Die 100 - Heimkehr (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016
320 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-18986-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die 100 - Heimkehr - Kass Morgan
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Der Kampf um die Freiheit
100 Jugendliche wurden aus dem Weltraum entsandt, um die Erde neu zu besiedeln. Womit sie nicht gerechnet hatten: Auf dem blauen Planeten gibt es immer noch Menschen - Menschen, die die Neuankömmlinge um jeden Preis vertreiben wollen. Nun spitzt sich die Situation noch einmal dramatisch zu: Auf der Raumstation geht die Luft aus, und eine kampfbereite Truppe rund um den zwielichtigen Vizekanzler Rhodes landet auf der Erde. Die 100 geraten endgültig zwischen alle Fronten, von überall droht Gefahr. Und nur gemeinsam werden die Jugendlichen die Freiheit, die sie auf der Erde gefunden haben, verteidigen können.



Kass Morgan studierte Literaturwissenschaft an der Brown University und in Oxford. Derzeit lebt sie als Lektorin und freie Autorin in Brooklyn. Noch vor Erscheinen ihres ersten Buches, »Die 100«, konnte sie bereits die Rechte der Serienverfilmung verkaufen. »Die 100« schaffte es auf Anhieb auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, und auch mit den Folgebänden der Serie, »Die 100 - Tag 21«, »Die 100 - Die Heimkehr« und »Die 100 - Rebellion«, knüpfte Kass Morgan an ihren sensationellen Erfolg an.

1

G18

Glass’ Hand war klebrig vom Blut ihrer Mutter. Die Erkenntnis kam langsam, wie durch dichten Nebel, als gehöre die Hand jemand anderem, als wäre das Blut daran ein Bild aus einem Albtraum. Aber es war ihre Hand, und das Blut war echt.

Glass saß wieder angeschnallt in ihrem Sitz, jemand drückte ihre linke Hand. Es war Luke. Er hatte sie nicht mehr losgelassen, seit er Glass von ihrer toten Mutter weggezerrt und zu ihrem Sitz getragen hatte. Er drückte ihre Finger so fest, als wollte er den Schmerz herauspressen, der durch ihre Adern pulsierte, und ihn in seinen eigenen Körper saugen. Glass versuchte, alles auszublenden außer der Wärme von Lukes Hand, dem kräftigen Druck seiner Finger, der selbst dann nicht nachließ, als der Transporter in die Erdatmosphäre eintauchte und heftig zu rütteln begann. Noch vor wenigen Minuten hatten sie direkt nebeneinander gesessen – Mutter und Tochter, bereit, gemeinsam eine neue Welt zu entdecken. Doch jetzt war sie tot, erschossen von einem Gardisten, der unbedingt einen Platz auf diesem Transporter wollte. Denn dies war die letzte Gelegenheit, die todgeweihte Kolonie zu verlassen.

Glass presste die Augenlider zusammen und versuchte, die Bilder aus ihrem Geist zu verbannen: ihre Mutter, die lautlos zu Boden sank. Wie sie neben ihrer röchelnden und stöhnenden Mutter kniete und doch nichts tun konnte, um die Blutung zu stoppen. Wie sie den Kopf ihrer Mutter auf ihren Schoß bettete und ihr Schluchzen niederkämpfte, um ihr zu sagen, wie sehr sie sie liebte. Wie der dunkle Fleck auf dem Kleid ihrer Mutter sich immer weiter ausbreitete und alles Leben aus dem sterbenden Körper wich. Dann die plötzlich erschlaffenden Gesichtszüge, nur einen Wimpernschlag nach den letzten Worten, die ihre Mutter je sagen würde: »Ich bin so stolz auf dich.«

Doch die Bilder verschwanden nicht, genauso wenig wie die schreckliche Wahrheit. Ihre Mutter war tot, und jetzt jagte Glass mit Luke der Erde entgegen, wo sie jeden Moment aufschlagen würden. Das Schütteln wurde immer heftiger, der Lärm lauter, doch Glass bekam es kaum mit. Sie spürte nur vage, wie die Gurte in ihren Brustkorb schnitten, während sie ruckartig von links nach rechts geschleudert wurde. Doch der Schmerz in ihrem Innern war weit schlimmer.

Wenn überhaupt, hatte sie sich Trauer immer als eine Art Gewicht vorgestellt, das auf einem lastete. Aber die alte Glass hatte sich kaum mit Schmerz beschäftigt. Das hatte sich erst mit dem Tod der Mutter ihres besten Freundes Wells geändert, als sie ihn, wie von einem unsichtbaren, tonnenschweren Gewicht gebeugt, durch die Flure des Schiffs schlurfen sah. Doch Glass spürte keine Last. Sie fühlte sich leer und ausgehöhlt, als hätte irgendetwas alle Gefühle aus ihrem Körper gesaugt. Das Einzige, was sie daran erinnerte, dass sie noch lebte, war die tröstende Berührung von Lukes Hand.

Überall um sie herum waren Menschen, jeder Sitz war besetzt, auf jedem freien Quadratzentimeter der Kabine drängten sich im Stehen Männer, Frauen und Kinder zusammen und stützten sich gegenseitig, obwohl sowieso niemand umfallen konnte – dafür war der Transporter viel zu voll. Wie ein großes Knäuel aus Fleisch und Tränen ruckten die Körper der Passagiere unter den heftigen Erschütterungen hin und her. Einige flüsterten die Namen derer, die sie zurückgelassen hatten, andere schüttelten nur stumm den Kopf, als wollten sie nicht wahrhaben, wie viele geliebte Menschen sie nie wiedersehen würden.

Der Einzige, der vollkommen ruhig wirkte, war der Mann rechts neben Glass: Vizekanzler Rhodes. Er starrte stur geradeaus, als bemerke er die verzweifelten Gesichter um ihn herum nicht einmal. Oder als seien sie ihm egal.

Einen Moment lang loderte Wut in ihr auf. Wells’ Vater, der Kanzler, hätte alles getan, um die panischen Passagiere zu beruhigen. Außerdem hätte er niemals einen Platz auf dem letzten Transporter angenommen. Doch Glass stand es kaum zu, Rhodes für sein Verhalten zu verurteilen: Wenn er sie und ihre Mutter nicht mitgenommen hätte, als er sich mit Gewalt einen Platz auf dem Transporter erzwang, wäre Glass gar nicht hier.

Ein gewaltiger Ruck schleuderte sie gegen die Rückenlehne, der Transporter wurde zur Seite gerissen, dann kippte die Nase im 45-Grad-Winkel nach unten, um sich schon im nächsten Moment schlagartig wieder aufzurichten. Glass’ Magen machte einen Satz, das Brüllen eines Kindes übertönte das allgemeine entsetzte Aufkeuchen. Die Hülle des Transporters begann sich an mehreren Stellen nach innen zu biegen, als hätte ein Riese ihn mit der Faust gepackt. Mehrere Leute schrien, dann zerriss ein hochfrequentes Kreischen die Luft und wurde immer lauter, bis Glass die anderen Passagiere nicht mehr hören konnte und glaubte, ihre Trommelfelle müssten jeden Moment platzen.

Sie erwiderte den Druck von Lukes Hand, krallte sich in ihrem Sitz fest und wartete darauf, dass die Angst einsetzte. Doch das passierte nicht. Die Ereignisse der letzten Tage hatten sie emotional taub gemacht. Zu sehen, wie der Kolonie, ihrem Zuhause, der Sauerstoff ausging, war schrecklich gewesen. Der illegale Raumspaziergang von der Walden zur Phoenix, auf der es noch genug Atemluft gab, war verrückt und gefährlich gewesen, doch sie hatten es geschafft. Sie hatten überlebt und waren nun auf dem Transporter. Doch jetzt, da die Landung kurz bevorstand, war ihr die Erde plötzlich vollkommen egal. Sie wollte lieber hier und jetzt sterben, als jeden Morgen aufzuwachen und sich daran erinnern zu müssen, dass ihre Mutter nicht mehr lebte.

Glass drehte den Kopf zur Seite und sah Luke stur geradeaus schauen. Sein Gesicht war eine steinerne Maske der Entschlossenheit. Versuchte er, ihr damit Sicherheit zu geben? Oder hatte er in seiner Offiziersausbildung gelernt, auch unter extremer Anspannung so ruhig zu bleiben? Luke hatte etwas Besseres verdient. Sollte das jetzt wirklich das Ende sein, nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten? Waren sie dem sicheren Tod in der Kolonie entronnen, nur um jetzt auf noch grausamere Weise zu sterben? Die Menschheit hätte frühestens in hundert Jahren auf die Erde zurückkehren sollen, erst dann wäre die Strahlung nach der Stunde Null ausreichend zurückgegangen, hatten die Wissenschaftler gesagt. Ihre Heimkehr war verfrüht, eine verzweifelte Flucht ins Ungewisse.

Glass schaute durch eins der Fenster nach draußen und sah nichts als Grau: Sie befanden sich mitten in einer Wolke. Glass bewunderte die eigenartige Schönheit dieses Anblicks, als das Fenster mit einem lauten Knall platzte. Heiße Glassplitter und Metallfetzen schossen durch die Kabine, Flammen züngelten durch den leeren Rahmen herein. Die, die den Fenstern am nächsten waren, versuchten verzweifelt, sich wegzuducken, aber in der Enge konnten sie nirgendwohin. Sie taumelten rückwärts oder zur Seite, stürzten und rissen andere mit zu Boden. Rauch von versengtem Metall brannte in Glass’ Nase. Als dann auch noch der charakteristische Geruch von verbranntem Fleisch hinzukam, musste sie würgen.

Glass zwang sich, Luke wieder anzusehen. Einen Moment lang verstummten das Wimmern der Verletzten und das Kreischen des Metalls, selbst der Anblick ihrer toten Mutter war vergessen. Das Einzige, was sie jetzt noch wahrnahm, war Lukes wunderschönes Gesicht. Monatelang hatte Glass es sich Nacht für Nacht in der engen Arrestzelle vorgestellt, während sie auf die für ihren achtzehnten Geburtstag festgesetzte Hinrichtung wartete.

Ein weiteres lautes Kreischen holte sie zurück in die Gegenwart. Wie eine Nadel bohrte sich das Geräusch in ihren Schädel, durchzuckte ihre Knochen und drehte ihr den Magen um. Glass biss die Zähne zusammen und musste hilflos zusehen, wie das Dach des Transporters weggerissen wurde, als wäre es aus Papier.

Sie zwang ihren Blick zurück zu Luke. Er hatte die Augen geschlossen und hielt ihre Hand jetzt noch fester umklammert. »Ich liebe dich«, sagte sie, doch ihre Worte gingen in dem Inferno einfach unter. Dann schlug der Transporter mit einem lauten Knall auf, und alles wurde schwarz.

In der Entfernung hörte Glass leises, kehliges Stöhnen. Sie versuchte, die Augen zu öffnen, aber jede noch so kleine Anstrengung machte sie schwindlig. Schließlich gab sie es auf und sank wieder zurück in die Dunkelheit. Glass wusste nicht, ob wenige Momente oder Stunden vergangen waren, als sie erneut versuchte, sich aus der Umklammerung der tröstenden, stillen Schwärze zu befreien. Sie fuhr hoch, alles um sie herum drehte sich, und einen kurzen, süßen Moment lang hatte sie keine Ahnung, wo sie war.

Fremdartige Gerüche überfluteten ihre Sinne. Sie hätte nicht gedacht, dass man so viele Dinge gleichzeitig riechen konnte. Einer der Düfte kam ihr vage bekannt vor. Es roch genau wie auf den Solarfeldern, auf denen sie sich immer mit Luke getroffen hatte, doch der Geruch war hundertmal stärker, süßlich wie Parfüm, aber viel tiefer und reichhaltiger. Jeder Atemzug war eine neue Herausforderung für Glass’ Gehirn, das versuchte, all die neuen Reize zu verarbeiten: Süße, dann Gewürzduft, vermischt mit etwas Metallischem, und schließlich ein Geruch, den sie identifizieren konnte – Blut.

Glass riss die Augen auf. Alles um sie herum war dunkel, und der Raum, in dem sie sich befand, schien so groß, dass sie die Wände nicht einmal erahnen konnte. Die Decke war durchsichtig, Sterne funkelten darüber, so blass, als wären sie unendlich weit weg. Ganz langsam setzte ihr Gehirn das Puzzle zusammen, und als das Bild endlich einen Sinn ergab, trat Ehrfurcht an die Stelle ihrer anfänglichen Verwirrung. Was Glass da vor sich sah, war der Himmel – der echte Himmel, wie er von der...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2016
Reihe/Serie Die 100
Die 100
Die 100-Serie
Übersetzer Michael Pfingstl
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The 100 - Homecoming
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 14 • Buch zur Fernsehserie • Dystopie • eBooks • Herr der Fliegen • Liebesgeschichte • New York Times-Bestseller • Science Fiction • The 100 • Überlebenskampf • Young Adult • Zukunft
ISBN-10 3-641-18986-1 / 3641189861
ISBN-13 978-3-641-18986-0 / 9783641189860
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