Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Frankfurter Ausgabe (eBook)

Band 2: Im Schatten junger Mädchenblüte

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
851 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74378-2 (ISBN)

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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Frankfurter Ausgabe - Marcel Proust
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Eine Chronik der Belle Époque mit ihren Salons, ihren eleganten Restaurants, ihren besten Adressen für Roben, Anzüge, Krawatten, Blumen, Gebäck oder Eis; eine Chronik auch des mondänen Badelebens an den Stränden der Normandie; eine Satire des Großbürgertums, des Hochadels und der jüdischen Finanzwelt; Reflexion über Literatur und bildende Kunst; in erster Linie jedoch ein großartiger Roman mit kunstvoll gebauten Handlungssequenzen, kunstvoll inszenierten Begegnungen und kunstvoll »gemalten« Bildern: Stilleben à la Chardin, Strandbilder à la Boudin oder Seestücke à la Monet.

<p>Marcel Proust wurde am 10. Juli 1871 in Auteuil geboren und starb am 18. November 1922 in Paris. Sein siebenbändiges Romanwerk <em>Auf der Suche nach der verlorenen Zeit</em> ist zu einem Mythos der Moderne geworden.</p> <p>Eine Asthmaerkrankung beeinträchtigte schon früh Prousts Gesundheit. Noch während des Studiums und einer kurzen Tätigkeit an der Bibliothek Mazarine widmete er sich seinen schriftstellerischen Arbeiten und einem - nur vermeintlich müßigen - Salonleben. Es erschienen Beiträge für Zeitschriften und die Übersetzungen zweier Bücher von John Ruskin. Nach dem Tod der über alles geliebten Mutter 1905, der ihn in eine tiefe Krise stürzte, machte Proust die Arbeit an seinem Roman zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Sein hermetisch abgeschlossenes, mit Korkplatten ausgelegtes Arbeits- und Schlafzimmer ist legendär. <em>In Swanns Welt</em>, der erste Band von Prousts opus magnum, erschien 1913 auf Kosten des Autors im Verlag Grasset. Für den zweiten Band, <em>Im Schatten junger Mädchenblüte</em>, wurde Proust 1919 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Die letzten Bände der <em>Suche nach der verlorenen Zeit</em> wurden nach dem Tod des Autors von seinem Bruder herausgegeben.</p>

Marcel Proust wurde am 10. Juli 1871 in Auteuil geboren und starb am 18. November 1922 in Paris. Sein siebenbändiges Romanwerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit ist zu einem Mythos der Moderne geworden. Eine Asthmaerkrankung beeinträchtigte schon früh Prousts Gesundheit. Noch während des Studiums und einer kurzen Tätigkeit an der Bibliothek Mazarine widmete er sich seinen schriftstellerischen Arbeiten und einem – nur vermeintlich müßigen – Salonleben. Es erschienen Beiträge für Zeitschriften und die Übersetzungen zweier Bücher von John Ruskin. Nach dem Tod der über alles geliebten Mutter 1905, der ihn in eine tiefe Krise stürzte, machte Proust die Arbeit an seinem Roman zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Sein hermetisch abgeschlossenes, mit Korkplatten ausgelegtes Arbeits- und Schlafzimmer ist legendär. In Swanns Welt, der erste Band von Prousts opus magnum, erschien 1913 auf Kosten des Autors im Verlag Grasset. Für den zweiten Band, Im Schatten junger Mädchenblüte, wurde Proust 1919 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Die letzten Bände der Suche nach der verlorenen Zeit wurden nach dem Tod des Autors von seinem Bruder herausgegeben.

Im übrigen begnügte sich Swann nicht damit, in der Gesellschaft, wie sie nun einmal ist, und anhand der Namen, die die Vergangenheit in sie eingeschrieben hat und die man heute noch darin lesen kann, ein rein bildungsmäßiges oder künstlerisches Interesse zu befriedigen, sondern er fand eine ziemlich gewöhnliche Art von Unterhaltung darin, aus heterogenen Elementen, die er aufs Geratewohl aufgriff, gleichsam soziale Buketts zusammenzustellen. Diese Experimente einer unterhaltsamen Soziologie (Swann wenigstens fand sie amüsant) trafen nicht bei allen Freundinnen seiner Frau – zumindest nicht in konstanter Weise – auf den gleichen Widerhall. »Ich habe die Absicht, Cottards und die Herzogin von Vendôme zusammen einzuladen«, bemerkte er lachend zu Madame Bontemps mit der genüßlichen Miene eines Feinschmeckers, der gerade auf den Gedanken gekommen ist, versuchsweise in einer Sauce die Gewürznelken durch Cayennepfeffer zu ersetzen. Dieses Projekt aber, das den Cottards allerdings in jedem Sinne behagen sollte, war dazu angetan, bei Madame Bontemps Entrüstung hervorzurufen. Sie war vor kurzem von den Swanns der Herzogin von Vendôme vorgestellt worden und hatte das ebenso erfreulich wie natürlich gefunden. Bei den Cottards damit zu prunken, als sie es ihnen erzählte, war nicht die geringste der Freuden gewesen, die ihr daraus erwachsen waren. Doch wie frisch mit Orden Bedachte am liebsten sähen, daß gleich darauf der Hahn zugedreht würde, aus dem solche Ehrungen fließen, hätte Madame Bontemps gewünscht, daß nach ihr niemand aus ihrem Kreis gleichfalls dieser Fürstlichkeit vorgestellt würde. Sie verwünschte im stillen den entarteten Geschmack dieses Swanns, der einer elenden ästhetischen Schrulle folgend mit einem Schlag den Sand, den sie den Cottards in die Augen gestreut hatte, als sie ihnen von der Herzogin von Vendôme erzählte, in Nichts auflösen würde. Wie sollte sie es bloß wagen, ihrem Mann zu berichten, daß auch der Professor und seine Frau ihr Teil an diesem Vergnügen haben würden, das sie ihm als einzigartig gerühmt hatte? Wenn die Cottards wenigstens erfahren hätten, daß sie nicht eigentlich ernstlich eingeladen waren, sondern nur zum Spaß! Tatsächlich war es mit den Bontemps ebenso gewesen, doch Swann, der von der Aristokratie jenen ewigen Donjuanismus übernommen hatte, der von zwei belanglosen Frauen eine jede glauben macht, sie sei die wahrhaft geliebte, hatte zu Madame Bontemps von der Herzogin von Vendôme wie von einer Person gesprochen, mit der sie höchst angemessenerweise bei ihnen zu Abend speisen würde. »Ja, wir haben vor, die Fürstin mit den Cottards zusammen einzuladen«, sagte ein paar Wochen später Madame Swann, »mein Mann meint, daß diese Konjunktion etwas Amüsantes ergeben wird«; denn wenn sie auch vom »kleinen Kreis« ein paar der Lieblingsgewohnheiten Madame Verdurins bewahrt hatte, wie zum Beispiel sehr laut zu sprechen, damit auch alle Getreuen sie hörten, gebrauchte sie doch auch bestimmte Ausdrücke – wie in diesem Fall das Wort Konjunktion –, die im Milieu der Guermantes beliebt waren, dessen kosmische Anziehungskraft sie auf diese Weise unbewußt und auf große Entfernung an sich erfuhr wie das Meer die des Mondes, ohne sich ihm deshalb real irgendwie zu nähern. »Ja, die Cottards und die Herzogin von Vendôme, denken Sie sich das nicht komisch?« fragte Swann. »Ich glaube, es wird sehr schlecht klappen und Ihnen nur Unannehmlichkeiten bereiten, man soll nun einmal nicht mit dem Feuer spielen«, antwortete Madame Bontemps wütend. Sie und ihr Mann waren übrigens auch, ebenso wie der Fürst von Agrigent, zu diesem Diner geladen, was Madame Bontemps und Cottard auf zwei verschiedene Arten darstellten, je nachdem, an wen sie sich mit ihrer Erzählung wandten. Zu den einen sagten einerseits Madame Bontemps, andererseits Cottard, wenn sie gefragt wurden, wer außer ihnen dagewesen sei, in beiläufigem Ton: »Nur noch der Fürst von Agrigent, es war ganz intim.« Bei anderen aber bestand die Gefahr, daß sie besser unterrichtet waren (einmal hatte sogar jemand zu Cottard direkt gesagt: »Aber waren denn nicht auch die Bontemps da?«, worauf Cottard errötend zugegeben hatte: »Richtig, die hatte ich vergessen«, nicht jedoch ohne den ungeschickten Frager für künftige Zeiten in die Kategorie der bösen Zungen zu verweisen). Für diese letzteren hatten sich sowohl die Cottards wie die Bontemps, ohne sich darüber verständigt zu haben, eine Version zurechtgelegt, deren Schema identisch war und bei der nur im einen und anderen Fall die Namen ihren Platz wechselten. Cottard sagte: »Es waren nur die Gastgeber anwesend, der Herzog und die Herzogin von Vendôme, ferner« – dies wurde mit gewinnendem Lächeln gesagt – »Professor Cottard nebst Gattin, und außerdem, weiß der Teufel warum, denn sie paßten dorthin wie die Faust aufs Auge, Monsieur und Madame Bontemps.« Madame Bontemps sagte genau das gleiche Sprüchlein auf, nur wurden bei ihr Monsieur und Madame Bontemps mit selbstzufriedener Betonung zwischen der Herzogin von Vendôme und dem Fürsten von Agrigent erwähnt1, die räudigen Schafe aber, von denen sie schließlich behauptete, sie hätten sich selber eingeladen und gar nicht hingepaßt, waren die Cottards.

Von seinen Besuchen kehrte Swann oft erst kurz vor dem Abendessen zurück. In dieser Sechsuhrabendstunde, in der er sich früher so unglücklich gefühlt hatte, fragte er sich nun nicht mehr, was Odette wohl vorhaben mochte, und beunruhigte sich nicht darüber, ob jemand bei ihr zu Besuch oder ob sie ausgegangen sei. Manchmal erinnerte er sich daran, wie er vor langen Jahren eines Tages versucht hatte, durch das Kuvert hindurch einen Brief Odettes an Forcheville zu lesen. Doch war ihm diese Erinnerung nicht sehr angenehm, und anstatt seinen Schamgefühlen freien Lauf zu lassen, verzog er lieber nur ein wenig den Mund; eventuell wurde dies noch von einem Kopfschütteln begleitet, das ungefähr besagte: »Was macht mir das schon aus?« Gewiß war er jetzt der Meinung, die Hypothese, die er früher oft in Erwägung gezogen hatte, daß nämlich nur die Phantasmagorien seiner Eifersucht das in Wahrheit unschuldige Dasein Odettes bei ihm anschwärzten (eine alles in allem wohltuende Hypothese, da sie für die Dauer seiner Liebeskrankheit deren Leiden gemindert und als Einbildung hingestellt hatte), sei nun eben nicht die richtige gewesen und seine Eifersucht habe vielmehr ganz recht gesehen, jedenfalls habe Odette, wenn sie ihn mehr geliebt hatte, als er glaubte, ihn auch mehr betrogen. Früher, als er noch so sehr unter dem allen litt, hatte er sich geschworen, er werde sich die Genugtuung verschaffen, sobald er Odette nicht mehr liebte und nicht mehr Angst davor hatte, sie zu erzürnen oder in ihr die Vorstellung zu wecken, er liebe sie zu sehr, mit ihr zusammen aus einfacher Liebe zur Wahrheit und gleichsam als historisches Faktum zu klären, ob Forcheville an jenem Tag tatsächlich mit ihr im Bett gewesen sei, als er geschellt und ans Fenster geklopft hatte, ohne daß sie ihn einließ, und sie Forcheville geschrieben hatte, ihr Onkel sei gekommen. Doch dieses so ungemein spannende Problem, für dessen Aufklärung er nur das Ende seiner Eifersucht abgewartet hatte, verlor jedes Interesse in Swanns Augen, als er aufgehört hatte, eifersüchtig zu sein. Nicht sofort allerdings. Er hegte schon keine Eifersucht mehr in bezug auf Odette, als der Gedanke an den Tag, an dem er des Nachmittags vergebens an die Tür der kleinen Villa in der Rue La Pérouse gepocht hatte, immer noch ein verwandtes Gefühl in ihm zu wecken vermochte. Es war, als ob die Eifersucht – darin den Krankheiten ähnlich, die ihren Sitz oder ihre Ansteckungsquelle weniger in bestimmten Personen als an bestimmten Örtlichkeiten, in bestimmten Häusern haben – nicht so sehr Odette zum Gegenstand gehabt hätte als vielmehr jenen Tag, jene Stunde der versunkenen Vergangenheit, da Swann an sämtliche Eingänge von Odettes Haus gepocht hatte. Man hätte meinen können, daß nur dieser Tag und diese Stunde noch einige letzte Partikelchen von der Persönlichkeit des Liebenden, die früher die Swanns gewesen war, an sich geheftet hätten und daß er sie nur in ihnen wiederfinden konnte. Er war seit langem ganz unbesorgt darum, ob Odette ihn betrogen hatte und noch betrog. Und doch hatte er noch ein paar Jahre lang auch weiterhin frühere Dienstboten Odettes aufzufinden versucht, so lange hielt bei ihm die schmerzliche Neugier vor, zu wissen, ob an jenem so weit zurückliegenden Tag um sechs Uhr Odette mit Forcheville im Bett gewesen war. Dann war auch die eigentliche Neugier verblaßt, ohne daß er in seinen Erkundigungen nachgelassen hätte. Er versuchte in Erfahrung zu bringen, was ihn nicht mehr interessierte, weil sein altes, schon beinahe abgestorbenes Ich noch mechanisch weiteragierte mit so völlig überlebten Anliegen, daß es Swann nicht mehr gelang, sich die Beängstigung auszumalen, die gleichwohl damals so mächtig in ihm gewesen war, daß er sich nicht hatte vorstellen können, sie würde je von ihm weichen, und daß er gemeint hatte, nur der Tod derjenigen, die er liebte (der Tod, der, wie später in diesem Buch eine grausame Gegenprobe beweisen wird, in nichts die Qualen der Eifersucht mildert), wäre imstande, seinem gänzlich versperrten Leben einen Weg zu ebnen.

Es war dennoch nicht Swanns einziger Wunsch gewesen, die tatsächlichen Begebenheiten im Leben Odettes, denen er seine Qualen verdankte, eines Tages aufzuklären; im Hintergrund hegte er auch den, sich dafür zu rächen, sobald er Odette nicht mehr lieben und folglich nicht mehr fürchten würde; für die Erfüllung dieses zweiten Wunsches bot sich nun gerade eine Gelegenheit, denn Swann liebte eine andere Frau, eine Frau, die ihm keinen Grund zur Eifersucht gab und doch in...

Erscheint lt. Verlag 6.10.2015
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 19. Jahrhundert • 20. Jahrhundert • Erinnerung • Fin de siècle • Fin de siècle • Frankfurter Ausgabe • Frankreich • Im Schatten junger Mädchenblüte • Im Schatten junger Mädchenblüte • Marcel Proust • Moderne • Proust • Roman • ST 3642 • ST3642 • Suche • suhrkamp taschenbuch 3642 • Zeit
ISBN-10 3-518-74378-3 / 3518743783
ISBN-13 978-3-518-74378-2 / 9783518743782
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