Die Flüsse der Tiefe (eBook)

Roman

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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17599-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Flüsse der Tiefe -  Hal Clement
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Eine Welt voller Rätsel
Der Planet Enigma verfügt über eine Atmosphäre, obwohl er aufgrund seiner geringen Masse eigentlich gar nicht in der Lage sein sollte, eine zu halten. Ein Forscherteam wird ausgeschickt, diesem Rätsel auf den Grund zu gehen, doch je intensiver sie sich damit beschäftigen, desto verwirrender und unerklärbarer werden die Phänomene. Schließlich entdecken sie ein unterirdisches Stromsystem, doch was darin fließt, ist alles andere als Wasser ...

Hal Clement, eigentlich Harry Clement Stubbs, wurde 1922 in Somerville, Massachusetts geboren und studierte Chemie und Astronomie an den Universitäten Boston und Harvard. Seit den 1940er Jahren schrieb er Science Fiction unter dem Pseudonym Hal Clement. Seine Romane 'Die Nadelsuche' und 'Schwerkraft' gehören zu den Klassikern des Genres. Hal Clement starb 2003.

Natürlich habe ich das gesagt


 

Joe hatte eine sehr schwache und ungewohnte Empfindung.

Er wusste, dass es ungefähr an der Zeit war, mit der Realität Kontakt aufzunehmen, und neigte zu der Annahme, dass dies bloß der Effekt eines fremdartigen Antriebssystems wäre. Aber er konnte sich irgendwie nicht vollkommen sicher fühlen. Da war ein eigenartiger Zug von Desorientierung, als ob seine Gehflossen und Arbeitsfühler nicht genau dort wären, wo sie zu sein schienen. Und er hatte merkwürdigerweise nur wenig Neigung, sich zu bewegen, um das herauszufinden.

Es war ermutigend, dass sich in dem Display vor ihm nichts verändert hatte. Schon der geringste Fehler lähmt den Empfindungsapparat völlig, wenn er die Grenze zwischen realer und irrealer Raumzeit durchstößt. Aber tatsächlich hatte das erschreckende Bild auf dem Bildschirm nicht einmal geflimmert. Vielleicht war das alles nur sein eigener Geisteszustand gewesen. Ein Stern wie Arc konnte einen jeden aus der Fassung bringen.

Oder fast jeden. Er hatte für einen Moment die Riesin vergessen, die neben ihm vor ihren eigenen Instrumenten saß. Er zögerte kurz, sie anzusehen. Seine Höflichkeitsregeln hätten das als Zudringlichkeit gewertet, da sie beschäftigt zu sein schien. Dann erinnerte er sich – das dauerte immer einen Augenblick –, dass das Menschenwesen seinen Blick nicht einmal bemerken würde. Ihre einzigen Augen befanden sich in der Kapuze, die ihren Sehschirm umgab. Er machte sich energisch klar, dass er wirklich nichts Unschickliches tat, und richtete sein rechtes optisches Sinnespaar auf ihre Hände.

Die Finger, welche den Nethneen zugleich wegen ihrer Stärke mit Neid und wegen ihrer Plumpheit mit Bedauern erfüllten, ruhten bewegungslos auf der Tastatur. Falls sie durch den Ruck beunruhigt worden wäre, dann hatte sich das bis jetzt nicht auf ihre Aktion ausgewirkt. Ob dies bedeutete, dass sie es nicht gemerkt hatte oder allzu sehr vertraut war mit dem, was sie empfunden hatte, war unmöglich zu sagen. Sie zu fragen, wäre sogar nach menschlichen Regeln zudringlich, solange sie zu arbeiten schien. Natürlich hätte er ihre Daten auf seinen eigenen Schirm rufen können, ohne die Riesin zu stören. Aber dagegen war zweierlei einzuwenden. Erstens würde das seine Frage wahrscheinlich nicht beantworten; und zweitens könnte das leicht gefährlich sein. Falls sie in Arc etwas wie seine natürliche Farbe erblicken sollte …

Joe erschauerte. Gewöhnlich gab es in dem Institut Eta Carinae jederzeit fünf- oder sechshundert Species. Und diese pflegten sich hinsichtlich fremdartiger Lebensformen recht weltmännisch zu verhalten. Aber das kürzliche Auftauchen von menschlichen Wesen hatte die meisten böse getroffen. Es galt in der Gemeinschaft ohne weiteres als sicher, dass man Leben nicht in der Nähe von Sonnen erwarten durfte, die heißer als etwa K8 waren. Einer der Gründe für die dem Gesicht anliegende Maske um dem Bildschirm der menschlichen Studentin war, ihre Klassenkameraden vor der kurzwelligen Strahlung zu schützen, mittels der sie zu sehen pflegte.

Joe verzichtete für den Augenblick auf nutzlose Spekulationen und machte sich wieder daran, Partikel zu zählen. Das war weniger entnervend, als die Untersuchung eines Sterns vom Typ 0 sein würde. Er konnte Molly später fragen, ob sie das gefühlt hatte, was auch immer es gewesen sein mochte.

 

Mary Warrender Chmenici fühlte den Stoß, widmete ihm aber keine echte Aufmerksamkeit. Er war weniger bemerkbar gewesen als die ihr gewohnten Grenzflächenübergänge, und sie deutete ihn lediglich als einen mehr davon.

Sie kümmerte sich nicht einmal ebenso sehr darum, wie sie es hinsichtlich des Displays auf ihrem Schirm hätte tun müssen, obwohl das nicht sehr bedeutsam war. Grundsätzlich erwartete man, dass die Studenten beobachteten, wenn sie Wache hatten. Allerdings erhofften sich selbst die pedantischsten Mitglieder der Fakultät nicht, dass man viel nützliches Material erwischen würde, ehe das reisende Klassenzimmer erheblich näher an Enigma herangekommen wäre. Falls jemand gewusst hätte, dass Molly sich schon eine Arbeitshypothese gebildet hatte und mit ihrer Hilfe ihre Operationen für die nächsten Wochen zu planen pflegte, hätte es Kritik gegeben. Die meisten Rassen von roten Sonnen waren, sofern die Individuen, denen sie bisher begegnet war, als typisch gelten konnten, konservativ in ihren Anschauungen darüber, wo eine vernünftige Organisation endete und wilde Spekulation begann. Aber selbst diese hätten wegen ihrer Jugend Nachsicht verdienen können.

Auf eine Frage hätte sie behaupten können, dass sie im Moment nach Enigma Ausschau hielt. Vermutlich würde der Körper die für planetare Temperaturen charakteristischen langen Wellen aussenden, in Verbindung mit von Arc reflektiertem Licht. Sie hatte ihr Gerät so eingestellt, dass es auf eine solche Kombination ansprach und den Schirm auf die Quelle zentrierte und zu maximaler Vergrößerung überging, sobald sie gefunden wäre. Aber ihre Gedanken waren anderswo, obwohl ihre Augen, wie die seitlichen und rückwärtigen von Joe, auf ein Achtungssignal ansprechen würden, falls sich die Eingabe bedeutsam ändern sollte. Aufgrund der kaum spürbaren Erregung, die ihren kleinen Nethneenfreund so sehr beunruhigt hatte, hielt sie es für sicher, dass sie sich wieder auf der realen Seite der Grenzfläche befänden. Aber dann blieben ihr noch eilige Tage gewöhnlichen Fluges Zeit, ehe der Laboratoriumsplatz im Detail untersucht werden konnte. Arc und sein fast gleichgroßer Begleiter bildeten ein zu massives System, als dass Grenzflächentransfer über planetare Distanzen möglich wäre. Die reale Raumzeit war in ihrer Nähe zu schlimm gefaltet.

Enigma. Hatte das Mitglied der Fakultät, welches vor Jahrhunderten den kleinen Planet benannt hatte, etwa Sinn für Humor gehabt? Für die meisten intelligenten Wesen traf das natürlich zu. Tatsächlich handelte es sich nach dezimaler Zahlung, die ihres Wissens in der Schule nicht benutzt wurde, um Enigma 88. Zu den Dingen, die ihr während ihrer ersten Wochen auf Eta Carinae ein gewisses Heimatgefühl gegeben hatten, gehörte die Geschichte, dass es bei der Etablierung des Platzes einen beträchtlichen administrativen Aufruhr über die Frage gegeben hatte, ob oktale oder duodezimale Zeiteinheiten verwendet werden sollten.

Wie sie wusste, hatte die Fakultät eine Datei über Enigma in annehmbar kurzen Entfernungen von Leinster für studentische Forschungen. Molly konnte vermuten, weshalb dieses spezielle Objekt einem Team übertragen worden war, zu dem eine menschliche Studentin gehörte. Sie nahm an, dass die Fakultät schon viel über ihre Species gelernt hatte. Aber das war auch recht wahrscheinlich. Jeder, der bei einer roten Sonne geboren war, würde sich für die Kombination eines hochenergetischen und eines – aus seiner Sicht – ziemlich gut bewohnbaren Sternes wie Titan interessieren. Und das galt noch mehr für einen Platz wie die Erde. Wenn man die Studierenden nach diesen befragte, hätten sie ziemlich sicher eine Menge über die Wesen lernen müssen, die sie erforschten.

Aber damit ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. Die zugewiesene Aufgabe bestand darin, eine Erklärung für die fundamentale und überraschende Tatsache zu finden, dass Enigma mit viel weniger Masse als der Erdmond eine sehr substantielle Atmosphäre besaß. Das Team sollte seine Antwort durch Beobachtungen untermauern, bei denen ein absolutes Mindestmaß an Punkten als sicher anzunehmen war. Und darin lag die Schwierigkeit. Zehn Monate bei Eta Carinae und eine wirklich enge Freundschaft mit Joe hatten ihr bestimmt nicht eine vollständige Liste dessen vermittelt, was sogar ein Typ von einem roten Stern als gewiss ansah. Das war recht schlimm. Noch schlimmer war, dass siebenundzwanzig durchlebte Erdenjahre und eine gute Erziehung sie immer noch in Ungewissheit hielten, welche ihrer alltäglichen Annahmen für nichtirdische Gehirne Überzeugungskraft besaßen. Wissenschaft war Wissenschaft und physikalische Evidenz war Evidenz; aber es gab Lücken zwischen den Punkten einer jeden graphischen Darstellung. Für Molly erschien die von der Aufgabe verlangte Erklärung offenkundig und sogar trivial. Der Planet war zu jung, um seine ursprüngliche Atmosphäre verloren zu haben. Indessen war sie sich sicher, dass dafür sprechendes Beweismaterial wirklich sehr sorgfältig behandelt werden musste. Gewöhnlich neigte sie nicht zu Besorgnissen. Aber der Umgang mit Gehirnen so unterschiedlicher Herkunft war ihr immer noch unbehaglich. Die waren bestimmt nicht alle wie Joe.

 

Die Schiffshülle erzitterte wiederum und diesmal viel merklicher. Dadurch wurde ihre Aufmerksamkeit sofort wieder auf die Instrumente gerichtet. Zurück in Falschraum? Warum? Es fühlte sich nicht so an, obwohl sie wusste, dass es Dutzende unterschiedlicher überlichtschneller Verfahren gab und sie nicht an eines gewöhnt war, das die Classroom, das »fliegende Klassenzimmer«, benutzte. Nein, sie blickte direkt und nicht über Relais. Feste Materie – Meteorit? Es war schwer zu glauben, dass irgendein Raumfahrzeug ein solches Ereignis nicht behandeln könnte, ohne die Aufmerksamkeit der Passagiere zu wecken, obwohl in einem System, das so jung sein musste wie das von Arc, ohne Zweifel Mengen noch nicht aufgesammelter Materie vorhanden sein mussten. Ihre Finger spielten über der Konsole und gingen von einfacher visueller Darstellung über zu einem dreidimensionalen Modell des Raumes von einem Kilometer Radius um das Schiff.

Natürlich gab es Materie. Das Gebiet von Eta Carinae war reich an Nebelsubstanz. Aber Material von einer Dichte, die nach Atomen oder sogar Milliarden von Atomen je Liter gemessen wird, erschüttert nicht ein Raumschiff von...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2015
Übersetzer Winfried Petri
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Still River
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Ferne Zukunft • Forschungsexpedition • Fremde Welten • Hal Clement
ISBN-10 3-641-17599-2 / 3641175992
ISBN-13 978-3-641-17599-3 / 9783641175993
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