Die Kolonie (eBook)

Roman

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17329-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kolonie -  Ben Bova
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Nur eine kleine Insel im Nichts
David Adams ist der perfekte Mann: Seine Gene wurden sorgsam zusammengestellt, sodass sein Körper Gebrechen gegenüber kaum anfällig ist, und sein Gehirn hat die Aufnahmekapazität eines Großrechners. Doch David ist auch ein Gefangener auf der Raumstation Eiland Eins, die er nicht verlassen darf. Eiland Eins umkreist eine Erde, die kurz vor dem Kollaps steht: Die Rohstoffe sind fast aufgebraucht, die Menschenmassen können nicht mehr versorgt werden; Terrorismus bedroht die schwache Weltregierung. David Adams fasst einen gewagten Plan zur Rettung der Erde ...

Ben Bova, 1932 in Philadelphia geboren, ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren unserer Zeit. Nach dem Tod von John W. Campbell jr. wurde er 1972 Herausgeber des bekannten SF-Magazins Analog Science Fact & Fiction und gewann insgesamt sechs Hugo Awards als Bester Herausgeber. Daneben legte Bova auch zahlreiche Romane vor, insbesondere mit der sogenannten Sonnensystem-Reihe, zu der unter anderem 'Mars', 'Venus', 'Jupiter', 'Saturn' sowie 'Asteroidenkrieg', 'Asteroidenfeuer' und 'Asteroidensturm' gehören, ist er außerordentlich erfolgreich. Bova lebt mit seiner Familie in Florida.

1. Kapitel


 

»Langsam!«, rief sie. »Ich bin doch ein Stadtkind.«

David Adams blieb stehen und drehte sich nach ihr um. Sie kletterten gerade einen nicht sehr steilen grasbewachsenen Hang hinauf. Alle paar Schritte standen junge, schlanke Ahornbäume und Birken, an denen man sich festhalten und hochziehen konnte.

Doch Evelyn war bereits außer Atem und bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Er gibt an, dachte sie. Der kraftstrotzende junge Adam in seinem Garten Eden.

Lachend streckte David eine Hand nach ihr aus. »Sie sagten doch, Sie möchten die ganze Kolonie sehen.«

»Ja«, schnaufte Evelyn, »aber ich möchte mir dabei keinen Herzkollaps holen.«

Er umklammerte fest ihr Handgelenk und zog sie den ansteigenden Pfad hinauf. »Weiter oben geht's leichter. Die Schwerkraft lässt nach. Und die Aussicht ist die Mühe wert.«

Sie nickte, aber sie dachte bei sich: Er weiß, dass er gut aussieht. Ein gutgebauter, muskulöser Körper, ein kräftiger Rücken. Zweifellos war dies der Grund, warum man ihn ausgesucht hatte, um mich zu führen. Er bringt die weiblichen Hormone in Bewegung, weiß Gott.

David erinnerte sie lebhaft an die hawaiianischen Strandläufer, die in letzter Zeit die englischen Badestrände bevölkerten: derselbe kräftige, schlanke Körper, dasselbe breitknochige, gutgeschnittene Gesicht mit dem breiten Lächeln. Er trug eine Art Freizeitkleidung, was Evelyn nicht erwartet hatte: Shorts, ein offenes Freizeithemd, das die glatte, muskulöse Brust freiließ und Wanderstiefel aus weichem Leder. Das kurze Kleid, das sie selbst trug, wäre in jedem Büro, in jedem Restaurant oder an sonst irgendeinem zivilisierten Ort angebracht gewesen, doch hier draußen war es denkbar fehl am Platze. Sie hatte bereits ihre Jacke ausgezogen und in ihrer Schultertasche verstaut, dennoch war es ihr zu heiß, und der Schweiß drang ihr aus allen Poren.

Freilich, sein Lächeln war verwirrend. Und da war noch etwas an ihm, etwas … besonderes. Könnte er derjenige sein?, fragte sie sich. Bin ich bereits über ihn gestolpert? Welch ein Zufall, dass ausgerechnet er mein Führer wurde. Doch eine andere Stimme in ihr warnte: Aufgepasst, es gibt keine Zufälle!

Diese blauen Augen und dieses Goldhaar. Welch eine Kombination. Und der leichte olivfarbene Schimmer seiner Haut, ein südländischer Einschlag. Kann man sogar die Gesichtsfarbe beeinflussen? Trotzdem, da war noch was … Er sieht aus wie ein Filmstar, stellte Evelyn fest. Zu vollkommen. Kein Makel, keine Schramme. Selbst seine Zähne sind ebenmäßig und weiß.

»Vorsichtig«, sagte David. Er legte einen Arm um ihre Taille und half ihr beim Sprung über einen kleinen, murmelnden Bach, der ihren Weg kreuzte.

»Danke«, murmelte Evelyn und befreite sich aus seinem Arm. Er weiß, dass er ein Schlitzohr ist, sagte sie zu sich. Du darfst nicht auf dieses Engelsgesicht hereinfallen, altes Mädchen.

Schweigend stiegen sie durch den lichten Mischwald aus Eichen und Kiefern hinan. Die Bäume standen alle hübsch im gleichen Abstand in Reih und Glied. Wie seine Zähne. Die hätten besser eines dieser verdammten Pfadfindermädchen als einen Reporter rausschicken sollen.

David beobachtete sie, während sie den stetig ansteigenden Pfad hinaufgingen. Warum hat Cobb ausgerechnet mich ausgesucht, um sie herumzuführen?, fragte er sich. Misst er meiner Arbeit so wenig Bedeutung bei, dass ich sie einfach beiseite legen und hier den Fremdenführer markieren soll?

Er versuchte den verärgerten Ausdruck aus seinem Gesicht zu tilgen, während er zusah, wie sie in ihren zehenfreien Schuhen hinter ihm herstolperte, um mit ihm Schritt zu halten. Einem Impuls gehorchend betätigte er mit der Zunge den Kommunikatorschalter, der in seinem hintersten Backenzahn eingebaut war, und sagte im Flüsterton zu sich selbst, tief unten im Rachen, wo ihn keiner hören konnte außer dem Minisender, der an dieser Stelle implantiert war: »Evelyn Hall, letzte Woche neu eingetroffen. Ihre Daten bitte.«

Nach weiteren vier Schritten über den grasbewachsenen Pfad kam die Antwort aus dem Miniempfänger, der hinter seinem Ohr eingesetzt war: »Evelyn L. Hall. Alter sechsundzwanzig. Geboren im London-Complex. Besuchte die staatlichen Schulen im Londoner Bezirk. Absolventin der Polytechnischen Universität Plymouth. Studium der Journalistik. Arbeitete als Forscherin, später als Reporterin beim International News Syndicate. Keine weiteren Daten über Laufbahn. Physische Daten …«

David schaltete die Computerstimme mit einem kurzen Schnalzer ab. Ihre Lebensdaten brauchte er nicht. Er konnte mit eigenen Augen sehen, dass sie fast so groß war wie er und jene füllige, reife Figur hatte, die ihm verriet, dass sie ständig mit ihren Pfunden wucherte. Ihr dichtes, honigfarbenes Haar fiel bis auf die Schultern, ihre Frisur war im Moment ziemlich verrutscht. Die meergrünen Augen waren lebhaft, intelligent, neugierig. Ein hübsches Gesicht. Sie sah fast aus wie ein unschuldiges Kind, bis auf diese bohrenden, rastlosen Augen. Dennoch war es ein süßes Gesicht, verwundbar, fast zerbrechlich.

»Ich wollte, man hätte mir gesagt, dass mir eine Bergtour bevorsteht«, grollte Evelyn.

David lachte. »Kommen Sie, das ist doch kein Berg. Auf dieser Seite der Kolonie haben wir keine Berge gebaut. Wenn Sie aber wirklich klettern wollen …«

»Schon gut!« Evelyn strich sich eine herabgefallene Strähne aus den Augen.

Sie wusste, dass ihr Kleid ruiniert war, durchgeschwitzt und voller Grasflecken. Dieser Bastard von Cobb, der ›Bürgermeister‹ von Eiland Eins. Das alles war seine Idee.

»Ziehen Sie los und sehen Sie sich die Kolonie an«, polterte der alte Sack, als wollte er ihr eine Standpauke halten. »Ich meine echt anschauen. Stecken Sie Ihre Nase überall rein. Erforschen Sie das Gelände. Ich werde Ihnen jemanden mitgeben, der Sie herumführt …«

Wenn er jeden Neuankömmling so behandelt, so ist es ein Wunder, wenn es jemand hier oben aushält? Aber Evelyn fragte sich auch: Oder verpasst er mir vielleicht eine Sonderbehandlung, weil er vermutet, warum ich da bin? Zum ersten Mal in ihrem Leben stellte sie fest, dass Schnüffelei nicht nur gefährlich, sondern auch verdammt anstrengend sein konnte.

Sie stapfte hinter dem muskulösen jungen Waldmenschen her durch Wiese und Wald, über Stock und Stein. Ihre Kleidung war hoffnungslos in Unordnung, ihre Schuhe waren ruiniert, sie hatte Blasen an den Füßen, die Schultertasche klatschte gegen ihre Hüfte, und ihre Laune verschlechterte sich mit jedem schmerzlichen Schritt.

»Es ist nicht mehr weit«, sagte David. Seine Heiterkeit wirkte aufreizend. »Fühlen Sie sich etwas erleichtert? Die Schwerkraft lässt hier oben ziemlich schnell nach.«

»Nein«, knurrte sie und traute sich nicht mehr zu sagen. Wenn sie ihm gesagt hätte, was sie in Wirklichkeit über all diesen Klimbim dachte, wäre sie mit Sicherheit in die nächste Raumfähre verfrachtet und schnurstracks zur Erde zurückbefördert worden.

David ging neben ihr her. Der Pfad war jetzt bei weitem nicht mehr so steil. Zumindest fiel das Gehen leichter. Evelyn erblickte mannshohe Büsche zu beiden Seiten ihres Weges mit herrlichen, riesigen, kürbisgroßen Blüten in fantastisch vibrierendem Rot, Orange und Gelb.

»Was ist das?«, fragte sie, wobei sie schon fast wieder normal atmete.

Für einen Augenblick verschwand der freundliche Ausdruck von Davids Gesicht. »Nun ja …« Er schnalzte mit der Zunge, während er die Blüten betrachtete.

Irgendein PR-Mann, dachte Evelyn. Er zeigt mir die Sehenswürdigkeiten und weiß nicht …

»Eine Mutation der gewöhnlichen Hortensie«, sagte David. Dabei neigte er den Kopf zur Seite, als lauschte er, während er sprach. »H. macrophylla nurphiensis. Einer der ersten Genetiker der Kolonie war ein Hobbygärtner, der eine neue Generation von Blumen züchten wollte, die nicht nur in neuen spektakulären Farben erstrahlten, sondern sich auch selbst befruchteten. Das ist ihm dann mehr als gut gelungen, und seine modifizierten Hortensiensträucher drohten drei Jahre lang ein Großteil des Ackerlandes unserer Kolonie zu überwuchern. Mit Hilfe eines Spezialteams von Biochemikern und Molekularbiologen wurde der mutierte Busch auf die Hochlandregionen am anderen Ende des Hauptzylinders der Kolonie beschränkt.«

Der rasselt seinen Text herunter wie irgendein verdammter Roboter, dachte Evelyn.

David lächelte ihr zu und sagte in einem normaleren Tonfall: »Übrigens hieß der Amateurgärtner Murphy. Er lehnte es ab, dass die neue Pflanze nach ihm benannt wurde, und daher benannte Dr. Cobb die Pflanze nach dem Murphy'schen Gesetz.«

»Murphy'schen Gesetz?«

»Hat man Ihnen das noch nicht erklärt? ›Alles, was schief gehen kann, geht schief.‹ So lautet das Murphy'sche Gesetz.« Und er setzte etwas ernster hinzu: »Das ist das erste und wichtigste Gesetz für das Leben hier oben. Wenn Sie sich hier niederlassen wollen, müssen Sie stets an das Murphy'sche Gesetz denken. Es könnte Ihnen das Leben retten.«

»Wenn ich mich hier niederlassen will?«, fragte Evelyn entgeistert. »Besteht darüber überhaupt ein Zweifel? Ich denke, mein dauernder Aufenthalt hier ist genehmigt.«

»Sicher«, sagte David mit unschuldigem Blick. »Es war nur eine Redensart.«

Doch Evelyn fragte sich, wie weit er wohl Bescheid wusste?

Sie nahmen ihre Wanderung wieder auf, und die Büsche mit den exotischen Blüten säumten weiter ihren...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2015
Übersetzer Gottfried Feidel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Colony
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ben Bova • eBooks • Genmanipulation • Kolonien • Raumstation
ISBN-10 3-641-17329-9 / 3641173299
ISBN-13 978-3-641-17329-6 / 9783641173296
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