Kinsman (eBook)

Roman

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17333-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinsman -  Ben Bova
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Im Vakuum
Schon als kleiner Junge träumt Chet Kinsman davon, Astronaut zu werden. Er will den beengten Verhältnissen, in denen er aufwächst, entkommen, und meldet sich gegen den Willen seiner Eltern zur Air Force. Dort absolviert er seine Ausbildung und wird tatsächlich ins Raumfahrtprogramm aufgenommen. Doch als er endlich sein Ziel, den Weltraum, für ihn Inbegriff von Erhabenheit, Freiheit und Frieden, erreicht hat, muss er erkennen: Auch im Orbit herrschen Gewalt und Brutalität zwischen den Menschen ...

Ben Bova, 1932 in Philadelphia geboren, ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren unserer Zeit. Nach dem Tod von John W. Campbell jr. wurde er 1972 Herausgeber des bekannten SF-Magazins Analog Science Fact & Fiction und gewann insgesamt sechs Hugo Awards als Bester Herausgeber. Daneben legte Bova auch zahlreiche Romane vor, insbesondere mit der sogenannten Sonnensystem-Reihe, zu der unter anderem 'Mars', 'Venus', 'Jupiter', 'Saturn' sowie 'Asteroidenkrieg', 'Asteroidenfeuer' und 'Asteroidensturm' gehören, ist er außerordentlich erfolgreich. Bova lebt mit seiner Familie in Florida.

Alter: 21 Jahre


 

Vom Rücksitz der TF-15 aus gesehen machten die Berge von Utah den Eindruck einer graubraunen, unfruchtbaren und zerknitterten Landschaft; sie sah aus wie eine alte, fadenscheinige Bettdecke, die jemand achtlos zu Boden geworfen hatte.

»Wie gefällt es Ihnen hier oben?«, fragte der Pilot.

Chet Kinsman vernahm die Stimme des Flugzeugführers wie ein körperloses Krachen, das im Kopfhörer seines Helms dröhnte. Das schrille Jaulen der Düsenmotoren, die nicht atembare, dünne Luft, die, nur wenige Zentimeter entfernt, auf der anderen Seite des Plastikglas-Kabinendachs vorbeirauschte, waren nichts weiter als Hintergrundmusik, gedämpft und unwichtig zugleich.

»Großartig!«, rief er in Richtung des pilzförmigen weißen Helms, der sich über den Sitz vor ihm wölbte.

Das Cockpit war schmal und eng. Kinsman konnte sich in seinem Sitz kaum rühren, ohne mit seinem Helm gegen das Kabinendach zu stoßen, das sie beide bedeckte. Die Riemen seines Sicherheitsgurts schnitten ihm in die Schulter, weil er sie zu fest angezogen hatte. Der Sauerstoff, den er einatmete, hatte einen kalten, metallischen Geschmack.

Aber er fühlte sich frei.

»Wie hoch können wir gehen?«, fragte er über sein Lippenmikro.

Pause – dann sagte der Pilot: »Hunderttausend Fuß, wenn man ihm die Sporen gibt. Aber dreißigtausend dürften vorerst reichen.«

Kinsman lachte in sich hinein. »Immerhin besser als ein Flugdrache oder ein Segelflugzeug.«

»He, ich mag aber diese Gleiter«, sagte der Pilot.

»Sicher. Aber das ist mit diesem da nicht zu vergleichen. Das hier ist Kraft

»Absolut richtig.«

Kraft und Freiheit, sechs Meilen von der müden alten Erde, sechs Meilen von allem und jedem entfernt. Das Vergnügen konnte nicht lange genug dauern.

Vor ihm lagen San Francisco und das Begräbnis seiner Mutter. Vor ihm lagen der Tod und der unversöhnliche Zorn seines Vaters.

Das Leben auf der Luftwaffenakademie war starr und kalt. Von einem Kadetten im ersten Jahr wurde erwartet, allem und jedem zu gehorchen und keine Freundschaften zu schließen, ob man nun älter oder jünger war als die anderen Kadetten. Ein reicher Pinkel, was? Hatte zwei Jahre auf einer prima Vorschule verbracht, was? Also ran, der Herr! Ich möchte vier Klimmzüge sehen, Geldsack, exakt vier!

Dennoch war dies alles noch besser, als nach Hause zu fahren.

Sein Vater hatte es abgelehnt, bei der Akademie eine Zwischenstation einzulegen, als er seine kränkelnde Frau von seinem Besitz in Pennsylvania ins Haus seiner Schwester nach San Francisco brachte. Kinsman seinerseits hatte es vermieden, Urlaub zu nehmen, um seine Mutter zu besuchen. Dafür war später noch Zeit, wenn sein Vater wieder nach dem Osten gefahren war, um seine Bankgeschäfte aufzunehmen.

Dann war sie plötzlich und unerwartet gestorben, aber sein Vater war immer noch da.

Anstatt einen Flug für eine Linienmaschine zu buchen, nahm Kinsman die Gelegenheit wahr, mit einem Kapitän der Luftwaffe mitzufliegen, der in Richtung Westen startete.

Wenn es sein muss, dachte er, soll es so schnell wie möglich geschehen.

Jetzt flog er also, und er war glücklich.

Plötzlich tauchte das Flugzeug ab, und Kinsmans Magen wurde irgendwohin über die rechte Schulter geschleudert. Der Pilot ließ das Flugzeug rollen, wobei die Flügelspitzen im leeren Luftraum volle Kreise beschrieben, während sie auf die Wüste zusteuerten, die diesmal so flach, so hart und so grau aussah wie Stahl. Kinsman musste hart schlucken und spürte, wie sein Puls in allen Teilen seines Körpers dröhnte.

»Versuchen wir mal einen Tiefflug, um einen echten Eindruck von der Geschwindigkeit zu bekommen«, sagte der Pilot.

Kinsman nickte, doch dann fiel ihm ein, dass der Pilot ihn nicht sehen konnte. »Okay. Großartig.«

In weniger als einer Minute fegten sie über die leere Wüste hinweg, mit heulenden Motoren, so schnell, dass Kinsman einzelne Felsen und Büsche nicht ausmachen konnte, nur ein trübes, verschwommenes Graubraun, das direkt unter ihnen vorbeihuschte. Das Dröhnen der Motoren füllte seinen Helm, und das ganze Flugzeug zitterte und bäumte sich auf, als strebte es zurück nach jenen lichten Höhen, zu jener klaren Luft, für die es geschaffen war.

Ihm war, als hätte er im Dunst der Hügel links unter sich einige Gebäude erblickt.

»Achtung, Straße!«

Der Steuerknüppel zwischen Kinsmans Knien schnellte in seinen Schoß zurück. Das Flugzeug stand buchstäblich auf dem Schwanz, die Nachbrenner jaulten, und für den Bruchteil einer Sekunde huschte der Aufbau einer gewaltigen Zugmaschine durch sein Blickfeld. Er spürte die Last des Todes auf seiner Brust, die ihn in seinen Sitz drückte wie auf ein Streckbett. Er konnte weder die Arme aus dem Schoß nehmen noch aufschreien. Es war schon schwer genug, Atem zu schöpfen.

Schließlich ging die Maschine in den Horizontalflug über, Kinsman aber seufzte und schluckte eine große Portion Sauerstoff.

»Diese verflixte Sonne«, bemerkte der Pilot teils ärgerlich, teils entschuldigend. »Diese verdammte Wüste sieht aus wie leergefegt, aber irgendwo kriecht allemal irgendein Laster herum, der sich im Sonnenlicht versteckt.«

»Das war ein ziemlich höllischer Ritt«, brachte Kinsman schließlich hervor.

Der Pilot kicherte. »Ich mag wetten, dass da unten irgendwo ein erschrockener LKW-Fahrer an seinem Funkgerät hängt und etwas über einen UFO-Angriff sabbert.«

Sie flogen weiter nach Westen, der sinkenden Sonne entgegen. Der Pilot überließ Kinsman für eine Weile das Steuer, während sie höher hinaufstiegen, um die heranrückenden Sierras zu überfliegen. Die zerklüfteten Bergkämme waren mit Schnee bedeckt, der bläulich und kalt schimmerte, wie die Wände der Rockies, die über der Akademie hervorlugten, dachte Kinsman.

»Du hast ein Gefühl für's Fliegen, Junge. Wirst einen guten Piloten abgeben.«

»Danke. Ich flog häufig das Flugzeug meines Vaters, einmal war es sogar seine Firmenmaschine.«

»Flugschein schon gemacht?«

»Noch nicht. Ich hoffe, ihn an der Akademie zu machen.«

Der Pilot erwiderte nichts.

»Ich möchte zum Astronautentraining, sobald ich mich dafür qualifizieren kann«, fuhr Kinsman fort.

»Wie? Zu den Astronauten? Naja … Ich fliege lieber ein Flugzeug. Diese verdammten Astronauten sind wie die Roboter. Bei diesen Raketenjockeys geht alles per Fernsteuerung.«

»Doch nicht alles«, protestierte Kinsman.

Er spürte, wie der Pilot den Kopf schüttelte. »Zum Teufel, ich mag wetten, dass die sogar Maschinen für's Bett haben, wenn Sie wissen, was ich meine.«

 

Es war ein altes Haus auf Russian Hill, anspruchslos, viktorianisch, groß genug, um im Parterre eine Hockeybahn unterzubringen. Der Blick auf die Bucht war spektakulär. Die Leute, die in diesem Teil von San Francisco wohnten, waren einflussreich genug, um sich die Aussicht nicht durch neue Bürohochhäuser und Hoteltürme verbauen zu lassen.

Neal McGrath öffnete die Tür für Kinsman. Sein normalerweise abweisender Gesichtsausdruck wich einem süßsauren Lächeln.

»Hallo, Chet.«

»Neal. Ich habe nicht erwartet, dass du da bist.«

»Er brauchte jemanden, der nach dem Rechten sieht. Es hat ihn ziemlich hart getroffen.«

McGrath erinnerte Kinsman oft an einen Leibwächter, einen hochgewachsenen, breitschultrigen, rothaarigen Wikinger, der seinem Herrn stets zur Seite stand, um ihn vor Mordanschlägen zu schützen. Seine eisblauen Augen waren viel älter als er selbst. Er war kaum 20 Monate älter als Kinsman, doch sein argwöhnischer Blick und seine gutturale Stimme verliehen ihm einen Anflug von innerer Erfahrung und Vorsicht, die die meisten Leute davon abhielt, ihm zu vertrauen und sich auf ihn zu verlassen.

Kinsman kannte ihn seit jener Zeit, als McGrath als Zehnjähriger dem Gärtner beim Rasenmähen geholfen hatte. Nun hatte McGrath eine Schlüsselposition bei seinem Vater eingenommen und galt als Kandidat für einen der Familiensitze im Repräsentantenhaus. Alle Welt wusste, dass er eines Tages Senator werden würde.

Kinsman trat aus dem hellen Sonnenlicht in das abgedunkelte Foyer des alten Hauses und fragte:

»Wo ist sie?«

»Da drin.« McGrath zeigte auf eine große, eichene Flügeltür, die bis an die Decke reichte.

Kinsman stellte seine Flugtasche auf den Marmorboden. »Ist mein Vater …«

»Er ist oben und macht ein Nickerchen. Der Arzt versucht, ihn so ruhig wie möglich zu halten.«

McGrath bückte sich, um Kinsmans Tasche aufzuheben. »Oben ist ein Zimmer gerichtet – wie lange gedenkst du zu bleiben?«

»Wann ist die Beerdigung?«

»Morgen.«

»Ich werde gleich nachher abreisen.«

»Ein Großteil der Familie wird vom Osten eingeflogen. Sie möchten dich gleich nach der Beerdigung sehen.«

Kinsman schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht bleiben.«

»Wenn es um Angelegenheiten geht, die die Akademie betreffen, könnte ich ja mal anrufen …«

»Nein, Neal, bitte nicht.«

McGrath zuckte die Schultern und ging auf das geräumige Treppenhaus aus dunklem Holz zu, während seine Schritte auf dem kühlen Marmorboden in dem Raum widerhallten.

Kinsman ging zur Flügeltür. Gleich neben der Tür hing ein Spiegel, in dem er seine Gestalt und sein Gesicht erblickte. Seine Mutter hätte ihn nicht wiedererkannt. Die blaue Uniform ließ ihn schlanker erscheinen denn je und auch viel größer, obwohl er nicht so groß gewachsen war, wie er es sich als Kind gewünscht hatte. Sein Gesicht war hager, sein dunkles Haar kurz geschnitten, und die blauen Augen...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2015
Übersetzer Gottfried Feidel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Kinsman
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ben Bova • eBooks • Kalter Krieg • Kinsman • Near future • Raumstation • Space Opera
ISBN-10 3-641-17333-7 / 3641173337
ISBN-13 978-3-641-17333-3 / 9783641173333
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