Ein deutsches Tagebuch

Buch | Hardcover
256 Seiten
2015
Edition.fotoTAPETA Berlin (Verlag)
978-3-940524-32-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein deutsches Tagebuch - Stefan Chwin
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Wieso schreibt ein polnischer Autor aus Danzig, aus Gdansk, ein deutsches Tagebuch?
Warum solch ein Buch 70 Jahre nach dem Ende des verheerenden
Kriegs, mit dem Deutschland das Nachbarland überzogen hat? Weil die
Nachbarschaft der beiden Länder, längst ein Musterbeispiel an Friedfertigkeit,
nie ganz einfach sein wird. Und aufmerksame, kritische Beobachtung
braucht. Die liefert Stefan Chwin in seinen Tagebuch-Einträgen.
Immer wieder hat sich der Danziger Schriftsteller Stefan Chwin in seinem Werk mit Deutschland und den Deutschen auseinandergesetzt - nicht zuletzt in seinem preisgekrönten Roman Tod in Danzig. Und doch: Ich war nie ein Schriftsteller der polnisch-deutschen Versöhnung, schreibt Chwin in seinen Tagebüchern: Allein die Formulierung polnisch-deutsche Versöhnung ist mir zuwider, weil ich einfach nicht weiß, worin diese Versöhnung zwischen uns und den Deutschen bestehen sollte. Ich habe, versucht antideutsche Stereotypen und Vorurteile zu relativieren. Aber jenseits von Stereotypen schreiben ist doch nicht dasselbe wie nach Versöhnung streben... Chwins Deutsches Tagebuch, hier vorgelegt in der Auswahl von Krystyna Turkowska-Chwin und Marta Kijowska, setzt diesen Weg fort.

Stefan Chwin, Schriftsteller, Essayist, Literaturwissenschaftler, geboren 1949 in Danzig/Gdansk, wo er lebt und arbeitet. Europaweit bekannt wurde Chwin durch den vielfach ausgezeichneten Roman "Hanemann" (1995), deutsch: "Tod in Danzig" (1997). Auf Deutsch erschienen außerdem "Die Gouvernante" (2000) und "Der goldene Pelikan" (2005). Chwin veröffentlichte bisher zwei Tagebücher auf Polnisch: "Kartki z dziennika" (2004) und "Dziennik dla doroslych" (2008).

Mein Danzig
- 25 Die Urheber des Mythos
- 33 Inspirationen
- 45 Abendessen mit Grass
- 67 Die Ausländer
- 85 Europas Gedächtnis
- 103 Die Vertriebenen
- 119 Begegnungen mit den Deutschen
- 129 Kontributionen
- 135 Europäisches Bindeglied
- 151 Worte und Dinge
- 167 Auschwitz - fatale Fragen
- 187 Splett
- 193 Versöhnung
- 201 Die Existenz Gottes
- 209 Der Stolz der Deutschen
- 215 Reisegedanken
- 225 Väter und Mütter
- 231 War Hannemann ein Deutscher?
- 235 Der polnische Schriftsteller und die Deutschen

DIE SALONS DER VERSÖHNUNG
Wie oft habe ich das schon gesehen! Zuerst ein hell erleuchteter Saal - Versöhnung, Brücken, Polen, Verständigung, Europa! Und dann der inoffizielle Teil. Die Polen drängen sich im Flur in Gruppen und sprechen mit leisen Stimmen. Haben Sie bemerkt - Pater R. schüttelt den Kopf - dass Professor S. ganz still wurde, als es darum ging, zu sagen, dass sie die polnischen Priester gemordet haben? Und der Fall Splett? Man hätte doch deutlich sagen müssen, dass er sich den Nazis nicht widersetzte. Dass er tat, was sie ihm befahlen. Und was macht Professor S.? Er schweigt.
Professor S. weiß genau, wenn er etwas Falsches sagt, werden ihn die Deutschen nicht mehr einladen, also nimmt er sich in Acht.
(...)PERSPEKTIVEN
Während des Krieges verhielten sich die Deutschen den Polen gegenüber - nicht nur in Danzig - einfach grauenvoll. Hätte ich das nicht geschrieben, wäre ich ein Lügner. Und doch wurde Tod in Danzig (ähnlich wie Die Gouvernante) nicht nur in Polen, sondern auch in Deutschland sehr gut aufgenommen. Ich denke, vermutlich deswegen, weil ich vor allem über die Begegnung und gegenseitige Durchdringung der beiden Kulturen schreibe und nicht nur über die Konflikte zwischen ihnen. Unsere polnische Kultur stützt sich in starkem Maße auf das christlich barocke Fundament. Die deutsche Kultur - auf das Fundament der Reformation. Und daraus resultieren zwei sehr verschieden Arten der Sensibilität. Hannemann reagiert auf das, was er in der katholischen Kirche sieht, aus der Perspektive eines Protestanten. So stört er sich zum Beispiel daran, dass einem Bischof die Hand geküsst wird, weil es in der protestantischen Kirche undenkbar wäre, einen Pastor auf die Hand zu küssen.
Die Idee der Annäherung der Kulturen hat ihre Grenzen. Wir vergessen oft, wie tief die Unterschiede zwischen Religionen und Kulturen sind. Es sind ganz fundamentale Unterschiede. Jemand der an die Heilige Dreifaltigkeit glaubt, wird sich in puncto Religionsdoktrin nicht mit jemandem verständigen können, der die Idee der Dreifaltigkeit nicht anerkennt. Doch diese Unterschiede gelten auch für Sitten, Erlebnisse, Vorstellungen, die ganze psychologische Sphäre - und hier sind die Durchdringung der Einflüsse und die gegenseitige Faszination durchaus möglich.

Erscheint lt. Verlag 26.6.2015
Übersetzer Marta Kijowska
Sprache deutsch
Maße 130 x 220 mm
Gewicht 435 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Chwin, Stefan; Tagebuch • Danzig/Gdansk • Deutschland, Danzig • Deutsch-polnische Beziehungen; Berichte/Erinnerungen • Deutsch-Polnisches • Gdansk, Tagebücher, Chwin • Polen • Polen, Danzig/Gdansk, Tagebuch, Chwin • Tagebuch
ISBN-10 3-940524-32-8 / 3940524328
ISBN-13 978-3-940524-32-4 / 9783940524324
Zustand Neuware
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