Schmutziger Schnee (eBook)

Thriller Bd. 2
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
432 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-16345-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schmutziger Schnee -  Christoffer Carlsson
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Zu diesem Artikel existiert eine Nachauflage
Ein Soziologe, der über politische Randgruppen geforscht hat, wird ermordet in einem Stockholmer Hinterhof gefunden. Leo Junker entdeckt, dass das Opfer Hinweise auf ein drohendes Attentat erhalten hatte. Kurz darauf wird ihm der Fall grundlos entzogen und dem schwedischen Geheimdienst übergeben. Leos ist alarmiert: Das kann nur bedeuten, dass die Ermittlungen manipuliert werden sollen. Das weckt Leos Ehrgeiz: Er setzt alles in Bewegung um herauszufinden, warum der Soziologe wirklich sterben musste. Und wie man in letzter Sekunde das bevorstehende furchtbare Attentat verhindern kann ...

Christoffer Carlsson, geboren 1986, ist der jüngste Star am schwedischen Krimihimmel. Mit 28 Jahren hat er nicht nur bereits vier hoch gelobte, international erfolgreiche Thriller geschrieben, sondern nebenher auch noch sein Kriminologie-Studium mit Promotion abgeschlossen. Der Turm der toten Seelen, der erste Band der Serie um den Polizisten Leo Junker, wurde 2013 mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichnet und war auch international sehr erfolgreich. Es folgten Schmutziger Schnee (2015) und Der Lügner und sein Henker.

DIE TÜR IST SCHWER und kalt, auf dem Briefkasten steht THYRELL. Ich führe einen zitternden Zeigefinger in Richtung Klingelknopf, ehe ich mich entschließe, doch lieber zu klopfen. Kinder haben so etwas Unvorhersagbares, das mich nervös macht.

Mir ist schwindlig, aber das Sobril scheint zu wirken und bettet mich allmählich in einen leichten Nebel. Meine Knie sind immer noch weich, doch der kalte Schweiß trocknet und lässt die Haut spannen. Kaum dass ich den Fingerknöchel auf das Holz gesetzt habe, höre ich schon von drinnen Bewegungen, als hätte dort jemand auf mich gewartet. Das Schloss wird mit einem Klicken geöffnet, und die Tür gleitet vorsichtig auf.

Es ist ein dünner kleiner Junge mit tief liegenden Augen, der so bleich ist, dass mir seine Haut zunächst wie durchsichtig erscheint.

»Ich bin krank«, sagt er.

»Okay. Kein Problem.«

»Lungenentzündung«, erklärt der Junge langsam, als ob das Wort große Anstrengung erfordern würde.

»Wie heißt du?«

»John. Und du?«

»John. Das ist ein guter Name. Ich heiße Leo und bin Polizist. Ist deine Mutter oder dein Vater zu Hause?«

»Papa ist verreist.«

Irgendwo hinter dem Jungen geht eine Tür auf, und eine verschlafene Frau in meinem Alter kommt heraus. Sie trägt ein Nachthemd mit einem ausgewaschenen Bob-Dylan-Porträtaufdruck.

»John, hast du die Tür aufgemacht?«, fragt sie und legt die Hände auf seine Schultern. »Worum geht es?«

»Es ist …« Ich zögere. »Ich bin Polizist. Unten im Hinterhof ist etwas passiert, und es könnte sein, dass John es gesehen hat. Ich würde gern mit ihm sprechen.«

»Darf ich Ihren Ausweis sehen?«

Ich zeige ihn ihr.

»Müssen Sie jetzt mit ihm reden?«

»Am liebsten ja.«

John schürzt die Lippen, als würde er die Vor- und Nachteile, einen unbekannten Mann in seine Wohnung zu lassen, gegeneinander abwägen. Schließlich tritt er zur Seite.

»Du musst die Schuhe ausziehen«, sagt er.

»Na klar. Wie alt bist du, John?«

»Er ist sechs«, sagt die Frau.

Sie stellt sich als Amanda Thyrell vor. Ihre Hand ist warm.

Die kleine Diele ist kurz und schmal, sie führt zu einem größeren Wohnzimmer, und auf dem Weg dorthin komme ich an einer Küche und der halb offen stehenden Tür zum Elternschlafzimmer vorbei. Ich stelle mich neben den großen Weihnachtsstern, der klar und rot auf dem Fensterbrett leuchtet.

»Was hat er denn gesehen?«, fragt sie.

»Als du mich da unten gesehen hast, John, als wir uns zugewunken haben, da hast du doch hier am Fenster gestanden, oder?«

»Ja.«

»Was hat er gesehen?«

Amanda tritt ans Fenster, blickt auf den Hinterhof hinunter, schnappt dann nach Luft und schlägt die Hand vor den Mund.

»Mein Gott.« Sie fragt John, ob es ihm gut gehe. Ob er wirklich mit mir reden könne.

»Ich kann.«

»In Ordnung. Ich werde …« Sie sammelt sich. »Ich denke, ich werde ein wenig Tee machen. Glaube ich. Willst du Tee, John?«

Er zuckt mit den Schultern, und sie geht schwankend aus dem Zimmer.

Ich lege die Hände auf die Oberschenkel und beuge mich vor, um die Welt von weiter unten zu betrachten, so wie er sie gesehen haben muss. Selbst von hier aus hat man einen guten Überblick über den Hinterhof und schräg unter das Zeltdach hinein, in dem Mauritzon gerade dabei ist, dem Toten vorsichtig die Schuhe auszuziehen. Um die Leiche bewegen sich jetzt mehrere Personen, und Mauritzons Körpersprache verrät, dass ihr das nicht gerade gute Laune bereitet.

»Du riechst«, sagt der Junge.

»Ehrlich?«

»Du riechst nach Kotze.«

»Das ist meine Jacke. Als Polizist begegnet man vielen, die kotzen, und manchmal schafft man es nicht schnell genug weg.«

»Aber deine Augen.« Der Junge kneift selbst misstrauisch die Augen zusammen. »Die sind rot.«

»Ich habe lange nicht geschlafen.«

John wägt den Wahrheitsgehalt meiner Aussage ab, ehe er die Sache auf sich beruhen zu lassen scheint.

»Jemand liegt da unten.«

»Ja.« Ich erhebe mich wieder. »Ja, so ist es.«

»Er ist tot, oder?«

»Ja.«

Ich suche nach einer Sitzgelegenheit und entdecke neben einem niedrigen Glastisch einen großen Ledersessel. Als ich mich auf einer der breiten Armlehnen niederlasse, hustet John heftig und heiser. Die Lungen gurgeln wie ein verstopfter Abfluss, und der Junge zieht vor Schmerz eine Grimasse und wird rot im Gesicht.

Amanda scheint vergessen zu haben, weshalb sie in die Küche gegangen ist, oder sie hat es sich auf dem Weg dorthin anders überlegt. Jedenfalls kommt sie mit einem Glas Wasser zurück, stellt es auf den Tisch und setzt sich dann aufs Sofa, wo sie sich eine Decke über die Beine breitet.

»Ich möchte gern dabei sein.«

»Selbstverständlich.« Ich sehe zum Fenster. »Du hast mich da unten gesehen John, oder?«

»Ja.«

»Wie lange hast du hier gestanden?«

Der Junge verschränkt die Arme.

»Eine Weile. Nicht so lang.«

»Kannst du mir erzählen, was du gesehen hast, als du ans Fenster kamst? Was da unten passiert ist?«

»Nichts ist passiert.«

»Es war niemand da?«

Er schüttelt den Kopf.

»Aber dann kam einer«, erklärt er.

»Wann?«

John hustet wieder, diesmal weniger heftig.

»Du willst die Uhrzeit wissen, aber ich kann die Uhr noch nicht lesen.«

»Das stimmt, ich will die Uhrzeit wissen.« Ich zögere. »Aber das ist kein Problem. Wer ist da in den Hinterhof gekommen?«

»Ein Typ. Der jetzt da unten liegt.«

»Woher weißt du, dass er es war?«

»Weil ich es glaube.«

Ich unterdrücke ein Seufzen. Kinder.

»War er allein?«

»Ja.«

»Was ist dann passiert?«, frage ich.

»Ich weiß nicht genau. Ich musste aufs Klo, und als ich zurückkam, lag er da, wo er jetzt liegt.«

»War er da auch allein?«

»Nein. Da stand einer bei ihm und machte was mit seinem Rucksack.«

»Kannst du beschreiben, wie der aussah?«

John denkt nach.

»Schwarze Kleider.«

»War er groß oder klein?«

John betrachtet mich von oben bis unten.

»So wie du ungefähr.«

»Was für eine Haarfarbe hatte er, hast du das gesehen?«

»Nein. Er hatte eine Mütze auf.«

»Hatte er so eine Mütze, die man übers Gesicht zieht?«

Die Frage bringt den Jungen zum Lachen, gluckernd und dunkel, ein angenehmer Laut, der in meinem Magen einen Klumpen Wärme aufgehen lässt. Das Lachen geht in Husten über, und Johns Gesicht wird wieder rot.

»Trink Wasser, mein Herz«, mahnt Amanda.

Ich halte ihm das Glas hin. Er nimmt einen Schluck. Dabei verzieht er das Gesicht, als würde es wehtun.

»Nein«, sagt er. »Solche Mützen hat man doch nicht.«

»Als du zurückkamst, stand also jemand da unten bei dem Typen und hat in seinem Rucksack gewühlt.«

»Ja.«

»Hat er was gefunden?«

»Ich hab nicht gesehen, was es war.«

»Aber er hat was gefunden.«

»Ja. Dann ist er verschwunden.«

»In welche Richtung?« Ich zeige aus dem Fenster und lasse den Jungen meinem Finger mit dem Blick folgen. »In die Richtung oder in die?«

»Die erste.«

In die Innenstadt zurück.

»Und dann«, erzählt der Junge weiter, »ist der andere auch verschwunden.«

»Der andere? Der Typ, der da unten liegt?«

»Nein. Der, der sich versteckt hatte.«

»Da unten war eine Person, die sich versteckt hatte?« Ich recke den Daumen hoch. »Erst war da der, der jetzt im Hof liegt.«

Der Junge nickt. Ich halte den Zeigefinger hoch.

»Dann war da der, der im Rucksack gewühlt hat.«

John nickt wieder. Ich strecke den Mittelfinger aus.

»Und dann war da noch einer.«

»Ja.« John sieht zufrieden aus. Ihm ist die schwierige Aufgabe gelungen, einen Erwachsenen dazu zu bringen, etwas zu kapieren. »Genau.«

»Der Letzte, war das ein Typ oder ein Mädchen?«

»Weiß ich nicht.«

»Wie waren die Haare? Lang oder kurz?«

»Das hab ich nicht gesehen.«

»Und wo hat die Person sich versteckt?«

»Hinter einer der grünen Kisten. Als der, der im Rucksack gewühlt hat, weggegangen ist, ist der andere rausgekommen und dann verschwunden.«

»Wie hat sich die Person bewegt? Schnell oder langsam?«

»Sehr schnell.«

»Geschmeidig? Ich meine, wirkte er linkisch?«, füge ich hinzu, damit mich der Junge versteht. »Ist er gerade oder schräg gegangen, ist er gefallen oder gestolpert oder so?«

John schüttelt den Kopf.

»Er ist einfach gegangen.«

»Aber es war auf jeden Fall ein Mann, oder?«

»Nein, das weiß ich nicht. Das konnte ich nicht sehen. Du sagst immer ›er‹.«

Der Junge hat recht, und ich frage nichts mehr. Stattdessen trete ich ans Fenster. Die starken Scheinwerfer, die den Toten anstrahlen, blenden. Es sieht aus, als würde Mauritzon ihm gerade eine Pediküre verabreichen.

»Hast du die ganze Zeit allein hier gestanden?«

»Ja.«

»Sie sind nicht aufgestanden?«, frage ich Amanda.

»Nein.«

Sie wirkt, als hätte ich sie beleidigt.

»War nicht so gemeint.« Sie antwortet nicht, und ich wende mich erneut dem Jungen zu. »Gut, John. Danke für die...

Erscheint lt. Verlag 11.1.2016
Reihe/Serie Finster, packend und hochaktuell - Leo Junker ermittelt
Finster, packend und hochaktuell - Leo Junker ermittelt
Übersetzer Susanne Dahmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Den Fallande Detektiven
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Börjlind • David Lagercrantz • Der Turm der toten Seelen • eBooks • Henning Mankell • Jo Nesbo • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Lagercrantz • Leo Junker • Millenium-Trilogie • Millennium Trilogie • Politthriller • Rechtsextremismus • Schweden • Schwedenkrimi • Skandinavien • Stieg Larsson • Stockholm • Thriller • Verschwörung
ISBN-10 3-641-16345-5 / 3641163455
ISBN-13 978-3-641-16345-7 / 9783641163457
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