Feuerprobe (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17331-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Feuerprobe -  Ben Bova
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Menschheit am Abgrund
Ein schwerer Sonnensturm versengt die Erde. Vom Ural westwärts wandernd, verbrennen die Strahlen Europa zu Asche, lässt Gletscher schmelzen und Flüsse verdampfen. Bevor die Sonne über Amerika aufgeht, ist der Sturm vorbei - doch die automatischen Verteidigungsanlagen der Sowjetunion haben den Sonnensturm als Angriff interpretiert und leiten einen Gegenschlag ein, der die Vereinigten Staaten vernichtet. Einzig die Mondbasis überlebt - doch sie ist abhängig von Rohstofflieferungen von der Erde. Douglas Morgan fliegt zur Erde, um die Lage zu sondieren und die Kolonisten zu retten - doch es ist nichts mehr so, wie es einmal war ...

Ben Bova, 1932 in Philadelphia geboren, ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren unserer Zeit. Nach dem Tod von John W. Campbell jr. wurde er 1972 Herausgeber des bekannten SF-Magazins Analog Science Fact & Fiction und gewann insgesamt sechs Hugo Awards als Bester Herausgeber. Daneben legte Bova auch zahlreiche Romane vor, insbesondere mit der sogenannten Sonnensystem-Reihe, zu der unter anderem 'Mars', 'Venus', 'Jupiter', 'Saturn' sowie 'Asteroidenkrieg', 'Asteroidenfeuer' und 'Asteroidensturm' gehören, ist er außerordentlich erfolgreich. Bova lebt mit seiner Familie in Florida.

Prolog


 

Es war eine prächtige mondlose Nacht. Eine leichte Sommerbrise strich durch den Wald und brachte die Bäume in der Dunkelheit zum Rauschen. Hoch oben auf dem Berggipfel, weitab vom Lärm und Licht der Städte, glitzerten Tausende von Sternen an einem Firmament, das so unermesslich wie wunderbar erschien.

Die Pfeife fest zwischen die Zähne geklemmt, lehnte sich Dr. Robert J. Lord an die Brüstung der Observatoriumskuppel. Im Schatten neben sich konnte er gerade noch die reizenden Gesichtszüge der Studentin erkennen.

»So wird Ihr Leben künftig aussehen«, sagte er in weichem, genau berechnetem Flüsterton. »Falls Sie sich entschließen, Ihren Abschluss in optischer Astronomie zu machen, werden Sie Nacht für Nacht hier oben sein und bis zum Morgengrauen arbeiten.«

Jenny Robertson versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie kalt ihr war. Man schrieb Mitte August, doch hier oben auf den Bergen waren die Nächte von New England beinahe winterlich. Ich werde ihn nicht merken lassen, dass ich friere, sagte sie sich. Körperliche Unannehmlichkeiten sind etwas, mit dem sich Astronomen abfinden müssen. Und davon abgesehen, ein Frösteln, und er wird sofort versuchen, seinen Arm um mich zu legen.

»Die ganze Nacht«, wiederholte Lord versonnen. »Das kann ziemlich einsam werden.«

Jenny kannte seinen Ruf. Für einen Mann um die Fünfzig befand sich Dr. Lord in recht guter Verfassung, dachte sie bei sich, obwohl ihr dieses Alter recht betagt vorkam. Jede Studentin seiner Abteilung kannte die Statistik: zweimal verheiratet, zweimal geschieden, und eine Eins bekam man von ihm auf dieselbe Art, wie es Hester Prynne gelungen war.

»Aber steuert nicht der Computer das Teleskop, sobald man erst einmal die Koordinaten für die Beobachtungen der betreffenden Nacht eingegeben hat?« Sie verschränkte die Arme und wünschte sich, dass sie einen dickeren Pullover angezogen hätte. »Ich meine, sie müssen doch nicht die ganze Nacht hier oben bleiben, oder?«

Lord nahm die Pfeife aus dem Mund und fummelte an ihr herum, während er sich im Geist um eine Antwort bemühte. Er wollte diese vorlaute Studentin mit ihren üppigen Rundungen mit seiner Hingabe an die Astronomie beeindrucken.

»Oh, sicher, Sie können sich die Arbeit vom Computer und den Bildverstärkern und den Kameras abnehmen lassen«, meinte er in einem unbeschwerten Tonfall, der schon etwas Herablassendes an sich hatte. »Aber manche von uns ziehen es vor, hier oben auf dem Posten zu bleiben und sicherzugehen, dass alles seinen rechten Gang läuft. In dieser Hinsicht bin ich etwas altmodisch, schätze ich.«

»Aber nein«, erwiderte sie rasch. »Ich denke, Sie sind sehr – na ja – engagiert.« Und im Stillen sagte sie sich, dass der Trick darin bestand, ihm eine gute Note abzuluchsen, ohne dass ihr seine Hände zu dicht auf den Leib rückten.

Bescheiden zuckte Lord die Achseln. »Sehen Sie, es gibt immer die Möglichkeit, dass etwas Unvorhergesehenes passiert. Ein Fehler in den Geräten, vielleicht. Oder am Himmel erscheint plötzlich irgendwas, und man möchte sich ohne Umschweife näher damit befassen.«

»Ist Ihnen schon einmal ein völlig unerwartetes Phänomen untergekommen?«, fragte Jenny. »Etwas, das noch nie jemand zuvor gesehen hat?«

»Äh, nein«, gab er zu. »Noch nicht, aber …«

Er unterbrach sich. Plötzlich fiel ihm auf, wie deutlich er ihr Gesicht sehen konnte. Er wandte sich um und betrachtete den östlichen Himmel. Er war milchweiß. Er sah auf seine Armbanduhr. Es war hell genug, dass er die Zeiger ohne Mühe erkennen konnte.

»Zwei Uhr zwölf«, murmelte er. »Sonnenaufgang ist erst in fünf Stunden.«

Ein Schwall warmer Luft blies an ihnen vorbei. Jenny fühlte, wie sie sich entspannte, und ihre Gänsehaut verschwand. Doch Lord starrte nur mit offenem Mund auf den heller werdenden Himmel.

»Das kann nicht sein«, sagte er. »Das kann einfach nicht sein.«

Der Wind frischte heftig auf und wurde wärmer, beinahe so heiß wie zur Mittagszeit im Hochsommer. Der ausgedehnte Wald um den Berg seufzte und stöhnte im Wind. Der Himmel verwandelte sich zu geschmolzenem Kupfer, die Sterne verblassten. In den Bäumen unter ihnen fingen die Vögel an zu zwitschern. Und Lord starrte nach wie vor auf den leuchtenden Himmel.

»O mein Gott«, flüsterte er. »O mein Gott …«

 

In Rom war die Sonne bereits vor mehr als einer Stunde aufgegangen, und die Stadt wimmelte von lärmenden Autos und ihren ungeduldigen, leicht erregbaren Fahrern, die auf die Hupe drückten und sich aus dem Wagenfenster lehnten, um sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf zu werfen.

Ohne Vorwarnung wurde die Luft auf einmal unerträglich hell und heiß, als ob man überall riesige Flutlichter eingeschaltet hätte. Der Verkehr kam völlig zum Erliegen, die Menschen sahen furchtsam auf, die Fahrer befreiten sich aus ihren vollgepackten Autos, schwitzend und taumelnd, und doch wurde das Licht immer heller und heißer, unerträglich heiß, wie ein riesiges Bügeleisen, das sich glühend auf die Landschaft presste. Frauen schrien und fielen in Ohnmacht. Männer brachen auf den kochenden Asphaltstraßen zusammen. Während sich die Menschen schreiend ins Innere der Häuser flüchteten, fingen die Bäume auf den Bürgersteigen an zu schwelen. Markisen brachen in Flammen aus. Die Gärten des Vatikan erblühten in einem Feuersturm. Springbrunnen wurden zu Dampf. Unter dem brennenden Himmel verwandelte sich die gesamte Stadt in ein Meer aus Rauch und Feuer.

Ganz Italien, ganz Europa, Afrika, Asien brachen in Flammen aus. Wo immer das Sonnenlicht auftraf, erblühte Feuer und Tod. Zu Millionen, zu Hunderten von Millionen starben die Menschen auf der Stelle. Im äquatorialen Afrika loderten ganze Wälder auf, während die Tierwelt in Panik geriet und nach einer Zuflucht suchte, die es nicht gab. Auch die menschlichen Tiere wurden von Panik erfasst: die Pygmäenjäger tief in den brennenden Wäldern ebenso wie die nach westlicher Mode gekleideten Geschäftsleute in den modernen Städten, alle starben sie, entweder weil ihre Kleider Feuer fingen, als das Sonnenlicht sie berührte, oder weil sie in den Feuerstürmen erstickten, die über ganze Kontinente hinwegfegten, während sie sich vor der Sonne im Innern ihren weißglühenden Gebäude zu verstecken suchten.

Städte gerieten zu Öfen, Grasland wurde zu einem Flammenmeer. Während die Dämmerung über den kreisenden Planeten Erde weiter nach Westen zog, tötete ihr feuriger Finger alles auf seinem Weg. In der Schweiz schmolzen die Gletscher, und ihre Flut ergoss sich auf die brennenden, rauchenden Dörfer, die über die alpinen Wiesen verstreut lagen. Paris wurde zur Fackel, dann London. Nördlich des Polarkreises brachen Lappen in ihren Sommerpelzen in Flammen aus, während ihre Rentiere zusammenbrachen und auf der rauchenden Tundra schmorten.

Das Morgengrauen raste westwärts über den Atlantik, doch nun ließ seine Helligkeit langsam nach. Die Sonne verblasste so rasch, wie sie aufgeflackert war. Die Fackel war vorüber. Sie hatte weniger als eine Stunde gedauert, und gemessen am brodelnden Energiekessel der Sonne war sie wenig mehr als eine kleinere Unregelmäßigkeit gewesen. Und doch hatte sie die Hälfte des Planeten Erde in einen Scheiterhaufen verwandelt. Rauch bedeckte Asien von Tokio bis zum Ural, ganz Europa und Afrika und Australien.

Die beiden amerikanischen Kontinente entkamen dem Zorn der Sonne. Beinahe.

 

Tief im Inneren der Erde, unter dem massiven Granit der Uralberge, starrte Wassilij Brudnoj voller Entsetzen auf seinen Kommunikationsschirm.

Es war der größte Schirm im gesamten Raketenzentrum, beinahe fünfzehn Meter breit. Er zeigte die gesamte Sowjetunion: weiße Lichter für alle größeren Städte, rote Lichter für die militärischen Zentren, Trauben aus Orange für die Raketensilos mit ihren ICBMs.

Wassilij, nach zehn Jahren Dienst in der Roten Armee zum Captain befördert, spürte General Kubatschews entsetztes Keuchen in seinem Nacken.

»Versuchen Sie's noch mal mit Moskau«, befahl der General.

Wassilij drückte die entsprechenden Knöpfe auf seiner Konsole. Dann presste er seine freie Hand gegen den Kopfhörer an der linken Schädelseite und lehnte sich gespannt nach vorn, als ob er Moskau allein mit der Kraft seines Willens zu einer Antwort bewegen könnte.

Nichts. Nur das Rauschen der Trägerwelle.

»Sie antworten nicht, General.«

General Kubatschew hob eine türkische Zigarette an die Lippen. »Leningrad«, knurrte er. Und als Wassilij ihm erneut mitteilte, dass er keine Antwort empfing, stieß der General eine Wolke grauen Rauches aus. »Rostov. Gorki. Irgendjemand muss doch antworten.«

Wassilij versuchte es. Vergeblich. Er hielt die Augen auf den Schirm gerichtet, die Männer und Frauen hinter seinem Rücken wollte er nicht sehen. Und doch konnte er den Phantombildern ihrer Reflektionen auf dem Glas des Schirms nicht entrinnen. Sie sehen schon jetzt wie Gespenster aus, dachte er. Er hörte ihr Flüstern, ihr ängstliches Murmeln, fühlte die kalte, klamme Furcht, die das unterirdische Befehlszentrum gepackt hatte.

»Vorkuta antwortet auch nicht?«, fragte der General mit rauer Stimme, beinahe flehentlich.

»Nein, Sir.«

»Bratsk?«

»Nein.«

Wassilij hörte eine Frau schluchzen. General Kubatschew legte eine müde Hand auf die Schulter des Captains. »Es ist keiner mehr übrig«, sagte er bebend. »Nun liegt es an uns. Senden Sie den Angriffsbefehl. Senden Sie so lange, bis die letzte Rakete abgefeuert ist. Bis zur allerletzten.«

»Meine Mutter«, sagte jemand benommen. »Sie lebte in Rostov.«

Lebte. Schon jetzt dachten...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2015
Übersetzer Norbert Stresau
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Test of Fire
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ben Bova • Der Mond • eBooks • Kalter Krieg • Strahlung
ISBN-10 3-641-17331-0 / 3641173310
ISBN-13 978-3-641-17331-9 / 9783641173319
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Thriller

von Marc Elsberg

eBook Download (2023)
Blanvalet (Verlag)
19,99
Das Licht von Coelum

von Runa Rugis

eBook Download (2023)
epubli (Verlag)
6,99