Zerschunden (eBook)

Spiegel-Bestseller
True-Crime-Thriller
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
432 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43488-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zerschunden -  Prof. Dr. Michael Tsokos,  Andreas Gößling
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Die True-Crime-Trilogie um Rechtsmediziner Dr. Fred Abel der SPIEGEL-Bestseller-Autoren Michael Tsokos und Andreas Gößling - basierend auf echten Fällen, authentischen Ermittlungen und der jahrelangen Erfahrung des bekanntesten deutschen Rechtsmediziners. Rechtsmediziner Dr. Fred Abel vom BKA bekommt es mit einem europaweit agierenden Serienmörder zu tun: Im Umkreis europäischer Flughäfen geschehen Schlag auf Schlag Morde an Frauen, die der Täter mit einer mysteriösen Parole beschriftet. Durch eine spezielle DNA-Analyse gerät der Ex-Soldat Lars Moewig in Verdacht - ausgerechnet ein alter Kumpel des Rechtsmediziners aus gemeinsamen Bundeswehrzeiten, dem Fred Abel so brutale Verbrechen niemals zugetraut hätte. Doch Moewig fehlen die Alibis, und er wird in U-Haft genommen. Während Moewigs kleine Tochter an Leukämie stirbt, versucht Abel fieberhaft, den wahren Täter zu entlarven. Eine atemlose Verfolgungsjagd über den europäischen Kontinent gefährdet nicht nur Abels Leben. Und die Zweifel an der Unschuld seines alten Freundes erdrücken ihn fast. 'Nichts ist so grausam wie die Realität. 'Zerschunden' ist eine fulminante Mischung aus Fakten und Fiktion.' Sebastian Fitzek

Prof. Dr. Michael Tsokos, Jahrgang 1967, ist Professor für Rechtsmedizin und leitet das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Michael Tsokos ist der bekannteste deutsche Rechtsmediziner und regelmäßig als Experte im In- und Ausland tätig, beispielsweise für das BKA bei der Identifizierung der Opfer von Terrorangriffen und Massenkatastrophen. Seine bisherigen 26 Bücher waren allesamt SPIEGEL-Bestseller.  Folgen Sie Michael Tsokos auf Instagram: @dr.tsokos

Michael Tsokos, 1967 in Kiel geboren, ist Professor für Rechtsmedizin und international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Forensik. Seit 2007 ist er Direktor eines renommierten Berliner rechtsmedizinischen Instituts. Seine Bücher sind allesamt Bestseller und wurden bereits mit hochkarätiger Besetzung verfilmt. Mit dem Schauspieler Jan Josef Liefers ist er in der Doku-Reihe »Obduktion« bei RTL+ zu sehen. Weitere TV-Produktionen sind in Arbeit. Folgen Sie Michael Tsokos auf Instagram: @dr.tsokos Andreas Gößling, 1958 in Gelnhausen geboren, lebt als Schriftsteller und Verleger in Berlin. Der Germanist, Politik- und Kommunikationswissenschaftler hat zahlreiche Romane und Sachbücher für erwachsene und junge Leser publiziert. Die True-Crime-Thriller "Zerschunden", "Zersetzt" und "Zerbrochen" zusammen mit Michael Tsokos waren allesamt Top-Ten-Bestseller auf der Spiegel-Liste. "Rattenflut" ist der dritte und abschließende Teil seiner mit "Wolfswut" und "Drosselbrut" gestarteten True-Crime-Reihe.

1


Berlin-Tegel,
Donnerstag, 2. Juli, 19:45 Uhr

Der kleine Supermarkt war genauso in die Jahre gekommen wie die ganze Mehrfamilienhaussiedlung am nordwestlichen Stadtrand. Und wie ein großer Teil ihrer Bewohner.

Irina Petrowa stand in der Kassenschlange, und jeder einzelne Knochen ihres sechsundsiebzigjährigen Körpers tat ihr weh. Obwohl die Stadt seit acht Tagen unter einer Hitzeglocke schmorte, fröstelte die alte Frau in ihrem Sommermantel. Ihr Augenlicht war vom grauen Star getrübt, in ihren Ohren ertönte unaufhörliches Tinnitusklingeln. Desto angestrengter sperrte sie Augen und Ohren auf, um möglichst viel von dem mitzubekommen, was um sie herum passierte.

Das war allerdings im Moment nicht sonderlich viel. Alle in der Kassenschlange wirkten müde und abgekämpft. Einige hatten sichtlich einen langen Arbeitstag hinter sich und kauften kurz vor Ladenschluss noch Berge an Lebensmitteln ein. Die meisten Kunden aber schienen ein einsames Leben zu führen, denn in ihren Einkaufswagen lagen nur wenige Artikel. So wie bei Irina Petrowa.

Mit einer Hand schob sie ihren Einkaufswagen zentimeterweise voran, mit der anderen umklammerte sie den Griff ihres altmodischen Spazierstocks. Ein Erbstück von Sascha, ihrem jüngsten Bruder, der im letzten Sommer mit nur einundsiebzig Jahren verstorben war. Wodka, der Fluch Russlands, dachte sie. Zur Beerdigung war sie nach Sankt Petersburg geflogen, und es hatte sie ihre letzten Kräfte gekostet.

Die Reise, die Stadt ihrer Jugend, die Erinnerungen, die sie seitdem nicht mehr losließen.

Irina Petrowa war noch zu Zeiten des Kalten Krieges nach Deutschland gekommen, natürlich der Liebe wegen, die allerdings bald schon im grauen DDR-Alltag verwelkt war. Mehr oder weniger ihr ganzes Erwachsenenleben hatte sie in der deutschen Hauptstadt verbracht – zuerst im Osten, seit dem Mauerfall im Westen Berlins. Seit über zehn Jahren war sie verwitwet.

An Saschas Grab war ihr zum ersten Mal der Gedanke gekommen, dass sie ihr Leben verpasst hatte, wie man auf dem Bahnhof einen Zug verpasst. Seitdem spürte sie, wie tief in ihr die Lebensgier brodelte. Die meisten ihrer Mitbewohner in der Seniorenwohnanlage hatten mehr oder weniger mit allem abgeschlossen. Irina Petrowa aber wollte leben, auch wenn ihr mit jedem Tag jede Bewegung noch mehr weh tat.

Sie hatte die junge Frau an der Kasse noch niemals vorher gesehen. Entweder sie tauschten die Kassiererinnen hier alle paar Tage aus, oder ihr Kurzzeitgedächtnis ließ genauso rapide nach wie ihre Sehkraft. Irina Petrowa bat die Angestellte, ihr beim Verstauen ihres Einkaufs zu helfen, und machte sich mit ihrem Stock und der Plastiktasche auf den Heimweg.

Neben dem Ausgang waren Sonderangebote für Gartenfreunde aufgebaut. Den untersetzten Schwarzen, der die Kollektion aus Liegestühlen und Holzkohlegrills betrachtete, nahm sie nur als verschwommenen Schatten wahr. Schritt für Schritt schleppte sie sich über den Parkplatz, und der schwarze Schatten folgte ihr.

Linker Hand gab es eine kleine Grünanlage mit Parkbänken, auf denen wie immer die Trinker saßen. Irina Petrowa achtete darauf, den alten Männern mit den Reibeisenstimmen nicht zu nahe zu kommen. Aber es half nichts. Sie sind wie Sascha. Der Leichenbestatter hatte sein Bestes gegeben, trotzdem hatte ihr armer kleiner Bruder in seinem Sarg ausgesehen wie eine Mumie. So ausgemergelt und eingeschrumpft, als hätte der Alkohol ihn von innen her verbrannt.

Nachdem sie den Parkplatz überquert hatte, waren es nur noch etwa hundert Meter bis zu ihrer Haustür. Doch für Irina Petrowa fühlte es sich an wie ein Gewaltmarsch durch die Wüste. Die immer noch grelle Abendsonne stach ihr in die Augen, so dass sie alles wie in gleißenden Nebel gehüllt sah. Schweiß lief ihr in Bächen den Rücken herunter, gleichzeitig war ihr erbärmlich kalt. Verbissen stieß sie ihren Stock mit dem versilberten Falkenkopfgriff vor sich auf den Gehweg. Natürlich hätte sie sich ihren Einkauf in die Wohnung liefern lassen können, aber das kam nicht in Frage. Der abendliche Gang zum Supermarkt war für sie der Höhepunkt des Tages.

Jeden Morgen um neun kam ihre Betreuerin, eine karibische Schönheit namens Mercedes Camejo, zu ihr in die Wohnung, um für sie den Haushalt zu erledigen und ihr bei der Körperpflege zu helfen. Aber Irina Petrowa war jedes Mal froh, wenn sie die dralle Person wieder los war. Sie konnten sowieso kaum ein vernünftiges Wort wechseln, da ihre Betreuerin nur gebrochen Deutsch sprach und die Betreute mehr oder weniger nur sinnloses Klingeln in ihren Ohren vernahm.

Endlich hatte Irina Petrowa die sechsgeschossige Wohnanlage erreicht, die fast schon in Sichtweite des Flughafens Tegel lag und sechzig Senioren in altersgerechten Apartments Platz bot. Sie beugte sich vor, lehnte ihren Stock neben der Haustür an die Wand und suchte in ihrem Mantel nach dem Schlüssel. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite studierte der Mann mit der rußfarbenen Haut die Plakate an einer Litfaßsäule. Irina Petrowa spürte undeutlich, dass der Schatten immer noch in ihrer Nähe war, aber in ihren Gedanken hatte er sich in etwas anderes verwandelt.

Nach Jahrzehnten der Entfremdung waren ihr Bruder Sascha und sie sich vor seinem Tod noch einmal nahegekommen. Sie hatten einander Briefe geschrieben und mehrmals im Monat telefoniert. Sascha war ihr früher immer wie ein roher Draufgänger erschienen, der jeden tieferen Gedanken für Zeitvergeudung hielt. Aber durch irgendeine wundersame Wandlung war er kurz vor seinem Tod geradezu ein Mystiker geworden.

Entweder er hat sich früher immer verstellt, oder der Wodka hat ihn zu einem Weisen gemacht, dachte Irina Petrowa. Letztlich schienen ihr beide Möglichkeiten gleichermaßen unwahrscheinlich. Sie kämpfte mit ihrem Schlüssel, der sich im Futter ihrer Manteltasche verheddert hatte, und ihr war unerträglich heiß.

Die Schatten, die uns umgeben, sind nichts anderes als unsere eigenen sündigen Gedanken, hatte Sascha ihr erklärt, wenige Wochen bevor er ins Koma gefallen war. Verstehst du, Irina?

Eigentlich hatte sie es nicht verstanden. Es war nicht logisch, jedenfalls auf den ersten Blick. Doch wenn man es als mystische Weisheit auffasste, schien es eben doch eine Art Sinn zu ergeben.

Mit zitternder Hand schob sie den Schlüssel ins Schloss. Nachdem sie aufgeschlossen und ihren Stock wieder an sich genommen hatte, schleppte sie sich in die Eingangshalle. Die Liftkabine lockte mit offener Tür und surrendem Neonlicht, doch Irina Petrowa wandte sich entschlossen der Treppe zu. Den Aufzug haben die Bestatter erfunden, hatte Grigorij, der Priester ihrer orthodoxen Gemeinde, ihr schon vor Jahren eingeschärft.

Das hatte Irina Petrowa eingeleuchtet, ganz ohne Mystik. Ihr Hausarzt hatte im Grunde dasselbe gesagt, nur ohne Seitenhieb auf die Bestatter. Jedenfalls mühte sie sich Tag für Tag über die Treppe in den ersten Stock hoch. Flüchtig wunderte sie sich, dass sie diesmal gar nicht gehört hatte, wie hinter ihr die Haustür ins Schloss gefallen war. Aber in ihren Ohren klingelte es wie in einer anfahrenden Straßenbahn.

Trotzdem drehte sie sich auf der Plattform im ersten Stock um und spähte angestrengt nach unten. Doch da war nichts, oder höchstens ein Schatten auf der halben Treppe, und schon waren ihre Gedanken wieder bei Sascha. Es gibt keine Schatten, verstehst du, Irina?

Ja, Brüderchen, ich verstehe, was du meinst. Vor ihrer Wohnungstür musste sie erneut das beschwerliche Ritual ausführen. Sie lehnte den Stock gegen die Wand, zog den Schlüssel aus der Manteltasche und schloss auf. Dann hangelte sie wieder nach der Gehhilfe und schob die Tür mit dem gummiüberzogenen Stockende weit auf.

Im selben Moment bekam sie einen harten Stoß in den Rücken. Was war das? Um Himmels willen! Sie stolperte in ihre kleine Diele und riss die Arme hoch. Stock und Einkaufstasche fielen ihr aus den Händen und landeten auf dem Teppichboden. Sie wollte sich umdrehen, doch da bekam sie einen zweiten, noch kräftigeren Stoß in den Rücken, der sie endgültig von den Füßen riss. Irina Petrowa fiel der Länge nach hin. Ihre Arme und Handgelenke, mit denen sie den Sturz abzufedern versucht hatte, taten höllisch weh. Sie wollte schreien, aber es ging nicht. Zwei kräftige Hände hatten ihren Kopf und Nacken gepackt und drückten ihr Gesicht in den muffig riechenden Teppich. Hilflos lag sie auf dem Bauch und kämpfte dagegen an, ohnmächtig zu werden.

Schatten, dachte sie, und plötzlich war alles schwarz.

Als sie wieder zu sich kam, lag sie immer noch in ihrer Diele, doch seltsamerweise auf dem Rücken. Die Wohnungstür war geschlossen, und neben ihr kauerte ein Mann auf dem Boden und sah sie aufmerksam an. Sein Augenweiß und seine Zähne hoben sich unwirklich hell von seinem schwarzen Gesicht ab. Obwohl sie immer noch benommen war, wusste Irina Petrowa, dass es der stämmige Mann vom Supermarktparkplatz sein musste.

Der Schatten, du hast dich geirrt, Sascha, dachte sie. Er ist ganz einfach ein Räuber, der es auf meinen Schmuck abgesehen hat.

Sein Mund ging auf und zu, anscheinend redete er mit ihr. Aber Irina Petrowa verstand kein Wort. Der Tinnitus schrillte in ihren Ohren. Das Herz schlug ihr bis in die Kehle hinauf. »Sie können alles haben!«, stieß sie hervor.

Er bleckte die Zähne, packte ihren Rock und zog ihn bis zu ihrer Hüfte hoch. Dann zerrte er ihr die Strumpfhose herunter.

Irina Petrowa erstarrte. Ein Perverser, dachte sie. Oh, mein Gott. Er wird mich vergewaltigen!

Sie wollte um Hilfe schreien, da legte er ihr die Hände um den Hals und...

Erscheint lt. Verlag 25.9.2015
Reihe/Serie Die Fred Abel-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte als die Wirklichkeit • Andreas Gößling • authentischer Fall • BKA • blutige Thriller • Flughafen • Forensiker • Fred Abel • Fred Abel Reihe • Gerichtsmediziner • Gerichtsmedizin Thriller • harte thriller • Lars Moewig • Michael Tsokos • Michael Tsokos Bücher • Michael Tsokos Fred Abel • nichts ist spannender • nichts ist spannender, als die Wirklichkeit • Professor Michael Tsokos • Rechtsmediziner • Respectez Asia • Serienkiller • Thriller • Thriller Action • Thriller deutsche Autoren • Thriller Deutschland • Thriller Forensik • thriller für männer • thriller reihe • Thriller Serienkiller • Thriller und Psychothriller • True Crime • True Crime Bücher • True Crime Bücher deutsch • True-Crime-Podcast • True crime Thriller • Verfolgungsjagd
ISBN-10 3-426-43488-1 / 3426434881
ISBN-13 978-3-426-43488-8 / 9783426434888
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