Orion steigt herab (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-17176-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Orion steigt herab -  Ben Bova
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein Kampf durch Zeit und Raum
Eines Tages verliert Jack O'Ryan jede Erinnerung an die Ereignisse vor seinem 33. Geburtstag. Die Realität schlägt indes umso härter zu: Ein Bombenattentat auf die Bar verletzt die junge Frau Aretha, die Jack irgendwie bekannt vorkommt, wie jemand aus einem früheren Leben. Auf der Suche nach Aretha erfährt Jack, dass er in Wirklichkeit Orion, der Jäger, ist, der seit Jahrtausenden einen Kampf gegen Ahriman, den Widersachen, führt. Immer wieder stirbt Orion in diesem Kampf, immer wieder wird er wiedergeboren, jedes Mal an einem anderen Ort, in einer anderen Zeit. Und immer ist da Aretha ...

Ben Bova, 1932 in Philadelphia geboren, ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren unserer Zeit. Nach dem Tod von John W. Campbell jr. wurde er 1972 Herausgeber des bekannten SF-Magazins Analog Science Fact & Fiction und gewann insgesamt sechs Hugo Awards als Bester Herausgeber. Daneben legte Bova auch zahlreiche Romane vor, insbesondere mit der sogenannten Sonnensystem-Reihe, zu der unter anderem 'Mars', 'Venus', 'Jupiter', 'Saturn' sowie 'Asteroidenkrieg', 'Asteroidenfeuer' und 'Asteroidensturm' gehören, ist er außerordentlich erfolgreich. Bova lebt mit seiner Familie in Florida.

1


 

Ich bin kein Supermann. Ich besitze Fähigkeiten, die weit über die Gaben eines normalen Menschen hinausgehen, aber ich bin genauso menschlich und sterblich wie jeder auf Erden.

Der Ursprung meiner Fähigkeiten liegt anscheinend im Aufbau meines Nervensystems. Ich kann eine völlig bewusste Kontrolle über meinen Körper ausüben. Innerhalb eines Augenblicks kann ich ihm durch die Verknüpfungen der Synapsen meinen Willen aufzwingen und jeden Körperteil tun lassen, was ich will.

Letztes Jahr habe ich binnen zwei Stunden Klavierspielen gelernt. Mein Klavierlehrer, ein gutmütiger, kleiner, ergrauter Mann, wollte absolut nicht glauben, dass ich bis zu dem Tag noch nie die Finger auf die Tasten gesetzt hatte. Anfang dieses Jahres habe ich einen Meister des Taekwondo aus der Fassung gebracht, indem ich in nicht einmal einer Woche lernte, was er sich während eines Lebens unablässigen Erarbeitens angeeignet hatte. Er gab sich Mühe, bescheiden und höflich zu bleiben, doch es war klar, dass er mir grollte und sich dafür schämte. Ich habe seinen Kursus verlassen.

Meine Fähigkeiten wachsen. Immer bin ich meinen Herzschlag und meine Atmung zu steuern imstande gewesen. Früher dachte ich, jedermann könnte es, bis ich einiges über Jogi und ihre ›rätselhaften‹ Gaben zu lesen anfing. Für mich sind ihre Tricks bloße Kinderei.

Vor zwei Monaten saß ich in einem Restaurant mitten in Manhattan. Ich neige dazu, ein Sonderling zu sein, deshalb esse ich häufig spät, um Lärm und Gedränge zu meiden. Es war schon nach 15 Uhr, und das Restaurant war fast leer. Da und dort saßen mehrere Pärchen an Tischen und unterhielten sich in gedämpftem Ton. Ein Touristenpaar mittleren Alters nahm argwöhnisch die Speisekarte mit französischen Menüs in Augenschein, misstraute offenbar Gerichten, von denen es noch nie gehört hatte. Weiter hinten hockten einige heimlich Verliebte beieinander, hielten verstohlen Händchen, schauten alle paar Sekunden zur Tür. In der Nähe meines Tischs, im vorderen Teil des Restaurants, befand sich allein eine junge Frau. Sie war schön, hatte dunkles, auf den Schultern gelocktes Haar und die ausdrucksstarken klassischen Gesichtszüge, an denen man ein Fotomodell erkennt.

Einmal sah sie zu mir herüber, und ihr ruhiger, intelligenter Blick drang bis in die Seele. Ihre Augen waren groß, grau wie das Nordmeer, und alles Wissen der Welt schien sich darin widerzuspiegeln. Plötzlich begriff ich, dass ich nicht einfach ein Einzelgänger war; ich war ein einsamer Mensch. Wie ein aus heiterem Himmel in Liebe erglühter Schnösel wäre ich in diesem Moment gern an ihren Tisch getreten und hätte mich ihr vorgestellt.

Aber da blickte sie hinüber zur Tür. Ich drehte den Kopf und sah einen Mann hereinkommen, einen außergewöhnlich gutaussehenden Mann mit goldblondem Schopf und in unbestimmbarem Alter zwischen dreißig und fünfzig Jahren. Flüchtig verharrte er an der Tür, dann ging er zu der Bar beim verhangenen Spiegelglasfenster und nahm auf einem Hocker Platz. Obwohl er einen konservativen grauen Straßenanzug trug, ähnelte er mehr einem Filmstar oder einem alten griechischen Gott als einem Manhattaner Angestellten, der sein Cocktail-Stündchen vorverlegt hatte.

Die grauäugige Schöne starrte ihn an, als könnte sie sich seinem Bann nicht wieder entziehen. Er hatte so etwas wie eine Aura an sich, einen goldgelben Strahlenkranz. Wo er saß, schien die Luft beinahe zu leuchten. Tief in meinem Innern begann eine lange vergessene Erinnerung sich zu regen. Ich hatte das Gefühl, den Mann zu kennen, ihm vor langem schon einmal begegnet zu sein. Doch ich konnte mich nicht daran entsinnen, wo oder wann oder unter welchen Umständen.

Ich richtete den Blick wieder auf die junge Frau. Mit sichtlicher Anstrengung wandte sie die Augen von dem Blonden ab und schaute erneut mich an. Ihre Mundwinkel hoben sich leicht zu einem Lächeln, das einladender Art gewesen sein mochte. Da jedoch öffnete von neuem jemand die Tür, und sofort entzog die Frau mir wieder ihre Aufmerksamkeit.

Ein anderer Mann betrat das Restaurant und strebte geradewegs zur Bar, setzte sich an ihre Rundung, so dass er dem Fenster mit den Vorhängen den Rücken zukehrte. Während der eine Mann einem blonden Engel glich, hatte dieser Gast ein Aussehen mitternachtsschwarzer Unterweltlichkeit. Sein Gesicht war hart und grimmig; seine muskulöse Gestalt beulte ihm die Kleidung aus. Sein Haar war schwarz wie Pech, seine Augen unter den dicken buschigen Brauen glänzten zornig. Sogar seine Stimme klang, als mache Wut sie dunkel und schwerfällig, als er einen Brandy bestellte.

Ich trank meinen Kaffee aus und beschloss, mir die Rechnung geben zu lassen, dann beim Gehen am Tisch des Fotomodells stehenzubleiben. Ich suchte unter den vier Kellnern, die im Hintergrund des Restaurants herumlungerten – bei der Küchentür – und sich in einem Gemisch aus Französisch und Italienisch unterhielten, nach dem für mich zuständigen Mann. Das war meine Rettung.

Ein kleinwüchsiger kahlköpfiger Mann kam durch die Schwingtür der Küche gesprungen und schleuderte einen eiförmigen schwärzlichen Gegenstand durchs Restaurant. Eine Handgranate.

Ich sah alles geschehen, als spielte es sich in Zeitlupe ab. Heute ist mir klar, dass meine Reflexe schlagartig und überschnell reagiert hatten, dass ich mit phantastischer Geschwindigkeit gehandelt hatte. Ich sah, wie der Mann in die Küche zurückhuschte, wie die Kellner vor Überraschung erstarrten, die Paare an den anderen Tischen unverändert plauderten, ohne zu ahnen, dass in ein, zwei Sekunden der Tod drohte. Die junge Schönheit, die nur wenige Tische weiter saß, drehte der Granate den Rücken zu, doch der Barkellner stierte ihr entgegen, als sie auf den Teppich plumpste und über den Boden kullerte, schließlich kaum knapp eineinhalb Meter von mir entfernt liegen blieb.

Ich schrie eine Warnung und sprang über die Tische hinweg, um das junge Fotomodell aus dem Bereich der Explosion zu stoßen. Wir polterten zu Boden, ich fiel auf die Frau. Der Donnerschlag der Explosion übertönte das Klirren von Tellern und Gläsern. Es blitzte und krachte. Alles dröhnte und bebte. Dann: Rauch, Schreie, Hitze von Flammen, ätzender Gestank nach Pulver.

Unversehrt kam ich auf die Beine. Der Tisch, an dem die Frau gesessen hatte, war zerbrochen, die Wand hinter uns von Splittern verunstaltet. Qualm erfüllte das Restaurant. Ich kniete nieder und sah, dass die junge Frau die Besinnung verloren hatte. Ihre Stirn wies eine Wunde auf, doch ansonsten wirkte sie unverletzt. Ich wandte mich um, sah durch den Rauch die übrigen Gäste des Restaurants verstümmelt und blutüberströmt am Fußboden liegen, zusammengesackt an den Wänden kauern. Einige stöhnten. Eine Frau schluchzte.

Ich nahm das junge Fotomodell auf die Arme und trug es hinaus auf den Bürgersteig. Danach ging ich wieder hinein und beförderte mehrere andere Personen ins Freie. Während ich sie zwischen den Glassplittern des zerborstenen Fensters auf den Fliesen des Gehwegs ausstreckte, trafen Polizei und Feuerwehr ein, Sirenen heulten. Dichtauf folgte ein Ambulanzfahrzeug. Ich trat beiseite und ließ die berufsmäßigen Helfer eingreifen.

Die zwei Männer, die an der Theke Platz genommen hatten, waren nirgends zu sehen. Sowohl der Blonde wie auch der Schwarzhaarige schienen im selben Moment, als die Granate detonierte, verschwunden zu sein. Als ich vom Fußboden aufstand, waren sie bereits fort gewesen. Den Barkellner hatte die Explosion zerrissen. Aber seine beiden Gäste waren einfach weg.

Während die Feuerwehrleute Glut und Flammen löschten, reihten die Polizisten vier Tote auf dem Bürgersteig auf und breiteten Decken über sie. Die Sanitäter behandelten die Verletzten. Sie hoben das noch bewusstlose Fotomodell auf eine Tragbahre. Weitere Ambulanzen fuhren vor, eine Menschenmenge sammelte sich am Schauplatz des Vorfalls, diskutierte in halblautem Stimmengewirr.

»Gottverdammte IRA«, brummte ein Polizist.

»Herrje, schmeißen die Kerle jetzt auch hier Bomben?«

»Es können auch die Puertoricaner gewesen sein«, meinte ein anderer Polizist; seine Stimme bezeugte Müdigkeit und Überdruss.

»Oder die Serbokroaten. Die waren's doch, die 'ne Bombe in der Freiheitsstatue gezündet haben, erinnern Sie sich?«

Die Polizei befragte mich ein paar Minuten lang; danach verwiesen sie mich an die Sanitäter, die mich in einem Ambulanzwagen rasch untersuchten. »Sie haben Glück gehabt, Mister«, sagte ein Arzt in weißem Kittel. »Ihnen ist kein Härchen versengt worden.«

Glück. Mir war benommen zumute, es schien mir, als wäre ich rundum von dichtem Nebel umgeben. Ich konnte sehen, mich bewegen, atmen und denken. Aber ich konnte nichts fühlen. Ich wollte wütend sein, traurig oder wenigstens entsetzt. Doch ich war so ungerührt wie ein dummer Ochse, glotzte gelassenen Blicks in die Welt. Ich dachte an die junge Frau, die man gerade in eine Klinik fuhr. Was hatte mich dazu bewogen, sie zu schützen? Wer trug die Verantwortung für den Anschlag? Hatte er der Frau gegolten? Oder einem der zwei Männer an der Bar? Oder mir?

Mittlerweile waren zwei Übertragungswagen des Fernsehens eingetroffen, und die Nachrichtenreporter sprachen mit dem Polizeihauptmann, der am Tatort den Einsatz leitete, während ihre Kameraleute die tragbaren Kameras ausluden. Eine Reporterin, eine Frau mit durchdringender, näselnder Stimme, stellte mir etliche Fragen. Lustlos gab ich ihr Antworten; mein Verstand arbeitete mit fast stumpfsinniger Langsamkeit.

Sobald die Polizei mich gehen ließ, drängte ich mich durchs Gewimmel der Zuschauermenge, die das Ereignis angelockt hatte, und ging die drei Häuserblocks bis zum Büro. Ich erzählte niemandem von der...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2015
Übersetzer Horst Pukallus
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Orion
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ben Bova • eBooks • Mythologie • Orion • Zeitreise
ISBN-10 3-641-17176-8 / 3641171768
ISBN-13 978-3-641-17176-6 / 9783641171766
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Thriller

von Marc Elsberg

eBook Download (2023)
Blanvalet (Verlag)
19,99
Das Licht von Coelum

von Runa Rugis

eBook Download (2023)
epubli (Verlag)
6,99