Brontomek! (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17342-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Brontomek! -  Michael Coney
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Eine neue Flut
Arkadia ist eine paradiesische Wasserwelt, umkreist von sechs Monden. Schon vor Jahrzehnten siedelten sich Menschen dort an, doch alle 52 Jahre tritt eine Konstellation ein, bei der alle Monde in einer Reihe stehen und eine Springflut auslösen. Die Siedler verhielten sich dabei merkwürdig: einige von ihnen gingen wie willenlose Marionetten ins Wasser, um sich von Haien zerfleischen zu lassen. Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die winzigen Meeresbewohner in der Flut zu einer Art kollektiver Intelligenz zusammenschließen, die starke PSI-Impulse aussendet. Die Siedler bekommen es mit der Angst zu tun und wollen Arkadia verlassen, doch die Hetherington-Organisation bietet ihnen Hilfe an: Mittels der Brontomeks, gewaltigen Maschinen, soll Arkadia sicher gemacht werden - doch welchen Preis das erfordert, erfahren die Siedler erst, als es schon fast zu spät ist ...

Michael Coney wurde 1932 in Birmingham geboren und besuchte die King Edward's School. Er wurde zunächst Buchhalter, übte dann eine Reihe unterschiedlicher Berufe aus: Unter anderem betrieb er ein Pub in Devon, später leitete er ein Hotel auf der Karibikinsel Antigua. Anfang der Siebzigerjahre siedelte er mit seiner Familie nach Kanada über und wurde Feuerwächter der Columbia Forestry Commission. Seit 1966 schrieb er Science Fiction, mit seinen grandiosen Schilderungen außerirdischer Welten wurde er schnell zu einem der zentralen Autoren der Siebziger und Achtziger. Die beiden 'Pallahaxi'-Romane gelten als seine bedeutendsten Werke. Michael Coney starb 2005 an Krebs.

PROLOG


 

Der Strand war ein langer Halbmond aus Sand, der in der Sonne so hell schimmerte, dass ich meine Sonnenbrille wieder aufsetzen musste. Eine große Anzahl von Menschen stand dort – und alle, ohne Ausnahme, blickten auf die See hinaus. Das Wasser war flach, kleine Wellen rollten von weit her langsam zum Ufer. Hinter der Linie der Brecher sah ich Bewegung, schwarze Flossen, die hin und her zogen.

Ein Mädchen stand in der Nähe, ein großes, sonnengebräuntes Mädchen, das so aussah, als ob es hier zu Hause wäre und mir sicher einiges erklären könnte. Ich blickte sie eine Weile an und versuchte, Mut zu sammeln. Sie war hübsch, auf eine sonnengebräunte Art; ihr Haar von der Sonne gebleicht, und ich sah einen weißen Streifen über dem Oberteil ihres Bikinis, dessen durchsichtiges Material sie so weit heruntergezogen hatte, wie sie es wagte. Meine Füße machten nicht das geringste Geräusch im Sand, also räusperte ich mich, als ich zu ihr trat, doch sie blickte mich noch immer nicht an.

»Was ist los?«, fragte ich. »Ist da draußen jemand in Schwierigkeiten?«

Sie antwortete nicht. Sie stand reglos, als ob sie auf etwas lauschte. Ich konnte ihrem Gesichtsausdruck nichts entnehmen.

Ich wandte mich um und blickte zur Stadt zurück. Häuser starrten mich mit leeren Fenstern an; eine Handvoll Menschen suchten sich ihren Weg zwischen geparkten Hovercars, um sich der anschwellenden Menge am Strand anzuschließen. Etwas näher, wo ein langer, schmaler Sandstein aus dem Boden wuchs, der sich fast bis zum Ufer erstreckte, stand ein Mann und streckte beide Arme in die Luft. Er sagte irgendetwas, ich konnte die Worte nicht verstehen, kannte jedoch den beschwörenden Tonfall, der von Wanderpredigern und Hausierern mit Quacksalbermedizin verwandt wird.

Ich hatte mich noch nie so allein gefühlt …

Zwei Stunden früher hatte ich versucht, aus der Stadt zu gelangen. Ich war die Straße nach Premier City entlanggefahren und nach einer Weile durch eine Straßensperre aufgehalten worden.

Ein uniformierter Soldat hatte den Kopf durch das offene Fenster meines gemieteten Hovercars gesteckt und gesagt: »Sieh zu, dass du so schnell wie möglich wieder dahin zurückfährst, wo du hergekommen bist.«

»Was ist denn los?«, fragte ich. »In Oldhaven konnte ich von keinem Menschen eine klare Antwort bekommen.«

»Wenn du es nicht weißt, habe ich erst recht keine Ahnung.«

In der Nähe lehnten mehrere Soldaten an ihrem Fahrzeug und grinsten. Im Inneren des Hovercars wurde es heiß. Schweiß brach irgendwo hinter meinen Ohren aus und rann unter mein Hemd. Ich wollte so rasch wie möglich weiterfahren, doch ich wollte auch reden. Und ich wollte nicht nach Oldhaven zurück, wo die Zombies waren.

»Hört mal, warum könnt ihr mich nicht durchlassen? Ich bin erst vor ein paar Stunden hier durchgekommen, und da war noch keine Sperre.«

Ein zweiter Soldat schlenderte heran und mahlte auf einem Kaugummi herum. Er stützte sich auf das Wagendach, steckte den Kopf durchs Fenster und sagte mit eklig starkem Pfefferminzaroma: »Niemand aus Oldhaven darf hier mehr durch – das ist unser Befehl. Wenn du die Straße von Premier City entlanggefahren bist, musst du doch die Flüchtlingslager gesehen haben, Jesus! Sie haben nichts zu essen, keine Toiletten, und nicht genug Wasser. Bleib in Oldhaven, bis diese Sache vorbei ist, okay?« Seine Stimme war nicht unfreundlich.

»Und wie lange wird das dauern?«

»Das kann ich auch nur raten.«

»Mein Gott, ich bin erst heute auf diesem gottverdammten Planeten gelandet.«

»Hast du dein Immunol?«

Ich fingerte die Flasche mit den kleinen, weißen Tabletten heraus. »Sie haben mich in Premier City damit versorgt.«

»Na, dann kann dir ja nichts passieren. Wenn du in Oldhaven keine Kämpfe gesehen hast, bedeutet es, dass alles in Ordnung ist. Vielleicht ist die ganze Sache schon vorbei. Ich weiß es nicht. Und jetzt tu mir den Gefallen und fahr zurück. Sonst müsste ich dich leider ein wenig ansengen«, setzte er bedauernd hinzu und fingerte sein Lasergewehr.

Ich nahm eine Pille und startete den Motor.

»Man hätte dir in Premier City Bescheid sagen sollen«, sagte er. »Aber vielleicht hast du nicht gefragt. Du bist auf dem Raumhafen gelandet, hast dir einen Wagen geliehen und bist einfach losgefahren, wie? Schade. Schade, dass niemand es für nötig gehalten hat, dir etwas von dem Problem zu berichten, das wir gerade auf Arkadia haben. Wenn du mich fragst«, fuhr er fort, »glaube ich, dass die Leute in Premier City sich schämen. Sie schämen sich, dass etwas passiert ist mit dem sie nicht fertig werden. Pech gehabt. Also, wie gesagt, verschwinde, Mann.«

Lächelnd schob er den Sicherungsflügel seiner Waffe nach vorn. Ich hörte nur ein leises Summen, als ein Blitz unsichtbaren, heißen Lichts an meiner Nase vorbei und aus dem anderen Fenster zuckte.

Also fuhr ich nach Oldhaven zurück.

 

Ich überprüfte noch einmal die Adresse auf dem Interspace Telex, das ich von der Erde mitgebracht hatte, und stellte fest, dass ich beim ersten Mal Recht gehabt hatte. Also fuhr ich wieder nach Nr. 1678 Second Avenue, parkte das Fahrzeug und klingelte – dann hämmerte ich gegen die Tür. Ich machte genug Krach, um die ganze Straße aus der Siesta zu wecken, doch es meldete sich niemand. Beckenbauer war nicht zu Hause. Mein einziger Kontakt auf diesem Planeten war nicht erreichbar.

Dann hörte ich hinter mir ein Geräusch, ein konzentriertes Schlurfen, wie von vielen Füßen. Ich fuhr herum, und mein Herz raste. In der Stille hatte der Laut mich erschreckt. Eine Reihe von Tieren zog die Straße entlang, auf den Strand zu. Sie hatten Ähnlichkeit mit den Kühen der Erde: eckig, mit hervorstehenden Knochen, doch die weißen Clownsgesichter wirkten eher wie die von Ziegen. Sie torkelten von einer Seite zur anderen, während sie mit pendelnden Eutern die Straße entlanggingen. Das Leittier blieb stehend, als es mich entdeckte, und die anderen schlossen dicht auf. Ihre Ordnung kam für einen Augenblick durcheinander, als sie mich unsicher anblickten.

Ich wurde etwas nervös angesichts ihrer Überzahl. Ich erkannte die Tiere nach Bildern, die ich gesehen hatte, als Arkühe, doch war ich mir nicht sicher über ihr Temperament. Sie sahen zwar recht harmlos aus – aber ich hatte das unheimliche Gefühl, als ob sie von der Stadt Besitz ergriffen hätten. Schließlich schienen sie zu tun, was sie wollten. Es war kein Mensch da, der sie in ihre Ställe zurücktreiben konnte.

Dann begannen sie, ohne mich aus den Augen zu lassen, sich an mir vorbeizudrücken. Sie hatten genauso viel Angst wie ich.

Ich stieg wieder in den Wagen und fuhr zum Strand zurück; wohin hätte ich sonst gehen sollen. Ich sah keine weiteren Tiere auf den verlassenen Straßen, und auch keine Menschen.

Inzwischen war die Menge am Strand zu einer riesigen Menschenmasse angewachsen. Die meisten standen dicht beim Wasser, aber andere hatten sich auf den Sand gesetzt und blickten zwischen den Beinen der Stehenden hindurch auf die See hinaus. Ich entdeckte ein kleines Mädchen in meiner Nähe; sie war etwa neun Jahre alt und schien wacher zu sein als die meisten anderen hier. Sie saß allein und schaufelte mit den Händen Sand zu ordentlichen kleinen Haufen.

Ich kniete mich neben sie. »Wie heißt du?«, fragte ich.

Sie blickte mich an. Ihre Augen waren fast ohne Ausdruck.

Ich erinnerte mich an etwas. Ich zog die kleine Flasche aus meiner Tasche und bot ihr eine Immunol-Tablette an.

Sie schüttelte energisch den Kopf.

»Nur eine«, drängte ich. »Oder sag mir deinen Namen!«, setzte ich hinzu, um ihr eine Alternative zu geben.

»Wendy.«

»Wo sind deine Eltern?«

Sie deutete den Strand entlang.

»Warum sind alle Menschen hier, Wendy?«

»Deswegen.«

»Wegen was?«

»Das Geben.«

»Was?«

Plötzlich sah mir das Mädchen direkt in die Augen. »Lass mich in Ruhe, du dummer Bastard! Du bist keiner von uns. Du darfst nicht dabeisein.« Ihre kleinen Finger gruben enge, tiefe Zickzacklinien in den Sand und zerstörten die Haufen. »Verschwinde aus Oldhaven! Geh zurück zur Erde, wo du hingehörst! Baue deine Boote irgendwo anders! Wir brauchen dich hier nicht, Kevin Moncrieff!«

Eine der Nebenwirkungen des Immunols ist eine euphorische Taubheit der Sinne. Ich lächelte Wendy an und stand auf, und unterdrückte die Furcht, die sich durch die Wirkung der Droge ihren Weg nach oben bahnen wollte.

Eine Reihe von Arkühen trottete zwischen den Menschen durch den Sand, in dem ihre breiten Hufe tiefe Abdrücke hinterließen. Sie erreichten das flache Wasser und trotteten ohne Pause weiter, als ihre Hufe einsanken und Wasser ihre schlanken Beine umspülte. Das Leittier blickte mich an, als es an mir vorbeiging, und ein Ausdruck des Wiedererkennens trat in die ziegenartigen Augen.

»Woher kennst du meinen Namen?«, fragte ich Wendy.

»Du kennst ihn – also kenne auch ich ihn. Und jetzt geh zu deinem Wagen zurück!«

Ich machte ein paar Schritte rückwärts, als sie mich anstarrte. Die Immunol-Tabletten waren noch immer in meiner Hand; ich fummelte nach einer, so wie ein Mann in einem kritischen Augenblick nach einer Zigarette fummeln mag. Doch ich nahm keine. Irgendwie schien es, als ob meine Hand die kleine, weiße Pille nicht zum Munde führen wollte. Ich verschloss die Flasche und steckte sie in die Tasche zurück.

Wendy lächelte mich jetzt an; mit dem offenen Lächeln eines Kindes, hinter dem jedoch etwas anderes lag. »Vielleicht solltest du doch bleiben, Kev«, sagte sie.

Und ich dachte: das ist vielleicht eine gute Idee … Vielleicht...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2015
Übersetzer Hans Maeter
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Brontomek!
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Michael Coney • Ökologie • Space Opera • Terraforming • Wasserwelt
ISBN-10 3-641-17342-6 / 3641173426
ISBN-13 978-3-641-17342-5 / 9783641173425
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