Omega Days - Die letzten Tage (eBook)

Roman
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2015 | 1. Auflage
448 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-17508-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Omega Days - Die letzten Tage -  John L. Campbell
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Schnell, aber nicht schmerzlos
Das Ende der Welt kommt schnell, aber nicht schmerzlos: Das sogenannte Omega- Virus verbreitet sich mit rasender Geschwindigkeit über den gesamten Erdball und verwandelt alle Infizierten in lebende Tote, deren einziges Ziel die Jagd auf Menschen ist. Nur wer hart im Nehmen ist, hat noch eine Chance, der Armee von Toten zu entkommen, die sich unaufhaltsam ausbreitet und Land für Land, Stadt für Stadt, unter sich begräbt. Und wer so hart im Nehmen ist wie Pater Xavier Church und Waffenexpertin Angie West, hat vielleicht die Chance, die Toten zu besiegen ...

John L. Campbell wurde in Chicago geboren und besuchte verschiedene Universitäten in North Carolina und New York. Seine Kurzgeschichten wurden bereits in zahlreichen Magazinen veröffentlicht, bevor er mit Omega Days seinen ersten Roman schrieb. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von New York.

1

San Francisco – The Tenderloin

Xavier Church saß auf einem ramponierten Secondhand-Sofa. Ein Fensterventilator pustete Abendluft in das winzige Wohnzimmer. Die Wohnung war klein, und das Mobiliar stammte aus Trödelläden, doch es war sauber. Von jeder Wand blickte Jesus herab, beim Abendmahl, im Garten Gethsemane und bei vielen anderen Gelegenheiten. Überall gab es Kruzifixe und Marienfiguren aus Keramik.

Er nahm einen Schluck Limonade und lauschte auf die Geräusche, die Mrs. Robles beim Herumwerkeln in der Küche machte. Ihm gegenüber stand auf einem Metalltisch ein stummer Fernseher aus den Achtzigern, der sein Spiegelbild in Grautönen anzeigte. Ein stattlicher Schwarzer Mitte vierzig mit kurz geschnittenem grauem Haar in einem schwarzen Anzug mit weißem Priesterkragen schaute ihn an. Der Kragen passte nicht recht zu seiner Boxerstatur und der hässlichen rosigen Narbe, die sein dunkelbraunes Gesicht spaltete. Sie ging von der linken Augenbraue aus, schlängelte sich an der Nase vorbei und über die Wange, dann bog sie zum Kinn ab. Sein gutes Aussehen war Vergangenheit. Damit war mit siebzehn Schluss gewesen, als LaRay Johns ihn vor einem 7-Eleven in Oakland in die Mangel genommen hatte.

Mrs. Robles kam ins Wohnzimmer. Mit beiden Händen hielt sie etwas, das in ein Geschirrhandtuch eingeschlagen war. Sie legte es behutsam vor dem Priester auf dem Couchtisch ab. Sie war zwar erst in den Dreißigern, wirkte aber zwanzig Jahre älter. Das harte Leben im Tenderloin-Viertel von San Francisco hatte sie ausgelaugt. Sie trug noch das Outfit der Reinigungsfirma, bei der sie beschäftigt war, einer ihrer drei Jobs.

»Das finde ich in seinem Zimmer, Padre«, sagte sie. Sie setzte sich auf eine Stuhlkante, verschränkte die Hände im Schoß und musterte ihn mit vom Weinen geröteten Augen.

Xavier lupfte das Geschirrtuch. Darunter kam ein schwarzer, kurzläufiger Revolver zum Vorschein. »Haben Sie ihn gefragt, woher er den hat?«

Mrs. Robles nickte. »Er mir nicht geantwortet. Beschimpft mich, sagt mir, soll mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Aber ich weiß, er das hat von den Jungs.«

Sie brauchte ihm nicht zu verraten, wen sie damit meinte. Das musste die 690K sein, die Latinogang, die das Viertel kontrollierte. 690 war die Hausnummer, wo ihr Gründungsmitglied – ein inzwischen seinerseits toter Gangster – angeblich den ersten Mord begangen hatte, in einem Apartmentgebäude, das seine Gefolgsleute in einen Schrein verwandelt hatten und in dem sich niemand zu wohnen traute. K stand für Killer. Sie waren ebenso skrupellos wie die MS-13 und träumten davon, es eines Tages an Größe und Bedeutung mit dieser berüchtigten Gang aufnehmen zu können. Jugendliche anzuwerben war ihre Spezialität, die wahllose Ermordung eines Unschuldigen ihr Initiationsritus. Xavier kannte sie gut.

»Ist er in letzter Zeit zur Schule gegangen?«

Mrs. Robles schüttelte den Kopf.

Xavier ließ das Tuch über die Pistole fallen. Seit Jahren leitete er das Jugendzentrum der Gemeinde und betreute die Familien der Innenstadt. In dieser Zeit hatte er eine Menge gelernt. Wenn eine Waffe ins Haus kam, war es meistens zu spät. Dieser Gedanke und der Pessimismus, der sich nach und nach in sein Leben eingeschlichen hatte, seine Wahrnehmung trübte und seinen Glauben an das Gute im Menschen aushöhlte, waren ihm zuwider. Er betete um Kraft, doch die Vorstellung, dass die Menschen freudig der Verdammnis entgegeneilten und sich gegenseitig leichtfertig ausnutzten und vernichteten, hatte in seinem Geist Wurzeln geschlagen. Seine eigene Schwäche und seine Unfähigkeit, sich gegen diese um sich greifende Haltung zu wehren, verachtete er am meisten.

Er lächelte Mrs. Robles gezwungen an. »Lassen Sie mich mit ihm reden.«

Sie erwiderte sein Lächeln, trat zu ihm, nahm seine Hände und drückte sie, dann ging sie hinaus. Xavier sah die Dankbarkeit in ihren Augen, den Glauben, dass er ihrem Sohn tatsächlich helfen könne, und kam sich vor wie ein Schwindler. Im Nebenzimmer wurde auf Spanisch geredet, die eine Stimme leise, die andere scharf und zornig. Dann kam ein vierzehnjähriger Junge in den Raum geschlurft, den Kopf gesenkt, die Hände in den Taschen, geschubst von seiner Mutter. Er ließ sich dem Priester gegenüber in einen Sessel fallen, verschränkte die Arme und wich seinem Blick aus. Mrs. Robles stand in der Küchentür und glättete mit der Hand ihre Arbeitsschürze.

»Hey, Chico«, sprach Xavier ihn mit seinem Spitznamen an. »Ich hab dich eine ganze Weile nicht mehr im Zentrum gesehen. Hast du keine Lust mehr aufs Boxen?«

Ein Achselzucken.

»Du solltest Samstagabend kommen. Der Kampf kommt im Bezahlfernsehen, und wir bestellen Pizza und hängen ab.« Keine Antwort. »Deine Freunde vermissen dich.«

»Das sind nicht meine Freunde«, sagte Chico. »Nur ein Haufen Loser.«

»Dann hast du wohl neue Freunde, wie?«

Chico verschränkte die Arme noch fester, sah den Priester aber immer noch nicht an.

»Hast du die von denen?« Xavier zeigte auf das Tuch, unter dem sich die Waffe abzeichnete. »Willst du drüber reden?«

Der Junge sah auf den Tisch. »Eigentlich nicht.«

Xavier musterte den Jungen, einen mageren Halbwüchsigen, der dringend einen Haarschnitt nötig hatte und sich alle Mühe gab, sich einen Schnäuzer wachsen zu lassen. Er trug eine weite Jeans und ein langärmliges kariertes Flanellhemd, das bis zum Hals und zu den Handgelenken zugeknöpft war. Manche Dinge änderten sich nie. Der Priester bemerkte, dass der linke Ärmel am Ellbogen dunkelrot gefärbt war. »Was ist mit deinem Arm passiert?«

Ein weiteres Achselzucken.

»Krempel mal den Ärmel hoch, Chico.«

Der Junge zögerte, dann knöpfte er die Manschette auf, schob das Hemd über den Ellbogen hoch und zuckte zusammen. Sein Ellbogen war mit einem blutgetränkten Verband umwickelt. Seine Mutter schnappte nach Luft und bekreuzigte sich.

»Was ist passiert?«, fragte Xavier.

»Ich war auf dem Heimweg von der Schule.« Chico sah seine Mutter an und schürzte die Lippen. »Ich war in der Schule, das war nicht gelogen. Ich hab ’ne Abkürzung genommen, da ist ein Obdachloser über mich hergefallen. Das Arsch… der Typ hat mich gebissen.«

Xavier bemerkte, dass der Junge schwitzte. »Fahr mit mir zur Notaufnahme, Chico. Wir lassen das untersuchen, für alle Fälle …«

Die Wohnungstür sprang krachend auf. Holzsplitter flogen durch die Luft. Die Tür prallte gegen die Wand und zerschmetterte den Glasrahmen mit dem Jesus, der die Kinder segnete. Zwei Männer stürmten herein, beide nicht viel älter als Chico. Der Größere hatte einen kahlrasierten Schädel, der andere war eher untersetzt und hatte sich das Haar glatt zurückgekämmt. Beide hatten sich »690K« in kleinen schwarzen Lettern in den linken Augenwinkel tätowieren lassen, und beide hielten eine schwarze Automatikpistole auf Armeslänge vor sich, den Lauf zur Seite gerichtet.

Mrs. Robles schrie auf und näherte sich ihrem Sohn, doch der junge Mann mit dem zurückgekämmten Haar schlug sie mit der Pistole ins Gesicht und schleuderte sie zu Boden. Xavier sprang vom Sofa hoch, doch der Gangster zielte mit der Automatik auf ihn und rief: »Sitzenbleiben!«

Chico Robles fluchte und warf sich ihnen entgegen, doch der Kahle versetzte ihm einen Faustschlag gegen die Schläfe. Chico ging in die Knie. Der Kahle trat von hinten an den gestürzten Jungen heran, griff ihm ins Haar und riss seinen Kopf zurück. »Du kleiner Pisser!«, zischte er.

Chico schrie, als der Kahle an seinem Haar zerrte.

»Du solltest dich mit Chato treffen«, sagte er und deutete mit dem Kinn zu dem Mann mit dem zurückgekämmten Haar. »Ihm zeigen, wie du jemanden einmachst. Dass du Eier hast. Das war vor zwei Tagen.«

»Ich wollt’s machen, ehrlich!«, rief Chico.

»Ja, klar.« Ein weiteres Rucken am Kopf, ein weiterer Aufschrei. »Du hast es verschissen, wie eine bekackte Pussy.«

»Mach ihn alle, Perro!«, rief Chato, die Pistole auf den Priester gerichtet.

Perro drückte Chico die Waffe an den Hinterkopf. »Ich dulde keine Pussys in meinem Stall.«

Xavier hob die Hände. »Warte. Wart einen Moment, Perro, überleg es dir.«

Der Gangster musterte ihn und hob eine Braue. »Du Pisser, niemand hat dir erlaubt, mich beim Namen zu nennen.«

»Genau«, sagte Chato, trat einen Schritt näher und fuchtelte mit der Pistole herum.

»Er ist noch ein Junge, Mann«, sagte Xavier mit Blick auf Chatos Waffe. Die Mündung wirkte so groß, als könnte ein Zug daraus hervorkommen. »Ihr habt klar gemacht, dass er nicht für euch taugt. Wie wär’s, wenn ihr’s dabei belassen würdet?«

»Halten Sie den Mund, Padre«, knurrte Perro. Er schüttelte Chicos Kopf und neigte sich zum Ohr des Jungen vor. »Nach dir mach ich den Priester alle, und dann deine Mama. Aber vorher ficken wir sie noch.«

»Zeig’s ihm, Perro!«, rief Chato. »Mach ihn alle!«

Perro spannte den Hahn der Automatik. »Gute Nacht, Pussy.«

Eine allzu vertraute Wut kochte in dem Priester hoch, und Xavier tat nichts, um sie zu dämpfen. Seine Hand schoss vor, und er riss den Revolver unter dem Geschirrtuch hervor. Er legte ihn an und drückte zweimal ab. Chato wurde gegen die Wand geschleudert. Perro blickte überrascht hoch, schwenkte die Automatik zum Priester herum und feuerte, als Xavier den Revolver auf ihn richtete. Perros Waffe knallte ohrenbetäubend laut. Das weiße Mündungsfeuer blendete den Priester, während eine Kugel an seinem Ohr vorbeipfiff. Er betätigte den Abzug des Revolvers...

Erscheint lt. Verlag 14.12.2015
Reihe/Serie Omega Days
Übersetzer Norbert Stöbe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Omega Days - Omega Days Book 1
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Apokalypse • Dystopie • eBooks • Postapokalypse • Virus • Zombies
ISBN-10 3-641-17508-9 / 3641175089
ISBN-13 978-3-641-17508-5 / 9783641175085
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