem Werktag wach im Bett und fragte sich, warum er Visionen hatte.

Er betrachtete das Wort mehrmals von allen Seiten. Es hatte mit seinem Denkvokabular so wenig zu tun, dass es für ihn vermutlich in keinerlei Zusammenhang richtig geklungen hätte, aber es war das einzige Wort, das ihm einen Anhaltspunkt für das gab, was mit ihm passiert war. In Wirklichkeit waren es natürlich Stimmen, die er unlängst gehabt hatte – sah man einmal davon ab, dass man Stimmen nicht »hat«, und übrigens waren es gar keine Stimmen. Es waren nur Geräusche.

Geräusche, die er zweimal gehört hatte, einmal in seinem Kopf und einmal draußen. Wie Doppeltsehen. Doppelthören? Es konnte sein, dass es einen derartigen Begriff gab, aber auch er klang nicht richtig.

Er wackelte mit den Zehen und ging mindestens das achte Mal den Tag durch und versuchte zu erkennen, was er bisher übersehen hatte, das es gestattete, dieses Erlebnis mit vertrauten Ausdrücken zu beschreiben.

Also: Er war nach dem Mittagessen bei Childs mit einem gewissen Völlegefühl gegangen und hatte sich angeschickt, um die Straßenecke zu biegen, um zurück ins Büro zu gelangen. Er erinnerte sich daran, dass er dabei gewesen war, einen Schritt zu machen; erinnerte sich daran, dass er sich gewünscht hatte, sein anderer Anzug wäre schon aus der Reinigung zurück; erinnerte sich daran, dass er sich gewünscht hatte, der Stunde Mittagspause möge eine weitere Stunde für ein Nickerchen folgen. Er erinnerte sich daran, dass er sich gefragt hatte, ob der Mann von der Orangenpflanzergenossenschaft wohl die idiotische Meldung bestätigen würde, die der Korrespondent des »Nahrungsmittelchronisten« in Florida durchgegeben hatte; und ob Mall wohl Dannys Bildunterschrift für die Brotkonsum-Kampagne durchgehen lassen würde. Schließlich war es nicht fair zuzulassen, dass die Backwarenindustrie damit prahlte, dem Brot die Hälfte der Nährstoffe, die sie ihm zunächst entzogen hatte, wieder hinzuzufügen, ohne zumindest eine kleine böse Anmerkung …

Gleich hinter der Straßenecke hatte jemand geschrien. Es hatte ein scharfes Quietschen von Bremsen und Gummi gegeben. Dann war etwas Metallisches auf etwas anderes getroffen. Der Aufprall war plötzlich erfolgt und schnell vorbei, gerade so, als habe man einen Lastwagen voller Messingbarren von einem hohen Gebäude gekippt.

Dann waren weitere Schreie aufgeklungen, ein dumpfer Knall und … weitere Schreie, rund und voll und unerträglich. Leute kamen gerannt.

Danny war nicht gerannt. Er war abrupt stehengeblieben und hatte sich mit dem Rücken gegen die kühle Betonwand des Gebäudes gelehnt. Vor einem Monat – so ungefähr – war er um dieselbe Ecke gekommen und hatte dieselben Geräusche gehört. Damals war er gerannt.

Aber er hatte hinter der Straßenecke nichts anderes vorgefunden als die üblichen unruhigen Ströme von Menschen, die sich mühsam von der Mittagspause zurückschleppten. Kein Unfall – keine entsetzte Menge –, nichts.

Und deshalb hatte er sich dieses Mal davor gefürchtet, um die Ecke zu biegen. Die ursprüngliche Illusion war in seiner Erinnerung nach und nach verblasst, aber die Realität brachte sie wieder. Die Punkt für Punkt exakte Übereinstimmung der Geräuschabfolge machte ihm Angst. Es war kein déjà vu gewesen, jenes kurzfristige »Wiedererkennen« eines Ortes oder einer Begebenheit, die man in Wirklichkeit noch nie zuvor gesehen hatte; Danny hatte so etwas genauso oft erlebt wie die meisten normalen Menschen und wusste, dass es nur deshalb so beunruhigend war, weil man die falsche Erinnerung einfach nicht auf ein wirkliches Erlebnis zurückführen konnte. Aber das hier – in Dannys Bewusstsein gab es echte Erinnerungen an all die schockierenden Geräusche, Erinnerungen, die er mit Ort und Datum versehen konnte.

Das war der Grund, warum er sich fürchtete, die Straßenecke zu umrunden; denn er hatte bisher keinerlei Beweis dafür, dass das zweite Erlebnis realer war als das erste. So schwer es auch fiel, zu glauben, dass sein stabiles, im Grunde sorgloses Gemüt in der Lage sein sollte, ihm die erste Illusion zu vermitteln, zwei davon hätten ausgereicht, selbst den phlegmatischsten aller Männer aus der Fassung zu bringen.

Nach wie vor rannten Leute an Danny vorbei. Er konnte sich weder damals noch jetzt erinnern, das erste Mal jemanden rennen gesehen zu haben; nur daran, das Geräusch hastiger Schritte gehört zu haben. Also war wirklich etwas passiert. Die Escalopes zogen sich in seinem Magen zu einem Klumpen zusammen, als er um die Ecke bog.

Es hatte tatsächlich ein Unfall stattgefunden. Ein Taxi hatte beim Versuch, eine Verkehrsampel zu überlisten, einen querenden Bus gerammt, und der Tank eines der beiden Fahrzeuge – von welchem ließ sich schwer sagen – war explodiert. Die Kreuzung glich einem Scheiterhaufen. Verkohlte Leiber zuckten schwach; einige schafften es noch, ab und an zu schreien. Der Pöbel war mit einem faszinierten Murmeln näher gerückt, wurde jedoch von der Hitze zurückgehalten. Hundeelend hatte Danny einen Umweg gemacht und war zu seinem Fahrstuhl gestolpert. Er stieg im falschen Stockwerk aus und war für den Rest des Nachmittags nicht zu gebrauchen.

Es war schon schlimm genug, die Geräusche dieser Kollision im Kopf zu haben – aber für Danny hatte jedes Einzelne dieser Geräusche ein Echo. Er hatte sie allesamt einen Monat, bevor sie tatsächlich aufgetreten waren, gehört.

Er wurde zweimal von Mall angeschrien, weil er die Verdienste der freien Marktwirtschaft sarkastisch abgehandelt hatte, und er hatte kläglich dabei versagt, auf den Eröffnungszug der rothaarigen Neuen vom Schreibsaal einzugehen. Er verließ das Büro zehn Minuten zu früh und tankte anschließend mehr als genug Bier, um sich wieder in einen fröhlichen und unkritischen Zustand zu versetzen.

Und doch, um 3 Uhr morgens war Danny nüchtern und wach und wackelte nachdenklich mit den Zehen. Für ihn war diese Kollision zweimal geschehen. Etwas hatte ihn sie hören lassen, bevor sie tatsächlich passiert war.

Wenn er so darüber nachdachte, dann hatte ihm sein Verstand schon früher gelegentlich Streiche gespielt – falls es Streiche waren. Zumindest eine seltsame Gabe, die bisher in seinem Universum unwichtig gewesen war, fiel ihm ein, eine Gabe, die er sich nicht erklären konnte und die eine Art Vorhersage einschloss: Das, was er immer den »Findetrick« genannt hatte. Er war wegen des Findetricks aufgezogen worden, solange er zurückdenken konnte, aber er funktionierte. Das tat er immer noch, oder zumindest hatte er es das letzte Mal getan, als er ihn angewandt hatte, Mitte des gerade vergangenen Winters. Bill Emers hatte, betrunkener als ein Silen, von Banff aus ein Ferngespräch mit ihm geführt und wissen wollen, wohin er wohl sein Skiwachs verlegt haben konnte.

Ohne lange nachzudenken hatte Danny gesagt: »Du hast es auf die rechte Ecke vom Kaminsims gelegt, aber es ist irgendwie runtergestoßen worden. Vermutlich ist es im Kohlenkasten bei den Kaminwerkzeugen?«

Wo es dann auch war. Danny konnte Emers mit seinen Freunden immer noch vernehmlich kichern hören, als er auflegte, aber ihn selbst langweilte der Findetrick, und er empfand es mehr als nur langweilig, jedes Mal, wenn irgendein Bekannter eine Party in Schwung bringen wollte, beweisen zu müssen, dass er ihn beherrschte. Er war nie in Banff gewesen, von der Hütte ganz zu schweigen, in der Emers damals gewohnt hatte; außerdem wusste er über das Skilaufen nicht mehr, als dass es eine Sportart für Leute war, die kaltes Wetter im Gegensatz zu Danny nicht hassten. Er hatte einfach einem Impuls folgend gesprochen, wie er es immer tat, wenn Leute ihn darum baten, Dinge wiederzufinden, die sie verloren hatten.

Und er hatte immer Recht gehabt – jedes Mal.

Da war es also. Er hatte für das Übernatürliche nichts übrig; er...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2015
Übersetzer Bernd Müller, Freddy Köpsell
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Jack of Eagles
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Near future • Paralleluniversum • Psi
ISBN-10 3-641-17615-8 / 3641176158
ISBN-13 978-3-641-17615-0 / 9783641176150
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