Aus den Sudelbüchern (eBook)

Aphorismensammlung - Auswahl aus Lichtenbergs legendären Gedankensplitter
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2015 | 1. Auflage
750 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-4093-0 (ISBN)

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Aus den Sudelbüchern -  Georg Christoph Lichtenberg
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Dieses eBook: 'Aus den Sudelbüchern' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) war ein Mathematiker und der erste deutsche Professor für Experimentalphysik. Lichtenberg gilt als Begründer des deutschsprachigen Aphorismus. Über viele Jahre hat Lichtenberg ab 1764 in Schreibheften, von ihm selbstironisch 'Sudelbücher' genannt, in aphoristischer Form unzählige Gedankensplitter (spontane Einfälle, Lesefrüchte, Reflexionen zu fast allen Wissensgebieten und naturwissenschaftliche Feststellungen) notiert, die postum veröffentlicht wurden. Sie belegen seine Aufgeschlossenheit für alles Neue, die enzyklopädische Weite seines Geistes und in besonderer Weise seine Fähigkeit zur skeptischen Beobachtung und ironischen Formulierung. Aus dem Buch: 'Der große Kunstgriff, kleine Abweichungen von der Wahrheit für die Wahrheit selbst zu halten, worauf die ganze Differential-Rechnung gebaut ist, ist auch zugleich der Grund unsrer witzigen Gedanken, wo oft das Ganze hinfallen würde, wenn wir die Abweichungen in einer philosophischen Strenge nehmen würden. Es ist eine Frage ob in den Wissenschaften und Künsten ein Bestes möglich sei, über welches unser Verstand nicht gehen kann. Vielleicht ist dieser Punkt unendlich weit entfernt, ohnerachtet bei jeder Näherung wir weniger vor uns haben.'

Aus »Sudelbuch« B



Wenn er seinen Verstand gebrauchen sollte, so war es ihm als wenn jemand, der beständig seine rechte Hand gebraucht hat, etwas mit der linken tun soll.

[B 1]

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Zuweilen schlug er aus, wiewohl nur mit dem Schwanze. (Pferd)

[B 2]

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Er hatte zu nichts Appetit und aß doch von allem.

[B 3]

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Er ging weder den ganz breiten Weg zur Ewigkeit noch den ganz schmalen, sondern hatte bei häufigem Gebet und einer guten Tafel einen mittleren eingeschlagen, den man den geistlich-kurfürstlichen nennen könnte.

[B 4]

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Wenn Pater Bouhours, als er zweifelte ob ein Deutscher Witz haben könnte, nur seine deutsche Glaubensgenossen gemeint hat, so wiederhole ich die Frage noch einmal mit ihm.

[B 5]

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Der Pöbel wünscht sich Gold und Chargen und würde sich betrogen finden wenn er sie hätte. Unter den Großen ist es nun auch Mode geworden, die Quelle und den Strohsack dem Bauern zu beneiden, mancher würde sich auch in diesem Zustand betrogen finden. Der Dichter versteht aber ein Ideal wird man sagen, wer weiß aber ob nicht der Bauer sich den Zustand des Großen auch idealisiert.

[B 6]

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Mich dünkt immer die ganz schlechten Schriftsteller sollte man immer in den gelehrten Zeitungen ungeahndet lassen, die gelehrten Zeitungsschreiber verfallen in den Fehler der Indianer die den Orang Outang für ihres gleichen, und seine natürliche Stummheit für einen Eigensinn halten, von welchem sie ihn durch häufige Prügel vergeblich abzubringen suchen.

[B 12]

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Es gibt eine gewisse Art von Büchern, und wir haben in Deutschland eine große Menge, die nicht vom Lesen abschrecken, nicht plötzlich einschläfern, oder mürrisch machen, aber in Zeit von einer Stunde den Geist in eine gewisse Mattigkeit versetzen, die zu allen Zeiten einige Ähnlichkeit mit derjenigen hat, die man einige Stunden vor einem Gewitter verspürt. Legt man das Buch weg, so fühlt man sich zu nichts aufgelegt, fängt man an zu schreiben, so schreibt man eben so, selbst gute Schriften scheinen diese laue Geschmacklosigkeit anzunehmen, wenn man sie zu lesen anfängt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß gegen diesen traurigen Zustand nichts geschwinder hilft als eine Tasse Kaffee mit einer Pfeife Varinas.

[B 15]

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Beobachtungen zur Erläuterung der Geschichte des Geists dieses Jahrhunderts. Die Geschichte eines Jahrhunderts ist aus den Geschichten der einzelnen Jahre zusammengesetzt. Den Geist eines Jahrhunderts zu schildern kann man nicht die Geister der hundert einzelnen Jahre zusammenflicken, unterdessen ist es dem der ihn entwerfen will allemal nützlich auch die letzteren zu kennen, sie können ihm immer neue Punkte darbieten seine steten Linien dadurch zu ziehen.

[B 18]

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Unsere neuen Kritiker preisen uns im Stil die edle und ungekünstelte Einfalt an, ohne uns durch ihr Beispiel auf diese edle Einfalt zu führen, alles was sie zu sagen wissen ist daß sie uns auf die Alten verweisen. In der Tat eine Art zu verfahren die nicht anders als gefährlich sein kann. Nicht jeder der edel einfältig schreiben soll kann die Alten lesen, dieses wäre in der Tat zu viel verlangt, von dem aber der eine solche Forderung tut kann man mit Recht mehr verlangen. Er muß sich erklären. Der meiste Teil der Menschen deren Stil getadelt worden ist, als nicht simpel genug, hat wenn er schrieb immer eine gewisse Spannung bei sich verspürt, eine gewisse Aufmerksamkeit nichts zudringen zu lassen, was schlecht wäre, nun wollen sie ganz edel und schlechtweg schreiben, lassen von dieser Spannung nach und nun dringt alles Gemeine zu. Simpel und edel simpel schreiben erfordert vielleicht die größte Spannung der Kräfte, weil in einer allgemeinen Bestrebung unserer Seelenkräfte, gefallen zu wollen, sich nichts so leicht einschleicht als das Gesuchte, es wird außerdem eine ganz eigene Art dazu erfordert die Dinge in der Welt zu betrachten, die eher das Werk eines nicht sehr belesenen schönen Geistes als eines Studiums des Altertums ist. Wenigstens glaube ich, soll man nie die Einfalt aus anderen Schriften zuerst kennen lernen wollen. Wer so viel Latein versteht, daß er den Horaz ohne Anstand lesen kann, und er gefällt ihm würklich nicht bloß in einigen Sentenzen, sondern auch weiter, und spürt, daß trotz einer oft überraschenden Schönheit dennoch sein Gefühl immer mit dem Horazischen gleich geht, der kann hernach den Horaz zu seinem Unterricht lesen, er wird was in ihm Schönes liegt alsdann noch mehr entwickeln. Wer aber gehört hat Horaz sei schön, liest ihn ohne ihn würklich seiner Empfindung harmonisch zu finden, merkt sich einige Züge und ahmt ihn nach, der muß entweder ein sehr feiner Betrüger sein, oder es wird allemal unglücklich ausfallen. Ein solcher Schriftsteller wird allemal glauben er habe ihn übertroffen, so oft er eine Zeile niederschreibt, und dieses zwar deswegen, weil er die Schönheiten des Horaz als absolut für sich bestehend ansieht und nicht bedenkt, daß sie in einer gewissen Verhältnis mit der menschlichen Natur stehen die er nicht kennt, also nicht weiß wo der Punkt ist, unter welchem keine Schönheit, und über welchem keine Simplizität mehr stattfindet.

[B 20]

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Der Pöbel ruiniert sich durch das Fleisch das wider den Geist, und der Gelehrte durch den Geist dem zu sehr wider den Leib gelüstet.

[B 21]

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Ich habe das Glück gehabt 6 Jahre in einer Stadt in Deutschland zu leben, wo vielleicht die meisten deutschen Original-Genies beisammen leben, wenigstens mit dem Raum verglichen auf dem sie sich beisammen befinden, ich habe die meisten gnau gekannt, oder wenigstens allezeit Gelegenheit genug gehabt was ich aus Mangel eines genugsamen Umgangs verlor durch andere Züge zu ersetzen, die außer der Stadt, worin der Gelehrte lebt, selten bekannt werden, und in derselben einer mäßigen Neugierde auch nicht entwischen. Ich habe auch unglückliche Schriftsteller gekannt, eingebildete junge Leute, die sehr fleißig waren. Ich will hieher setzen was ich bei beiden bemerkt habe. Das große Genie urteilt in Gesellschaften nicht allein oft in Dingen die nicht in sein Feld gehören, sondern auch in den seinigen nicht allzeit gut, es seien denn Dinge, die es sehr häufig überdacht hat, oder worüber eine bloße Belesenheit entscheidet. Sich selbst allein gelassen besitzt es eine gewisse Aufmerksamkeit auf alltägliche Dinge, in welchem ein Hauptunterscheidungszeichen des großen Geistes zu liegen scheint, sich nicht durch Lokal-Denkungsart hinreißen zu lassen, alle Begebenheiten als individua anzusehen und nicht durch einen dem schwachen Menschen sehr natürlichen Kunstgriff sie in dem Genere summo alltäglicher Dinge alle gleich unbemerkt vorbeistreichen zu lassen. So ist niemand der Welt, hauptsächlich der gelehrten, unnützer, als derjenige Fromme der alle Dinge nur in dem Genere summo des Irdisch-Vergänglichen, oder seine Empfindungen in unsern Worten ausgedrückt, des Nichtswürdigen übersieht und der Untersuchung unwürdig schätzt. Der Philosoph muß hierin einigermaßen seinem Schöpfer nachahmen, und, wenigstens in einem engen Bezirk, nur individua sehen. Diese Art die Dinge zu betrachten ist ein Hauptkennzeichen des Genies, es betrachtet freilich nicht alles so, es würde sonst Gott selbst sein müssen. Diese Art die Dinge anzusehen gibt dem Genie eine gewisse Kenntnis der Dinge um sich die nichts weniger als immer systematisch ist, die aber hinlänglich ist das Wahre vom Falschen wo nicht völlig gnau abzusondern, doch die erste grobe Trennung durchaus zu machen. Da wo man keine Bücher hat ist ohnstreitig diese Art von Erkenntnis häufiger, wo Bücher sind können Sprünge getan werden, und eine solche Kenntnis löst sich so zu reden nicht in der Seele auf, vereinigt sich nie völlig mit ihr, sondern wird nur im Fall der Not aus einem Ort hervorgeholt, wo sie noch getrennt von dem System der Gesinnungen liegt. Wie oft wird da falsch gegriffen. Die Alten waren häufig mit einer solchen Erkenntnis versehen. Alles was sie wußten machte ein Ganzes aus, und weil es der Lauf der Natur war was dieses Ganze nach und nach in ihnen zusammensetzte, so sprachen sie allemal natürlich wenn sie sprachen, ihre Ausdrücke waren simpel, denn es war die Natur die aus ihnen sprach. Man glaube nur nicht daß der fleißige Leser der Alten sich jetzt die Simplizität eigen machen werde; er kann sich gewöhnen sie in allen ähnlichen Werken wieder zu erkennen, sie wird aber nicht Fleisch und Blut bei ihm, sie kann sich bei ihm nicht unter neuen Gestalten zeigen. Alles was ich hier sage und was jeder Leser nun im Stande sein wird sich zu erläutern, habe ich an vielen Gelehrten bemerkt, ohngeachtet es zuweilen durch zu viel plötzlich durch Lesen aufgeschossene Gelehrsamkeit von einer andern Seite wieder vorstellt, weil sie sozusagen den modernen Menschen mit ihrem übrigen großen Teil, dem Griechischen vermischten. Der unglückliche Schriftsteller, oder der modern Gelehrte liest ganz allein, seine gelehrte Gesinnungen sind nicht in seinem Selbst enthalten, sondern außer ihm, die kleine Seele geschmückt mit dem Apparatus einer größeren weiß sich nicht darein zu schicken, daher die unzähligen Gestalten unter denen der schlechte Schriftsteller erscheint, daher Schwulst, Ungleichheit mit sich selbst, (Hauptzug der schlechten Schriftsteller:) Affektation. (Siehe die Fortsetzung unter p [B 25]).

[B 22]

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Wir haben heutzutage eine ganze Menge sogenannter feiner Köpfe (nicht großer Geister). Es sind aber dieses nicht sowohl Leute, die groß in der...

Erscheint lt. Verlag 3.7.2015
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Aphorismen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arthur Schopenhauer • Franz Kafka • Karl Kraus • Kurt Tucholsky • Novalis • Oscar Wilde • Paulo Coelho • Søren Kierkegaard • Stefan Wellmann • Tim Markertz
ISBN-10 80-268-4093-3 / 8026840933
ISBN-13 978-80-268-4093-0 / 9788026840930
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